Was für eine Enttäuschung
Bis unsre Seelen Sterne sind. Rilke und Lou Andreas-SaloméKeine Erweiterung des Erkenntnishorizonts
Die Autorin betreibt mit ihrem Roman ‚Bis unsre Seelen Sterne sind‘ einen veritablen Etikettenschwindel. Der Leser, der doch mit einiger Wahrscheinlichkeit an ...
Keine Erweiterung des Erkenntnishorizonts
Die Autorin betreibt mit ihrem Roman ‚Bis unsre Seelen Sterne sind‘ einen veritablen Etikettenschwindel. Der Leser, der doch mit einiger Wahrscheinlichkeit an tieferen Erkenntnissen über die intellektuell aufrührende Zeit der Jahrhundertwende interessiert ist, wird mit einem wilden Mix unterschiedlichster Ingredienzen konfrontiert. Da gesellen sich angelesene Wikipedia-Realien zu gestelzten seitenlangen Dialogen; Beziehungen werden referiert auf genüsslich ausgebreitetem Klatsch- und Tratsch-Niveau; der Anspruch auf literarischen Gestaltungswillen reduziert sich auf inhaltlich kaum gerechtfertigte Zeitsprünge; ausgedehnte Anleihen bei Briefen und Tagebüchern vermitteln psychologische Einblicke, die doch eigentlich Aufgabe der Romanautorin gewesen wären. Die beiden Hauptfiguren, Rilke und Lou, erscheinen verkürzt zu Karikaturen in psychologischer Verzerrung, es kann nicht ausreichen, aus Rilke einen hypertrophierten Egomanen zu machen, Lou Andreas-Salomé pauschal abzuhandeln als Mittelding zwischen verständnisvoller Mutterfigur und männermordender Megäre. Als Fazit der Lektüre lässt sich nur konstatieren: Was für eine Enttäuschung!