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Veröffentlicht am 15.03.2024

Zu frühe Auflösung im Roman - schade

All die verdammt perfekten Tage
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Finch steht auf dem Glockenturm seiner Schule und überlegt, ob es wohl einen besten Tag zum Sterben gibt. Er hat die Diagnose erhalten, dass er unaufhaltbar sterben wird. Warum dann nicht jetzt? Vielleicht ...

Finch steht auf dem Glockenturm seiner Schule und überlegt, ob es wohl einen besten Tag zum Sterben gibt. Er hat die Diagnose erhalten, dass er unaufhaltbar sterben wird. Warum dann nicht jetzt? Vielleicht ist heute doch der beste Tag dazu, denkt er. Warum sollte er dem Tod die Auswahl des Zeitpunktes überlassen?

Doch dann erblickt er auf dem Mauersimms des Turms Violet. Sie schaut ihm in die Augen und scheint ihn anzuflehen, nicht zu springen.. Aber Finch ist sich gar nicht so sicher, ob sie nicht vielleicht selbst springen. würde. Die Situation ist mehr als verfahren. Zudem scheint Violet Angst vor einem Sturz zu haben. Indem Finch Violet for einem Absturz schützt, schützt sie ihn vor seinem Selbstmord.

Im zweiten Kapitel erfährt der Leser etwas mehr über Violet, die vor einigen Monaten ihre Schwester bei einem Unfall verloren hat, an dem sie sich selbst die Schuld gibt. Außerdem war ihre Schwester zugleich ihre beste Freundin, was den Schmerz besonders tief macht. Violet ist deshalb in Therapie.

In abwechselnden Kapiteln, die jeweils aus der Sicht von Finch oder Violet erzählt werden, erlebt der Leser, wie sich beide behutsam näherkommen und welche Möglichkeiten sie erfahren, ihre Schicksale nicht ihr alltägliches Leben bestimmen zu lassen. Es steuert alles auf eine anrührende Liebe zu. Als beide für den Leser längst sichtbar ineinander verliebt sind, sprechen sie selbst nur von Freundschaft. Als sie von ihrer Liebe ahnen, sprechen sie in Gegenwart ihrer Klassenkameraden und Eltern von Freundschaft.

Jennifer Niven hat die Geschichte aufgebaut wie ein großes Puzzle. Viele Kapitel (deren Überschriften wie eine Tagebuchnotiz wirken), besonders die kleineren, erscheinen wie detaillierte Beobachtungen des ganz normalen Alltags von Jugendlichen. Gespräche über den ersten Kuss, die gestrige Party.

Diese kleinen Details wirken banal. Sie sind es aber angesichts des tragischen Hintergrundes der Schicksale der beiden Protagonisten mitnichten. Sie zeigen, dass das normale Leben weitergeht. Dass es selbst vor der Liebe kein Entrinnen gibt, selbst, wenn ein großes Unheil droht. Die Komposition all dieser Einzelheiten zu einem komplexen Bild einer herzlichen Beziehung zweier junger Menschen macht dieses Buch zu einem wahren Stück Literatur.

Doch leider nicht bis zum Ende des Buches. Das ist sehr schade. Die Auflösung der Geschichte erfolgt viel zu früh. Alles, was danach kommt, ist nicht mehr spannend und liegt an der Grenze zum Sachbuch.

Auch anschließende Adressen zu Selbsthilfegruppen von selbstmordgefährdeten Jugendlichen verstärkt diesen Eindruck. Das wertet den Roman leider ab, der ohne diesen Schluss ein sehr, sehr starker Roman hätte sein können. Doch den erhobenen Zeigefinger ignorierend darf sich der Leser auf eine wunderschöne und unterhaltsame Geschichte freuen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Verzwickter und extrem spannender Plot

Das Echo
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Ein vor sechs Jahren verschwundener Betrüger, ein vor sechs Monaten verhungerter Obdachloser, ein Journalist, der von seinem Chef gedrungen wird, endlich mal wieder eine große Story zu schreiben, die sich ...

Ein vor sechs Jahren verschwundener Betrüger, ein vor sechs Monaten verhungerter Obdachloser, ein Journalist, der von seinem Chef gedrungen wird, endlich mal wieder eine große Story zu schreiben, die sich für die Zeitung lohnt. So könnte man die Eckpunkte dieses Romans der englische Schriftstellerin Minette Walters benennen.

Er beginnt damit das in der Garage der wohlhabenden Architektin Amanda Powell eines Tages ein Stadtstreicher tot aufgefunden wird. Dem ersten Anschein nach ist er verhungert. Merkwürdig ist aber, dass die Architektin die Bestattungskosten für diesen Unbekannten übernimmt. Dies findet besonders der Journalist Michael Deacon, auf der Suche nach einer großen Story. Sein Interesse ist geweckt, um an dem Schicksal des Stadtstreichers dran zu bleiben.

Es dauert nicht lange, da stößt Deacon auf den Ex-Ehemann von Amanda, der vor sechs Jahren nach einem aufgeflogenen Betrugsskandal spurlos verschwunden ist. Hat der verschwundene Ehemann etwas mit dem Obdachlosen zu tun?

Neben dem besonders gut verschachtelten Plot hat mir die Figur des Michael Deacon sehr zugesagt. Er ist keiner der nach Karriere strebenden Journalisten, sondern einfach nur ein besonnener Typ, der eine gute Arbeit abliefern möchte. Vor Jahren ist ihm seine Frau davongelaufen, weshalb es schließlich auch zum Zerwürfnis mit seiner Mutter kam.

Er lebt allein in seiner Wohnung und führt ein einsames Single-Dasein. Doch bei seinen Recherchen trifft er auf den 14jährigen Kerry, der ebenfalls unter den Stadtstreicher lebt. Der Junge ist beeindruckt von dem Respekt, den ihm der ältere Mann zollt. Kerry schließt Deacon schließlich ins Herz. Doch diese Zuneigung ist keine Einbahnstraße. Deacon bietet dem jungen Unterkunft in seiner Wohnung an. Diesem Duo schließt sich letztendlich noch ein Kollege von Deacon an. Dieser Kollege hat irgendwie seine Pubertät verschlafen und verfügt deshalb über eigenartige sexuelle Gelüste. Auch ihm gewährt Deacon Unterkunft seiner Wohnung.

Die Konstellation dieses Dreiergespanns beinhaltet jede Menge Konfliktstoff, andererseits aber auch Grund genug für humorvolle Szenen und Dialoge.

Minette Wolters ist ein schwer zu durchschauender Krimi gelungen. Die Hauptfiguren des Romans sind authentisch und letztendlich sympathisch, auch wenn es sich dabei um Täter handeln sollte. Die Dialoge sind zum Teil humorvoll und es macht Spaß, den Leuten „zuzusehen“, wie sie sich in ihrem Chaos verstricken. In ein lesenswerter Roman.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Ein modernes »Northanger Abbey«

Northanger Abbey
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Die schottische Thrillerautorin Val McDermid hat sich mit »Northanger Abbey« auf ein ganz besonderes Experiment eingelassen und einen Liebesroman geschrieben. Das Genre ist schon ungewöhnlich genug, aber ...

Die schottische Thrillerautorin Val McDermid hat sich mit »Northanger Abbey« auf ein ganz besonderes Experiment eingelassen und einen Liebesroman geschrieben. Das Genre ist schon ungewöhnlich genug, aber noch ungewöhnlicher ist die Tatsache, dass sie einen bestehenden Roman der großen Schriftstellerin Jane Austen in die heute Zeit transformiert hat. Sie hat sich »Northanger Abbey« vorgenommen und neu geschrieben. Dabei aber das 19. Jh. gegen das 21. Jh. ausgetauscht. Herausgekommen ist ein sehr frisch wirkender jugendlicher Liebesroman, der immer noch genügend Auskunft über das gesellschaftliche gebaren der britischen Bevölkerungsschichten gibt. Das Projekt ließe sich auch als „Val McDermid feat. Jane Austen“ nicht besser beschreiben, um es mit heutigen Worten zu sagen.


Catherine Morland, genannt Cat, 17 Jahre, Tochter eines Pfarrers in Dorset, jüngere Schwester von James, lebt in ihrer kleinen, liebevollen Familie. Sie ist das, was heute als Bücherjunkie bezeichnet wird. Sie verschlingt Bücher und lebt auch in ihren Tagträumen in den Geschichten, die sie liest. Vorrangig sind das momentan Vampirromane. Ihre Tagträume lassen die reale Welt mit der virtuellen Welt verschmelzen.

Eines Tages wird sie von den Nachbarn, einem freundlichen kinderlosen Ehepaar namens Allen, zu einem Buchfestival nach Edinburgh eingeladen. Mr Allen fährt seit vielen Jahren jedes Jahr teils geschäftlich dort hin. Dieses Jahr fährt seine Gattin mit und denkt mit der Nachbarstochter Cat an eine nette Begleitung. Cat nimmt die Einladung natürlich an, schließlich kann das nur ein großes Abenteuer werden. Etwas anderes als ein Abenteuer erwartet sie eh nicht vom Leben. Genauso wie in den Geschichten.

Cat gewinnt in Edinburgh neue Freunde, lernt neue Menschen kennen und besonders die Familie Tilney, denen das Anwesen Northanger Abbey gehört., welches etwas außerhalb Edinburghs liegt. Die Tilneys laden Cat dann ihrerseits nach Northanger Abbey ein. Dort muss sie in den alten Gemäuern mit verschlossenen Türen, Gängen und Treppen feststellen, dass irgendetwas mit dieser Familie nicht zu stimmen scheint. Der Tod deren Mutter vor wenigen Jahren erscheint ihr besonders mysteriös.

Val McDermid hat den Stoff von Jane Austen hervorragend umgesetzt und auch die deutsche Übersetzung hat das gängige moderne Vokabular, um der Geschichte einen frischen Anstrich zu geben. SMS, Facebook, Twitter gehören genauso dazu wie aktuelle Buch- und Musiktitel. Die weiblichen Figuren stehen voll im heutigen Leben und lassen nichts vom generösen Staub des 19. Jh., wie es zwangsläufig im Original erscheint, spüren. Gerne bin ich Cat gefolgt, wie sie ihren Weg ins Leben findet und zu dem Schluss gelangt, dass das reale Leben nicht das ihrer Romanhelden ist.

Eine hinreißende, moderne Liebesgeschichte nicht nur für Jugendliche.

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.03.2024

Viel Neufundland, viel Familie, Leichen und Ermittlungen

Two for the Tablelands
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Auch diesen zweiten Kriminalroman von Kevin Major würde ich eher als Roman denn als Krimi bezeichnen. Obwohl es nicht an kriminellen Momenten mangelt und darin ermittelt wird, passt er nicht ganz in das ...

Auch diesen zweiten Kriminalroman von Kevin Major würde ich eher als Roman denn als Krimi bezeichnen. Obwohl es nicht an kriminellen Momenten mangelt und darin ermittelt wird, passt er nicht ganz in das traditionelle Krimigenre. Definitiv bringt er den Lesern sein Neufundland nahe mit vielen Beschreibungen und Anmerkungen über die Landschaft, die Historie und die Menschen, die dort leben.

In den Tablelands von Neufundland gibt es viele Sehenswürdigkeiten: wunderschöne Natur, beeindruckende Felsformationen und – eine Leiche. Sebastian Synard, der nach seinem ersten ungewollten Mordfall eine offizielle Lizenz als Privatdetektiv erhalten hat, stolpert wortwörtlich zusammen mit seinem Sohn bei einer Wanderung über seinen nächsten Fall.

Es wird schnell klar, dass der tote Student ein Mordopfer ist. Allerdings ist Sebastian nicht der Einzige, der an der Aufklärung des Verbrechens interessiert ist: Die Tante des Opfers kommt mit einer vielversprechenden Spur aus Mexiko angereist. Sie ist überzeugt, dass der Stiefvater der Täter sein muss. Sebastian wird so motiviert, den Fall aufzuklären, dass er sofort einen Flug nach Mexiko bucht.

Die Erzählweise von Kevin Major in diesem Roman verhindert, dass es zu einem Krimi wird. Sie ist unterhaltsam und nie eintönig. Die Ermittlungen spielen eher eine Nebenrolle. Dafür rücken sein Sohn und die Region in den Vordergrund.

Kevin Major lässt seinen Erzähler in einem lockeren Plauderton sprechen. Sebastian berichtet von seinem eigenen Leben, seinem Verhältnis zum neuen Freund seiner Ex-Partnerin, seiner Beziehung zu seinem Sohn und den geologischen Besonderheiten der neufundländischen Region. Letzteres hat natürlich mit dem Mordopfer zu tun, der hier Geologie studierte.

Obwohl Sebastian seinen Sohn als Kumpel anspricht, fühlt man sich als Leser auch wie Sebastians Kumpel. Die Eigenschaft des Protagonisten scheint darin zu bestehen, Kumpel zu sein, aber aus der Abneigung gegen den neuen Partner seiner Ex kann, der Detective ist, ist noch keine feste Freundschaft geworden, aber immerhin eine gute Akzeptanz.

Der Mordfall des Geologiestudenten im Wald wird mit großer Kraftanstrengung gelöst, denn obwohl der Protagonist nun eine Ausbildung zum zertifizierten Privatdetektiv hinter sich hat, will man ihm oftmals nicht die Rechte eines Polizisten zugestehen. Außerdem gerät er mehrmals in höchste Gefahr, wenn er den Verbrechern ziemlich nahe kommt. Sogar Sebastian ist als Helfer der Polizei nicht vor weiteren Mordversuchen sicher.

Die Leser dieses Romans »Two for the Tablelands« werden auf sympathische Figuren treffen, sogar die Verbrecher sind so getarnt. Man sollte auf Überraschungen vorbereitet sein, denn was zu Beginn leicht erscheint, entpuppt sich am Ende als völlig anders. Mir hat dieser neufundländische Roman sehr gefallen und ich konnte eine kleine Rückkehr zu einer Region erleben, die ich vor fast einem halben Jahrhundert besucht hatte.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

Veröffentlicht am 05.03.2024

Gedanken zur Gesellschaft und dem Leben

Am Meer
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Erneut möchte ich eine fesselnde Geschichte von Elizabeth Strout, einer erfolgreichen Autorin, vorstellen, die uns mit ihrem Bestseller »Am Meer« in einen idyllischen Küstenort Crosby in Maine entführt. ...

Erneut möchte ich eine fesselnde Geschichte von Elizabeth Strout, einer erfolgreichen Autorin, vorstellen, die uns mit ihrem Bestseller »Am Meer« in einen idyllischen Küstenort Crosby in Maine entführt. In Zeiten der Corona-Pandemie und des Lockdowns sehnten sich viele nach einem Tapetenwechsel, nach neuen Eindrücken und nach der beruhigenden Wirkung des Meeres.Die Schriftstellerin Lucy war zwanzig Jahre mit William verheiratet. Mittlerweile sind sie schon zwanzig Jahre geschieden und waren anderweitig verheiratet. Als Lucys zweiter Mann vor fast einem Jahr verstorben war, fiel sie in ein tiefes Loch.

Dann kam der Virus. Vor lauter Trauer hat Lucy die Wirkung des Virus nicht wirklich wahrgenommen. Aber William war wieder näher an sie heran gerückt und hat sie davon überzeugt, mit ihm in ein kleines Häuschen an einem Ort am Meer zu reisen. Er wollte sie und sich vor dem Virus schützen und den Menschen im überfüllten New York den Rücken kehren.

Lucy dachte, es wäre nur für zwei Wochen, musste dann jedoch feststellen, dass sie in dem kleinen Küstenort in Maine wie in der Isolation lebten, die sie wegen des Lockdowns auch nicht verlassen konnte. Übrigens kennen die Leser der Romane von Elizabeth Strout den Küstenort Crosby bereits. Zumindest aus dem Roman »Die langen Abende« waren sie schon mal hier und müssen sich nicht wundern, dass alte Bekannte wieder die Wege kreuzen.

Hier lernte sie auch die Situation kennen, von den Nachbarn als arrogant als New Yorker angefeindet zu werden. Nun erlebt Lucy also den Blick auf ihre Freunde und ihre Familie aus der Isolation heraus, aus der Ferne. Sie hat Zeit, viel Zeit, über sehr viel nachzudenken.

Es verblüfft mich immer wieder, wie die Schriftstellerin den ganz normalen Alltag so interessant und spannend darzustellen vermag. Sie beobachtet akribisch ihre Umwelt und wahrscheinlich auch sich selbst. Aber das danach, vor allem die kleinsten Gefühle, so detailgetreu darzustellen, dass nahezu jeder Leser sagen kann „Ja, so geht es mir auch“ ist einfach umwerfend.

Die Pulitzer-Preisträgerin Elisabeth Strout hat nicht nur den Blick für das Detail, sie kann diesen auch hervorragend in Worte fassen. Wenn ich solch einen Roman wie diesen lese, stelle ich immer wieder fest, wie wenig sich der eine Mensch von anderen unterscheidet. Ob Amerikanerin oder Deutscher, die Gefühle im Inneren sind die gleichen. Oder andersherum: Wie kann eine amerikanische Schriftstellerin wissen, was ich in Deutschland fühle?

Bei solch einem Erzählstil fühle ich eine tiefe Verbundenheit mit diesem Roman. Ich erhalte wegen des sanften Plaudertons das Gefühl, als würde die Autorin neben mir auf dem Sofa sitzen und von sich erzählen. Sätze wie „Ich hatte noch nie ein Arbeitszimmer gehabt. Für mich allein, meine ich. Nie.“ kommen so schlicht daher, dass man sich einfach angesprochen fühlen muss.

Andererseits war dies mein erster Roman zur Corona-Pandemie. Der zeitliche Abstand dazu war wohl ausreichend, damit ich mich jetzt wieder mit dem Thema befassen konnte. Ich muss sagen, die Beschreibungen der Situationen, sind wohltuend. Nicht hysterisch und schrill, sondern einfach so, wie es wirklich war. Das hat mir sehr gefallen.

Schließlich hat Elisabeth Strout den natürlichen Mikrokosmos zu dieser Zeit genutzt, um die Beziehung der Menschen untereinander unter die Lupe zu nehmen. Denn es geht um Liebe, große Gefühle, Verluste, Ängste, Familie und so viel mehr als nur den Virus.

Besonders geschickt fand ich, dass die Autorin nur sehr, sehr wenig von Corona spricht. Für sie ist es einfach nur der Virus. Der Roman erhält damit so eine Allgemeingültigkeit, die mich beeindruckt. Sollte es in einigen Jahren erneut eine Pandemie geben, würde dieser Roman sicher seine Gültigkeit behalten, denn der Virus ist, wie oben gesagt, nicht der Mittelpunkt sondern nur die Schale.

Dieser Roman von Elizabeth Strout bietet eine wunderbare Flucht in eine ruhige und besinnliche Welt während des Lockdowns. Die vielen Geschichten und Gedanken, die darin enthalten sind, spiegeln auf beeindruckende Weise meine eigenen Gedanken und Gefühle wider, obwohl zwischen der Welt von Strout und mir sicherlich ein großer Unterschied besteht. Es ist erstaunlich, wie sehr wir uns in den Erfahrungen anderer Menschen wiederfinden können. Dieser Roman ist eine Empfehlung für jeden, der sich nicht scheut, den Lockdown anhand eines fiktiven Romans in Erinnerung zu rufen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

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