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Veröffentlicht am 27.06.2018

Die Prinzessin und die Kriegerin

Children of Blood and Bone
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Zelie hat ein hartes Leben. Als sie noch klein war, ist ihre Mutter ermordet worden, weil sie eine Magierin war und der Herrscher ihres Landes sich vor ihnen fürchtet. Mittlerweile ist die Magie gänzlich ...

Zelie hat ein hartes Leben. Als sie noch klein war, ist ihre Mutter ermordet worden, weil sie eine Magierin war und der Herrscher ihres Landes sich vor ihnen fürchtet. Mittlerweile ist die Magie gänzlich verschwunden. Jetzt ist sie siebzehn und auf der Flucht vor den Häschern des Königs, als ihr ausgerechnet dessen Tochter Amari vor die Füße läuft, die ebenfalls geflohen ist. In ihrem Besitz befindet sich einer von drei Artefakten, welche in der Lage ist, die Magie zurückzubringen. Ständig gejagt, ausgerechnet von Inan, dem Bruder Amaris und auf der Suche nach den anderen drei Artefakten, befinden sich Zelie, die Prinzessin und Zelies Bruder in einer grausamen Welt, in welcher jeder Schritt ihr letzter sein könnte.

Wow, welch Potenzial dieses Buch hat. Und doppelt Wow, wieviel Potzenzial hier verschenkt wurde. Richtig gut ist, dass man hier keine 08/15 Welt vorfindet, wie sie in jedem zweiten Jugendfantasybuch beschrieben wird. Hier ist westafrikanische Folklore in Action, das zumindest auf uns Europäer exotisch wirken dürfte. Auch die Message des Buches ist wichtig: Rassismus und Unterdrückung ist nicht hinnehmbar und man muss sich dagegen wehren. Doch gegen die Botschaft und die Exotik fallen sowohl Geschichte als auch Protagonisten ab. Natürlich ist klar, dass jemand wie Zelie nicht unbeschadet aus ihren Erlebnissen hervorgeht, doch die Frau hat mich einfach nur genervt. Die baut permanent Mist und wundert sich hinterher, warum ihr Bruder, der sich ständig für sie in Lebensgefahr begibt, sauer auf sie ist. Inan, der Prinz, lässt sich alle fünf Minuten was anderes einreden. Erst ist er der große Gegner, dann verliebt er sich in der Zeitspanne, in der ich kurz geblinzelt habe, dann wiederum ist er wieder der große Gegner. Die Prinzessin ist abwechselnd mega unnütz und mega tough. Richtig cool ist eigentlich nur Tzain, Zelies Bruder, und das reicht einfach nicht, um das Buch zu tragen, zumal es einige Logiklücken gibt, die unerklärlich sind. Zum Beispiel, dass mitten in einer Wüste, die so wenig Wasser hat, dass man ein Vermögen für einen Becher mit Wasser ausgeben muss, eine ganze Arena täglich (!!!) mit so viel Wasser fluten kann, dass sich da dreißig Schiffe drauf tummeln. Und in der Arena sitzen ringsherum Adlige, die zuschauen, wie sich die Schiffe gegenseitig mit Kanonen in Grund und Boden ballern, ohne dass diesen Adligen dabei was passiert. Aha. Nein. Echt nicht. Solche Patzer sind schon fragwürdig und unnötig. Leider ist das nicht das einzige Mal, dass die Logik zu wünschen übrig ließ um der Dramatik willen. Aus Sympathie für Botschaft und Idee gibt's 3,5/5 Punkten; die Story müsste sich jedoch in den Folgebänden um einiges steigern.

Veröffentlicht am 23.06.2018

Leni Landei

Das Haus der Mädchen
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Leni Irgendwas kommt nach Hamburg, um in einem Verlag zu arbeiten und Erfahrungen im Verlagsgeschäft zu sammeln. Zum Glück hat sie eine preiswerte Unterkunft gefunden, in einer großen Wohnung, in welcher ...

Leni Irgendwas kommt nach Hamburg, um in einem Verlag zu arbeiten und Erfahrungen im Verlagsgeschäft zu sammeln. Zum Glück hat sie eine preiswerte Unterkunft gefunden, in einer großen Wohnung, in welcher WG-artig verschiedene Menschen leben. Gleich am ersten Tag lernt sie Vivien kennen, die das Gegenteil von ihr ist. Freizügig, großspurig, auf der Jagd nach einem Millionär. Doch dann verschwindet Vivien spurlos, was ihr seltsam vorkommt. Zur selben Zeit beobachtet der ehemalige Geschäftsmann und jetzige Obdachlose Freddy einen Mord, wird aber vom Mörder gesehen und muss fliehen. Beide auf der Suche treffen sie aufeinander - aber auch auf Serienkiller.

Was mir gut gefallen hat: Wie Hamburg und seine vielen Kanäle und miteinander verbundenen Flussarme beschrieben wurden. Da kam Atmosphäre auf.
Was mir nicht gefallen hat: Die Charakterzeichnungen. Klischee, wohin das Auge schaut. Leni vom Lande (das schreit ja der Name schon), die superaufgeschlossene Vivien (mondän bis zum Abwinken), der smarte Bootseigner, der verfettete Bulle mit spektakulärer Vergangenheit, der auf der Straße gelandete Geschäftsmann, der geile Verleger mit seinen Herrenwitzen.
Auch die Logik ließ gern mal zu wünschen übrig. Mal ehrlich, wer fürchtet sich mehr davor, von seinen Schuldnern gefunden zu werden als von einem Mörder? Und warum flieht so einer nicht aus der Stadt? Und warum muss die meganaive Landei-Leni wirklich so abgrundtief verängstigt sein, nur weil sie jetzt in einer großen Stadt ist? Das Motiv war mir zum Schluss auch enttäuschend schwachbrüstig, geradezu asthmatisch. Alles in allem hätte das Buch ein bisschen mehr Tiefe vertragen können. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Der Justus und der Nichtraucher und alle anderen

Das fliegende Klassenzimmer
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Die Geschichte selbst ist ein Klassiker und schnell erzählt. In einer Kleinstadt gibt es zwei verfeindete Schulen. Die Jungen aus der Obertertia des Internats und die Tertianer aus der Realschule bekämpfen ...

Die Geschichte selbst ist ein Klassiker und schnell erzählt. In einer Kleinstadt gibt es zwei verfeindete Schulen. Die Jungen aus der Obertertia des Internats und die Tertianer aus der Realschule bekämpfen sich, wann immer sie sich unterwegs treffen. Dazu kommt, dass auch im Internat einige Schüler der Oberstufe nicht gerade mit Samthandschuhen re(a)gieren. Doch es gibt auch richtig gute Freunde wie den kleinen Uli und den großen, starken Matthias, von Johnny Trotz und seinem Wunsch, Schriftsteller zu werden und Martin, der aus einer armen Familie stammt. Und dann sind da natürlich auch noch der Justus und der Nichtraucher, die trotz dessen, dass sie Erwachsene sind, richtig coole Leute sind. Und natürlich gibt es Prügeleien und Mutproben und manchmal traurige Sachen, am Ende verpackt in eine Weihnachtsgeschichte.

Ein Flohmarktfund, aber was für einer! Klar, ich kannte diese Geschichte irgendwie schon immer, gibt ja auch mehrere Filme davon. Aber sie zu lesen, war noch mal was ganz anderes. Weil der Kästner es einfach drauf hat, Kindergeschichten zu erzählen, die nicht kindlich und doch kindgerecht sind, die - obwohl in einer längst vergangenen Zeit spielen - keinen Punkt ihrer Aktualität verloren haben und weil es einfach alles enthält. Abenteuer, Freundschaft, Zusammenhalt, und eine unterschwellige Melancholie, die durch tollen Humor gedämpft wird und immer wieder Hoffnung gibt. Ich fand's extrem genial - so funktionieren Kinderbücher, auch für Erwachsene!

Veröffentlicht am 19.06.2018

Elemente der Magie

Vier zauberhafte Schwestern
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Sky ist die Jüngste von vier Cantrip-Schwestern. Flame, die Älteste, ist dreizehn und hat am selben Tag Geburtstag wie sie, Marina ist zwölf, Flora ist zehn, sie selbst neun. Am Tag nach ihrem Geburtstag ...

Sky ist die Jüngste von vier Cantrip-Schwestern. Flame, die Älteste, ist dreizehn und hat am selben Tag Geburtstag wie sie, Marina ist zwölf, Flora ist zehn, sie selbst neun. Am Tag nach ihrem Geburtstag stellt sie fest, dass sie zaubern kann, doch ihre Schwestern sind nicht halb so überrascht, wie sie erwartet hatte. Die können das nämlich auch. Zufälligerweise hat jede eine Magie zur Verfügung, die etwas mit ihrem Namen zu tun hat. Flame beherrscht das Feuer, Marina das Wasser, Flora die Erde und jetzt eben Sky die Luft. Wichtig ist, so lernt Sky, dass sie niemandem außer ihren Schwestern und der Großmutter davon erzählen darf, und ihre Magie auch nie für was Böses einsetzen darf, weil sie dann geschwächt wird. Doch eine alte Feindin der Großmutter kommt in die Stadt, und sie hat nur einen Wunsch: sich zu rächen und der Familie Cantrip zu schaden. Und dass, obwohl sie eigentlich einem anderen Zweig der Familie angehört.

Gut gefallen hat mir, dass die Message lautete: Ihr müsst zusammenhalten, nur so könnt ihr gegen etwas Übermächtiges bestehen oder sogar gewinnen. Nicht so richtig cool fand ich die Umsetzung bzw. die Logik des Ganzen. Die eine Seite der Familie darf ihre Magie nur für Gutes einsetzen, sonst verlieren sie sie. Die andere darf fröhlich gemein sein und fiese Sachen veranstalten und wird dadurch stärker. Warum? Auch in einem Kinderbuch erwarte ich dafür eine Erklärung, die mich zufriedenstellt. Dann erzählt die Großmutter, dass sie ihre Magie verloren hat, weil sie jemandem anders geschadet hat. Im gleichen Atemzug behauptet sie aber, um sich selbst zu verteidigen, ist das erlaubt - sie hatte sich selbst verteidigt, warum also ist sie jetzt magielos? Kann ja sein, dass Kinder über so was nicht nachdenken, aber ein gutes Kinderbuch ist eben nur eines, das auch Erwachsenen gefällt. Dieses hier war ganz nett, aber auch nicht mehr.

Veröffentlicht am 18.06.2018

Paris, 1761

Commissaire Le Floch und das Geheimnis der Weißmäntel
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Der junge Nicolas le Floch ist - im Gegensatz zu dem, was der Titel behauptet - keineswegs ein Commissaire. Fast auf sich allein gestellt kommt er 1759 nach Paris, ausgerüstet mit Edelmut und dem Brief ...

Der junge Nicolas le Floch ist - im Gegensatz zu dem, was der Titel behauptet - keineswegs ein Commissaire. Fast auf sich allein gestellt kommt er 1759 nach Paris, ausgerüstet mit Edelmut und dem Brief seines Paten, der ihn dem Polizeipräfekten de Sartine empfiehlt. Dieser bringt ihn bei einem der Untreue verdächtigen Kommissar unter und befiehlt ihm, seine Rechtskenntnisse von einem alternden Juristen zu vertiefen. Nur anderthalb Jahre später und völlig unverhofft schlittert le Floch in Mordfälle, Intrigen gegen den König, Glücksspielhöllen und Prostitution. Plötzlich mit unverhoffter Macht von de Sartine ausgestattet muss der junge Polizist verhindern, dass feindliche Mächte Papiere in die Hand bekommen, welche sie gegen Frankreich verwenden könnten.

Die große Stärke des Autors ist, die Mitte des 18. Jahrhunderts wieder aufleben zu lassen. Es ist schmutzig, kalt, brutal und manchmal überraschend. (Ich wusste nicht, dass es in Paris Leute gab, die tragbare Klos mit sich herumschleppten.) Der Fall war interessant und zusammen mit den historischen Informationen spannend präsentiert. Was mir anfangs einige Schwierigkeiten bereitet hatte, war nicht einmal die (wohlgewählte) Sprache jener Zeit, sondern die auktioriale Erzählweise eines allwissenden Erzählers, in welcher ich mich so manches Mal zu sehr auf Distanz gehalten fühlte. Auch das Lektorat war nicht berauschend, immer mal wieder stieß ich auf Fehler, die ich jedoch dem Buch selbst nicht anlaste, lediglich dem Verlag. Alles in allem war es jedoch ein interessanter Ausflug in einen historischen Kriminalfall.