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Veröffentlicht am 30.10.2023

Neues Meisterwerk des schwedischen Starautoren Alex Schulman

Endstation Malma
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Harriet reist mit ihrem Vater im Zug nach Malma. Oscar reist nach Malma. Und Yana fährt nach Malma mit dem Zug. Dann wird klar, dass es sich um unterschiedliche Zugfahrten zu unterschiedlichen Zeiten handelt, ...

Harriet reist mit ihrem Vater im Zug nach Malma. Oscar reist nach Malma. Und Yana fährt nach Malma mit dem Zug. Dann wird klar, dass es sich um unterschiedliche Zugfahrten zu unterschiedlichen Zeiten handelt, die Protagonisten der Reise jedoch auf tragische, schmerzhaft klebende Weise miteinander und mit Malma verbunden sind. Über drei Generationen stellt Alex Schulman im Rahmen der Zugfahrten nach Malma eine verstrickte Familiengeschichte dar, die ihm typisch die Vererbung von familiären Lasten aufzeigt. Harriet sagt über sich, sie sei „eine Gefangene der Entscheidungen, die andere für sie getroffen hätten und übertrage lediglich das Gift an die nächste Generation“. Verletzungen, Vernachlässigungen, Unterlassungen, Schweigen über Unaussprechliches, emotionale Instabilität gegenüber Kindern mäandrieren durch die Zeit, übertragen sich in die neuen Leben der Kinder und Enkel und kleben an ihren Seelen wie ein Kaugummi des Schicksals. Und immer wieder fragen sich die Eltern neu „Wann hat man ein Kind verloren?“

Ich habe dieses Buch nicht aus der Hand legen können, in einem Atemzug völlig gebannt ausgelesen und jede Seite genossen. Der Schreibstil von Alex Schulman fesselt. Die sphärischen Situationsbeschreibungen lassen mich abtauchen in ein nachvollziehbares, authentisches und emotional aktivierendes Set. Wenn es heißt, ihr Bett ist schmal wie ein Sarg ohne Deckel oder eine zum Fenster hereinfliegende Hummel verbreitet Nervosität unter den Fahrgästen oder ein Kabel bildet zwischen zwei Masten etwas wie ein Lächeln, holt mich diese Sprache wie ein Sog in das Zugabteil. Besonders beeindruckt der Autor - wie auch in den anderen Romanen - mit einer ausgeklügelten Struktur des Plots. Dieser ist in sich dicht und kompakt, so dass mich fasziniert, wie so viel Inhalt auf gut 300 Seiten passt. Gekonnt verwebt der Autor Vergangenheit und Gegenwart auf drei Zeitebenen zu einem Ende, das auflöst, erlöst, erklärt und so fulminant dasteht, dass ich bewegt nach dem letzten Satz zurückbleibe.

Schulman-Fans sollten zugreifen und wer noch keiner ist, wird mit diesem Buch einer werden.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Unberechenbarkeit sprachlich kunstvoll dargestellt

Meine Männer
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Brynhild ist im Jahr 1876 siebzehn Jahre alt als sie brutal misshandelt wird. Sie flieht von Norwegen in die USA und nimmt dort die Identität Belle an. Sie wird zur Serienmörderin.

„Die Abwesenheit einer ...

Brynhild ist im Jahr 1876 siebzehn Jahre alt als sie brutal misshandelt wird. Sie flieht von Norwegen in die USA und nimmt dort die Identität Belle an. Sie wird zur Serienmörderin.

„Die Abwesenheit einer Liebesgeschichte ist auch eine Liebesgeschichte“, so heißt es in diesem Buch. Und ja, erzählt wird der wenig aufwändige Plot rund um die unberechenbare, eisig handelnde Belle, die auf ihre Weise nicht liebt und Gott spielt. „Die langsame Verdammnis, das bleiche Licht der Erlösung.“ Was von Erde genommen, führt Bella der Erde zurück. „Der Tod kam weder mit Gnade noch mit Vergebung.“, denn „niemand ist leicht zu lieben“.

Bizarre menschliche Abgründe werden kunstvoll poetisch dargestellt, hoch sexualisierte Darstellungen weben sich geschickt hinein. Zum Teil schreibt Victoria Kielland so metaphorisch, dass ich beim Lesen innehalten musste, um verarbeiten und mitdenken zu können. Es entsteht ein literarisches Kunstwerk, das trotz Unnahbarkeit eine Nähe zur Protagonistin erzeugt.

Das Buch ist keine leichte Kost, aber sehr lesenswert für alle, die anspruchsvolle Metaphern beim Lesen antreiben.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Einfühlsames Coming of Age

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
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Nach der Scheidung ihrer Eltern lebt die 14-jährige Katha mit Mutter und Schwester Nadine allein in einer neuen Stadt. Nadine rebelliert, ist aufmüpfig und zieht die Aufmerksamkeit aller auf sich. Katha ...

Nach der Scheidung ihrer Eltern lebt die 14-jährige Katha mit Mutter und Schwester Nadine allein in einer neuen Stadt. Nadine rebelliert, ist aufmüpfig und zieht die Aufmerksamkeit aller auf sich. Katha selbst hat gelernt, sich selbst zurück zu halten und es lieber allen recht zu machen. Als Katha Angelica, die Mutter einer Freundin, kennenlernt, fühlt sie sich zu ihr hingezogen. Angelica lebt so, wie sie es für richtig hält und wird ein Leitbild für Katha. Als Angelica schwer krank wird, gerät Kathas Welt ins Wanken.

Einfühlsam und wortgewandt stellt Sina Scherzant die Welt der heranwachsenden Katha dar. Behutsam gerate ich als Leserin in die schwierige Zeit des jungen Mädchens und kann auf ganz authentische Weise der Gefühlswelt mit allen Veränderungen folgen. Deutlich wird, was Katha denkt, wenn sie schreibt „ Alle waren überfordert. Überfordert mit mir.“ Katha, als selbst ernannte Lebenshandwerkerin, ist mir durch die glaubhafte Darstellung und den geschickten Wortwitz der Autorin ans Herz gewachsen.

Dieses Buch ist ein Werk für alle, die ein Interesse an Coming-of-Age-Literatur haben und nicht müde werden wollen, junge Menschen beim Heranwachsen verstehen zu lernen.

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Veröffentlicht am 07.09.2023

Moderne Parabel

Hinter der Hecke die Welt
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Ein Dorf hat Angst vor dem Verschwinden und legt sich Strategien zurecht, das Verschwinden aufzuhalten. Das Pflegen der großen Hecke, das Erhalten des Leerstandes, Unkraut in Bann halten, die Gestaltung ...

Ein Dorf hat Angst vor dem Verschwinden und legt sich Strategien zurecht, das Verschwinden aufzuhalten. Das Pflegen der großen Hecke, das Erhalten des Leerstandes, Unkraut in Bann halten, die Gestaltung des Dorfkreisels und immer auf die Dorfkasse achten. Die Kinder des Dorfes, Pina und Lobo, haben aufgehört zu wachsen und werden deshalb regelmäßig von Spezialisten untersucht. Über die Hecke wird erzählt, dass sie das Überbleibsel eines großen Labyrinths war und dass „wer dem nicht entkam“ selbst zur Hecke wurde. Trotz der großen Touristenmagnete Hecke und Dorfmuseum kann das Dorf das Auslöschen seiner selbst nicht aufhalten.

In einem zweiten Erzählstrang wird von Dora berichtet, Pinas Mutter, die auf einem Forschungsschiff in der Arktis ist. Es wird geforscht und erkundet, ermittelt und recherchiert. Mittels Bohrkernen will man die Vergangenheit ausfahnden, während das Eis der Arktis sichtbar schmilzt. In den Weiten des arktischen Meeres sehnt sich Dora nach ihrem Dorf.

Verschwinden wird zum zentralen Gegenstand dieser modernen Parabel. Die Wärme der Menschen verschwindet, Häuser verschwinden, Gäste in der Pension verschwinden. Festhalten am Alten und Wahren des Bewährten im Kleinen führt zu Stillstand und Rückbau, während das große Ganze zerrinnt.

Das Buch liest sich flüssig und schnell, obwohl der Plot schwach ist. Die poetische Sprache sowie die wirklich guten Metaphern ließen mich die Geschichte nicht aus der Hand legen. Die im Kopf entstandenen Bilder bleiben auch nach dem Lesen erhalten und lassen mich nachdenklich und betroffen zurück. Ein sehr kunstvolles Buch.

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Veröffentlicht am 07.09.2023

Gemäßigter Thriller

Eine glückliche Familie
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Beth wurde im Alter von 10 Jahren von ihrer Mutter verlassen, als diese spurlos verschwand. Und Beth hat eine eigene Leiche im Keller. Als sie selbst Kinder und Familie hat, 30 Jahre später, steht plötzlich ...

Beth wurde im Alter von 10 Jahren von ihrer Mutter verlassen, als diese spurlos verschwand. Und Beth hat eine eigene Leiche im Keller. Als sie selbst Kinder und Familie hat, 30 Jahre später, steht plötzlich eine Frau vor ihr, die sich als ihre Mutter ausgibt. Aus dieser Sachlage entspinnt Jackie Kabler einen eher leichten Thriller, mehr ein wendungsreiches Drama.

Typischerweise dachte ich beim Lesen bis zum Schluss, ich wüsste wie die Story endet und wurde dann doch eines besseren belehrt. Aber spektakulär war das nicht, eher gemäßigt und slowly. Die Twists streckten sich auf den letzten Seiten, ein bisschen sanft und gummihaft, perfekt für Sommer, Sonne und Strand.

Auch wenn dieser Psychothriller weniger spannend ist, kann er Freunden des Genres gefallen, die auf gemäßigten Kitzel stehen. So als seichte Lektüre, vielleicht im Urlaub, am Rande - das kann ich mir gut vorstellen.

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