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Veröffentlicht am 28.10.2020

Die Idee ist toll – die Umsetzung hätte ich mir anders vorgestellt

Die Erben von Seydell - Das Gestüt
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Mittlerweile gibt es bereits einige Rezensionen zu diesem Buch und fast alle vergaben 5 Sterne für diesen Roman. Dem kann ich mich nicht anschließen. Ich habe leider einen nicht ganz so positiven Eindruck ...

Mittlerweile gibt es bereits einige Rezensionen zu diesem Buch und fast alle vergaben 5 Sterne für diesen Roman. Dem kann ich mich nicht anschließen. Ich habe leider einen nicht ganz so positiven Eindruck gewinnen können. Warum, das möchte ich gern begründen (Achtung, Spoilergefahr… aber ohne etwas zu verraten, kann ich in diesem Fall meine Meinung nicht nachvollziehbar darstellen).

Zunächst einmal muss man wissen, dass dieser Roman der Anfang einer Reihe ist. Auch wenn der Klappentext ankündigt, dass die Engländerin Elisabeth ein Gestüt in Deutschland erbt und dabei ihrer Herkunft auf die Spur kommt, passiert davon in diesem ersten Teil noch nicht viel. Ja, Elisabeth erbt (zur Hälfte) dieses Gestüt und erfährt, wer der andere Erbe ist. Ein Spanier, von dem sie zunächst nur den Namen und den Wohnort kennt. Aber viel mehr passiert in Sachen Erbe in diesem Buch eben nicht. Zwar reist Elisabeth nach Spanien, um persönlich mit ihrem Miterben zu sprechen. Da dieser aber nicht mit ihr reden will, hängt ihr Vorhaben, das Erbe zu Geld zu machen, weiterhin in der Luft. Und das war schon die ganze Handlung im Jahr 1947.

Vielmehr geht es im Buch nämlich zunächst um die Geschichte der Vorfahren auf Seydell (das wird im Klappentext gar nicht erwähnt). Wie zwei Brüder um die Jahrhundertwende auf dem Gestüt leben und nach dem frühen Tod des Vaters nur der Erstgeborene Ludwig erbt, obwohl der Zweitgeborene Alexander viel verwurzelter dort ist und sich auch mit der Pferdezucht besser auskennt. Wie Alexanders große Liebe, die Pfarrerstochter Luise, sich für Ludwig entscheidet, weil er ihr ein privilegiertes Leben bieten kann. Und wie Alexander nach einem eskalierenden Streit mit Ludwig seiner Heimat den Rücken kehrt und in Spanien sesshaft wird.

Dieser Teil der Geschichte war interessant und spannend zu lesen – auch wenn ich Luise nicht wirklich mochte und ihre Entscheidungen mir oft selbstsüchtig vorkamen. Sie ist auf ihren Vorteil bedacht, opfert dafür ihre große Liebe und trauert ihr dann aber jammernd hinterher. Sorry, aber wer Entscheidungen trifft, muss auch dazu stehen. Ludwig hingegen ist der „böse Bruder“ und wird leider sehr undifferenziert dargestellt.

Mir sind zudem einige Ungereimtheiten aufgefallen bzw. mir erschienen die Handlungen der Personen mitunter wenig nachvollziehbar. Dass die englische Königin wegen einer Wette, die ihr eine völlig fremde Deutsche anbietet, gleich ihre Pferdezucht umstellt und das Gestüt Seydell damit Hoflieferant für Fohlen der englischen Krone wird, erschien mir zu weit hergeholt. Dass ein Testament zufällig in einem gut verschlossenen Geheimfach gefunden wird, war auch irgendwie merkwürdig. Warum sollte jemand seinen letzten Willen so verstecken, dass er kaum gefunden werden kann? Und -falls etwas anderes dahinter steckte - warum sollte jemand, der das Testament verschwinden lassen wollte, es nicht verbrennen, sondern nur verstecken und so riskieren, dass es doch gefunden wird? Alles irgendwie unlogisch für mich…

Für mich persönlich unbefriedigend war auch, dass kein einziger Handlungsstrang in Band 1 zu Ende erzählt wird. Das Buch endet so, als würde man einfach mittendrin aufhören zu lesen. Ich hätte mir – auch wenn es sich um den ersten Band einer Reihe handelt - einen runderen Abschluss gewünscht, zumindest ein oder zwei Themen, die abschließend erzählt werden. So hatte ich eher das Gefühl, auf der letzten Seite mit einer Menge loser Fäden dazustehen.

Man sieht also, so richtig begeistern konnte mich das Buch nicht, obwohl ich sagen muss, dass es sich gut liest und man damit nette Lesestunden verbringen kann. Aber nach meinem Leseempfinden kann ich dafür nicht mehr als 3 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 22.10.2020

Ein opulentes historisches Drama – eng an die historischen Fakten angelehnt

Das Kaffeehaus - Bewegte Jahre
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Als ich begann, das „Kaffeehaus“ zu lesen, erwartete ich noch eine Geschichte, in dessen Mittelpunkt eindeutig das Café und die Bediensteten stehen. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt – wer sich ...

Als ich begann, das „Kaffeehaus“ zu lesen, erwartete ich noch eine Geschichte, in dessen Mittelpunkt eindeutig das Café und die Bediensteten stehen. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt – wer sich für dieses Buch interessiert, sollte auf jeden Fall wissen, dass das Café Prinzess am Graben in Wien zwar namensgebend für die Reihe, aber in der Handlung eher ein wiederkehrender Schauplatz ist, der (zumindest in Band 1) keine herausragende Rolle spielt (auch wenn hier einige wichtige Szenen des Buches spielen).

 

Nach kurzer Enttäuschung über meine fehlgeleiteten Erwartungen ließ ich mich aber auf das Buch ein und wurde – wie schon bei der Weingut-Saga von Marie Lacrosse alias Marita Spang – nicht enttäuscht.

 

Mit diesem opulenten Drama aus der Kaiserzeit und der österreichisch-ungarischen k.u.k.-Monarchie ist ihr wieder ein Treffer gelungen. Geschickt verknüpft sie historische Fakten mit fiktionalen Figuren und lässt die 1880er Jahre in Wien lebendig werden.

 

Im Mittelpunkt des Buches stehen die (fiktiven) Charaktere Sophie von Werdenfels und Richard von Löwenstein, sie eine junge Komtess, er ein Dragoneroffzier im Stab des Kronprinzen Rudolf von Österreich-Ungarn. Zu letzterem hat Richard ein freundschaftliches Verhältnis, was ihn im Laufe des Buches in große Bedrängnis und Gewissenskonflikte bringt. Sophie und Richard werden unfreiwillig Teil einer großen menschlichen und politischen Tragödie.

 

Bewusst erst zum Ende der Lektüre habe ich ein wenig im Internet recherchiert, aber mir hat es dann einfach den Hintern weggerissen und ich wollte unbedingt wissen, wieviel von der Handlung Fiktion und wieviel historisch belegt ist. Und ich war überrascht, wie nah die Handlung an den tatsächlichen historischen Geschehnissen angelehnt ist. Hätte ich mal gleich zum Nachwort geblättert! Denn dort beschreibt die Autorin noch einmal sehr detailliert, welche Fakten sie recherchiert und verwendet hat und an welchen Stellen sie improvisieren musste. Ich muss sagen, gerade aufgrund dieses Nachworts war ich noch einmal äußerst beeindruckt von dem Buch, denn es scheint hervorragend und mit großer Hingabe recherchiert zu sein, so dass ich trotz des Romancharakters das Gefühl habe, ich hätte eine Dokumentation über Kronprinz Rudolf im Fernsehen gesehen

 

Den einen oder anderen Leser schreckt vielleicht der Umfang des Buches von 700 Seiten zunächst etwas ab (und dann auch noch eine Buchreihe – es kommen also wohl noch weitere 1400 Seiten auf uns zu!). Aber ich kann nur sagen – es lohnt sich! Nachdem sich der erste Band ja hauptsächlich mit dem Kronprinzen beschäftigt, rückt in Band 2 dann Kaiserin Sisi neben Sophie und Richard in den Mittelpunkt. Das (wahrscheinlich sehr intrigante) Leben am Hof wird bestimmt wieder ein Lesefest – und da lohnen sich die 700 Seiten bestimmt auch wieder!

 

Bis auf die Tatsache, dass am Anfang für mich Titel und Geschichte noch nicht so richtig zusammenpassten, war ich begeistert von diesem Roman und werde die Reihe auf jeden Fall weiterverfolgen! Auch anderen Fans historischer Schmöker kann ich dieses Buch wärmstens ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 14.10.2020

Mitreißend erzählt – als wäre man selbst dabei!

Fräulein Gold: Scheunenkinder
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Berlin, Herbst 1923. Die Stadt ächzt unter einer horrenden Inflationswelle, die Menschen stehen mit Koffern voller Geldscheine Schlange, um etwas Brot oder Gemüse zu ergattern. Die Ellenbogen müssen ausgefahren ...

Berlin, Herbst 1923. Die Stadt ächzt unter einer horrenden Inflationswelle, die Menschen stehen mit Koffern voller Geldscheine Schlange, um etwas Brot oder Gemüse zu ergattern. Die Ellenbogen müssen ausgefahren werden, mit Nächstenliebe kommt keiner mehr weit in diesen tristen Oktobertagen.

Auch die Hebamme Hulda Gold kämpft mit den Schwierigkeiten dieser Tage, während sie von Termin zu Termin hetzt, um ihre Schwangeren und Wöchnerinnen zu betreuen. Ihr Vater, zu dem sie ein eher schwieriges Verhältnis hat, vermittelt ihr den Kontakt zu einer streng gläubigen jüdischen Familie im Scheunenviertel. Die Schwiegertochter des Hauses steht kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes und benötigt Unterstützung. Hulda schafft es, die junge Frau von einem gesunden Jungen zu entbinden. Doch schon bei ihrem ersten Nachsorgetermin ist das Kind spurlos verschwunden und Hulda stößt auf eine Mauer des Schweigens. Doch Hulda Gold ist eine Frau mit Gerechtigkeitssinn. Und so setzt sie alles daran, das Neugeborene zu finden…

Der zweite Teil der Reihe um die Berliner Hebamme Hulda Gold lebt vor allem von der Stimmung, die Autorin Anne Stern meisterhaft einzufangen weiß. Die Sorgen und Nöte der Menschen in Berlin und insbesondere im Mikrokosmos des jüdischen Scheunenviertels werden anschaulich und bewegend geschildert. Man fühlt sich mittendrin in dieser aufreibenden Zeit und leidet, hofft und bangt mit den Charakteren.

Hulda ist eine sehr sympathische und vielschichtige Hauptfigur. Sie ist eine moderne Frau, die auf keinen Fall vom Wohlwollen eines Ehemannes abhängig sein möchte. Sie ist neugierig und steckt ihre Nase durchaus gern in Dinge, die sie vermeintlich nichts angehen – aber sie hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und versucht immer, den Menschen in ihrer Umgebung zu helfen. In diesem Fall wird sie auch mit ihrer eigenen Herkunft konfrontiert, da sie – von Seiten ihres Vaters her – Jüdin ist (auch wenn sie die Religion nicht praktiziert). Sie muss erfahren, dass mittlerweile ein jüdischer Nachname Grund genug ist, um diffamiert zu werden oder sogar körperlich angegriffen. Diese pauschale Verleumdung bestürzt sie und macht ihr Angst. Anne Stern stellt das sehr einfühlsam dar.


Der Roman ist nicht ausgelegt, eine actionreiche Kriminalgeschichte zu erzählen, wie das vielleicht anhand des Klappentextes suggeriert wird. Die Handlung kommt eher langsam in Fahrt und lebt nicht vom Erzähltempo, sondern von den Bildern, die sie im Leser heraufbeschwört. Das muss man Anne Stern lassen – sie versteht es wirklich, den Leser völlig hineinzuziehen in ihre Geschichte, egal ob gerade etwas Dramatisches passiert oder sie „nur“ eine normale Straßenszene beschreibt. Leser, die auf Action stehen, könnten daher ein wenig enttäuscht sein von der (nicht so umfangreichen) Handlung des Buches. Aber ich finde, das macht die Autorin mit ihrer Erzählweise mehr als wett. Ich liebe es, dass ich mich in ihren Büchern völlig verlieren kann und das Gefühl habe, an Huldas Seite zu stehen und alles mit eigenen Augen zu sehen. Deshalb freue ich mich auch jetzt schon auf den nächsten Teil (angekündigt für April 2021)! 4,5 Sterne für die „Scheunenkinder“!

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Vier Frauen zu Beginn einer neuen Zeit

Die Wunderfrauen
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 Luise Dahlmann träumt davon, einen eigenen Laden betreiben zu können. Ihrem Bruder Martin, der ein Bauerngut bewirtschaftet, läuft quasi über Nacht eine junge Frau zu, die aus Schlesien fliehen musste. ...


 Luise Dahlmann träumt davon, einen eigenen Laden betreiben zu können. Ihrem Bruder Martin, der ein Bauerngut bewirtschaftet, läuft quasi über Nacht eine junge Frau zu, die aus Schlesien fliehen musste. Marie wird Hilfsarbeiterin auf dem Hof und pflegt in ihren wenigen freien Stunden ihr Hobby, das Zeichnen. In Luises Nachbarschaft wohnen die von Thalers, der Mann ein angesehener Klinikarzt, seine Ehefrau… eben Ehefrau. Doch Annabel merkt, dass diese Rolle sie nicht wirklich ausfüllt. Sie ist auch misstrauisch gegenüber ihrem Mann, denn Schwesternschülerin Helga Knaup hat einen gewissen Ruf und außerdem immer zu kurze Röcke an!

 

Auf verschiedenste Arten kreuzen sich die Wege von Luise, Marie, Annabel und Helga. Jede hat persönliche Tiefschläge zu verwinden, jede hadert mit dem ihr zugedachten Schicksal. Und dieses wunderbare Buch beschreibt, wie die jungen Frauen sich letztlich auf die eine oder andere Art annähern und fast schon Freundinnen werden.

 

Stephanie Schuster weiß die Zeit des Wirtschaftswunders gekonnt einzufangen, man spürt die Stimmung, den Aufbruch, den Wunsch der Frauen selbständiger zu werden, mitzuentscheiden und sich selbst zu verwirklichen, statt immer nur als Anhängsel eines (möglichst respektablen) Ehemannes gesehen zu werden.

 

So emanzipiert sich Helga Knaup von der kleinen Schwesternschülerin aus gutem Hause zur alleinerziehenden Mutter eines Mischlingskindes, die sich durchbeißt. So hadert Annabel mehr und mehr mit den Fesseln ihrer Ehe und Luise erfüllt sich mit ihrem eigenen Gemischtwarenladen einen langgehegten Traum, der ihr aber viel Zeit und Kraft abverlangt. Und Marie entscheidet sich gegen ihr Jugendliebe und für das einfache, aber für sie erfüllende Leben einer Bäuerin an der Seite eines rechtschaffenen Mannes.

 

Für Leser(innen), die die 1950er Jahre stimmungsvoll nachempfinden möchten, kann ich die „Wunderfrauen“ nur empfehlen und freue mich selbst auch schon auf den zweiten Band der Reihe!

 

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Veröffentlicht am 10.10.2020

Eiskalte Spannung am Ende der Welt

Dein kaltes Herz
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Felicity hat Angst. Tiefe, fürchterliche Angst vor einem Mann namens Freddie. Ihrem Mann. Sie ist Gletscher-Expertin und das Beste, was ihr passieren konnte, war dieses Projekt in Südgeorgien, quasi am ...

Felicity hat Angst. Tiefe, fürchterliche Angst vor einem Mann namens Freddie. Ihrem Mann. Sie ist Gletscher-Expertin und das Beste, was ihr passieren konnte, war dieses Projekt in Südgeorgien, quasi am Rande der bewohnten Welt. Danach viele hundert Kilometer nichts und dann die Antarktis. Nur wenige Menschen wohnen in Südgeorgien, hauptsächlich Forscher wie sie. Über den Sommer kommen ab und zu Kreuzfahrtschiffe und zeigen den staunenden Touristen Pinguinkolonien und Eisberge. Aber über den Winter ist Ruhe. Und Felicity fühlt sich endlich wieder sicher, weil ER dann keine Chance hat, zu ihr zu kommen.

Mit diesem Szenario beginnt „Dein kaltes Herz“ und es ist ein Wechselbad der Gefühle, in das uns Autoin Sharon Bolton hier stürzt. Schon bald lernt man als Leser, dass hier irgend etwas nicht stimmt und misstraut erst einmal grundsätzlich jeder Figur, die in diesem Roman auftaucht. Wie sich am Ende herausstellt, teilweise zu Recht, aber auch sehr oft zu Unrecht. Ein bisschen fühlt man sich selbst wie Felicity, die niemandem – nicht einmal mehr sich selbst – vertraut. Wie es dazu kam, erzählt Sharon Bolton in vier Teilen. Der erste Teil spielt in der Gegenwart in Südgeorgien. Teil 2 rollt Ereignisse auf, die fast ein Jahr zurückliegen, als Felicity noch in Cambridge ist und dort von seltsamen Erinnerungslücken geplagt wird. Da sie für das Auslandsprojekt ein Gesundheitszeugnis braucht, sucht sie den Psychologen Joe auf und hofft, mit wenigen Sitzungen ihrer Amnesie auf den Grund gehen zu können und gleichzeitig schnell an das Zeugnis zu kommen. Doch was Joe und Felicity in diesen Sitzungen aus den verschlossenen Winkeln von Felicitys Gedächtnis holen, ist mächtig und furchtbar und überrollt sie fast.

Teil 3 zeigt, was sich einige Monate später, nach Felicitys Abreise, in Cambridge abspielt und Teil 4 führt dann zum furiosen Showdown wieder in die Gegenwart nach Südgeorgien und knüpft nahtlos an Teil 1 an.

Doch der ungewöhnliche Aufbau ist nicht das merkwürdigste an diesem Thriller. Das ist eher das komplexe Psychogramm von Felicity, das sich im Laufe des Buches immer mehr offenbart und für viele Überraschungen sorgt.

So könnte es ein wirklich toller, atemloser Psychothriller sein, wenn… ja, wenn Sharon Bolton nicht zu einer recht ausschweifenden Erzählweise neigen würde. Was einerseits gut ist für das Vorstellungsvermögen des Lesers und einen somit wirklich hautnah in die eisige Weite Südgeorgiens führt, wirkt bei den Teilen 2 und 3 in Cambridge zum Teil etwas ermüdend. Ein kürzerer, knackigerer Stil wäre hier – für meine Begriffe – mehr gewesen. Daher ein Stern Abzug.

Insgesamt ist „Dein kaltes Herz“ aber ein dramatischer, zum Teil auch bestürzender Thriller mit sehr viel Psychologie, der Fans der Autorin sicher (wieder) begeistern wird und auch Neulesern im wahrsten Sinne des Wortes eiskalte Spannung bietet.

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