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Veröffentlicht am 19.07.2024

Weißt du, wo Rosalie ist?

Der Bademeister ohne Himmel
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Das Cover ist ziemlich einfach gestaltet, aber gerade durch diese Schlichtheit gefällt es mir gut. Und es hat einen eindeutigen Bezug zum Buch.

In "Der Bademeister ohne Himmel" lernen wir als erstes Linda ...

Das Cover ist ziemlich einfach gestaltet, aber gerade durch diese Schlichtheit gefällt es mir gut. Und es hat einen eindeutigen Bezug zum Buch.

In "Der Bademeister ohne Himmel" lernen wir als erstes Linda kennen. Sie ist ein 15jähriges Mädchen mit Selbstmordgedanken. Aus ihrer Perspektive wird das Buch erzählt. Sie berichtet von Kevin, ihrem intelligenten Freund, den sie seit sechs Jahren kennt und mit dem sie gerne ihre freie Zeit verbringt.
Und von Hubert, einem dementen 86jährigen ehemaligen Bademeister. Bei ihm wohnt die aus Polen stammende Ewa, die ihn pflegt. Und Linda löst Ewa montags, mittwochs und samstags ein paar Stunden ab, damit diese ein wenig Zeit für sich selbst hat.

Petra Pellini beschreibt diese Hauptcharaktere sehr lebhaft. Ich habe sie beim Lesen direkt vor mir sehen können.

Linda zweifelt an sich selbst und ist anderen gegenüber absolut empathisch. Diese Empathie ist nicht nur ein Vorteil für Hubert, auch Ewa und Kevin profitieren davon. Linda wirkt überraschend erwachsen. Sie schildert ihren Alltag feinfühlig und mit einer Portion Humor. Von ihr kann man gut lernen, einen leichteren, kreativen, liebevollen Umgang mit Demenz zu leben.

Der Autorin ist ein besonders Buch gelungen. Respektvoll und realitätsnah schreibt sie über Freundschaft, Enttäuschungen, Familie, Demenz, Depressionen und dem Miteinander der Generationen. Das ist aber weder überfrachtet noch einschläfernd, sondern würdevoll und glaubhaft.

Die Geschichte vom "Bademeister ohne Himmel" wird mich gedanklich noch einige Zeit beschäftigen. Ich vergebe alle 5 Sterne und empfehle es ausgesprochen gerne weiter.

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Veröffentlicht am 16.06.2024

Im Kaffeehaus und im Kopf

Seinetwegen
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Das Cover ist sehr schlicht in blau und grau gehalten. Ein Mann auf einer Straße. Und genau dieses Cover passt zum einen zum Titel und zum anderen auch zu dem Thema des Buches.

In "Seinetwegen" erzählt ...

Das Cover ist sehr schlicht in blau und grau gehalten. Ein Mann auf einer Straße. Und genau dieses Cover passt zum einen zum Titel und zum anderen auch zu dem Thema des Buches.

In "Seinetwegen" erzählt Zora del Buono von ihrem bei einem Autounfall im heimatlichen Zürich gestorbenen Vater, den Oberarzt Manfredi del Buono. Sie war in jenem Jahr 1963 gerade mal ein paar Monate alt. Ihre Mutter hat danach nicht mehr geheiratet und ist mittlerweile an Demenz erkrankt.
60 Jahre nach dem einschneidenden Ereignis begibt sich die Autorin auf die Suche des damals 28jährigen Unfallverursachers und teilt ihre Gedanken auf 201 Seiten mit.

Mich hat die Inhaltsangabe berührt, denn ich musste als 10jähriges Kind erleben, wie meine Mutter nach einem Autounfall verstorben ist. Allerdings war es in unserem Fall so, dass auch die Verursacherin, die unter Alkohol- und Tabletteneinnahme stand, den Unfall nicht überlebt hat und es somit keinen Grund zur Suche gab.

Und das war für mich eigentlich auch eine Frage, die sich schnell auftat. Warum hat Zora del Buono 60 Jahre gewartet, bis sie sich auf die Suche gemacht nach jenem E.T. gemacht hat? Das kann nicht nur der Schmerz gewesen sein, den sie ihrer Mutter nicht antuen wollte.

Die Autorin schreibt einiges über ihre Kindheit und das Heranwachsen. Wie es ist, wenn jemand fehlt, der doch zur kleinen Familie gehört. Sie berichtet von diversen Kaffeehausbesuchen und dabei geführten tiefgründigen Gesprächen mit befreundeten Menschen. Und dann werden unter anderem noch Dudenzitate oder Aktennotizen aufgeführt.
Insgesamt kommt mir das vor, wie Gedanken, die sprunghaft ins Gedächtnis kommen und aufgezeichnet werden, vermischt mit Tatsachen und Fakten. Zudem kommen einige schwiitzerdütsche Ausdrücke vor. Es ist sprunghaft und das macht es zum Teil auch nicht gerade einfach zu lesen. Deshalb waren die nicht gerade üppigen 201 Seiten, auf denen teilweise auch Fotografien eingefügt sind, für mich nicht schnell zu lesen. Manches hat einen langen Nachhall, weil ich nach dem Tod meiner Mutter ähnliche Gedanken hatte.

Ich gebe diesem Buch, was zum einen sehr gefühlvoll und fast poetisch ist, aber auch einige ganz präzise und glasklare Abschnitte hat, vier Sterne und denke, es ist kein Buch für jeden und auch nicht um es mal so nebenbei zu lesen.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Ich mag es, allein zu sein

Das Licht in den Birken
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Von Romy Fölck hatte ich "Die Rückkehr der Kraniche" gelesen und war davon sehr angetan. So habe ich mich gefreut, dass nun ein weiterer Roman abseits der Krimis, von ihr erschienen ist.

Die Geschichte ...

Von Romy Fölck hatte ich "Die Rückkehr der Kraniche" gelesen und war davon sehr angetan. So habe ich mich gefreut, dass nun ein weiterer Roman abseits der Krimis, von ihr erschienen ist.

Die Geschichte bringt uns zu Benno Findeisen und seinem hoch verschuldeten Gnadenhof der Tiere in der Lüneburger Heide. Thea, eine Frau Mitte 50, zieht mit ihren zwei Ziegen von Portugal in einer der Wohnungen auf diesem Hof. Und dann stößt noch die junge Juli dazu, die sich auf ihrer Wanderung vom Norden Richtung Amsterdam den Fuß verletzt.

Die Beschreibung der Landschaft ist äußerst gelungen, wie auf dem Cover sehe ich die Nebelschwaden am Morgen aufsteigen oder den Sternenhimmel am Abend leuchten. Der Gnadenhof gefällt mir besonders gut. Würde ich jünger sein, wäre genau das mein Traum.
Bei den Charakteren hätte ich nichts gegen etwas tiefere Ausflüge in das Seelenleben der drei Hauptfiguren gehabt.

Der Roman wird abwechselnd aus Sicht der Protagonisten verfasst. Das ist kein neuerfundener Stil, passt hier aber sehr gut, denn dadurch wird die Geschichte ausgesprochen lebendig und lässt sich flüssig lesen. Richtig weglegen mochte ich das Buch kaum.

Benno, Thea und auch Juli tragen jeweils ein familiäres Problem mit sich durchs Leben und sind sich damit ähnlicher, als sie zunächst denken. Zudem gibt es weitere Komplikationen, denen sie sich stellen müssen. Und das ist mein zweiter Kritikpunkt. Auch wenn ich mich freue, dass sie jeweils eine Lösung finden, ist der Prozess doch immer arg rasch. Und dann gibt es zudem den einen oder anderen Zufall, der schon etwas vorherzusehen ist.

Alles in allem habe ich das Buch gerne gelesen und fühlte mich auch gut unterhalten. Aufgrund meiner angesprochenen Kritikpunkte vergebe ich 4 Sterne und empfehle "Das Licht in den Birken" gerne als ansprechende Sommerlektüre weiter.

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Cape Cod - nicht nur Idylle

Treibgut
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Ach, so ein schönes Cover. Da träumt man vom Sommer am Strand. Oder sollte man eher die dunklen Wolken betrachten?

Die Autorin Adrienne Brodeur ist mir bekannt durch ihr Buch "Wild Games", welches mich ...

Ach, so ein schönes Cover. Da träumt man vom Sommer am Strand. Oder sollte man eher die dunklen Wolken betrachten?

Die Autorin Adrienne Brodeur ist mir bekannt durch ihr Buch "Wild Games", welches mich fasziniert hat. So war ich gespannt auf das aktuelle Werk "Treibgut".

Wir Lesenden werden mitgenommen nach Cape Cod und lernen dort die Familie Gardner kennen. Zunächst ist da Adam, der knapp 70jährige Familienvater. Ein Meeresbiologe, der sich besonders auf Wale spezialisiert hat, manisch-depressive Schübe erleidet und seit vielen Jahren Witwer ist.
Sein Sohn Ken ist ein erfolgreicher Immobilienmakler, Vater der Zwillingsmädchen Tessa und Frannie und Mann von Jenny.
Auf sein Wohlwollen ist Abby angewiesen, seine 3 Jahre jüngere Schwester. Eine feinsinnige Künstlerin, die von ihrem Geliebten ein Kind erwartet.
Und dann ist da noch Steph Murphy, junge Mutter eines Sohnes, die gerne ihre Familiengeschichte aufklären möchte.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht dieser Personen geschrieben und man erkennt früh, dass keine paradiesischen Zustände an diesem schönen Ort herrschen.
Die Charaktere sind facettenreich gewählt und gut erdacht.
Ganz wunderbar empfinde ich die Beschreibungen der Natur, da sehe ich vieles bildhaft vor mir.

Adrienne Brodeur hat einen sehr angenehmen, lebendigen, manchmal poetischen Schreibstil, der dem Buch einen kurzweiligen Charme gibt.

Es werden viele Seiten einer verstrickten Familiengeschichte angesprochen, mit Träumen und Hoffnungen, aber auch mit Schmerz und ausgesprochenen oder verschwiegenen Verletzungen.

Der Autorin ist ein vielschichtiger, gut unterhaltender Roman gelungen, den ich gerne gelsen habe und der auch noch in meinen Gedanken Nachhall findet. Ich vergebe gerne die volle Sternanzahl und empfehle das Buch nicht nur als Sommerlektüre.

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Veröffentlicht am 04.05.2024

Der Preis der Hoffnung

Wo die Asche blüht
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So ein schönes Cover - bei dem Anblick habe ich zunächst nicht an Krieg und dessen Folgen gedacht.

Ehrlicherweise muss ich zudem sagen, dass ich mich mit dem Vietnamkrieg nicht richtig gut auskenne. Aus ...

So ein schönes Cover - bei dem Anblick habe ich zunächst nicht an Krieg und dessen Folgen gedacht.

Ehrlicherweise muss ich zudem sagen, dass ich mich mit dem Vietnamkrieg nicht richtig gut auskenne. Aus dem Schulunterricht weiß ich, dass dieser grausame Krieg in den Jahren von 1955 bis 1975 zunächst zwischen Nordvietnam und der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams stattgefunden hat.
Nach dem sogenannten Tonkin-Zwischenfall im August 1964, bei dem ein US-Marineschiff im Golf von Tonkin von nordvietnamesischen Torpedobooten grundlos beschossen worden ist, griff die USA auf der Seite des Südens ein. Wobei sich herausstellte, dass es sich um einen inzenierten Angriff handelte damit die USA die Möglichkeit für ein Einschalten hatte, um gegen das Vordringen des Kommunismus in Südostasien anzutreten.
Gebracht hat der Krieg mit Millionen Toten, Verletzten und Traumatisierten nichts, schon gar nicht die Demokratie für Südvietnam.

In diesen Krieg und seine Auwirkungen nimmt uns die 1973 in Vietnam geborene Autorin Nguyễn Phan Quế Mai mit. Sie schreibt die Geschichte "Wo die Asche blüht" in drei Erzählsträngen und zwei Zeitebenen.
Wir lernen die Schwestern Trang und Quỳnh im Jahr 1969 kennen. Sie leben im Mekongdelta mit ihren Eltern. Der Vater ist Kriegsinvalide und die Familie hoch verschuldet. Die Schwestern gehen nach Saigon, um dort als Barmädchen Geld zu verdienen.
Im Jahr 2016 versucht Phong ein Ausreisevisum für sich und seine Familie von Vietnam nach Amerika zu bekommen. Er ist ein "Amerasier", ein Kind einer vietnamesichen Mutter und eines Amerikaners. Früh kam er in ein Heim und wird aufgrund seiner dunklen Hautfarbe aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Ebenfall sim Jahr 2016 reisen Dan und seine Frau Linda nach Vietnam. Dan ist ein ehemaliger Hubschrauberpilot, noch immer traumatisiert von den Erlebnissen im Vietnamkrieg.

Die Figuren sind alle sehr feinfühlig und glaubhaft dargestellt. Ich habe jeden auf seine Art verstehen und das Handeln nachvollziehen können. Allerdings hatte ich zu Beginn mit den Namen und der ungewohnten Schreibweise meine Probleme. Das hat sich dann im Verlauf des Lesens aber wesentlich gebessert.

Die Autorin beschreibt dramatische historische reale Begebenheiten ausgesprochen undramatisch, aber spannend und empathisch. Ich wurde in die Erzählung förmlich eingesogen und konnte das Buch nur schwer aus den Händen legen.

Es handelt sich um eine brisante und leider wieder aktuelle Thematik. Krieg, mit seinen direkten aber auch vielen indirekten Folgen.

Zum Ende verweben sich die Stränge miteinander, wobei mir das ein wenig zu viele Zufälle sind.

Ich vergebe eine unbedingte Leseempfehlung für ein Buch, das einem nicht so schnell aus dem Kopf geht.

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