Das Zauberwort heißt "trotzdem"
Ein großartiger Roman zeitgenössischer Literatur!
Dora steht vor dem Nichts. Ihre Beziehung liegt in Trümmern und sie bekommt in der Stadt keine Luft mehr zum Atmen, weswegen sie sich von ihren Ersparrnissen ...
Ein großartiger Roman zeitgenössischer Literatur!
Dora steht vor dem Nichts. Ihre Beziehung liegt in Trümmern und sie bekommt in der Stadt keine Luft mehr zum Atmen, weswegen sie sich von ihren Ersparrnissen ein altes, renovierungsbedürftiges Haus in einem Dorf mitten in Brandenburg kauft. Hier muss sie sich viel mit sich selber, mit der Flucht vor Corona und rechtsradikalem Gedankengut auseinander setzen. Und plötzlich wird ihr aufgrund mangelnder Auftragslage gekündigt. Wie soll ihr Leben jetzt weitergehen? Ist es in Ordnung erstmal nichts zu tun, durchzuatmen und dann darauf zu vertrauen, dass etwas neues entsteht? Eine neue Beziehung, eine neue berufliche Tätigkeit? Mit 38 Jahren so aus dem aufgebauten Leben gerissen zu werden, fällt der Protagonistin nicht leicht, gleichzeitig sehnt sie sich aber sehr deutlich nach mehr Leichtigkeit.
In der neuen Umgebung wird Dora klar, dass es nicht immer nur schwarz und weiß gibt, nicht immer nur gut und böse, nicht immer nur richtig oder falsch, sondern auch ganz viel Dazwischen im Leben eines Menschen und in der menschlichen Gesellschaft überhaupt. Und auch wenn das Leben derzeit schwierig ist und der Mensch sich nach leichten und einfachen Lösungen sehnt, gilt es zu akzeptieren, dass das Leben oft nicht einfach, sondern sehr vielschichtig ist. Und das man "trotzdem" den Mut und die Kraft aufbringen muss weiterzumachen. Dass man den Gegenüber "trotz" seiner Andersartigkeit oder seiner, zu der eigenen Perspektive, sehr konträre Meinung, als Mensch akzeptiert und respektiert.
Juli Zeh thematisiert in ihrem Buch "Über Menschen" viele aktuelle Entwicklungen und wirft viele gesellschaftliche Fragen auf. Uns in dieser gesellschaftlich sehr angepassten Phasen wie der Corona-Pandemie so den Spiegel vorzuhalten, wirkt auf der einen Seite sehr entlarvend, auf der anderen Seite hat mir das Buch aber auch Mut gegeben auf sich selbst zu vertrauen.