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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.06.2023

Spannender Politthriller

Die Begnadigung
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US-amerikanischer Wirtschaftskrimineller wird zu seinem großen Erstauen begnadigt und nach Italien abgeschoben. Sein angeborenes Misstrauen hilft ihm, eine große Intrige zu durchschauen:

Letztendlich ...

US-amerikanischer Wirtschaftskrimineller wird zu seinem großen Erstauen begnadigt und nach Italien abgeschoben. Sein angeborenes Misstrauen hilft ihm, eine große Intrige zu durchschauen:

Letztendlich soll er dort in Europa von CIA-Geheimdienstlern sauber entsorgt werden. Es gelingt ihm trickreich, mit rudimentären Italienisch-Kenntnissen, die er sich in harte Disziplin erarbeitet, undercover zum echten Italiener zu werden und sein Leben zu retten.

Zwei Jahre nach Erscheinen von "Die Begnadigung" entführt Grisham uns Leser wieder nach Italien. Dort verzichtet er gänzlich auf das Thriller-Genre und beweist sich mit "Touchdown" souverän im Slow-Reading-Genre.



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Veröffentlicht am 29.06.2023

berührende Schriftsteller-Autobiografie

Arbeit und Struktur
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Wolfgang Herrndorf hat den drohenden Krebstod nicht verhindern können. Und doch, er ist unsterblich geworden.

Im Angesicht den unaufhörlichen Verfalls seines Körpers traf er die Entscheidung, nicht in ...

Wolfgang Herrndorf hat den drohenden Krebstod nicht verhindern können. Und doch, er ist unsterblich geworden.

Im Angesicht den unaufhörlichen Verfalls seines Körpers traf er die Entscheidung, nicht in (allzu verständliches) Selbstmitleid zu verfallen, sondern mit umso stärkerer Disziplin die Überarbeitung seines letzten Buches fortzusetzen.

Lassen wir die Beschreibung seiner Krankheit beiseite. Schließlich sind wir alle sterblich!

Bedeutsam für Autoren und solche, die es werden wollen, ist diese Sammlung von Blogeinträgen seines letzten Lebensjahrs, weil er sich gnadenlos dem widmet, war wirklich gute Literatur ausmacht: Überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten! Und dass auch unter Lebensumständen, die jegliches Prokrastinieren, Aufschieben auf Morgen und Rückzug in Schreibblockaden rechtfertigen würden. Dieses Buch beschreibt die zentralen Punkte, die jeder Autor beachten sollte:

Arbeit - d.h. überarbeiten, verfeinern und kürzen des Manuskript, wo auch immer es notwendig ist, um der wichtigsten Person zu dienen, die es für Autoren geben sollte: dem Leser.

Struktur - d.h. jene Flut der Gedanken, der Gefühle, der Fantasie, der Visionen und der Inspirationen, welche jeden Künstler bei seinem Schöpfertum antreiben, in geordnete Bahnen lenken, in der Literatur mit dem kurzen englischen Wort "plotten" treffend zusammengefasst.

Schreiben, als ob jeder Tag der letzte sein könnte. In diesem Buch der bittere Hintergrund. Wolfgang Herrndorf jammert und heult, er verflucht die Mängel seiner schriftstellerischen Fähigkeiten. Aber er gibt nicht auf, schafft ein literarisches Meisterwerk - und macht sich unsterblich.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

harter POlizeialltag

Der Polizistenmörder: Ein Kommissar-Beck-Roman
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Heutzutage ist beim Boom blutrünstiger Skandinavien-Thriller auf dem deutschen Buchmarkt fast in Vergessenheit geraten, dass alles in der 90-er Jahren im damals sozialdemokratisch regierten Schweden anfing.

Der ...

Heutzutage ist beim Boom blutrünstiger Skandinavien-Thriller auf dem deutschen Buchmarkt fast in Vergessenheit geraten, dass alles in der 90-er Jahren im damals sozialdemokratisch regierten Schweden anfing.

Der heutzutage gängige sexistisch-sadistisch-voyeuristische Touch, geradezu ein Markenzeichen, stand damals überhaupt nicht im Vordergrund. Das weiblich-männliche Autorenpaar Maj Sjöwall und Per Wahlöö agierte gleichberechtigt, schrieb gesellschaftskritisch. Aufklärung über Intrigen in der Politik standen im Vordergrund, die Arbeit der Polizei wurde kritisiert, sofern sie den Anforderungen einer demokratisch regierten Gesellschaft nicht gerecht wurde.

Ganz anders als heute gibt es in diesem Roman keine weltweite Verschwörung irgendwelcher global agierender Fädenzieher, den sich den Globus untertan machen wollen, und auch keinen mit perverser Lust geschilderte Triebtäter, die bevorzugt Frauenkörper verstümmeln, was in Details geschildert wird, fast wie in Fachbüchern für Schlachtermeister - wenn es denn solcherart Literatur gibt.

Auch dieser Krimi, in dem es um einen vorgeblichen Polizistenmörder geht (mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden), kommt ohne all das aus - und ohne Heroisierung einsam agierender Kriminalkommissare im Kampf gegen die Verbrecherwelt an vorderster Front. Vielmehr wird der nervenaufreibende Polizeialltag geschildert, und ganz realistisch Umstände, die dazu führen, dass Menschen an dieser Arbeit zerbrechen und ihren Dienst quittieren.


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Veröffentlicht am 29.06.2023

einfach abgefahren!

Mr. Mercedes
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Die Eingangspassage dieses Romans hat mich in der Hörbuchversion hat mich geradezu umgehauen:

Das entwickelt Stephen King über viele Seiten ein total plastisches Figurenensemble vor der Warteschlange ...


Die Eingangspassage dieses Romans hat mich in der Hörbuchversion hat mich geradezu umgehauen:

Das entwickelt Stephen King über viele Seiten ein total plastisches Figurenensemble vor der Warteschlange einer Obdachlosen-Hilfestation, nur um die alle dann von einem verrückten Mercedes-Fahren über den Hausen nieten zu lassen.

Und da beginnt erst die eigentliche Story!

In Kings Autobiografie "Das Leben und das Schreiben" schildert er im zweiten Teil, wie er nach seinem Bestsellererfolg zum kokainsüchtigen Alkoholiker (oder umgekehrt) degenerierte und seitdem viele Jahre bei den anonymen Alkoholikern war.

Mir ist vollkommen klar, dass er die meisten abgefahrenen Typen, die er in seinen genialen Thriller aufleben lässt, dort kennengelernt hat. Der Mann ist Vollblutschriftsteller.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

spannende Undercover-Ermittlungen

Der Verrat
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Grisham ist in all den Jahrzehnten seiner literarischen Arbeit seinen idealen treu geblieben. Er ist ein Aufklärer, ein Anwalt der Schwachen, stets auf der Seite von jenen, die von den Mühlen des US-amerikanischen ...

Grisham ist in all den Jahrzehnten seiner literarischen Arbeit seinen idealen treu geblieben. Er ist ein Aufklärer, ein Anwalt der Schwachen, stets auf der Seite von jenen, die von den Mühlen des US-amerikanischen Justizapparats zerrieben werden.

Dieser Thriller hat mich ungeheuer fasziniert, weil er so gänzlich gegen den Strich gebürstet ist. Es fängt an mit mit einer Action-Szene, in der ein Obdachloser in einer großen Kanzlei erschossen wird. Doch dann die Überraschung: Scheinbare Langweile, die sich schiere endlos hinzieht. Warum funktioniert der Thriller trotzdem?

Es liegt an den liebevollen und eindrücklichen Charakterbeschreibungen, die man bei deutschen Bestseller-Krimiautoren, die sich ganz auf die Konstruktion des Plots konzentrieren, leider oft vermisst.

Der "Held" des Romans ist ein desillusionierter, motivationsloser Anwalt, der nach dem Vorfall einfach nicht wie gewohnt in sein Büro gehen kann, sondern die riesige Kanzlei, in der er angestellt ist, schnurstracks verlässt, frühmorgens in eine Kneipe geht und sich ausgiebig betrinkt. Dies ist so großartig beschrieben, dass der Leser echt gute Literatur genießen kann.

Einigen jüngere Leser, bei denen im Zeitalter kurzer SMS- und Twitter-Posts die Aufmerksamkeitsspanne knapp bemessen ist, werden sich langweilen. Nun gut, für die gibt es mittlerweile genug Trash. Der eBook-Markt will bedient werden, vielen Autoren geht es heutzutage nur ums Geschäft. Die goldenen Zeiten, als John Grisham noch mit Qualität Literaturagenten und Verlage für sich einnehmen konnte und seitdem jedes Buch von ihm gedruckt wird, weil er mittlerweile zum Establishment gehört, sind lange vorbei.

Zurück zu "Der Verrat": Der Anwalt betrinkt sich in der Kneipe, lässt alle Anrufe der Großkanzlei, in der er arbeitet, unbeantwortet, erholt sich nur langsam von dem Schock über den Mord, den er dort gesehen hat.

Irgendetwas stimmt nicht in der Szene, die er rein zufällig beobachtet. Wollte sich der Arbeitslose erschießen lassen, war es gar kein Terrorist? Die spannenden Undercover-Ermittlungen unseres Helden beginnen ...



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