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Veröffentlicht am 15.09.2016

Lost on Pala

Pala
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Iris ist 13, verfügt über ein eidetisches Gedächtnis, fühlt sich verloren und ziemlich einsam, seitdem ihr Vater Selbstmord begangen hat und ihr großer Bruder Justin verschwunden ist. Die meiste Zeit verbringt ...

Iris ist 13, verfügt über ein eidetisches Gedächtnis, fühlt sich verloren und ziemlich einsam, seitdem ihr Vater Selbstmord begangen hat und ihr großer Bruder Justin verschwunden ist. Die meiste Zeit verbringt sie vor ihrem Computer, bei einem Spiel, das ihr ihr Bruder vor seinem endgültigen Verschwinden geschickt hat. Ein anscheinend normales, realistisches Online-Game namens Pala. Dass dieses Game weitaus mehr als nur ein harmloser Zeitvertreib ist, findet Iris heraus, als sie das letzte Level geschafft hat. Ein Mann namens Mr Oz nimmt Kontakt zu ihr auf und will sie anwerben. Um überzeugender zu wirken, sorgt er für die Inhaftierung ihres Bruders, für den Iris alles tun würde. Er unterzieht sie außerdem einem Test, bei dem durch ein Bombenattentat Menschen sterben werden, wenn sie nicht rechtzeitig das Rätsel löst. Dieser Mr Oz geht also über Leichen, und Iris hat keine andere Wahl, als sich ihm anzuschließen - auf Pala, einer Insel, auf der anscheinend hunderte Kids mit besonderen Fähigkeiten zu Agenten ausgebildet werden - ob sie wollen oder nicht.

Eigentlich wirklich spannend. Auf eigentlich folgt natürlich in der Regel ein Aber, so auch hier. So spannend das Ganze geschrieben wurde, so einfach ist der Schreibstil auch gehalten. Er ist passend für ein Kinderbuch, die etwas Älteren dürfen schon etwas mehr erwarten und im dritten Abschnitt wird die Sprache geradezu nachlässig verwendet. Dazu kommt, dass die Protagonisten zwischen acht (!) und sechzehn Jahren alt sind, aber jeder (!) von ihnen redet, denkt und handelt mit dem Wissen und den Erfahrungen von gestandenen Leuten. Manchmal spekuliere ich weiter und sage mir, dass das so gewollt ist, dass es schließlich um Online-Games geht und da jeder sagen kann, wie alt er ist. Aber das funktioniert natürlich aufgrund der beschriebenen Sachen nicht wirklich. Auch das Online-Spiel selbst kommt zu kurz in der Beschreibung und es handelt sich auf jeden Fall um nichts Besonderes, wie es scheint ein rundenbasiertes Strategiespiel.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich zwar einerseits interessiert, wie es weiter- oder eher ausgeht, dass ich mir aber trotzdem auch vom ersten Band her schon mehr versprochen hatte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht die Beste aller Ausgaben!

Sherlock Holmes - Sämtliche Werke in drei Bänden
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Über Holmes selbst brauchen wir nicht reden: Er ist der Genialste aller privaten und staatlichen Ermittler, damals wie heute. Seine Fälle und seine Logik sind legendär, ebenso wie seine Freundschaft zu ...

Über Holmes selbst brauchen wir nicht reden: Er ist der Genialste aller privaten und staatlichen Ermittler, damals wie heute. Seine Fälle und seine Logik sind legendär, ebenso wie seine Freundschaft zu Doktor Watson, der gleichzeitig als sein Chronist fungiert. Für diejenigen, die tatsächlich seine Fälle nicht kennen sollten: Holmes ist der berühmte Detektiv aus der Bakerstreet 221 B, und seine Abenteuer und Fälle sind in mehreren Büchern, meist als Kurzgeschichten, beschrieben.

So weit, so gut.

Um alle seine Fälle auf einen Schlag zu haben, beschaffte ich mir diese Ausgabe. Und so auf den ersten Blick sieht sie ja auch sehr gut aus in diesem Schuber. Man hat sämtliche Kurzgeschichten und Romane beieinander und zwar in drei Büchern. Und da fängt es auch schon an: Die Bücher sind dick. So dick wie Mannie, das Mammut aus Ice Age. (Nein, nicht flauschig!) So dick jedenfalls, dass man diese Bücher mit der Vorsicht eines Papyruserforschers öffnen muss, damit sie nicht übelst fette Leserillen bekommen oder im Falle von Buch Zwei, das dreimal so dick scheint wie die Bibel, gleich in der Mitte auseinanderbricht. Da wäre mal mehr auch besser gewesen, vielleicht so fünf bis zehn Bücher? Hätte bestimmt auch besser ausgesehen.

Dann der Inhalt. Wie gesagt, gegen die Fälle selbst, wie Conan Doyle sie ersonnen hat, kein böses Wort. Aber die Übersetzung! Heiliger Bimbam! Nicht nur, dass sich Holmes und Watson hier duzen, was mir extrem gegen den Strich geht, weil es einfach nicht passt. Klar sind sie sehr enge Freunde und Mitbewohner, aber trotzdem distanzierte Englander aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Es! Passt! Nicht! Dann gibt es auch viele Rechtschreibfehler, was echt gar nicht geht.

Nein, ich bin von dieser Ausgabe ernsthaft enttäuscht. So schön sie von außen aussieht, kann sie das Positive des ersten Eindrucks leider nicht bestätigen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gefangen, geschützt und rar - Männer!

Die geschützten Männer
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In einer äußerst nahen Zukunft (man darf nicht vergessen, dass der Roman in den 70igern geschrieben wurde und so manches "Zukünftige" schon ein bisschen altbacken wirkt), rafft ein geheimnisvoller Virus ...

In einer äußerst nahen Zukunft (man darf nicht vergessen, dass der Roman in den 70igern geschrieben wurde und so manches "Zukünftige" schon ein bisschen altbacken wirkt), rafft ein geheimnisvoller Virus namens Enzephalis 16 fast alle Männer dahin und von den Überlebenden sind die meisten zeugungsunfähig. Einer der Toten ist auch der Präsident der USA, also übernimmt diesen Job eine Frau, die eine Diktatur der Frauen errichtet.

Zu der rarsten Sorte Männer gehört Dr. Martinelli, der Ich-Erzähler. Er ist nicht nur einer der Überlebenden, darüber hinaus ist seine Zeugungskraft erhalten UND er ist befähigt genug, um an einem Mittel zu forschen, welches das Virus aufhalten soll. Deshalb bringt man (ich meine natürlich FRAU!) ihn in ein Lager, in dem er isoliert und bewacht wird. Das ist auch bitter notwendig, denn mittlerweile ist das Problem mit den nicht vorhandenen Männern so angewachsen, dass Männer auf offener Straße überfallen und zum Sex gezwungen werden. In dem Lager ist er gleichzeitig Gefangener wie auch Befehlshaber, denn aufgrund seines Wissens und seiner Fähigkeiten müssen die Milizionärinnen einerseits tun, was er anweist, andererseits besteht auch viel Hass zwischen ihm und einigen der bis vor kurzem unterdrückten Frauen. Als sich herausstellt, dass eigentlich kein Interesse mehr an dem Gegenmittel besteht, bekommt Martinelli Kontakt zu einer Gruppe von Aufständischen, und er muss sich entscheiden, ob er dafür sein Leben riskiert.

Ein interessantes Buch, auch wenn es schon ganz schön alt ist. Eine Art Dystopie, die ganz ohne Jugendliche oder Dreiecksgeschichten auskommt (ok, das sollte ich vielleicht so nicht sagen, immerhin ist hier manchmal ein Mann mit einem halben Dutzend Frauen zusammen), aber wenigstens ohne diese konstruierten Gefühlssachen. Einfach mal den Spieß umdrehen und Frauen all diese Ungerechtigkeiten ausleben zu lassen, die selbst heute noch in zivilisierten Ländern Gang und Gäbe sind, liest sich verdammt erschreckend - bis man sich fragt: Hm, ist das nicht eigentlich normal, allerdings andersrum? Mir hat der Schluss nicht sonderlich gefallen, da wäre mir mehr Mut und Konsequenz lieber gewesen, aber ansonsten ist das echt ein Buch, das zum Nachdenken anregt und auch klasse geschrieben ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Normalität des Bösen

Der Tod ist mein Beruf
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Dieses Buch ist Fiktion, doch gleichzeitig ist es ein historisches Dokument, denn Merle hat geradezu akribisch die tatsächlichen Berichte und Tagebücher eines Monsters aufgearbeit und in eine literarische ...

Dieses Buch ist Fiktion, doch gleichzeitig ist es ein historisches Dokument, denn Merle hat geradezu akribisch die tatsächlichen Berichte und Tagebücher eines Monsters aufgearbeit und in eine literarische Form gebracht. Es geht um den Lagerkommandanten Rudolf Höß, der hier Rudolf Lang genannt wird.

Wir lernen ihn 1913 kennen, als einen durchaus sympathischen Jungen, der unter der Fuchtel seines übermächtigen und vor allem drillenden Vaters steht. Dieser Vater verlangt Perfektion in allem, eine Leistung, derer niemand fähig ist. Minderwertigkeitskomplexe sind die logische Folge, ganz besonders, als der Vater von ihm verlangt, dass er Priester wird - der Sohn soll Priester werden, um für die Sünden des Vaters zu büßen. Rudolf ist von Anfang an fasziniert vom Militär, so sehr, dass er sich nach dem Tod des Vaters sogar freiwillig und noch sehr jung für den ersten Weltkrieg meldet.

Das Militär wird ihn auch nie wieder loslassen, vor allem, da sich immer wieder Männer finden, die ihm geben, was er von seinem Vater gewohnt ist: Härte, Unnachgiebigkeit, Disziplin und eine Aufgabe im Leben. Er gehorcht, und er gehorcht gern. Das Militär fordert und fördert ihn, und er ist einer der Ersten, die dem Nationalsozialismus folgen. So wird er irgendwann Leiter von Ausschwitz und er betreibt die Ermordung der Juden mit so viel Effizienz und deutscher Gründlichkeit, dass einem beim Lesen geradezu schlecht werden kann, nein, muss. Das Schlimme ist, dass Rudolf trotz allem nicht einmal unbedingt unsympathisch ist. Manchmal ist er so normal wie der Nachbar von nebenan, und diese Normalität lässt einen frösteln, vermittelt aber ein sehr gutes Bild davon, wie es sein konnte, dass sich so viele und vor allem so gewöhnliche, nicht psychopathische Menschen einer so unmenschlichen Diktatur anschlossen und sie zum Teil auch begeistert unterstützten.

Ein extrem wichtiges Buch, das eigentlich in Schulen gelesen werden sollte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mehr Rauch als Feuer

Moorfeuer
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Als im Erdinger Moos eine verbrannte Frauenleiche gefunden wird, ruft man den Münchner Kommissar Waechter und sein Team dazu. Schon am Fundort kommt es zu Spannungen zwischen den Kriminalisten, doch dann ...

Als im Erdinger Moos eine verbrannte Frauenleiche gefunden wird, ruft man den Münchner Kommissar Waechter und sein Team dazu. Schon am Fundort kommt es zu Spannungen zwischen den Kriminalisten, doch dann konzentriert man sich auf die Tote. Sie war eine alte Dame, die sich mit Kartenlesen und esoterischem Hokuspokus über Wasser gehalten hat. Ganz in ihrer Nähe wohnt ihre Tochter samt Ehemann und Enkeltochter in einem recht heruntergekommenen Haus, auch einen Untermieter gibt es da. Als die Polizisten vorbeikommen, behauptet die Enkelin der Toten, es gäbe auch einen bösen Geist und einige Male haben die Ermittler das Gefühl, dass tatsächlich höhere Mächte hinter dem Mord stecken.

Spannende Voraussetzungen, dachte ich. Doch die Spannung verpuffte schnell bzw. wollte sich gar nicht erst einstellen. Zu viel wird auf die Privatleben der einzelnen Polizisten eingegangen, was ich normalerweise nicht so extrem schlimm empfinde. Hier jedoch ist es so, dass jeder der Polizisten sein Päckchen zu tragen hat; schlimmer ist noch, dass keiner von ihnen auch nur annähernd Sympathie erwecken kann. Ich empfinde sie meistens als unprofessionell und teilweise dienstuntauglich - ich meine, einer knallt sich mit Drogen und Alk zu, hallo? Oder was soll der "Hüter des Schweigens"? Was besonders Cooles?

Nein, ich fand, der Fall kam viel zu kurz und erwies sich durch die Konzentration auf unfähige Kriminalisten als langatmig und zäh. Keine Empfehlung, auch für das erste Buch der Reihe werde ich mich wohl nicht aufraffen können.