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Veröffentlicht am 18.02.2024

Ein Spiel mit dem Feuer.

Drei Kameradinnen
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„Du hattest ja recht mit allem, Saya. Deswegen wird man trotzdem nicht zum lebenden Brandbeschleuniger, oder? Deswegen zettelt man trotzdem keinen Krieg an. Damals nicht und auch heute nicht.“ (Kasih, ...

„Du hattest ja recht mit allem, Saya. Deswegen wird man trotzdem nicht zum lebenden Brandbeschleuniger, oder? Deswegen zettelt man trotzdem keinen Krieg an. Damals nicht und auch heute nicht.“ (Kasih, S. 171)

Ein Zeitungsartikel. Drei Freundinnen. Eine Hochzeit. Ein Brand. Nazis vor Gericht. Wie hängt das alles zusammen? Kasih erzählt es uns. Sie erzählt die Geschichte einer Freundschaft und sie erzählt die Geschichte einer Radikalisierung.

Die drei jungen Frauen Kasih, Saya und Hani kennen sich seit ihrer Kindheit und Jugend in der Siedlung am Rand einer deutschen Kleinstadt. Schon früh müssen sie erleben, was es bedeutet, aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Namen und ihres Aussehens als „fremd“ und „nicht von hier“ eingestuft und in Schubladen gesteckt zu werden. Die geteilten Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen haben ein starkes Band zwischen den Freundinnen geknüpft, auch wenn jede auf ihre Weise mit ihnen umgeht. Während Hani die Augen vor solchen Schwierigkeiten verschließt und sich anzupassen versucht, möchte Saya diese Ungerechtigkeiten nicht länger hinnehmen; sie sucht die Konfrontation, ist laut und kämpferisch. Kasih befindet sich zwischen diesen Extremen, versucht zu vermitteln und sehnt sich nach „Normalität“. Die Drei stehen mitten im Leben und dennoch am Rand der Gesellschaft.

Zur Hochzeit einer gemeinsamen Bekannten treffen sie sich nach vielen Jahren wieder, sitzen auf der Dachterasse und feiern das Leben und ihre Freundschaft. Doch mit Saya stimmt etwas nicht, sie ist geladen und angriffslustig. Der Prozess gegen eine rechtsextreme Terrorgruppe lässt ihr keine Ruhe und wirkt wie ein Katalysator für die nachfolgenden Ereignisse. Als es in der Nacht der Hochzeitsfeier zu einem verheerenden Brand in einem Mehrfamilienhaus kommt, wird Saya als Tatverdächtige verhaftet. Um der Presse und dem Internet zuvorzukommen, beginnt Kasih in dieser Nacht die Geschichte der „drei Kameradinnen“ aufzuschreiben …

Kasih lässt sich dabei stark von ihren Erinnerungen, Assoziationen und Anekdoten leiten. Sie schweift ab, berichtet in großen Klammern und geht erzählerische Umwege. Es ist nicht immer einfach ihr zu folgen, aber gerade das macht sie authentisch: Wie sie da am Küchentisch sitzt, wartet, wütend und verwirrt ist und schreibend versucht zu verstehen. Kasih nimmt kein Blatt vor den Mund, ihre Kommentare sind ironisch und schonungslos ehrlich. Frech nimmt sie Vorbehalte und Vorurteile vorweg und wirft ihrem Publikum Informationsbrocken vor die Füße, die sie im nächsten Moment revidiert. Dabei spricht sie die Leser:innen direkt an und konfrontiert sie auf diese Weise mit ihren eingefahren, alltagsrassistischen Denkmustern. Ein geschicktes Spiel mit dem Feuer.

Kasih ist keine Sympathieträgerin. Sie ist vielmehr eine Symptomträgerin, ein wandelndes Ausrufezeichen. Ihre Wutrede ist genau genommen kein Angriff, sondern eine Re-Aktion auf ihr Umfeld; auf den Hass, die Anfeindungen und Diskriminierungen, die den drei Freundinnen tagtäglich entgegenschlagen.

Selten hat mich ein Roman mit so ambivalenten Gefühlen zurückgelassen. Ich habe das Buch zugeklappt und war im ersten Moment wütend auf diese zornige Erzählerin. Steckte sie mich als weiße Leserin doch durchweg in Schubladen und verachtete gleichzeitig genau diese vorurteilsbehafteten Denkmuster. Das passte für mich absolut nicht zusammen. Ich fühlte mich angegriffen, denn auch ich hatte dank eines ausländischen Geburtsortes einige der beschriebenen Erfahrungen durchgemacht. Ich kenne die feinen Nuancen des Unwohlseins, wenn man etwas „Unbekanntes“ zum Buffet des Schulfestes beisteuerte oder die ungeschriebenen Gesetze einer Abschlussfeier nicht kannte. Da halfen mir auch meine weiße Hautfarbe und mein deutscher Name nicht.

Einige Tage, gelesene Rezensionen und ein gestreamtes Interview mit der Autorin später begriff ich jedoch, dass es hier nicht um meine persönlichen Befindlichkeiten geht, sondern um das Aufzeigen eines strukturellen Problems, das unsere Gesellschaft durchzieht. Wir sind weit von Inklusion und Gleichberechtigung entfernt, solange weiterhin vorwiegend weiße Menschen in Talkshows zum Thema Rassismus eingeladen werden, um nur ein Beispiel zu nennen. Alltagsrassismus durchzieht alle Bereiche unseres Lebens, doch wer ihn nicht spüren muss, bemerkt ihn meistens auch nicht.

Das neue Buch von Shida Bazyar ist kein Wohlfühlroman. Es hat Stacheln und scharfe Kanten, an denen man sich schneiden kann. Die Autorin leistet meiner Meinung nach Übersetzungsarbeit für Kopf und Herz: Wie fühlt es sich an, auf Schritt und Tritt verdächtigt zu werden und in einer vermeintlich toleranten Gesellschaft ständig auf der „anderen Seite“ zu stehen? Natürlich, das könnte auch „netter“ funktionieren. Doch manchmal müssen Worte eben brennen, um etwas zu bewirken. Shida Bazyar hat viel zu sagen – und wir sollten zuhören.

„Man gibt uns das Wort? Was soll denn das? Merkst du nicht, was das heißt? Wir haben das Wort sowieso, wir sollten es haben, wir sollten nicht darauf angewiesen sein, dass irgendwer, der das kann, es uns gibt. Wir sollten aufhören, so zu reden wie Menschen zweiter Klasse, dann hört man auch auf uns wie welche zu behandeln. Dann hört man vielleicht auch auf, uns einfach umzubringen.“ (Saya, S. 114)

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Prädikat wertvoll.

Über Menschen
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"In Zeiten von George Floyd geht sie mit einem Nazi zum Fest. Es gelingt ihr einfach nicht, eine Haltung zu finden. Vielleicht, denkt Dora, ist das Einnehmen von Haltungen nur so lange richtig und wichtig, ...

"In Zeiten von George Floyd geht sie mit einem Nazi zum Fest. Es gelingt ihr einfach nicht, eine Haltung zu finden. Vielleicht, denkt Dora, ist das Einnehmen von Haltungen nur so lange richtig und wichtig, wie man die Dinge aus sicherer Distanz betrachtet." (S. 350)

Dora hält ihr Leben in Berlin nicht länger aus. Ihre Beziehung mit Robert, dem fanatischen Weltverbesserer. Die Arbeit in der Agentur, bei der ein Projekt das nächste jagt. Eine Pandemie, die selbst den Rationalsten den letzten Nerv raubt. Das Karussell in ihrem Kopf, das niemals anhält. Die kribbelnden Bläschen, die in ihrem Körper aufsteigen und sie nicht ruhen lassen. Hals über skopf und völlig unvorbereitet flieht Dora mit ihrem Hund Jochen aufs Land, nach Bracken. Ihre Erwartung: Ruhe, Gartenarbeit, Kopfkino aus. Die Realität: Im Nachbarhaus der Dorfnazi Gote, schrullige Persönlichkeiten überall und mehr Zwischenmenschliches, als ihr lieb ist. Wohl oder übel muss Dora sich nun mit Themen auseinandersetzen, die ihr Weltverständnis und ihre Werte auf Herz und Nieren prüfen...

Juli Zehs neuer Roman ist eine Wucht. Er ist so brandaktuell, dass es schmerzt. Unbequem, fordernd, absolut auf dem Punkt. Denn Juli Zeh macht es weder sich, noch ihren Leser:innen leicht. Einfache Antworten gibt es bei ihr nicht. Die Welt ist nicht schwarz oder weiß, gut oder böse, richtig oder falsch. In ihren Romanen menschelt es, hier hat jede:r ein Päckchen zu tragen, keine Begegnung verläuft nach Schema F. Die Figuren sind vielschichtig und komplex und lassen sich nicht in lineare Handlungsmuster stecken.

Meisterhaft verpackt Zeh Situationen und Gefühle in klare, pointierte Gedankengänge und messerscharfe Beobachtungen. Treffsicher skizziert sie das Unwohlsein unserer modernen Gesellschaft aufgrund der sich rasant verändernden Welt, die Überforderung und Hilflosigkeit des Einzelnen hinsichtlich der globalen Zusammenhänge, aber auch scheinbar nichtige Alltagsprobleme. Dazwischen blitzt immer wieder ihr trockener Humor durch, der die Figuren liebevoll auf die Schippe nimmt. Es geht um Rassismus, Idealismus, Gutmenschentum und Mitmenschlichkeit. Es geht um das Finden einer Haltung und eines Standpunktes in einer Welt, deren Gewissheiten sich sukzessive auflösen. Und es geht um den größten Feind, den es zu bekämpfen gilt: die Angst vor der eigenen Courage.

Das ist Gesellschaftsanalyse und -kritik on point. Ein Roman von Juli Zeh ist wie Programmkino - Unterhaltung mit Mehrwert. Prädikat wertvoll.

"Es geht nicht darum, wozu man fähig ist. Es geht auch nicht darum, wer was verdient hat. Nicht einmal darum, für oder gegen Nazis zu sein. Das Zauberwort heißt 'trotzdem'. Trotzdem weitermachen, trotzdem da sein." (S. 340)

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Ganz nett, mehr aber auch nicht.

Die Geschichte von Kat und Easy
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"Kat hat die Macht. Sie hat die Macht, Wörter zum leuchten zu bringen und Räume mit Wut zu verpesten. Sie kann allen zu viel sein und sich selbst nie genug."

Bäm, eine Eröffnung mit Paukenschlag. So ...

"Kat hat die Macht. Sie hat die Macht, Wörter zum leuchten zu bringen und Räume mit Wut zu verpesten. Sie kann allen zu viel sein und sich selbst nie genug."

Bäm, eine Eröffnung mit Paukenschlag. So beginnt dieses Buch und zeigt schon zu Beginn den klugen Schreibstil der Autorin und ihre fantastische Beobachtungsgabe. Sie zeichnet ihre Figuren menschlich und humorvoll, mit Ecken und Kanten und mit viel Liebe zum Detail. Das gefiel mir außerordentlich gut.

Was leider keinen bleibenden Eindruck hinterließ, war die Geschichte an sich. Zwei Frauen, eine Freundschaft und ein Mann, der sich zwischen sie drängt. Nichts Neues, leider. Sex, Drugs und Rock'n'Roll in den 70ern, gescheiterte Lebenspläne im Hier&Jetzt. Hm, hat mich ehrlich gesagt nicht umgehauen.
Trotzdem gab es auch hier wieder wunderschöne Passagen, die Annäherung der beiden Frauen über den Selbsthilfe-Blog fand ich zum Beispiel sehr gelungen und äußerst zart beschrieben.

Es geht um Freundschaft, es geht um Liebe, es geht darum, sich selbst zu finden und vor Anderen zu behaupten, auch und vor allem im Erwachsenenleben. Es geht aber auch um Zurückweisung und Schuld, um Neid und Vergebung.

Alles in allem ein netter Roman, der von einem zauberhaften Schreib- und Erzählstil lebt. Die Story hingegen bleibt recht blass.

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Lalelu, nur der Mann im Mond schaut zu...

Wieso? Weshalb? Warum? junior. Sonne, Mond und Sterne
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Lalelu,
Wieso, Weshalb, Warum? fragst du,
wo versteckt sich nachts die Sonne?
Wann geht der Mann im Mond zur Ruh?

Lalelu,
Sternenbilder kennst auch du,
nach dem Lesen dieses Buches,
und findest sie im ...

Lalelu,
Wieso, Weshalb, Warum? fragst du,
wo versteckt sich nachts die Sonne?
Wann geht der Mann im Mond zur Ruh?

Lalelu,
Sternenbilder kennst auch du,
nach dem Lesen dieses Buches,
und findest sie im Nu!

Lalelu,
Astronaut*in wirst auch du,
fliegst durch Nacht und Sternenhimmel,
machst schnell die Äuglein zu.

Lalelu,
von Planeten träumst auch du,
reist durch ferne Galaxien,
und lernst viel dazu.

Von uns gibt es kreative Begeisterung für dieses liebevoll inszenierte Hörspiel mit verständlichen Erklärungen.
Verschiedenste Bücherbände der Wieso? Weshalb? Warum?-Reihe gehören mittlerweile zu unseren Lieblingsbüchern und es ist so schön, meinen Sohn beim Entdecken und Staunen zu begleiten und mit ihm gemeinsam die Reihe immer weiter aufzustocken. Nun habe ich ganz frisch entdeckt, dass es auch Hörspiele zu den Büchern gibt - die mussten wir natürlich sofort testen!

Das Thema "Sonne, Mond und Sterne" wurde
angenehm in eine Unterhaltung zwischen dem Kind aus der Geschichte und einer Erzählerin verwoben. Es werden Fragen gestellt, kindgerechte Antworten gefunden und die doch sehr komplexen Themen anschaulich mit Beispielen erklärt. Untermalt wird alles mit thematisch passenden Liedern und Musik. Wirklich bezaubernd!

Leider habe ich gemerkt, dass mein 2-jähtiger Sohn noch zu klein für diese Art der Informationsaufnahme ist. In dem Alter stehen haptische Erfahrungen im Vordergrund (Bilder anschauen, kurze Texte, Klappen öffnen und entdecken), hier würde ich weiterhin explizit die Bücher der Wieso? Weshalb? Warum? -Reihe empfehlen. Die Hörspiele können meiner Meinung nach erst ab 3 Jahren richtig erfasst und verarbeitet werden.

Dennoch ist die Vertonung der Bücher eine bezaubernde und fabelhafte Idee, die darüber hinaus auch einen inklusiven Zugang zu den Themen der Reihe eröffnet

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Anne mit E.

Anne auf Green Gables
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Wow, von der ersten Seite an war ich verzaubert und begeistert, wie liebevoll diese Comic-Adaption umgesetzt wurde!

Anne fegt wie ein Wirbelsturm durch das Leben der Cuthberts und das, obwohl sie doch ...

Wow, von der ersten Seite an war ich verzaubert und begeistert, wie liebevoll diese Comic-Adaption umgesetzt wurde!

Anne fegt wie ein Wirbelsturm durch das Leben der Cuthberts und das, obwohl sie doch "nur" ein Mädchen ist. Eigentlich wollten die Geschwister Mathew und Marilla einen Jungen, der ihnen auf dem Hof hilft und kräftig mit anpacken kann, schließlich sind sie nicht mehr die Jüngsten. Doch dann ist da plötzlich Anne. Dürr, verträumt und eine richtige Quasselstrippe. Marilla ist alles andere als begeistert, während Mathew vom ersten Moment an Annes große Stärke zu spüren scheint. Denn Anne kann Herzen für sich gewinnen. Mit ihrer schier endlosen Fantasie, ihrer puren Lebensfreude und ihrer Liebe zu allem, egal ob Mensch, Tier oder Pflanze, erobert sie nach und nach ihr Umfeld für sich.

Der Comic hat mich sehr berührt. Marsden und Thummler bleiben nah am Original und haben ein Gespür für "die" Momente, die bedeutend sind für die Geschichte. Die Bilder leben von der Liebe zu Details (wie Anne selbst!) - hier ein Zucken des Mundwinkels , da ein Zwinkern oder ein kritischer Blick. Aber auch Gefühle werden unglaublich gut dargestellt und durch großflächige und bedeutungsschwere Bilder verstärkt. Irre, was man mit "ein paar Pinselstrichen" transportieren kann!

Ich liebe gut gemachte Graphic Novels/Comics und wenn diese dazu dienen, den Roman einem noch breiteren Publikum zugänglich zu machen - genial. Hier jedenfalls kann ich eine riesige Leseempfehlung aussprechen, es lohnt sich!

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