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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2019

Hashtag: keinungetrübtersonnenschein

Hello Sunshine
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Ich fürchte, ich werde alt. Ja, wirklich – ich glaube, ich bin der Zielgruppe entwachsen, für die dieser Roman geschrieben ist. Zwar bin auch ich nicht ganz unbeleckt, was die sozialen Medien angeht. Ich ...

Ich fürchte, ich werde alt. Ja, wirklich – ich glaube, ich bin der Zielgruppe entwachsen, für die dieser Roman geschrieben ist. Zwar bin auch ich nicht ganz unbeleckt, was die sozialen Medien angeht. Ich habe z. B. Konten bei Facebook und Instagram. Aber mit der scheinheiligen Welt der Sunshine Mackenzie wurde ich nicht so recht warm.

Zwar geht es in dem Roman vor allem darum, dass man genau diese scheinheilige Welt durchschauen und sich von ihr abkehren soll und es stecken sicherlich auch einige interessante Gedanken in dem Buch… aber sie werden von einer etwas oberflächlichen Geschichte leider daran gehindert, sich im Gehirn festzusetzen.

Sunshine hat eine erfolgreiche YouTube-Kochshow und versorgt ihre Anhänger, neudeutsch Follower, regelmäßig mit kleinen und großen Anekdoten aus ihrem Leben. Nur dass das wenigste davon der Wahrheit entspricht. Auch die nicht ganz unbedeutende Tatsache, dass Sunshine überhaupt nicht kochen kann, ahnen ihre Fans nicht. Als ihr Instagram-Profil gehackt wird – #aintnosunshine – kommen die lange versteckten Wahrheiten ans Licht. Wie in einem solchen Roman üblich, wird Sunshine nach einigen Irrungen und Wirrungen geläutert und erkennt, wie falsch ihr Leben bisher lief.

Leider werden die wirklich interessanten Fäden, die dieses Buch spinnt, nicht wirklich zuende geführt. So bleibt die Frage offen, was aus Sunnys Nichte Sammy wird – einem sehr begabten Kind, dessen Karriere auf einer besonderen Schule auch besonders gefördert werden könnte. Der bärbeißige Chefkoch Z, bei dem Sunny zwischendurch lernen will, wie man WIRKLICH kocht, ist eine reizvolle Figur im Buch – leider kann er Sunny kaum Lebensweisheiten mit auf den Weg geben und die Beziehung zwischen Sunny und ihm bleibt sehr oberflächlich. Verschenktes Potential!

Vom Erzählstil her ist die Geschichte von Sunshine sehr auf SocialMedia-Nutzer zugeschnitten. Wer mit dem Begriff Hashtag nichts anfangen kann, braucht das Buch gar nicht erst zur Hand nehmen. Wer begeisterter Twitterer oder YouTuber ist, den wird der Roman vielleicht fesseln können. Ich gehöre in die Kategorie dazwischen – und konnte mich daher nur mäßig für das Buch begeistern.

Veröffentlicht am 17.04.2019

Gemächlich rollt der Trolley über den Jakobsweg…

Zum Glück gibt es Umwege
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Diesen Roman habe ich als Hörbuch gehört und muss als Erstes mal sagen, dass ich die Umsetzung mit einem Mann und einer Frau als Sprechern sehr gelungen fand. Denn das Buch wird aus zwei Perspektiven erzählt, ...

Diesen Roman habe ich als Hörbuch gehört und muss als Erstes mal sagen, dass ich die Umsetzung mit einem Mann und einer Frau als Sprechern sehr gelungen fand. Denn das Buch wird aus zwei Perspektiven erzählt, einer weiblichen (Zoe) und einer männlichen (Martin). Und so werden auch die entsprechenden Erzählstränge von einer Frau (Christiane Marx) und einem Mann (Oliver Kube) gelesen. So hat man das Gefühl, dass da tatsächlich die Protagonisten erzählen.

Der Roman an sich enthält aus meiner Sicht keine großartig neuen Ideen, einzig der Beweggrund von Martin, den Jakobsweg zu gehen, ist außergewöhntlich. Denn er testet einen neu entwickelten Reisetrolley (als Rucksackersatz für Pilger) auf Langstreckentauglichkeit. Zoe dagegen geht den Jakobsweg aus einem Grund, den wohl viele Pilger haben: nach einem Schicksalsschlag ist sie auf der Suche nach sich selbst.

Zufällig treffen sich Martin und Zoe bereits am Anfang ihrer Reise. Sie gehen den Weg nicht gemeinsam, aber sie treffen sich immer wieder, begleiten einander auf einigen Teilstücken, aber trennen sich auch immer wieder. Das Buch beschreibt, was die beiden erleben, wie sie übereinander denken und wie sie sich im Laufe ihrer Wanderung weiterentwickeln. Dabei hat mir aber leider ein wenig die Spannung zwischen den Protagonisten gefehlt. Lange Zeit wusste ich auch nicht, wo der Roman eigentlich hin will – soll es eine Liebesgeschichte werden? Ein Buch über Freundschaft? Eine Art Reisebericht? Ein spiritueller Weckruf? Es ist von allem ein bisschen, aber für mich fühlte sich das ein wenig an wie „weder Fisch noch Fleisch“. Ich mochte zwar die ruhige Erzählweise, die dem Charakter des Wanderns entspricht. Aber irgendwie fehlte mir das entscheidende Quäntchen Spannung, um den Roman als mitreißend empfinden zu können.

Dennoch: man wird mit diesem Buch gut unterhalten und es regt dazu an, innezuhalten und sich ein paar ruhige Lese- oder Hörstunden zu gönnen. Wenn man die gute Umsetzung des Plots im Hörbuch berücksichtigt, ist es mir 4 Sterne wert – die Geschichte allein läge für mich im guten Mittelfeld bei 3 Sternen.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Jauchzet und frohlocket!

Jubilate!
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...aber erst am Ende dieses gelungenen Schmunzelkrimis mit Papst Petrus & Co. Zuvor gibt es noch einige Abenteuer zu bestehen – aber wie immer ist Papst Petrus mit vollem Herzen dabei, seine Schäfchen ...

...aber erst am Ende dieses gelungenen Schmunzelkrimis mit Papst Petrus & Co. Zuvor gibt es noch einige Abenteuer zu bestehen – aber wie immer ist Papst Petrus mit vollem Herzen dabei, seine Schäfchen zu zählen, damit keins verloren geht. Sein Motto: „Der Vatikan ist ein Theater, eine Bühne. Manchmal werden Komödien gegeben. Meistens aber Kriminalstücke. Manchmal auch beides zusammen.“ (S. 97)

Diesmal wird Pressesprecherin Giulia in einen Familien-Erbstreit hineingezogen. Auf dem Schloss ihres kranken, alten Verwandten Federico findet ein Familienfest statt, bei dem der Patriarch bekannt gibt, dass er sich nur Giulia als Bewahrerin des Familienvermögens vorstellen kann. Er stellt ihr ein riesiges Erbe in Aussicht – unter der Bedingung, dass sie heiratet. Für Giulia ein abwegiger Gedanke... bis sie sich ohnmächtig im Pool wiederfindet und von ihrer Jugendliebe Paolo gerettet werden muss. Jemand muss einen Anschlag auf sie verübt haben... Giulia wittert eine Verschwörung und ermittelt mit Petrus, Francesco und Co. im familiären Umfeld. Dafür stimmt sie sogar der Hochzeit zu und ausgerechnet Francesco, der schon lange in Giulia verliebt ist, soll den Bräutigam spielen. Wo soll das bloß hinführen???

Es war mir eine Freude, den Irrungen und Wirrungen zu folgen, Verdächtige auszumachen und wieder auszuschließen. Ich mag die Krimis um Petrus, seine Pressesprecherin Giulia, seine „rechte Hand“ Francesco, seine Haushälterin Schwester Immaculata und den dicken Kater Monsignore sehr. Auch in ihrem 5. Auftritt als kriminalistische Spürnasen sind sie wieder voll in ihrem Element.

Die Autoren haben sich ein komplexes Verwirrspiel ausgedacht (manchmal etwas zu komplex?), bei dem man gegen Ende des Buches froh ist, dass Petrus die Aufklärung des Falles in einer Szene zusammenfasst. Nebenbei lernt man in diesem Roman wunderbare Orte kennen (meine Liste für interessante Reiseziele hat nun wieder zwei Einträge mehr!) und verlebt eine aufregende Woche in den Albaner Bergen. Einschließlich Happy End – so viel darf verraten werden.

Fazit: ein Roman zum Mitfiebern und Rätseln, aber auch zum Wegträumen und Schmunzeln.

Veröffentlicht am 12.04.2019

Vorhang auf für den etwas anderen Goldammer!

Großes Sommertheater
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Huch! Was schreibt der denn jetzt für Zeug? denkt sich vielleicht der eine oder andere Fan von Frank Goldammers Kriminalkommissar Max Heller und beäugt erstmal skeptisch das metallisch glänzende Cover ...

Huch! Was schreibt der denn jetzt für Zeug? denkt sich vielleicht der eine oder andere Fan von Frank Goldammers Kriminalkommissar Max Heller und beäugt erstmal skeptisch das metallisch glänzende Cover dieses Satire-Romans. Mit „Großes Sommertheater“ befreit sich der Autor aus dem historisch-zeitgeschichtlichen Korsett seiner Krimi-Reihe um Kommissar Heller und bricht auf zu neuen Ufern (wie passend, diese Geschichte dann an der Ostsee spielen zu lassen!). Aber die Krimi-Fans können ganz beruhigt sein: ohne den einen oder anderen Toten kommt er auch diesmal nicht aus

Angekommen im 21. Jahrhundert schaut Herr Goldammer seinen Mitmenschen sehr genau auf die Finger (und diverse andere Körperteile) und bringt die Wahrheit über Zwangszusammenrottungen wie Familien mit viel (schwarzem) Humor zu Papier. Vom verzogenen Kleinkind bis zum Hartz-4-Schmarotzer ist alles vorhanden, wozu die heutige Gesellschaft gern den moralischen Zeigefinger hebt (oder sich in den sozialen Medien mehr oder weniger geistreich echauffiert).

Alles etwas überspitzt in diesem Roman? Da wäre ich mir nicht so sicher, denn es scheint oft mehr als nur ein Körnchen Wahrheit in bzw. hinter den Figuren zu stecken. Anfangs habe ich mich dabei ertappt, beschriebene Klischees hinzunehmen und gedanklich mitunter sogar zu unterstützen. Aber irgendwann war da ein Punkt, da setzte das Nachdenken ein. Und das Hinterfragen. Letztlich hat alles (mindestens) zwei Seiten... jede Verhaltensweise hat Ursachen, jeder sinnentleerte Kommentar auf Facebook eine Vorgeschichte. Nur blenden wir das gern aus und nehmen erstmal nur das zur Kenntnis, was uns ganz offensichtlich präsentiert wird.

Das Buch ist genau das, was der Name verspricht – ein Theaterstück. Und zwar eins mit Finesse und erstaunlichem Tiefgang angesichts der locker-flockigen Sprache. Zwangsläufig wird man als Leser einige Wahrheiten erfahren... und zwar meistens unbequeme, und die dann auch noch über sich selbst. Wer das nicht scheut, kann in diesem Roman eine kleine satirische Perle entdecken.

Und die Moral von der Geschicht‘? Nachdenken lohnt sich. Miteinander reden meistens auch. Und vor allem lohnt es sich, diesen Roman zu lesen. Ich! Will! Mehr! Davon!


Veröffentlicht am 08.04.2019

Ein 340-seitiger Kurzurlaub

Honigduft und Meeresbrise (Neuauflage)
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Eigentlich könnte man Anne Barns‘ Romane in der Apotheke verkaufen. So als Entspannungsmittel. Für Leute, die mal runterkommen wollen oder die mal eine Auszeit brauchen. Denn auch dieses Buch ist wieder ...

Eigentlich könnte man Anne Barns‘ Romane in der Apotheke verkaufen. So als Entspannungsmittel. Für Leute, die mal runterkommen wollen oder die mal eine Auszeit brauchen. Denn auch dieses Buch ist wieder wie ein Kurzurlaub. Einfach einen bequemen Leseplatz suchen, Buch aufklappen, loslesen…fertig. Also im Sinne von „Ausgelesen“. Man verliert sich so in dieser Geschichte, dass man gar nicht merkt, wie schnell man es durchliest.

Und auch diesmal hat Anne Barns wieder liebenswürdige Charaktere geschaffen, mit denen man gern selbst befreundet wäre. Am meisten konnte mich Johanna, die Oma der Protagonistin Anna, für sich einnehmen. Sie ist begeisterte Imkerin, hat das Herz am rechten Fleck, ist schlagfertig und ungeniert und sie liebt ihre Enkelin über alles. Sie ist ihr Freundin, Mutter und Großmutter zugleich – ein Spagat, den nur eine Johanna so hinbekommt. Eine solche Frau gibt es im „echten Leben“ wahrscheinlich selten – umso schöner ist es, von ihr zu lesen.

In dem Buch geht es aber nicht nur darum, sich immer rundum wohlzufühlen. Es geht auch um Trauer und Trauerbewältigung. Um Fragen, die sich Angehörige und Freunde stellen. Darum, wie sich Trauernde gegenseitig helfen können. Und natürlich um den Weg, den man zurücklegen muss, wenn man als „Zurückgebliebener“ wieder selbst in sein Leben zurückfinden möchte.

Es ist also nicht nur alles eitel Sonnenschein, es blitzen auch ernsthafte Gedanken durch diese Geschichte und die Verknüpfung von allem macht das Buch zu einem stimmigen Ganzen.

Abgerundet wird auch diesmal der Roman von tollen Honig-Rezepten. Da ich schon einen „Honigseufzer“ kosten durfte, kann ich auch tatsächlich bestätigen, dass das Ergebnis super lecker ist!

Also am besten folgende Reihenfolge einhalten: Buch hinten aufschlagen, eins der Rezepte nachbacken, sich mit dem Ergebnis an einen bequemen Platz setzen, Buch vorn aufschlagen und dann… nur noch genießen!