Dieser Vogelführer setzt nicht auf die Vollständigkeit der Arten, vielmehr will er seine Leser auf spielerische Art und Weise an die Welt der Vögel heranführen.
Vorab ...
Die siehst du! Michael Schmolz
Dieser Vogelführer setzt nicht auf die Vollständigkeit der Arten, vielmehr will er seine Leser auf spielerische Art und Weise an die Welt der Vögel heranführen.
Vorab gibt es zahlreiche Tipps und Tricks, wo und wann welche Tiere anzutreffen sind, auch zur passenden Ausrüstung.
Humorvoll und locker stellt Michael Schmolz die häufigsten Vögel in den verschiedenen Ökosystemen vor.
Reich bebildert, farbenfroh und voller Leben, ermutigt es den interessierten Leser, sich nach draußen zu wagen und sich selbst auf Beobachtungsposten zu begeben. Im handlichen Taschenbuchformat kann es gut mitgenommen werden.
Ein schönes Buch für Anfänger der Vogelbeobachtung, in dem es Spaß macht zu blättern.
Erfahrenere Vogelkenner werden jedoch wohl nicht mehr viel Neues erfahren.
4 Sterne
Der Protagonist Oliver Seuss, geboren im letzten Jahr der DDR, versucht eines der größten Geheimnisse der Mathematik zu lösen und verschwindet dabei voll und ganz in ...
Nagel im Himmel – Patrick Hofmann
Der Protagonist Oliver Seuss, geboren im letzten Jahr der DDR, versucht eines der größten Geheimnisse der Mathematik zu lösen und verschwindet dabei voll und ganz in der Welt der Mathematik, genauer gesagt, der Primzahlen. Er will schaffen, was vor ihm noch keiner geschafft hat, er will den Beweis der Riemannschen Vermutung bestätigen oder widerlegen. Dabei muss man sich als Leser mit der Materie nicht auskennen, es ist ein bislang ungelöstes Rätsel der Mathematik, das reicht zu wissen. Hofmann schafft es trotzdem, eine gewisse Faszination für dieses wissenschaftliche Gebiet zu vermitteln.
Wirklich unglaublich, wie spannend ein an sich so trockenes Thema hier präsentiert wird. Im Wesentlichen geht es dem Autor um den unglaublichen psychischen Druck und das seelische Leiden dieses mathematischen Genies und doch so unglücklichen Menschen. Aufgewachsen in einer lieblosen, stark sächselnden Umgebung, ohne Verständnis für sein Talent, fühlt er sich nirgends zugehörig und ist emotional extrem unbeholfen. So flüchtet er sich in seinen Schaffenspausen in den Alkohol und droht vollkommen abzugleiten zwischen Zahlen- und Alkoholrausch. Diese Forschung, der er mit Haut und Haar nachgeht, ist ein jahrelanger schmerzhafter Kampf, der ihn zu zerstören droht.
"Wenn es ihm aber zu gut ging, war er nicht mehr kreativ. Die Wärme und die Freundlichkeit schadeten dem Genie. Wenn er mit der Riemannschen Vermutung weiterkommen wollte, brauchte er die Kälte." Seite 163
Es ist ein Balanceakt zwischen Genie und Wahnsinn auf dem er sich bewegt und doch hat er gar keine andere Wahl. Gesegnet mit einem großen Talent, das er nicht will, gegen das er sich geradezu wehrt, gegen das er aber doch nicht ankommt. Immer wieder stürzt er sich in seine Aufgabe, die ihm eigentlich zu groß ist und die ihm Angst macht, mit einer Besessenheit, die krankhaft ist. Eine Kombination, die absolut faszinierend ist. Ein bemitleidenswertes Genie, das all seine Kraft in die Wissenschaft steckt, einfach weil er nicht anders kann.
Bemerkenswert fand ich auch nochmal den Schluss, bitter-süß, auf jeden Fall tragisch und auf jeden Fall zu diesem hochkarätigen Roman passend.
Das Porträt eines unglücklichen Genies, absolut fesselnd erzählt. Sehr lesenswert. 4 Sterne bei Beendigung des Romans. Allerdings hielt die Faszination noch tagelang an, so dass ich mich dann doch noch für 5 Sterne entscheide.
Der Anhalter – Gerwin van der Werf
Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Island, von langer Hand geplant, soll die Ehe von Isa und Tiddo retten. Mit von der Partie ist der dreizehnjährige Sohn Jonathan. Wenn ...
Der Anhalter – Gerwin van der Werf
Eine Reise mit dem Wohnmobil durch Island, von langer Hand geplant, soll die Ehe von Isa und Tiddo retten. Mit von der Partie ist der dreizehnjährige Sohn Jonathan. Wenn man ehrlich ist, ist diese Ehe bereits seit Jahren klinisch tot. Die Reise steht unter keinem guten Stern. Um das Chaos komplett zu machen, nimmt die Familie noch einen Anhalter mit, den Isländer Svein.
Leider muss ich sagen, dass hier jede Menge Potenzial verschenkt wurde.
Die Kulisse Islands klang vielversprechend, wurde aber kaum ausgeschöpft. Mich zumindest haben die Naturbeschreibungen kaum erreicht. Da hätte man mehr draus machen können. Die Sprache fand ich persönlich etwas zu umgangssprachlich, gerade die Dialoge mit Svein sind ein furchtbarer Mischmasch aus Deutsch und Englisch.
Getoppt werden diese Kritikpunkte für mich aber mit Abstand von den beiden Männern, Tiddo und Svein. Einfach ganz unmöglich. Tiddo, auch noch der Erzähler, ist ein ewiger Jammerlappen, der nicht einsehen will, dass seine Ehe am Ende ist. Es ist beinahe schmerzhaft, seinen Gedanken zu folgen. Beispielsweise über Chinesen, die möglicherweise von einem Geysir eingesogen werden, um vom anderen wieder ausgespuckt zu werden…! Ein Weichei (damit kokettiert er auch noch), das nur an sich selbst denkt, anstatt sich mal ernsthaft mit seiner Frau auseinanderzusetzen. Gegen Ende entwickelt er auch noch eine Paranoia. Ach ja, Svein ist auch nicht besser, bzw. ist er auch noch mehr oder weniger überflüssig für die Geschichte. Mehr als ein paar platte Dialoge und ein Mini-Eifersuchtsdrama bringt er kaum. Mit den beiden konnte das nichts werden. Schade.
Ansonsten liest sich dieser Roman locker und fluffig. Die Kapitel fliegen nur so dahin und es ist auch nicht uninteressant. Die beiden Männer haben allerdings einen gewaltigen Nerv-Faktor. Und am Ende frage ich mich, was war das?
2 Sterne
Mickey und Kacey hatten keine leichte Kindheit in Kensington, einem von Drogenproblemen stark betroffenen Stadtteil von Philadelphia. Mickey kämpft tagtäglich als Streifenpolizistin ...
Long bright river - Liz Moore
Mickey und Kacey hatten keine leichte Kindheit in Kensington, einem von Drogenproblemen stark betroffenen Stadtteil von Philadelphia. Mickey kämpft tagtäglich als Streifenpolizistin gegen die zunehmende Kriminalität an, während ihre Schwester Kacey auf ebendiesen Straßen für ihren Stoff anschaffen geht. Doch eines Tages ist Kacey nicht mehr auffindbar und gleichzeitig treibt ein Frauenmörder sein Unwesen. Mickey macht sich auf die Suche und gerät dabei selbst in Gefahr.
Ich fand diesen Roman extrem spannend und konnte ihn kaum mehr aus der Hand legen. Beeindruckend, wie vielschichtig die Handlung angelegt ist. Zum einen ist es ein detailliertes Porträt einer Stadt mit großen gesellschaftlichen Problemen. Zum anderen handelt es sich um einen spannenden Krimi rund um die Frauenmorde im Viertel. Die Autorin erzählt in Rückblenden sehr viel aus der gemeinsamen Kindheit der Schwestern. Somit ist es auch ein wirklich ergreifender Familienroman. Über allem steht jedoch das massive Problem der Drogenabhängigkeit vieler Menschen in Philadelphia. Traurig zu lesen, in wie jungen Jahren so viele Leben bereits nachhaltig zerstört sind und wie schwer es ist, davon wieder loszukommen. All das verbindet Liz Moore gekonnt und baut einen großartigen Spannungsbogen auf.
Gerade ein paar Tage nach Beendigung der Lektüre scheint mir im Rückblick der Fokus in erster Linie auf dem Thema der Heroinabhängigkeit zu liegen. Moore macht deutlich, wie gerade die Familien der Abhängigen darunter leiden und wie leicht es ist, in die Sucht abzurutschen. Wie schwer, im Gegenzug, wenn nicht gar unmöglich, davon wieder loszukommen.
Diese eindringliche Lektüre hat mich dazu gebracht, mich im Internet über die sogenannte Heroin-Epidemie im Nordosten der USA zu informieren. Auch in der Realität hat der Stadtteil Kensington und die Kensington Avenue mit ihren Problemen bezüglich Kriminalität und Drogen sowie der daraus entstehenden Perspektivlosigkeit, Schlagzeilen gemacht. Diese Tatsachen werden im vorliegenden Roman nicht übertrieben dargestellt!
Ich denke, auch die aktuellen Entwicklungen in Bezug auf die Rassenunruhen in den USA unter Trump machen gerade wieder deutlich, wie gravierend die Drogenproblematik in manchen Gegenden tatsächlich ist. Umso mehr, ein wichtiges, lesenswertes Buch!
Hat mir sehr gut gefallen! 5 Sterne
James Baldwin war ziemlich mutig, im Jahr 1956 diesen Roman zu veröffentlichen. Denn er selbst war schwarz, arm und homosexuell. Und er wagte es, über die Liebe zwischen ...
Giovannis Zimmer - James Baldwin
James Baldwin war ziemlich mutig, im Jahr 1956 diesen Roman zu veröffentlichen. Denn er selbst war schwarz, arm und homosexuell. Und er wagte es, über die Liebe zwischen weißen Männern zu schreiben. Doch es steckt noch so viel mehr in diesem Werk, das ich gar nicht alles erfassen konnte. Einfach weil mir dafür so viel Erfahrungswerte fehlen. Zur genaueren Interpretation hilft das sehr lesenswerte Nachwort von Sasha Marianna Salzmann.
David verspürt schon früh homosexuelle Neigungen und flüchtet mehr oder weniger aus dem prüden Amerika nach Frankreich. Dort begegnet er in einer Pariser Bar Giovanni, dem er augenblicklich verfällt. Ohnehin gerade auf der Suche nach einer Bleibe, zieht er kurzerhand zu ihm. Sie verbringen eine atemlose Zeit miteinander, doch David kann seine tiefe Scham und Schuldgefühle nicht abstreifen. Genau so wenig aber kann er die Beziehung beenden.
Als Leser merkt man schon bald, dass die Stimmung düsterer wird, David ist innerlich zerrissen, die Sache kann nicht gut gehen. Dann kehrt auch noch Davids Verlobte Hella aus Spanien zurück und David sitzt endgültig zwischen den Stühlen. Er kann mit keinem von beiden glücklich werden und spricht mit keinem über seine Gefühle. Wie ein Fähnchen im Wind will er es eigentlich beiden recht machen und schlittert geradewegs in die unvermeidbare Katastrophe.
Baldwin hatte einen unheimlich tollen Schreibstil. Fesselnd und poetisch zugleich. Komischerweise konnte er mich mit seinem Vorgänger „Nach der Flut das Feuer“ nicht erreichen. Hier aber zieht er den Leser quasi in die Geschichte. Man spürt die innere Zerrissenheit seiner Figuren, deren Schuld und Schamgefühle. Es ist eine sehr männliche Geschichte, Frauen spielen nur eine geringe Rolle und kommen dabei auch nicht allzu gut weg.
Wie man dem Nachwort entnehmen kann, ist dieser Roman autobiografisch inspiriert. Baldwin selbst liebte über Jahrzehnte einen anderen Mann, der diese Liebe nur zeitweilig teilte. Auch eine große Wut auf sein (und Davids) Heimatland Amerika kommt immer wieder durch.
Im Amerika der 60er Jahre war die Liebe zwischen Männern verboten, im liberaleren Paris immer noch schwer verpönt. In diese große Scham über seine nicht akzeptierte sexuelle Orientierung mischt sich auch noch die Angst davor, in der Gesellschaft noch weiter abzusteigen, gar Angst um das eigene Leben. Eigentlich wünscht sich David nämlich eine ganz traditionelle Familie mit Kindern. Vielleicht einfach nur der Wunsch nach Sicherheit und gesellschaftlicher Akzeptanz.
Ein mutiges und kluges Buch, ein Roman, der über all die Jahre nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Mich hat die Geschichte mit seiner Intensität und Eindringlichkeit beeindruckt. Es ist vor allem hintergründig anspruchsvoll und manchmal durchaus hart zu lesen, wie sehr David mit sich selbst kämpft und sich im Grunde doch selbst verachtet.
5 Sterne