Cover-Bild Giovannis Zimmer
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Liebesroman: Zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 21.02.2020
  • ISBN: 9783423282178
James Baldwin

Giovannis Zimmer

Baldwins berühmtester Roman - neu übersetzt
Miriam Mandelkow (Übersetzer)

Keine Liebe ist jemals unschuldig

Im Paris der Fünfzigerjahre lernt David, amerikanischer Expat,in einer Bar den reizend überheblichen, löwenhaften Giovanni kennen. Die beiden beginnen eine Affäre – und Verlangen und auch Scham brechen in David los wie ein Sturm. Dann kehrt plötzlich seine Verlobte zurück. David bringt nicht den Mut auf, sich zu outen. Im Glauben, sich selbst retten zu können, stürzt er Giovanni in ein Unglück, das tödlich endet.

Baldwin brach mit ›Giovannis Zimmer‹ 1956 gleich zwei Tabus: Als schwarzer Schriftsteller schrieb er über die Liebe zwischen zwei weißen Männern. Sein amerikanischer Verlag trennte sich daraufhin von ihm, seine Agentin riet ihm, er solle das Manuskript verbrennen. Heute gilt ›Giovannis Zimmer‹ als Baldwins berühmtester Roman.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2020

Giovanni

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Giovannis Zimmer - James Baldwin

James Baldwin war ziemlich mutig, im Jahr 1956 diesen Roman zu veröffentlichen. Denn er selbst war schwarz, arm und homosexuell. Und er wagte es, über die Liebe zwischen ...

Giovannis Zimmer - James Baldwin

James Baldwin war ziemlich mutig, im Jahr 1956 diesen Roman zu veröffentlichen. Denn er selbst war schwarz, arm und homosexuell. Und er wagte es, über die Liebe zwischen weißen Männern zu schreiben. Doch es steckt noch so viel mehr in diesem Werk, das ich gar nicht alles erfassen konnte. Einfach weil mir dafür so viel Erfahrungswerte fehlen. Zur genaueren Interpretation hilft das sehr lesenswerte Nachwort von Sasha Marianna Salzmann.

David verspürt schon früh homosexuelle Neigungen und flüchtet mehr oder weniger aus dem prüden Amerika nach Frankreich. Dort begegnet er in einer Pariser Bar Giovanni, dem er augenblicklich verfällt. Ohnehin gerade auf der Suche nach einer Bleibe, zieht er kurzerhand zu ihm. Sie verbringen eine atemlose Zeit miteinander, doch David kann seine tiefe Scham und Schuldgefühle nicht abstreifen. Genau so wenig aber kann er die Beziehung beenden.
Als Leser merkt man schon bald, dass die Stimmung düsterer wird, David ist innerlich zerrissen, die Sache kann nicht gut gehen. Dann kehrt auch noch Davids Verlobte Hella aus Spanien zurück und David sitzt endgültig zwischen den Stühlen. Er kann mit keinem von beiden glücklich werden und spricht mit keinem über seine Gefühle. Wie ein Fähnchen im Wind will er es eigentlich beiden recht machen und schlittert geradewegs in die unvermeidbare Katastrophe.

Baldwin hatte einen unheimlich tollen Schreibstil. Fesselnd und poetisch zugleich. Komischerweise konnte er mich mit seinem Vorgänger „Nach der Flut das Feuer“ nicht erreichen. Hier aber zieht er den Leser quasi in die Geschichte. Man spürt die innere Zerrissenheit seiner Figuren, deren Schuld und Schamgefühle. Es ist eine sehr männliche Geschichte, Frauen spielen nur eine geringe Rolle und kommen dabei auch nicht allzu gut weg.
Wie man dem Nachwort entnehmen kann, ist dieser Roman autobiografisch inspiriert. Baldwin selbst liebte über Jahrzehnte einen anderen Mann, der diese Liebe nur zeitweilig teilte. Auch eine große Wut auf sein (und Davids) Heimatland Amerika kommt immer wieder durch.
Im Amerika der 60er Jahre war die Liebe zwischen Männern verboten, im liberaleren Paris immer noch schwer verpönt. In diese große Scham über seine nicht akzeptierte sexuelle Orientierung mischt sich auch noch die Angst davor, in der Gesellschaft noch weiter abzusteigen, gar Angst um das eigene Leben. Eigentlich wünscht sich David nämlich eine ganz traditionelle Familie mit Kindern. Vielleicht einfach nur der Wunsch nach Sicherheit und gesellschaftlicher Akzeptanz.

Ein mutiges und kluges Buch, ein Roman, der über all die Jahre nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Mich hat die Geschichte mit seiner Intensität und Eindringlichkeit beeindruckt. Es ist vor allem hintergründig anspruchsvoll und manchmal durchaus hart zu lesen, wie sehr David mit sich selbst kämpft und sich im Grunde doch selbst verachtet.
5 Sterne


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Veröffentlicht am 29.06.2020

Das bahnbrechende Werk des jungen Baldwin - neu übersetzt

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Nun habe ich mein erstes Buch von James Baldwin beendet. Zwar sind es "nur" 194 Seiten, aber ich fand das Buch zu anspruchsvoll, um es einfach schnell wegzulesen. Wie meinen bisherigen Rezensionen unschwer ...

Nun habe ich mein erstes Buch von James Baldwin beendet. Zwar sind es "nur" 194 Seiten, aber ich fand das Buch zu anspruchsvoll, um es einfach schnell wegzulesen. Wie meinen bisherigen Rezensionen unschwer zu entnehmen ist, bin ich kein großer Fan von Liebesgeschichten. Ich finde sie oft zu gestellt, zu perfekt oder zu klischeebehaftet. Giovannis Zimmer ist sicher keine Liebesgeschichte, aber in diesem dünnen Buch habe ich mehr über die literarische Liebe gelernt als in vielen Büchern.

Es ist die Geschichte von David und Giovanni. Mithilfe des Nachworts erfährt man dabei viel über Baldwins Beweggründe, so stellt David das prüde Amerika dar und wehrt sich vehement gegen seine eigene Homosexualität. Er sucht Ausreden und bringt sein Herz gewaltsam zum Schweigen. Der schöne Giovanni hingegen genießt sein Schwulsein, ist fordernd und doch verletzlich. Für ihn gibt es keinen Grund sich zu schämen.

Das Buch spielt Mitte des 20. Jahrhunderts in Paris und David ist eigentlich mit Hella zusammen, die aber eine Art Selbstfindungsreise nach Spanien unternimmt und ihn allein lässt. Hella möchte unbedingt auf den Trend der Emanzipation aufspringen und gerät dabei in einen inneren Konflikt.

David vernetzt sich immer mehr in der Szene in Paris und lernt Giovanni kennen. An sich ist diese Liebe einfach schön und echt, wenn David sich nicht ständig dagegen auflehnen würde.

Die Geschichte selbst ist für mich nur ein Teil des Erfolgs dieses Buches. Besonders die Umstände seiner Veröffentlichung sind so besonders. Baldwins Verlag riet ihm das Manuskript zu verbrennen, da Baldwin damit endgültig die ihm gesteckten Grenzen des Schreibens durchbrach.

Es ist kein Roman über Homosexuelle, es ist auch keine Love Story, aber es ist ein Buch über große Gefühle und darüber, was passiert, wenn wir dem gesellschaftlichen Druck nachgeben und unsere Gefühle unterdrücken.

Ganz kleine Abzüge gibt es, weil doch einige Sätze im Buch auf Französisch sind. Klar, die Sprache der Liebe, aber manche Sätze habe ich so dann leider nicht verstanden.

Große Literatur eines besonderen Menschen! Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 08.11.2020

All die verlogenen kleinen Moralien

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„Giovanni bildete sich gern ein, der Praktische von uns beiden zu sein und mir den steinigen Grund des Lebens vor Augen zu führen. Er brauchte dieses Gefühl: Denn im Grunde seines Herzens wusste er, ob ...

„Giovanni bildete sich gern ein, der Praktische von uns beiden zu sein und mir den steinigen Grund des Lebens vor Augen zu führen. Er brauchte dieses Gefühl: Denn im Grunde seines Herzens wusste er, ob er wollte oder nicht, dass ich ihm im tiefen Grunde meines Herzens, ob ich wollte oder nicht, mit aller Kraft widerstand.“

Inhalt

Giovanni und David lernen sich in einer Pariser Bar kennen, der eine arbeitet dort als der gutaussehende Barkeeper, der andere ist ein Gast, der Männern gegenüber nicht abgeneigt ist. Für David, dessen Freundin in Spanien eine längere Urlaubsreise unternimmt, um sich über den Status ihrer gemeinsamen Beziehung klar zu werden, eröffnet sich mit Giovannis Avancen eine Möglichkeit sich in einem anderen Menschen zu verlieren. Und obwohl er nicht eine Minute ernsthaft erwägt, sich als homosexueller Mann zu offenbaren, stürzt er sich mit allen Sinnen in eine Art Affäre, die ihn an seine persönlichen Grenzen führt. Doch es dauert gar nicht lange, bevor sich die tiefe Kluft zwischen den beiden Männern offenbart. Giovanni gibt alles, sein Herz, seine Leidenschaft, seine ganze Liebe für die wunderbaren Stunden in Davids Armen, während dieser sich immer verlorener fühlt, zwischen seinen eigenen moralischen Grundsätzen gefangen, die ihn einerseits die gesellschaftliche Anerkennung in ganz herkömmlichen Verhältnissen mit einer Frau und irgendwann auch Kindern vorgaukeln und andererseits die Erfüllung seiner sexuellen Vorlieben, im Bett mit Giovanni. Diese Perspektivlosigkeit der Beziehung verursacht durch die Schuldgefühle des Einen und die Konsequenzen des Anderen führen alsbald zum Bruch. Und als Hella, Davids Verlobte schließlich aus dem Urlaub zurückkehrt, um nun mit ihm eine feste Beziehung zu führen, nimmt er ihre Begeisterung für ein gemeinsames Leben dankbar an, scheint es doch die einzige Möglichkeit zu sein, all seinen kleinen verlogenen Moralien entgegenzuwirken …

Meinung

Der verstorbene amerikanische Autor James Baldwin, war eine Ikone der Gleichberechtigung aller Menschen, seine Bücher thematisieren Diskriminierung auf Grund der Hautfarbe ebenso wie hier auf Grund der sexuellen Orientierung. Und er greift in diesem Roman den tiefen inneren Zwiespalt einer Person auf, die einerseits die Wonnen der Liebe erfährt und einen Menschen gefunden hat, der so perfekt wie liebenswert erscheint und der dennoch diese Art von Beziehung nicht führen möchte, weil sie seinen eigenen gutbürgerlichen Status gefährden würde und sämtliche Inhalte, die er für gesellschaftskonform hält, untergräbt.

Die Homosexualität wirkt in dieser literarischen Abhandlung weniger dominant, als ich erwartet habe, dafür wiegt die Tragik und Melodramatik, die in einer unausgeglichenen Beziehung auftritt, umso mehr. Die Frage nach der Innerlichkeit und der Bejahung eines anderen Menschen ist hier schmerzhaft und äußerst differenziert behandelt wurden – ganz sicher ein großes Plus des Buches, denn eine Wertung, wer hier nun der bessere Mensch ist und warum, lässt sich nicht ohne Gegenargumente vertreten. Und gerade weil ich Giovannis absolute Liebe und Davids nachhaltige Zweifel verstehen konnte, fällt mir die persönliche Stellungnahme zu der Lektüre etwas schwer. Selbst in Anbetracht der Zeit, in der dieser Roman spielt, nämlich in den Fünfzigerjahren der Weltstadt Paris, ist diese tragische Liebesgeschichte universell und individuell gleichermaßen. Denn es gab sie ja auch damals, die Männer, die trotz ihres Rufs als „Tunte“ eben dieses Leben genossen haben und die anderen, die sich versteckt haben und am wenigsten gegenüber ihrem eigenen Spiegelbild zugeben wollten, wie sie wirklich fühlten.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für eine klassische, zeitlose Erzählung über die vielen Wege der Liebe und die fatalen Verstrickungen und die Fehlentscheidungen der Liebenden. Besonders positiv beurteile ich die tiefe Emotionalität, die dieser Roman hervorruft, das absolute Verständnis auf vielen Bewusstseinsebenen und das feinfühlige Ausloten der bestehenden Gefühle. Dadurch bekommt der Leser ein gutes, allumfassendes Gespür, für die Belange der Protagonisten. Selbst eine Wertschätzung der verschiedenen Charaktere bleibt in einem ausgewogenen Verhältnis, denn verstehen kann man beide Seiten und jeder hat seine Fehler und Schwächen. Die Frage der Schuld stellt sich hier nicht wirklich, es ist vielmehr eine Verkettung diverser Umstände, die letztlich in einem Höhepunkt der Dramatik ihr Ende finden. Für mich ein kleiner Minuspunkt in der Bewertung der Lektüre war einerseits das fehlende Frauenbild (Hella ist eine sehr blasse Figur) und anderseits eine klare Aussage. Die aussichtslose Entwicklung befindet sich hier im Detail und weniger als eine Botschaft für die Allgemeinheit. Schreibstil und Ausdruck lassen nichts zu wünschen übrig und es besteht die Möglichkeit dieses Buch zuzuklappen und noch länger über die Geschichte nachzudenken, ein ganz wesentlicher Pluspunkt auf meiner Bewertungsskala.

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Veröffentlicht am 26.05.2020

Zerrissenheit...

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überall, wohin man auch nur blickt - und das mitten in den 1950er Jahren in Paris! Hatten die Menschen damals keine Werte, keine Ideale?

Doch, aber die waren eng getaktet, bzw. hatten das zu sein. Hier ...

überall, wohin man auch nur blickt - und das mitten in den 1950er Jahren in Paris! Hatten die Menschen damals keine Werte, keine Ideale?

Doch, aber die waren eng getaktet, bzw. hatten das zu sein. Hier schreibt der Autor James Baldwin - selbst Afroamerikaner und homosexuell, damit gleich in zweifacher Hinsicht Angehöriger einer Randgruppe - aus der Sicht eines Landsmannes, der allerdings weiß ist. Aber eben homosexuell, was bisher (noch) nicht viele in seinem Umfeld wissen.

Der Protagonist kommt aus wohlhabenden und angesehenen Kreisen und hat auch vor, dorthin zurückzukehren - zusammen mit seiner Zukünftigen, die derzeit durch Südeuropa reist.

Doch dann kommt ihm die Leidenschaft in die Quere - zusammen mit Giovanni, einem jungen Italiener, den er sozusagen auf den ersten Blick erobert, lebt er diese voll aus. Und möchte sich dann wieder abwenden davon, von dieser - so hofft er - temporären jugendlichen Tollheit. Doch der heißblütige Giovanni, der ihm so vieles gegeben hat, vor allem sich selbst in jeder Hinsicht, lässt dies nicht zu. Und als er sich seiner Ohnmacht bewusst wird, passiert ...

Nein, das verrate ich jetzt nicht, das muss sich jeder selbst erlesen. Und sich damit auf den Prüfstand begeben in Bezug darauf, ob und wie gut er das durchsteht. Denn es ist keine leichte Kost, man braucht schon starke Nerven für diese Lektüre. Nicht nur Giovanni gibt so vieles von sich preis, nein, die Helden des Romans, sowohl die Haupt- als auch die Nebenfiguren, sowohl die männlichen als auch die weiblichen (gut, davon gibt es nur eine) stellen sich nicht nur einmal bloß.

James Baldwin hat es 1956, als er diesen Roman verfasste, geschafft, in das Innerste und Tiefste all seiner Protagonisten vorzudringen und alles, was sie eigentlich zu verbergen trachten, offenzulegen. Zunächst einmal natürlich vor uns Lesern, aber ebenso vor den anderen Akteuren des Romans. Und obwohl dies ein Werk ist, in dem Hauen und Stechen eine eher geringe Rolle spielen, könnte man meinen, es wäre ein Thema. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Roman, in dem sich Vieles unterschwellig abspielt, so brutal sein kann! Und das auch noch, obwohl mich das Werk nicht mal ganz in meinem tiefsten Inneren erreichte! Das liegt aber nicht am mangelnden Können des Autors, nein, ganz und gar nicht.

Aber irgendwie fühlte ich mich während der Lektüre doch immer sehr weit entfernt von der Thematik - und daran konnte weder der eindringliche Stil des Autors noch die wunderbare Übersetzung von Miriam Mandelkow etwas ändern!