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Veröffentlicht am 19.07.2020

Vincent

Der unsichtbare Garten
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Der unsichtbare Garten - Karine Lambert

Vincent hat eine seltene Augenkrankheit. Er wird innerhalb weniger Wochen fast vollständig erblinden. Der Leser begleitet Vincent durch den zwangsläufigen Prozess ...

Der unsichtbare Garten - Karine Lambert

Vincent hat eine seltene Augenkrankheit. Er wird innerhalb weniger Wochen fast vollständig erblinden. Der Leser begleitet Vincent durch den zwangsläufigen Prozess der Verzweiflung, über Selbsthilfegruppen und schließlich dem Kraftakt die neue Situation anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Auch eine neue Liebe spielt dabei eine Rolle, der Garten aus dem Titel kommt dagegen erst gegen Ende richtig raus. Viel mehr ist zu diesem Roman eigentlich nicht zu sagen. Und genau darin liegt für mich das Problem.

Es ist eine fürchterliche Situation, in der Vincent sich befindet und die Autorin bemüht sich sehr, alle möglichen Facetten einer solch einschneidenden Veränderung darzustellen. Natürlich möchte man als Leser wissen, wie Vincent zurechtkommen wird. Das ist durchaus spannend. Trotzdem bleibt diese Darstellung leider sehr oberflächlich. Die Geschichte wirkt recht eindimensional und vorhersehbar, ohne Raffinesse. Die Handlung wird relativ chronologisch runtererzählt, über die Nebenfiguren erfährt man wenig.
Dasselbe gilt auch für die Sprache. Sie ist sehr einfach gehalten. Manch schöner Satz wirkt seltsam deplatziert.
Die Seiten fliegen nur so dahin. Das Schriftbild ist großzügig, dazwischen immer wieder mehr oder weniger leere Seiten.

Ich hatte mir einfach mehr erwartet. Der vorliegende Roman ist trotz seines ernsten Themas eher in die Kategorie "leichter Sommerroman" einzuordnen. Als solcher mag er ganz gut sein, nur ist das leider nicht unbedingt mein Genre.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Sprachgewaltig

Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod
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Jäger - Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod

Dieser Roman hat mich sehr beeindruckt und positiv überrascht. Dennoch fällt es mir schwer, den Inhalt kurz und knapp zusammenzufassen, dieser ist ...

Jäger - Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod

Dieser Roman hat mich sehr beeindruckt und positiv überrascht. Dennoch fällt es mir schwer, den Inhalt kurz und knapp zusammenzufassen, dieser ist nämlich außergewöhnlich vielschichtig, tiefgründig, verschachtelt und verwinkelt. Deshalb zitiere ich hier nur kurz den Klappentext:
"Ein sprachgewaltiger Roman über eine unerfüllte Liebe, einen ungeklärten Mord und eine spannende Spurensuche- für einen jungen Historiker wird eine Recherchereise in die Berge zur Reise an die Grenzen seiner Persönlichkeit."

Das Hauptgeschehen findet im Winter 1950/51 statt. Seitdem ist der junge Historiker Schreiber spurlos verschwunden. Ein halbes Jahrhundert später macht sich der Amerikaner John Miller auf Spurensuche.
Jäger lässt sich Zeit damit, die Personen, das Dorf, die Natur, die Berge detailliert zu beschreiben. Das wird zwar nie langweilig, wirkliche Spannung kommt aber erst gegen Ende auf. Doch das lohnt sich, denn er schafft damit eine wahnsinnig intensive Atmosphäre. Man sieht die Dorfbewohner und die verschneiten Berge regelrecht vor sich. Kombiniert mit Jägers beeindruckend poetischem Schreibstil entsteht ein wahres Meisterwerk. Perfekt komponiert und sprachgewaltig. Irgendwann ist man mit Schreiber mittendrin im Geschehen, Naturgewalten, Lawinen donnern über das Dorf, Feuer wüten, heute wie damals. Schreiber ist gefangen durch die Liebe zu einer Frau, der Leser mit ihm, denn es entwickelt sich nun ein ordentlicher Lese Sog.

Noch eine interessante Hintergrundinformation zur Entstehung des Romans. Der Tiroler Autor Gerhard Jäger war seit einem Unfall 2007 querschnittsgelähmt. Vorliegendes Buch schrieb er mit Hilfe eines Sprachcomputers. Leider ist er bereits viel zu früh verstorben.

Ein sehr empfehlenswerter Roman für Leser, die hintergründige und komplexe Geschichten mögen. Mir hat er sehr gut gefallen. 5 Sterne

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Die Welt der Vögel

Die siehst du!
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Die siehst du! Michael Schmolz

Dieser Vogelführer setzt nicht auf die Vollständigkeit der Arten, vielmehr will er seine Leser auf spielerische Art und Weise an die Welt der Vögel heranführen.
Vorab ...

Die siehst du! Michael Schmolz

Dieser Vogelführer setzt nicht auf die Vollständigkeit der Arten, vielmehr will er seine Leser auf spielerische Art und Weise an die Welt der Vögel heranführen.
Vorab gibt es zahlreiche Tipps und Tricks, wo und wann welche Tiere anzutreffen sind, auch zur passenden Ausrüstung.
Humorvoll und locker stellt Michael Schmolz die häufigsten Vögel in den verschiedenen Ökosystemen vor.
Reich bebildert, farbenfroh und voller Leben, ermutigt es den interessierten Leser, sich nach draußen zu wagen und sich selbst auf Beobachtungsposten zu begeben. Im handlichen Taschenbuchformat kann es gut mitgenommen werden.
Ein schönes Buch für Anfänger der Vogelbeobachtung, in dem es Spaß macht zu blättern.
Erfahrenere Vogelkenner werden jedoch wohl nicht mehr viel Neues erfahren.
4 Sterne

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Zwischen Genie und Wahnsinn

Nagel im Himmel
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Nagel im Himmel – Patrick Hofmann

Der Protagonist Oliver Seuss, geboren im letzten Jahr der DDR, versucht eines der größten Geheimnisse der Mathematik zu lösen und verschwindet dabei voll und ganz in ...

Nagel im Himmel – Patrick Hofmann

Der Protagonist Oliver Seuss, geboren im letzten Jahr der DDR, versucht eines der größten Geheimnisse der Mathematik zu lösen und verschwindet dabei voll und ganz in der Welt der Mathematik, genauer gesagt, der Primzahlen. Er will schaffen, was vor ihm noch keiner geschafft hat, er will den Beweis der Riemannschen Vermutung bestätigen oder widerlegen. Dabei muss man sich als Leser mit der Materie nicht auskennen, es ist ein bislang ungelöstes Rätsel der Mathematik, das reicht zu wissen. Hofmann schafft es trotzdem, eine gewisse Faszination für dieses wissenschaftliche Gebiet zu vermitteln.
Wirklich unglaublich, wie spannend ein an sich so trockenes Thema hier präsentiert wird. Im Wesentlichen geht es dem Autor um den unglaublichen psychischen Druck und das seelische Leiden dieses mathematischen Genies und doch so unglücklichen Menschen. Aufgewachsen in einer lieblosen, stark sächselnden Umgebung, ohne Verständnis für sein Talent, fühlt er sich nirgends zugehörig und ist emotional extrem unbeholfen. So flüchtet er sich in seinen Schaffenspausen in den Alkohol und droht vollkommen abzugleiten zwischen Zahlen- und Alkoholrausch. Diese Forschung, der er mit Haut und Haar nachgeht, ist ein jahrelanger schmerzhafter Kampf, der ihn zu zerstören droht.
"Wenn es ihm aber zu gut ging, war er nicht mehr kreativ. Die Wärme und die Freundlichkeit schadeten dem Genie. Wenn er mit der Riemannschen Vermutung weiterkommen wollte, brauchte er die Kälte." Seite 163

Es ist ein Balanceakt zwischen Genie und Wahnsinn auf dem er sich bewegt und doch hat er gar keine andere Wahl. Gesegnet mit einem großen Talent, das er nicht will, gegen das er sich geradezu wehrt, gegen das er aber doch nicht ankommt. Immer wieder stürzt er sich in seine Aufgabe, die ihm eigentlich zu groß ist und die ihm Angst macht, mit einer Besessenheit, die krankhaft ist. Eine Kombination, die absolut faszinierend ist. Ein bemitleidenswertes Genie, das all seine Kraft in die Wissenschaft steckt, einfach weil er nicht anders kann.

Bemerkenswert fand ich auch nochmal den Schluss, bitter-süß, auf jeden Fall tragisch und auf jeden Fall zu diesem hochkarätigen Roman passend.

Das Porträt eines unglücklichen Genies, absolut fesselnd erzählt. Sehr lesenswert. 4 Sterne bei Beendigung des Romans. Allerdings hielt die Faszination noch tagelang an, so dass ich mich dann doch noch für 5 Sterne entscheide.

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Ehe-Therapie auf Island

Der Anhalter
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Der Anhalter – Gerwin van der Werf
Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Island, von langer Hand geplant, soll die Ehe von Isa und Tiddo retten. Mit von der Partie ist der dreizehnjährige Sohn Jonathan. Wenn ...

Der Anhalter – Gerwin van der Werf
Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Island, von langer Hand geplant, soll die Ehe von Isa und Tiddo retten. Mit von der Partie ist der dreizehnjährige Sohn Jonathan. Wenn man ehrlich ist, ist diese Ehe bereits seit Jahren klinisch tot. Die Reise steht unter keinem guten Stern. Um das Chaos komplett zu machen, nimmt die Familie noch einen Anhalter mit, den Isländer Svein.
Leider muss ich sagen, dass hier jede Menge Potenzial verschenkt wurde.
Die Kulisse Islands klang vielversprechend, wurde aber kaum ausgeschöpft. Mich zumindest haben die Naturbeschreibungen kaum erreicht. Da hätte man mehr draus machen können. Die Sprache fand ich persönlich etwas zu umgangssprachlich, gerade die Dialoge mit Svein sind ein furchtbarer Mischmasch aus Deutsch und Englisch.
Getoppt werden diese Kritikpunkte für mich aber mit Abstand von den beiden Männern, Tiddo und Svein. Einfach ganz unmöglich. Tiddo, auch noch der Erzähler, ist ein ewiger Jammerlappen, der nicht einsehen will, dass seine Ehe am Ende ist. Es ist beinahe schmerzhaft, seinen Gedanken zu folgen. Beispielsweise über Chinesen, die möglicherweise von einem Geysir eingesogen werden, um vom anderen wieder ausgespuckt zu werden…! Ein Weichei (damit kokettiert er auch noch), das nur an sich selbst denkt, anstatt sich mal ernsthaft mit seiner Frau auseinanderzusetzen. Gegen Ende entwickelt er auch noch eine Paranoia. Ach ja, Svein ist auch nicht besser, bzw. ist er auch noch mehr oder weniger überflüssig für die Geschichte. Mehr als ein paar platte Dialoge und ein Mini-Eifersuchtsdrama bringt er kaum. Mit den beiden konnte das nichts werden. Schade.

Ansonsten liest sich dieser Roman locker und fluffig. Die Kapitel fliegen nur so dahin und es ist auch nicht uninteressant. Die beiden Männer haben allerdings einen gewaltigen Nerv-Faktor. Und am Ende frage ich mich, was war das?
2 Sterne

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