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Veröffentlicht am 28.03.2021

Raffiniert, originell, unkompliziert und soooo lecker!

TANJA VEGETARISCH
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Die Basler Spitzenköchin Tanja Grandits war mir bisher kein Begriff.
Ihr Restaurant STUCKI in Basel war mir auch nicht bekannt.

Jetzt, nachdem ich ihr Kochbuch etliche Male durchgeblättert und einige ...

Die Basler Spitzenköchin Tanja Grandits war mir bisher kein Begriff.
Ihr Restaurant STUCKI in Basel war mir auch nicht bekannt.

Jetzt, nachdem ich ihr Kochbuch etliche Male durchgeblättert und einige Rezepte nachgekocht habe, muss ich sagen:
Tanja Grandits gehört nun, wie Yotam Ottolenghi zu meinen absoluten Favoriten, was Kochbuch-Autoren betrifft und Grandits STUCKI wird genauso wie Ottolenghis Nopi zu den ersten Highlights nach der Corona-Krise gehören.

Abgesehen von den schmackhaften und originellen Rezepten, auf die ich nachher kurz eingehen werde, finde ich äußerst sympathisch und charmant, wie Tanja Grandits Persönliches preisgibt und ihre Tochter Emma integriert, die sogar ein Vorwort verfasst, in dem sie betont, dass vegetarisches Essen für sie kreativer, bunter und fröhlicher als „normales Essen“ ist.
Daheim isst die Familie vegetarisch und gutes Essen gehört für die Autorin zum Lebensglück.
„Tanja vegetarisch“ hat sie vor allem für ihre Tochter Emma, die selbst nicht gern kocht, verfasst.
Es ist eine Zusammenstellung von Emmas liebsten Gerichten.
Tanja Grandits möchte ihrer Tochter gutes Essen neben Liebe und Werten wie Respekt und Dankbarkeit auf ihren Lebensweg mitgeben. Welch‘ schöne Gesinnung!

„Tanja vegetarisch“ ist ein hochwertig und edel gestaltetes Kochbuch, in dem die Köchin auch verrät, welcher Koch was kocht, wenn er für das Mitarbeiteressen im Restaurant zuständig ist und das mit vielen ansprechenden, kunstvoll arrangierten und appetitanregenden Fotos bereichert, aufgelockert und belebt wird.
Die Gerichte werden toll garniert, geschmackvoll angerichtet und durch die Fotos stilvoll in Szene gesetzt.

Es ist in 10 Kapitel unterteilt.
Egal ob im Kapitel Frühstück, Snacks und Sandwiches, Salate, Suppen, Hülsenfrüchte, Gemüse und Kartoffeln, Reis und Pasta, aus dem Ofen, Desserts und Käse, oder in der Schatzkammer, überall fand ich schon beim ersten Durchblättern Rezepte, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen und schon bald klebten etliche Post it an den Buchseiten.

Die gebratenen Sesamnudeln mit Soja-Ei, die Emma am liebsten zum Frühstück isst, sind ruckzuck fertig äußerst raffiniert und lecker.

Die Rosmarinrösti mit Avocadosalsa und die Tortillas mit Kichererbsen und Fenchel schmecken hervorragend. Da hatte Tanja Grandits richtig tolle Ideen.

Äußerst originell und fein sind die Käsewaffeln mit Harissa-Quark. Der Teig besteht aus einer tollen Kombination mit Maismehl.

Höchst Interessant und oberlecker sind die Zucchini-Feta-Fritter mit Koriander-Hummus.
Hummus mit Koriander und roten Linsen! Toll!

Ich könnte jetzt noch „ewig“ so weitermachen, weil ich schon so viele außergewöhnliche und positive Erfahrungen mit Rezepten dieser Köchin gemacht habe, aber sie alle aufzuzählen würde langweilen.

Nur noch ein Beispiel möchte ich erwähnen, weil es ganz aktuell ist. Ich habe es heute Mittag gekocht: „Linsen-Spinat-Curry mit Minze“.
Schon der betörende Geruch beim Zermörsern von Kardamom, Bockshornklee und Koriander lässt einen tief inhalieren und erfüllt einen mit Vorfreude auf das Gericht, das umwerfend riecht und köstlich schmeckt.

Ach ja! Die klassische Crème brûlée ist nicht nur Emmas Lieblingsdessert!

Als ich gegen Ende des Buches auf eine Abwandlung der schwäbischen Kässpätzle, Ziegenkäse-Spätzle mit Salbei, gestoßen bin, wurde ich erstmal hellhörig.
Schweiz? Kässpätzle?
Aber wenn man dann die einleitenden Worten von Tanja Grandits liest, dann erfährt man, dass sie von der schwäbischen Alb kommt. Alles klar!
Da ich auch aus dem Schwabenland komme, kenne ich das Original in- und auswendig.
Tanja Grandits hat eine äußerst leckere Variante der hochkalorischen Wohlfühlbombe kreiert.

Ich kann dieses Kochbuch ohne „wenn und aber“ empfehlen.
Es beinhaltet unfassbar tolle, peppige, farbenfrohe und unkomplizierte Rezepte, die manchmal aufwändig, meist aber mit gut überschaubarem Zeitaufwand nachzukochen sind.
In jedem Fall aber lohnt sich die zeitliche Investition, denn das Ergebnis gelingt und schmeckt immer.

Und gelernt habe ich neben neuen Kochkreationen auch noch etwas anderes: Rande sind rote Beete!
Wer hätte das gedacht? 😂









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Veröffentlicht am 28.03.2021

Ein Roman am Puls der Zeit!

Über Menschen
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Wir lernen die 36-jährige Werbetexterin Dora kennen, die während des Corona-Lockdowns recht überstürzt mit ihrer kleinen Hündin in die alte und heruntergekommene Bruchbude in dem brandenburgischen Dorf ...

Wir lernen die 36-jährige Werbetexterin Dora kennen, die während des Corona-Lockdowns recht überstürzt mit ihrer kleinen Hündin in die alte und heruntergekommene Bruchbude in dem brandenburgischen Dorf Bracken zieht, die sie sich vor kurzem gekauft hat.

Sie hält es einfach nicht mehr länger auf so engem Raum mit ihrem neurotischen Freund Robert, einem Journalisten aus. Er ist ein besserwisserischer, verbissener und selbstgerechter Umwelt-Aktivist, der sich extrem mit der Coronathematik beschäftigt, sich gut damit auskennt, aber auch Angst hat und deshalb anfängt, Dora zu kontrollieren und ihr Vorschriften zu machen.
Darüber hinaus fühlt sich Dora trotz gutem Job und schöner Wohnung schon seit längerem überfordert.
Sie braucht Tapetenwechsel, hier ist alles zu eng.

Vorher in Berlin-Kreuzberg, jetzt also auf dem Land und in der Natur.

Sie will den verwilderten Garten bändigen und ein Gemüsebeet anlegen. Sie will zur Ruhe kommen.

Ähnlich wie in „Unterleuten“ treffen wir in „Über Menschen“ auf Klischees, Bewertungen und Vorurteile, auf ein ostdeutsches Provinzkaff, das nicht Schritt halten konnte, auf rechts Gesinnte und auf linksliberale Städter.

Wir lernen hier unterschiedliche Menschen mit problematischen Biographien und ein abgehängtes Dorf mit aussterbender Infrastruktur kennen. Und das alles vor dem Hintergrund der Corona-Krise, die Juli Zeh in ihrem Roman mit all ihren verschiedenen Auswirkungen differenziert aufarbeitet.

Wir lernen das schwule Paar Steffen und Tom mit dem grünen Daumen kennen sowie Heinrich, dem ständig Witze über Ausländer und die Corona-Krise einfallen.
Doras kahlrasierter Nachbar Gote, ein alleinerziehender und hilfsbereiter Rechtsradikaler mit krimineller Vergangenheit stellt sich ihr ohne Umschweife als Dorfnazi vor.

Kontakte, Bekanntschaften und Freundschaften bahnen sich an. Zugehörigkeitsgefühle und Gefühle von Zuhause und Familie stellen sich ein.
Aber es ist nicht alles einfach, klar und unkompliziert. Vieles ist widersprüchlich und absurd.
Und manches nervt, wie z. B. der Bus, auf den Dora nach dem Einkaufen drei Stunden lang warten muss, weil er nur zweimal am Tag fährt.

Die 1974 in Bonn geborene Juli Zeh ist eine präzise Beobachterin, die uns ihre Figuren sehr nahe bringt und uns Einblicke in ihr Inneres erlaubt.
Sie schreibt knapp, treffend und schnörkellos, psychologisch feinfühlig, unaufgeregt und poetisch und würzt das Ganze mit einer guten Portion Witz und Ironie.
Sie regt, ohne jemals zu bewerten oder zu moralisieren, ihre Leser zum Mit- und Nachdenken an, denn nichts ist so eindeutig und klar, wie es auf den ersten Blick scheint.

Es macht Spaß und ist interessant, in diesen lebendigen und vielschichtigen Mikrokosmos einzutauchen und einen Roman zu lesen, der die Pandemie literarisch anspruchsvoll in den Fokus stellt.

Juli Zeh ist eine der erfolgreichsten deutschen Gegenwartsautorinnen und sie hat mit „Über Menschen“ nach „Unterleuten“ - welch’ hochamüsantes Wortspiel! - einen wunderbaren hochaktuellen Roman am Puls der Zeit geschrieben.

Große Leseempfehlung!


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Veröffentlicht am 24.03.2021

Unterhaltsame, eindrückliche und informative Einblicke in einen sozialen Brennpunkt...

Der heilige King Kong
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Der Roman spielt vor rund 50 Jahren in Brooklyn.

Cuffy Lambkin ist der 71-jährige beliebte Diakon der Five Ends Baptist Church.
Er lebt in einer Sozialwohnung des Causeway Housing Projects, einem Sozialwohnungskomplex ...

Der Roman spielt vor rund 50 Jahren in Brooklyn.

Cuffy Lambkin ist der 71-jährige beliebte Diakon der Five Ends Baptist Church.
Er lebt in einer Sozialwohnung des Causeway Housing Projects, einem Sozialwohnungskomplex in Südbrooklyn.
In diesem armen New Yorker Stadtbezirk treffen wir auf Schwarze, Latinos, Iren und Italiener. Es ist ein Areal, in dem sozial schwächer und niedriger gestellte Menschen Tür an Tür wohnen, aber meist leben die Bewohner desinteressiert und gleichgültig nebeneinander her.

Cuffy Lambkin liebt Hochprozentiges, egal ob Pfefferminzschnaps oder den selbstgebrannten, billigen, starken und titelgebenden „King Kong“ und wird von allen nur „Sportcoat“ genannt.

An einem Nachmittag im September 1969 geht er auf den zentralen Platz des Viertels und schießt auf den 19-jährigen Drogendealer Deems Clemens.
Die Drogenmafia sinnt auf Rache...

Ein Mord zu Beginn bedeutet hier nicht, dass das Buch ein klassischer Krimi oder gar ein Thriller ist.
Es ist aber ein spannendes, fesselndes, interessantes und informatives Buch, das Rätsel stellt und Fragen aufwirft.
Warum hat Sportcoat auf Deems geschossen, der einst sein bester Spieler in der Baseballmannschaft war?
Wo ist das Weihnachtsgeld der Kirchengemeinde Five Ends abgeblieben?
Was hat es mit dem Cheese-Day auf sich?
Welche Rolle spielt die uralte gestohlene „Venus von Willendorf“, die die Gemeinde kurzzeitig so glücklich macht?

Wir bekommen mit dieser Geschichte Einblicke in einen sogenannten sozialen Brennpunkt, in dem Armut, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und Kriminalität allgegenwärtig, aber nicht das alleinige Merkmal sind.
Auch Rückhalt, Zusammenhalt und Solidarität spielen hier eine bedeutende Rolle.

Der Autor ist ein begabter und feinfühliger Geschichtenerzähler. Er beschreibt Personen, Orte und Situationen wunderbar anschaulich, lebendig, authentisch und ungeschönt.
Eine gute Portion Komik, Witz und Liebe fehlt bei aller Ernsthaftigkeit jedoch nicht.

Der 1957 geborene US-amerikanischer Schriftsteller, Journalist, Saxofonist und Songwriter James McBride ist einer der bedeutendsten Schriftsteller von Amerika und mit „Der heilige King Kong“ hat er einen Roman geschrieben, der zu einem von Barack Obamas Lieblingsbüchern wurde.

Der vielfach preisgekrönte Roman hat mich wunderbar unterhalten und mir tiefe Einblicke in ein recht fremdes Milieu verschafft.
Ich könnte mir das Buch problemlos verfilmt vorstellen und empfehle es sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Alltägliche Geschichten aus einem Schweizer Altersheim.

Der Staubwedel muss mit
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Christoph Schwyzer nimmt uns in ein Schweizer Altersheim mit und stellt uns nach und nach seine Bewohner vor.

Sepp empört sich gleich zu Beginn darüber, dass er zu seinem 90-sten Geburtstag statt der ...

Christoph Schwyzer nimmt uns in ein Schweizer Altersheim mit und stellt uns nach und nach seine Bewohner vor.

Sepp empört sich gleich zu Beginn darüber, dass er zu seinem 90-sten Geburtstag statt der erwarteten Wein- oder Schnapsflasche nur ein Anti-Schuppen-Shampoo bekommen hat.

Für Frau Bebiers Herz ist die nachmittägliche Fernsehsendung „Sturm der Liebe“ genauso überlebenswichtig wie die morgendlichen Tabletten.

Glücklicherweise hat Frau Herger ihren Kummer, der sie regelmäßig besucht, um ihr Gesellschaft zu leisten.

Elvira und Arnoldo bekommen sich beim Mittagessen immer wieder wegen den lästigen Fliegen in die Haare.

Viola hütet ihre Sammlung aus aufwändig bestickten, kunstvoll bedruckten und zierlich umhäkelten Stofftaschentüchern wie einen Schatz und jedes Mal, wenn ihr Sohn sie besucht, schenkt sie ihm eine dieser Kosbarkeiten.

Frau Neuweg erzählt, wie sie ihren bereits verstorbenen Ehemann kennengelernt hat und ist der Meinung, dass Liebe kein Gefühl, sondern eine Haltung und eine Frage des Willens ist.

Freu Groß erinnert sich an ihre schlagfertige Mutter, die immer das letzte Wort hatte und Alois erzählt, dass er einmal ein kleines miauendes Kätzchen aus einem Abfallcontainer befreit hat.

Das sind nur einige wenige Beispiele für die Bekanntschaften , die wir während der Lektüre machen.

Wir lauschen den Erinnerungen und erfahren Anekdoten aus dem Leben vieler verschiedener Senioren. Manche der Alten sind schroff und barsch, andere freundlich und liebevoll.
Manche sind noch sehr klar, andere schon schon etwas verwirrt bzw. mehr oder weniger dement.
Viele sind schwerhörig, manche hören das Gras wachsen.
Manche sind zynisch, ironisch oder sarkastisch.

Es ist, als spaziere man als stummer Beobachter durch das Heim.
Währenddessen darf man Blicke in die Zimmer der Bewohner werfen und erfährt man so manches aus ihrem Alltag, aus ihrer Vergangenheit und aus ihrer Gedanken- und Gefühlswelt.

Manche Zimmer sind kahl, manche voll gestellt mit Erinnerungsstücken. Aus manchen Zimmern dringt ohrenbetäubender Lärm vom Fernseher, in anderen ist es mucksmäuschenstill.
Wir dürfen sogar einen Blick in das Tagebuch von Rita werfen.

Christoph Schwyzer reiht Portrait an Portrait, Geschichte an Geschichte, Anekdote an Anekdote.
Er erzählt lebendig, kurzweilig und bildhaft.

Manches ist rührend und berührend, manches humorvoll, amüsant und schräg, anderes ist ironisch, ernst, tragikomisch, wehmütig, traurig oder deprimierend.
Manches auch empörend.
Aber nie wird es kitschig.
Der Autor macht sich niemals lustig, sondern beschreibt den Alltag und die Bewohner eines Altenheims offen, ehrlich und mit Respekt

Viele der Texte gefielen mir außerordentlich gut, mache „musste“ ich sogar zweimal lesen.
Es gab natürlich auch Texte, die mich gar nicht erreichten und mit denen ich nichts anfangen konnte. Das ist aber bei dieser Vielzahl an Portraits auch gar nicht anders zu erwarten.

Am liebsten mochte ich die Geschichten von Frau Stähli und ihrem Seelsorger, vom ehemaligen Metzger Kari und seinen Gedanken zum Tod, von Herrn Meyer, der mit zwölf zum Vegetarier wurde, von Frau Künzli, die eines Tages ihre Filzfinken zerschnitt, von Frau Schwegler auf ihrer Insel und von Herrn Kalbermatten und seinen Büchern!

Christoph Schwyzer hat ein äußerst vielseitiges und buntes Bild gemalt, das sämtliche Empfindungen beim Leser hervorruft und der Realität eines Seniorenheims absolut entspricht.

„Der Staubwedel muss mit“ ist ein unterhaltsames und zum Nachdenken anregendes, lesenswertes Lesevergnügen, das auf einer originellen Idee, nämlich der Aneinanderreihung von Portraits, beruht.

Für mich war es kurzweiliger und nachhaltiger, immer mal wieder ein paar kurze Texte zwischendurch, als sehr viele Seiten am Stück zu lesen, damit die Portraits nicht ineinander verschwimmen und Aufnahmefähigkeit und Freude an der Lektüre nicht nachlassen.

Zum Abschluss meiner Rezension möchte ich das Porträt von Herrn Kalbermatten zitieren, das Buchliebhabern und Lesebegeisterten gefallen wird:
„Lückenlos verschwinden die Wände hinter Büchergestellen. Ohne Bücher wäre sein Zimmer ein Sarg und er kein Mensch, sondern nur ein frierender Körper. Bücher sind Wärmespeicher. Buch reiht sich an Buch. Bücher quer in jeden noch so kleinen Schlitz geschoben, in jede Lücke, in jede Ritze gesteckt; Bücher tragen die Decke, tragen durch das Leben. Bücher bringen Bücher zur Welt. Jedes trägt einen Namen, beginnt, wenn er es aus dem Regal zieht und aufschlägt, ihm seine Aufmerksamkeit schenkt, zu sprechen. Bücher führen ihn in die Höhe, zu den schönsten Aussichtspunkten, sie halten ihn in Bewegung; Satz für Satz entfaltet sich eine Kraft, die ihn antreibt, über das Geschriebene hinauszugehen und seine eigene Wahrheit zu finden. Denn die Wärmekraft eines Buches ist immer das, was zurückbleibt, wenn das Buch zugeschlagen wieder im Regal steht – und er in einer Atmosphäre des Schweigens dem Gelesenen nachspürt.“ (S. 59)








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Veröffentlicht am 18.03.2021

Berührende Familien-, Kriegs- und Nachkriegsgeschichte...

Nächstes Jahr in Berlin
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Astrid Seeberger erzählt sowohl eine berührende autobiographische Familiengeschichte, als auch von ihrer nicht ganz einfachen Beziehung zu ihrer Mutter.

Man kann den Roman meines Erachtens nicht nebenbei ...

Astrid Seeberger erzählt sowohl eine berührende autobiographische Familiengeschichte, als auch von ihrer nicht ganz einfachen Beziehung zu ihrer Mutter.

Man kann den Roman meines Erachtens nicht nebenbei und zwischendurch lesen, weil es keine leichte Kost ist, was man vorgesetzt bekommt.

Gleich zu Beginn des Buchs werden wir mit dem Tod von Astrids Mutter Rose, die in Stuttgart lebte, konfrontiert.
Die beiden hatten ein eher distanziertes Verhältnis und doch löst der Verlust bei Astrid aus, dass sie sich mit dem Leben ihrer Mutter und folglich auch mit ihrem eigenen auseinandersetzt.
Über diese Auseinandersetzung, die in der Tiefe erst 2012, also fünf Jahre später, auf einer einsamen Insel stattfindet, kommt sie ihrer Mutter post mortem näher.
Sie versteht vieles und kann so manches besser einordnen.

Astrid und wir erfahren von Kriegserlebnissen, von Vertreibung, Flucht, Ankommen und Neubeginn, was nicht immer ganz leicht verdaulich ist.
Und letztlich stößt Astrid aufgrund von Nachforschungen auf ein Familiengeheimnis, das ungewollt und ungeplant gelüftet wird.

Rose, Astrids Mutter, verbrachte ihre Kindheit mit ihren Eltern und drei Brüdern in Ostpreußen.
Während des zweiten Weltkriegs verlor sie auf der Flucht nach Westen ihre Familie aus den Augen. Fortan musste sie alleine zurechtkommen und sich alleine durchschlagen. Ohne Papiere und ohne Ausbildung.
Sie landete erstmal in einem Flüchtlingslager in Gmünd.

Die Autorin beschreibt bildhaft und atmosphärisch dicht und sie erzählt anschaulich, unaufgeregt und feinfühlig.

Das Buch ist intensiv und sprachmächtig. Es berührte mich und ich fühlte mich gut unterhalten.
Ich empfehle es gerne weiter.
Allen, die sich für Familien-, Kriegs- und Nachkriegsgeschichten interessieren, wird es gefallen.

Ich freue mich schon auf den Roman „Goodbye Bukarest“, in dem die Autorin einen weiteren Teil ihrer Familiengeschichte aufgreift.

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