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Veröffentlicht am 21.12.2018

Ein fesselnder, tiefgründiger Thriller aus der Unterwelt Koreas

Die Plotter
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Un Su Kim – Die Plotter
"Die Zeit hatte es nun einmal an sich, dass sie sich im Kreis drehte und einen prompt in den Arsch biss." Seite 42
Der Koreaner Un Su Kim hat in seinem ersten Thriller „Die Plotter“ ...

Un Su Kim – Die Plotter
"Die Zeit hatte es nun einmal an sich, dass sie sich im Kreis drehte und einen prompt in den Arsch biss." Seite 42
Der Koreaner Un Su Kim hat in seinem ersten Thriller „Die Plotter“ ein ausgeklügeltes System entworfen, in dem Auftragsmorde organisiert werden. Die Plotter sind die Planer und Organisatoren von überwiegend politischen Morden, die Killer sind diesen untergeordnet (jederzeit ersetzbar/eliminierbar) und führen die Morde aus. Ich gehe davon aus, dass dies fiktiv ist, ganz sicher bin ich mir allerdings nicht… Zumindest den Begriff „Plotter“ konnte ich in ähnlichem Zusammenhang nicht finden, was aber nicht heißt, dass es eine solche Organisation nicht tatsächlich gibt. Der Autor ist sehr überzeugend!
Raeseng wurde als Baby in einer Mülltonne entsorgt. Der Bibliothekar Old Raccoon nimmt den Jungen in seiner alten Bibliothek auf. Doch er ist ein Plotter und die Bibliothek geheimer Dreh-und Angelpunkt etlicher Auftragsmörder. Unweigerlich wächst auch Raeseng zu einem Killer heran. Als solcher darf er keinen Fehler machen, denn die Auftraggeber gehen nicht zimperlich mit Leuten wie ihm um. Raeseng hat jedoch ein weiches Herz und als er eines Tages Milde walten lässt und vom vorgegebenen Plan abweicht, gerät er auf die Todesliste.
Mit den ersten Seiten landet man gleich mitten im Geschehen, was einen rasanten Thriller erwarten lässt. Mit der Vermutung liegt man aber nicht ganz richtig. Zumindest die erste Hälfte des Buches passiert nicht so arg viel, die Handlung nimmt erst gegen Ende richtig Fahrt auf. Ich fand allerdings auch den ersten Teil sehr interessant, denn man erfährt viel über Raeseng. Er ist nicht zum Killer geboren, nach jedem Mord geht es ihm schlecht und er trinkt tagelang Bier, bis es ihm wieder besser geht. Kurzfristig steigt er sogar aus seinem Killerdasein aus, um in einer Fabrik zu arbeiten. Doch sieht er in der Organisation so etwas wie eine Familie und kehrt zurück.
Damit wirft der Autor die Frage auf, inwieweit der Mensch von den Umständen, in die er hineingeboren wird, geprägt wird. Wie wichtig Vorbilder sind und ob wir überhaupt eine echte Wahl haben. Raeseng wächst in diesem Milieu auf und identifiziert sich auch irgendwo damit. Auch wenn er durchaus seine Zweifel daran hat.

Beeindruckend fand ich die Effektivität und Herzlosigkeit der beschriebenen Organisation. Auftragsmorde sind eine Sache des Marktes. Wenn der Preis stimmt, wird der Auftrag ausgeführt. Nur für Geld wird gemordet. Andererseits wird der Protagonist nicht als eiskalter, gefühlloser Killer dargestellt, sondern als Mensch mit Ängsten und Gewissensbissen.
Insgesamt ein packender, tiefgründiger Thriller aus der Unterwelt Koreas! Leseempfehlung!


Veröffentlicht am 19.12.2018

Eine wunderschöne Weihnachtsgeschichte

Ferdinand der letzte Weihnachtsdrache
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Audrey Harings – Ferdinand und der letzte Weihnachtsdrache
Eine wunderbare Weihnachtsgeschichte für Kinder über Freundschaft und Magie. Und über die Kraft des Glaubens.
Ferdinand ist ein Drache und zwar ...

Audrey Harings – Ferdinand und der letzte Weihnachtsdrache
Eine wunderbare Weihnachtsgeschichte für Kinder über Freundschaft und Magie. Und über die Kraft des Glaubens.
Ferdinand ist ein Drache und zwar der letzte seiner Art. Seit Jahrhunderten lebt er allein mit drei Eiern verborgen und einsam in einer Höhle. Seine Geschwister in den Eiern kann er alleine nicht ausbrüten, dazu braucht es Magie. Die Kinder müssen wieder an die Weihnachtsdrachen glauben.
Da kommt eines Tages eine freche Fledermaus namens Hugo in die Höhle gepurzelt. Und zusammen sind die beiden mutig genug, die Höhle zu verlassen und sich auf die Suche zu machen.
Ferdinand, Hugo und später noch die Henne Hilde sind ganz süße Charaktere, die man sofort ins Herz schließen muss.
Mit den vielen wunderbaren Illustrationen und der großen, leicht lesbaren Schrift, ist diese Geschichte auch für Leseanfänger bestens geeignet.
Diese Weihnachtsgeschichte werden wir ganz bestimmt auch nächstes Jahr wieder zur Hand nehmen! Große Empfehlung!

Veröffentlicht am 19.12.2018

Island während der Besatzungszeit

Graue Nächte
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Dies ist der dritte Band aus der Reihe um die beiden Ermittler Flovent und Thorson, den man aber problemlos ohne die Vorgängerbände lesen kann.

Island, zur Zeit des Zweiten Weltkrieges: Beinahe zeitgleich ...

Dies ist der dritte Band aus der Reihe um die beiden Ermittler Flovent und Thorson, den man aber problemlos ohne die Vorgängerbände lesen kann.

Island, zur Zeit des Zweiten Weltkrieges: Beinahe zeitgleich tauchen zwei tote Männer auf, die scheinbar beide auf ungeklärte Weise ums Leben kamen. Eine unbekannte Wasserleiche und ein erstochener Soldat. Flovent und Thorson nehmen die Ermittlungen auf und geraten schon bald zwischen die Fronten. Denn das amerikanische Militär, das auf der Insel stationiert ist, hat einen schlechten Stand bei der isländischen Bevölkerung und ist wenig kooperativ. So gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der einheimischen Polizei als schwierig.

Obwohl dies mein erster Krimi von Indridason war, war ich schnell überzeugt vom ruhigen, sachlichen Schreibstil. Das mag daran liegen, dass ich blutige, effektheischende Krimis nicht so gerne mag. Dieser Island-Krimi ist durchaus anspruchsvoll zu lesen und hat damit meinen Geschmack gut getroffen.

Auf den ersten Blick geht der Autor eher sparsam mit Emotionen um, allerdings steckt viel zwischen den Zeilen, finde ich. Eine gewisse Distanz bleibt jedoch bestehen.
Eine nordisch düstere Grundstimmung ist sehr gut getroffen. Besonders interessant finde ich die hochspannende Ausgangssituation, Island zur Zeit der amerikanischen Besatzung, im Kontext der Zeit.
Zusätzlich werden viele Themen eingebunden, wie etwa die Nazis oder das Tabu Homosexualität in der Armee.
Ganz nebenbei erhält der Leser viele Informationen über das damalige Island, mit zahllosen interessanten Fakten.

Von Anfang an gibt es zwei große Handlungsstränge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Indridason streut sehr viele Informationen und Andeutungen, die sich nach und nach wie ein Puzzle zusammensetzen lassen. Das ist wirklich gut gemacht, der Autor versteht sein Handwerk.

Obwohl mich die distanzierte, wenig gefühlsbetonte Erzählweise eigentlich nicht gestört hat, blieben mir doch insbesondere die beiden Kommissare viel zu blass. Hier erfährt man auch kaum Privates.

Im Endeffekt hat für mich das Gesamtpaket dieses Krimis gepasst. Ich habe die Lektüre sehr genossen und kann das Buch gerne weiterempfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Atmosphäre
  • Geschichte
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.12.2018

Wo ist Lenobel?

Bruder und Schwester Lenobel
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Michael Köhlmeier – Bruder und Schwester Lenobel

Eine Familiengeschichte, die den roten Faden doch ab und an verliert.

„Wo ist Robert Lenobel? Ist der Wiener Psychiater wirklich verrückt geworden? Seine ...

Michael Köhlmeier – Bruder und Schwester Lenobel

Eine Familiengeschichte, die den roten Faden doch ab und an verliert.

„Wo ist Robert Lenobel? Ist der Wiener Psychiater wirklich verrückt geworden? Seine Frau Hanna ist ganz sicher. Aber Jetti kennt ihn besser, sie kennt ihn schon immer, sie kennt ihn ein Leben lang – sie ist seine Schwester. Und sie kennt die eigene, sehr ungewöhnliche Familie. In der ist immer mit allem zu rechnen.“ (Klappentext)

Eine Familiengeschichte, die mit dem plötzlichen Verschwinden des Wiener Psychiaters Robert Lenobel, quasi von hinten aufgerollt wird. Beginnend bei Lenobel und seiner Frau, sowie seiner Schwester Jetti, umfasst sie auch noch die Lebensgeschichte der depressiven Mutter und wirft die Frage auf, wie uns Kindheitserlebnisse prägen bzw. unser ganzes Leben beeinflussen können.
Generell spricht Köhlmeier ganz viele hochinteressante Lebensfragen und -weisheiten an.
Er hat einen guten, sehr angenehmen Erzählstil, doch passagenweise wird er immer wieder recht abschweifend und langatmig. Mehrmals hatte ich das Gefühl, er ist von seiner eigenen Geschichte abgekommen, es geht gar nicht mehr darum Lenobel zu finden, oder auch nur zu verstehen, was passiert ist.

Die Protagonisten sind kaum geeignet, sich mit ihnen zu identifizieren, das war aber vermutlich auch nicht die Intention des Autors. Teils sind sie einfach auch zu blass gehalten, als dass der Leser Bindungen zu ihnen aufbauen könnte.

Ein inhaltlich anspruchsvoller Roman, der sich viel mit Psychologie beschäftigt. Auch das jüdische Kulturgut spielt eine Rolle. Gerade die vielen psychologischen Überlegungen fand ich sehr interessant.

Insgesamt also ein besonderer Roman mit unheimlich großem Potential, der dem Leser dennoch einiges an gutem Willen und Durchhaltevermögen abverlangt. Meiner Meinung nach, hätte sich der Autor auf die Hälfte der Seitenzahl beschränken können.

Veröffentlicht am 26.11.2018

Konnte mich leider nicht überzeugen

Dunbar und seine Töchter
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Edward St Aubyn – Dunbar und seine Töchter

"Die kahlen Bäume, die ihre Zweige hysterisch in alle Himmelsrichtungen streckten, erinnerten ihn an Illustrationen des von Krankheit gezeichneten Zentralen ...

Edward St Aubyn – Dunbar und seine Töchter

"Die kahlen Bäume, die ihre Zweige hysterisch in alle Himmelsrichtungen streckten, erinnerten ihn an Illustrationen des von Krankheit gezeichneten Zentralen Nervensystems: Studien des menschlichen Leids, anatomisch exakt dargestellt am Winterhimmel." Seite 44

Hierbei handelt es sich um eine moderne Fassung von Shakespeares König Lear. Vermutlich sollte ich einfach keine Adaptionen von großen Klassikern lesen, mir ist nämlich aufgefallen, dass ich dabei eine recht kritische Herangehensweise habe.
Der Plot ist sehr nahe am Original gehalten, nur dass er der heutigen Zeit angepasst wurde. Natürlich kann man den Roman auch völlig unabhängig lesen, dann aber wäre er mir persönlich zu oberflächlich, irgendwie zu wenig.

Medienmogul Henry Dunbar hat seinen gewaltigen Konzern seinen beiden Töchtern Abigail und Megan übergeben. Nachdem die machtgierigen Töchter ihren Vater in ein Sanatorium verbracht haben, dämmert Dunbar, dass seine Entscheidung möglicherweise falsch war, als er seine dritte geliebte Tochter Florence verstoßen hat. Dunbar beschließt, die Anstalt zu verlassen und irrt schließlich geistig verwirrt durch die Hochmoore und Hügel des Lake District.

Gerade dadurch, dass die Handlung relativ nah am Vorbild orientiert ist, wird allerdings die Entwicklung und der Verlauf sehr vorhersehbar. Man kann das mögen oder nicht, aber wenn man König Lear kennt, erwarten einen keine großen Überraschungen mehr.
Die Übertragung dieses Werkes in unsere Zeit ist ohne Frage interessant und zeigt auf, dass die familiären Verwicklungen, die Shakespeare in seinen Stücken thematisiert, zeitlos sind.

Trotz alledem konnte mich dieser Roman nicht wirklich fesseln. Schließlich wirkte vieles auf mich sehr konstruiert und gewollt. Die Charaktere fand ich zum Teil bösartig und unsympathisch, der nette Teil der Personenbesetzung, wie Florence, blieb mir zu blass. Insgesamt fehlte mir der Zugang zur Geschichte, sowie eine gewisse weitergehende Tiefe der Handlung.