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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.04.2023

Fantastische Geschichten

Nachmittage
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In diesem neuen Erzählband „Nachmittage“ von Ferdinand von Schirach sind unterschiedliche Kurzgeschichten gesammelt, die mitten aus dem Leben erzählen. Es handelt sich dabei um unterschiedlich lange Geschichten, ...

In diesem neuen Erzählband „Nachmittage“ von Ferdinand von Schirach sind unterschiedliche Kurzgeschichten gesammelt, die mitten aus dem Leben erzählen. Es handelt sich dabei um unterschiedlich lange Geschichten, manche keine halbe Seite lange, andere mehrere Seiten füllend, aber alle erzählen Geschichten von Begegnungen. Die dargestellten Szenarien schwanken zwischen belustigend, skurril und ergreifend und alle sind so erzählt, als wären sie dem Autor tatsächlich so passiert. Was Fakt und was Fiktion ist, kann nur Ferdinand von Schirach selbst beantworten. Leider gibt es kein Nachwort, das darüber Aufschluss geben könnte.

Ohne zu viel vom Inhalt verraten zu wollen kann man sagen, dass der Autor der Lese auf eine Reise mitnimmt. Die Handlung spielt an verschiedenen Orten in aller Welt und handelt von Begegnungen, die nachhallen, das Leben beeinflussen und Gefühle hervorrufen. Es sind Geschichten aus dem Alltag über Momente, die alles verändern können.

Ferdinand von Schirach hat eine unglaubliche Art Geschichten zu erzählen, die manchmal fast schon trocken in ihrer Nüchternheit wirkt. Aber trotzdem kann er damit erstaunen, überraschen, Emotionen hervorrufen. Szenen werden teilweise sehr detailliert geschildert, andere mehr wie im Vorbeigehen erzählt. Jede Geschichte ist auf ihre eigene Art besonders, sodass die Geschichten in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können, je nachdem wonach einem der Sinn steht.

Bei manchen Geschichten dachte ich am Ende „ja und dann? Wie ging es dann weiter?“ und hatte gehofft noch mehr Informationen bekommen zu können, aber die nächste Geschichte zielte auf ein völlig anderes Thema ab. Alle Geschichten sind aber sehr pointiert erzählt und in sich sehr stimmig.

Mir hat dieser Erzählband richtig gut gefallen und ich werde meine Lieblingsgeschichten bestimmt noch öfter lesen.

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Geniales Thema, schwieriges Buch

°C – Celsius
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Elsberg erschafft realistische Krisenszenarien, die schockieren und aufrütteln, wie kein anderer. Mit „Celsius“ widmet er sich dem Thema Klimawandel und Geoengineering und wirft die Frage auf, wie weit ...

Elsberg erschafft realistische Krisenszenarien, die schockieren und aufrütteln, wie kein anderer. Mit „Celsius“ widmet er sich dem Thema Klimawandel und Geoengineering und wirft die Frage auf, wie weit der Mensch eingreifen darf, und wer die Folgen tragen muss. Ein unfassbar interessantes Thema, leider war die stilistische Umsetzung diesmal eher nicht so meins.

Zum Inhalt: unbekannte Flugobjekte starten aus dem chinesischen Luftraum. Flugziel unbekannt. Was zuerst nach einem militärischen Schlag aussieht entpuppt sich als Klimainitiative. Aber will man China das Weltklima überlassen? Und welche Folgen hätte das?

Zuerst mal das Positive: das Thema ist wieder hochbrisant und unglaublich spannend. Geoengineering war mir bisher eher ein Randbegriff und ich fand die Denkansätze dazu im Buch wirklich interessant und schwankte immer wieder zwischen Faszination und Fassungslosigkeit.

Elsberg schreibt wieder in kurzen, knackigen Kapiteln, in schneller Abfolge wechseln Personen und Handlungsorte, was die Story sehr dynamisch und spannend macht. In typischer Elsberg-Manier ist lange nicht ersichtlich wer mit wem zusammenarbeitet und welche Ziele verfolgt.

Jetzt kommt mein großes Manko: das Stilmittel dessen Elsberg sich hier über weite Strecken bedient, hat mich einfach nicht abgeholt. Ich will nicht zu viel verraten aber über weite Stecken ist die Handlung sehr undurchsichtig bis fast schon unrealistisch. Immer wieder musste ich beim Lesen nochmal zurückblättern, weil ich dachte ich hätte etwas überlesen. Es fiel mir manchmal schwer Zusammenhänge herzustellen. Es gibt Seitenweise Erklärungen im Präsentations-Modus, was ein bisschen zulasten der Spannung geht.

In meinen Augen hat das Buch sein Potential ein bisschen verschenkt, obwohl zwischendurch mal echt coole Sequenzen und Kapitel vorhanden waren. Aber diesmal war es mir einfach zu viel Verwirrspiel, um das Buch wirklich genießen zu können.

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Eine Geschichte, geschrieben vom Leben

Es war einmal in Brooklyn
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„Es war einmal in Brooklyn“ von Sid Atlas ist eins die Bücher, die so viel mehr sind, als ihr Klappentext auch nur ansatzweise erfassen könnte. Es ist eine Geschichte über alles und nichts, über das Leben ...

„Es war einmal in Brooklyn“ von Sid Atlas ist eins die Bücher, die so viel mehr sind, als ihr Klappentext auch nur ansatzweise erfassen könnte. Es ist eine Geschichte über alles und nichts, über das Leben und Erwachsenwerden und darüber, wie hart die Realität sein kann. Und gleichzeitig ist es nur ein Auszug, ein Augenblick- und vielleicht wollte das Buch dafür einfach zu viel und wird dadurch nicht allen aufgeworfenen Themen gerecht.

Zum Inhalt: Juliette und David, beides Kinder aus Einwandererfamilien, wachsen Tür an Tür in Brooklyn auf. Und weil sie beide auf ihre ganz eigene Art Außenseiter sind, werden sie Freunde. Es ist der Sommer 1977 und danach soll sich alles ändern, Juliette will raus aus der Stadt, ans College, sich verlieben, ihre Unschuld verlieren. Und David- der will eigentlich nur Juliette, denn mehr darf er sich vom Leben nicht erhoffen. Und dann ändern ein paar Stunden, Tage und Wochen einfach alles.

Zuerst vielleicht mal: der Blackout auf den der Klappentext so anspielt, spielt im Buch eine eher untergeordnete Rolle. Generell werden im Buch viele Ereignisse des Sommers 1977 erwähnt, die nur am Rande die Handlung ausschmücken. So wird zum Beispiel auch immer wieder auf den „Son of Sam“ angespielt, sowie auf die erfolglose Saison der Yankees. All das erzeugt aber nur den Handlungsrahmen für den Mittelpunkt der Geschichte: zwei Kinder, die erwachsen werden und sich der harten Realität des Leben stellen müssen- jeder der beiden auf seine ganz eigene Art.

Es ist eine Geschichte über Freundschaft, auf das sich voneinander entfremden, über unterschiedliche Lebensentwürfe und über schlechte Entscheidungen. Es ist eine Geschichte über das sich verlieben, über Enttäuschung und Schmerz. Eine Geschichte über das weitermachen und vergeben. Einerseits ist die Geschichte an vielen Stellen auf fast schon unerträglich schmerzliche Weise poetisch, aber auf eine ungeschönte, gradlinige Art. Gleichzeitig hatte ich öfter mal das Gefühl, dass der Fokus verschwimmt und ich gar nicht hätte sagen können, worum es in diesem Buch eigentlich geht- Auf jeden Fall eine interessante Kombination, die aber vermutlich nicht jedermanns Fall ist.

Mir hat das Buch insgesamt wirklich gut gefallen, auch wenn es ganz anders war, als aufgrund des Klappentextes erwartet.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Perfide konstruiert

Erinnere dich!
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„Erinnere dich“ ist ein interessant konstruierter Thriller der mit der Zuverlässigkeit menschlicher Erinnerungen spielt. Thematisch total interessant, auch wenn der Start mir etwas zu behäbig und langatmig ...

„Erinnere dich“ ist ein interessant konstruierter Thriller der mit der Zuverlässigkeit menschlicher Erinnerungen spielt. Thematisch total interessant, auch wenn der Start mir etwas zu behäbig und langatmig war. Aber als das Buch dann endlich in Fahrt kam war die Story durchaus perfide inszeniert.

Zum Inhalt: vor zwanzig Jahren ist Arno Jugendliebe Maja beim Wandern spurlos verschwunden. Der Fall wurde noch immer nicht aufgeklärt, als Arno plötzlich Nachrichten einer unbekannten Person bekommt, die ihn beschuldigt Maja ermordet zu haben. Und Arno kommen nicht nur Zweifel was seine Erinnerungen an die damalige Zeit betrifft, es kommen auch neue hinzu.

Vom Beginn der Geschichte an, bis sie endlich mal auf den Punkt dessen kommt, was im Fokus steht, vergeht leider ziemlich viel Zeit mit Geplänkel. Arnos Lebensumstände werden genauso beleuchtet, wie seine geschiedene Ehe, wobei sich der Leser schon fragen kann, wohin das führen soll. Tatsächlich fand ich dadurch das erste Drittel der Geschichte ziemlich zäh. Aber umso mehr ominöse Nachrichten Arno bekommt, umso spannender wird die Geschichte.

Verdrängte und manipulierte Erinnerungen spielen eine große Rolle in dieser Geschichte und so wie Arno beginnt an sich selbst und seinen Erinnerungen zu zweifeln, so kann sich auch der Leser nicht sicher sein, ob Arno als Erzähler glaubwürdig ist. Das hat für mich einen Großteil der Spannung ausgemacht, denn ungefähr bis zum letzten Drittel ist der Handlungsverlauf an sich relativ unspektakulär. Dann gibt es innerhalb der Geschichte nochmal einen interessanten Twist, der auch das Spannungslevel nochmal ein bisschen anhebt. Das Ende der Geschichte finde ich gut gelöst und schlüssig aufgeklärt.

Arno als Protagonist tat mir schon fast ein bisschen leid, wie er mit sich selbst und seinen Erinnerungen an die Vergangenheit hadert. Da diese aber offenbaren, dass Arno durchaus jähzornig war und Maja nicht immer gut behandelt hat, konnte und wollte ich mich trotzdem nicht so richtig auf seine Seite schlagen. Dieses zwiegespaltene Empfinden Arno gegenüber hat aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass ich wissen wollte, was er getan hat und wohin ihn seine Erinnerungen noch führen werden. Ein sehr gelungener Kniff des Autors.

Für mich ein eher ruhiger Thriller, der einige Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen und in dem aufgrund von Arnos zentraler Position alle anderen Charaktere ziemlich blass bleiben. Die Grundidee hat mir gut gefallen, hätte aber ein bisschen knackiger erzählt werden können.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Ein Dorf macht sich schuldig

Diabolisch
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„Diabolisch“ ist ein packender Thriller, der das schlechteste in den Menschen aufzeigt, die Dunkelheit aus ihrer Deckung holt und mit den Ängsten der Menschen spielt. Spannung von der ersten bis zur letzten ...

„Diabolisch“ ist ein packender Thriller, der das schlechteste in den Menschen aufzeigt, die Dunkelheit aus ihrer Deckung holt und mit den Ängsten der Menschen spielt. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite.

Zum Inhalt: 1995, nach dem Schulsport kommt Lotte ohne ihren kleinen Bruder Alex nach Hause. Der Vater hatte vergessen die Kinder abzuholen. Als endlich jemand nach Alex sucht, ist der Junge tot. 27 Jahre später kommt wieder ein Junge nicht nach Hause und eine Mordserie erschüttert das Dorf.

Die Geschichte teilt sich auf zwei Handlungsstränge auf, die abwechselnd 1995 und 2022 spielen. Besonders die Ereignisse der Vergangenheit sind erschütternd, denn so ruhig das Dorf von außen wirkt, umso düsterer sind seine Geheimnisse. Als eine grauenvolle Mordserie das Dorf erschüttert beginnt Kommissarin Larissa in der Vergangenheit zu wühlen und es kommen viele Geheimnisse an Licht, denn mehr als eine Person hat in der Nacht von Alex' Tod Schuld auf sich geladen.

Die Geschichte ist wahnsinnig packend erzählt und durch die vielen Verbrechen der Vergangenheit und Gegenwart entwickelt das Buch eine düstere und schockierende Sogwirkung. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, was in der Nacht als Alex starb wirklich passiert ist und wie die einzelnen Dorfbewohner da mit drinhängen. Das Szenario von Alex' Tod ist so banal und wäre so leicht zu verhindern gewesen, dass ich immer nur fassungslos den Kopf schütteln konnte, ob der Kurzsichtigkeit und Selbstsucht der Leute.

Die Auflösung fand ich tatsächlich relativ vorhersehbar, einfach weil es für die Motive des Täters nicht viele Optionen gab. Was der Spannung und dem rasanten Tempo aber keinen Abriss getan hat. Da die Verbrechen in der Gegenwart hinsichtlich Tathergang und Opferauswahl sehr vielfältig sind, bleibt es bis zum Schluss interessant.

Für mich ein sehr gelungener Thriller, der seinen Titel verdient.

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