Ein Strudel der Emotionen
Norwegen, Mitte des 19. Jahrhunderts. Die junge Brynhild wächst in bescheidenen Verhältnissen auf. In dem schönen Mädchen mit den strahlend blauen Augen brodelt eine kaum zu bändigende Leidenschaft, die ...
Norwegen, Mitte des 19. Jahrhunderts. Die junge Brynhild wächst in bescheidenen Verhältnissen auf. In dem schönen Mädchen mit den strahlend blauen Augen brodelt eine kaum zu bändigende Leidenschaft, die glühende Sehnsucht nach der Liebe eines Mannes. Ihre Anstellung als Magd auf einem Bauernhof und die Liaison mit dem Erben endet tief traumatisch und sät einen zerstörerischen Keim in der 17jährigen, den sie nicht mehr loswerden wird. Einer Flucht gleich verschlägt es Brynhild nach Amerika, das Land der vielen Möglichkeiten, sie heiratet einen guten Mann, baut sich eine Familie auf, kann den Schein des bürgerlichen Lebens auch für sich selbst wahren, zu Beginn. Doch das dunkle Wesen in Bella, wie sie sich jetzt nennt, lässt sich nicht fesseln, zu stark wuchert bereits die feste Gewissheit in ihrem Inneren, unzulänglich zu sein und wahrer Liebe, echten Glücks nicht wert. „Bedingungslose Liebe existierte nicht. Alles hatte Forderungen und Grenzen, alles hatte Formen, die irgendwann barsten und brachen (…) und jetzt wartete Bella auf das Zurückweichen von allem anderen, den unsichtbaren Verrat, auf Mads' eigentliches Gesicht.“ (S. 75) Kinder sterben, das war damals nicht unüblich, dann sterben die Männer in ihrem Umfeld. Erst Mads, dann auch Peder, Ehemann Nr. 2. Über Kontaktanzeigen finden sich immer neue Männer, die bereit sind, all ihr Hab und Gut gleich mitzubringen, gutgläubige Männer, die lieben und vertrauen möchten - und Bella möchte es ja auch, sie glaubt ganz fest daran, dieses mal wird es klappen - und ihr Verderben in den Armen einer zutiefst gebrochenen Frau finden.
Was für ein Buch, was für eine übersprudelnde, pulsierende Sprache, welch eine literarische Entdeckung! Victoria Kielland hat mit „Meine Männer“ ein großes Highlight für mich vorgelegt und nicht nur für mich. Ausgezeichnet mit verschiedenen norwegischen Preisen hat der Roman seinen Weg in die Welt bereits gefunden, der Tropen Verlag hat ihn nicht weniger preisverdächtig von Elke Ranzinger ins Deutsche übersetzen lassen. Lest dieses Buch, wenn ihr euch von der klassischen Erzählform lösen und auf etwas Unkonventionelles einlassen, in einer sinnlich-poetischen Sprache verlieren mögt, die vieles andeutet und der eigenen Phantasie überlässt. Taucht tief ein in einen Strudel der Emotionen, in die aufgewühlte Psyche der „Schwarzen Witwe“, Amerikas erster Serienmörderin.
„Da saß Belle mit ihren winzigen Bewegungen, - ich sehne mich danach, dich kennenzulernen. Ein Schaudern durchfuhr sie. Mal um Mal glitt die Zunge über einen neuen Umschlag, Zittern, das Stück flehende Haut, das sich nur an sie lehnen wollte. Die Zunge leckte den letzten Rand, sie spürte in sich Gottes Licht, das schwache Wogen, für das es keine Worte gab. Die Wahrheit war stark wie die Lüge, sie wusste nicht mehr, wo das eine begann und das andere aufhörte, das Gefühl war jedes Mal gleich heftig, die Wärme in der Brust, ihre Sätze auf dem Papier, der Beckenkamm am Hüftgelenk, - es gibt keine glücklichere Frau als mich jetzt.“ S.157