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Veröffentlicht am 20.06.2019

Einen Einzeltäter kannst du besiegen. Aber dein eigenes Dezernat besiegen, das ist etwas ganz anderes.

Gefrorener Schrei
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Bei Tana Frenchs „Gefrorener Schrei“ handelt es sich um den sechsten Band ihrer Reihe rund um das Dubliner Morddezernat, Dublin-Murder-Squad. Das Buch ist im Dezember 2016 bei Fischer Scherz erschienen ...

Bei Tana Frenchs „Gefrorener Schrei“ handelt es sich um den sechsten Band ihrer Reihe rund um das Dubliner Morddezernat, Dublin-Murder-Squad. Das Buch ist im Dezember 2016 bei Fischer Scherz erschienen und umfasst 653 Seiten.
Am Ende ihrer Nachtschicht erhält das Ermittlerpaar Antoinette Conway und Stephen Moran einen neuen Fall, der ihnen von ihrem Chef, O’Kelly, höchstpersönlich zugeteilt wird: Die junge, hübsche Aislinn Murray wurde tot in ihrem Haus aufgefunden, der Tisch für ein romantisches Dinner gedeckt. Was anfangs wie eine einfache Beziehungstat anmutet, entpuppt sich nach und nach als vielschichtiger und komplizierter. Was erschwerend hinzukommt: Antoinette hat das Gefühl, als wolle jemand ihre Ermittlungsarbeiten torpedieren. Wem kann sie noch trauen?
Der Roman ist, trotz einiger langatmiger Stellen gerade zu Beginn, von Anfang bis Ende spannend zu lesen. Der Plot ist vielschichtig und hintergründig konstruiert; auch wenn ich ziemlich rasch ahnte, worauf der Fall und seine Lösung hinauslaufen werden, war es äußerst interessant, die Zusammenhänge am Ende zu ergründen und mitzuverfolgen.
Das Buch ist durchzogen von aktuellen Themen wie Mobbing (am Arbeitsplatz), Glaubhaftigkeit der Polizei, Kritik an den Medien und Stalking.
Gerade der erste Punkt regt sehr zum Nachdenken an. Die Protagonistin selbst sieht sich im Laufe der Ermittlungen mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, von Feinden umgeben, sich selbst über weite Strecken als Opfer und traut nicht einmal ihrem Partner mehr. Dass am Ende, ohne dass alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist, diese Ansichten zum Teil ins rechte Licht gerückt werden, verleiht der Handlung Authentizität. Es ist doch nicht alles so, wie es auf den ersten Blick scheint, die Welt ist eben schwer zu durchschauen. Dieses besagt auch die Auflösung des Falls: Manchmal ist es einfach nötig, den einengenden Tunnelblick zu verlassen und sich auf neue Perspektiven sowie Möglichkeiten einzulassen.
Dass French ihr Handwerk auch sprachlich beherrscht, zeigt das breite Spektrum ihres Stils. Die Ich-Perspektive im Präsens erleichtert die Identifikation mit Antoinette, man hat während des Lesens fast das Gefühl, als plaudere sie mit den Leserinnen und die Sprache ist daher eher umgangssprachlich, an einigen Stellen fast schon vulgär, sprich authentisch. Auf der anderen Seite gibt es, wenn die Autorin z.B. das Dezernat ausmalt, Stellen poetischer Beschreibungen: „Der Soko-Raum wirkt unsicher und bedroht, ein Schiff auf unruhiger See …“. Liest man wiederum die Vernehmungen durch die Kommissarin und ihren Kollegen, Breslin, hat man das Gefühl, live dabei zu sein, muss an einigen Stellen sogar schmunzeln.
Tana French präsentiert mit „Gefrorener Schrei“ einen spannenden, vielschichtigen und psychologisch interessanten Roman, der Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht. Gepaart mit der sprachlichen Leistung ist es ein Buch, an dem alle Liebhaber
innen spannungsgeladener Literatur ihre wahre Freude haben werden. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 16.06.2019

„Ann Kathrin ist es egal, wer unter ihr Chef ist.“ (Hauptkommissar Rupert)

Ostfriesenfluch
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Mit „Ostfriesenfluch“ präsentiert Klaus-Peter Wolf Ann Kathrin Klaasens zwölften Fall; dieser Band ist im Februar 2018 als FISCHER Taschenbuch erschienen und umfasst 512 Seiten.
Eingesperrt in einem Erdloch. ...

Mit „Ostfriesenfluch“ präsentiert Klaus-Peter Wolf Ann Kathrin Klaasens zwölften Fall; dieser Band ist im Februar 2018 als FISCHER Taschenbuch erschienen und umfasst 512 Seiten.
Eingesperrt in einem Erdloch. So fristen die Frauen ihr Dasein. Niemand scheint sie zu vermissen – bis eines Tages eine von ihnen nackt und erschossen an einem Rapsfeld gefunden wird. Die Ermittlungen kommen in Gang, und es stellt sich Frage: Was will der Entführer bezwecken? Lösegeld fordert er jedenfalls nicht, stattdessen schickt er Pakete mit ihrer Kleidung an Bekannte. Eine Jagd quer durch Ostfriesland beginnt, und die Zeit scheint den Ermittler/innen davonzulaufen.
Wie immer schafft es Klaus-Peter Wolf, den Spannungslevel von Anfang bis Ende aufrechtzuerhalten. Überraschende Wendungen, da scheint der Täter entlarvt worden zu sein, entpuppt sich aber als der falsche, und Up and Downs während der Ermittlungsarbeiten sowie im Leben der Protagonisten lassen Leserinnen und Leser kaum zur Ruhe kommen. Die Arbeit am Kriminalfall wird immer wieder unterbrochen durch Schilderungen der Gefangenschaft der Opfer, die bei den Lesenden Beklemmung hervorrufen. Durch den Perspektivwechsel zum Täter, über dessen wahre Identität man lange im Unklaren bleibt, wird ein guter Einblick in dessen Psyche geboten. Auch ist dessen Verzweiflung, als ihm alles entgleitet, zum Greifen nah. Sein Motiv ist aus dessen Sicht zwar nachvollziehbar, erschien mir beim Lesen aber leider als etwas abgedroschen.
Auch das Privatleben des Paares Klaasen/Weller kommt wieder einmal nicht zu kurz. Kaum scheint Ann Kathrin sich ein wenig gefangen zu haben, ziehen wieder einmal dunkle Wolken auf dem Horizont auf, dieses Mal in Bezug auf ihre Gesundheit. Ihre Art, auch zusammen mit Weller, Verdächtige zu vernehmen, ist wiederum faszinierend zu lesen und zeigt, warum sie als Vernehmungsexpertin gilt. Ihre Alleingänge beweisen, dass sie jenseits aller Konventionen eine gute Ermittlerin ist. Trotz der Bezüge zu den Vorgängerbänden sind Zusammenhänge auch ohne deren Kenntnis verständlich, flechtet Wolf doch alles Wissenswertes in die aktuellen Ereignisse ein.
Erneut ist auch dieser Band durchzogen von humoristischen Einlagen. Der Humor driftet zwar ab und an ins Slapstickhafte ab, was ansonsten nicht meinem Geschmack entspricht, auch an Rupert, der vor allem durch seine selbstüberschätzenden und derben Bemerkungen für die komischen Elemente sorgt, mögen sich die Geister scheiden, alles in allem musste ich allerdings beim Lesen mehrmals laut auflachen. Hier wird m.E. ersichtlich, dass der Autor eben ein echtes Kind des Ruhrpotts ist.
Sprachlich lässt sich auch dieser Teil flüssig und flott lesen, ohne dass an die Leser/innen besondere Ansprüche gestellt werden.
Das Cover, das Strandkörbe zeigt, versprüht Lokalkolorit, welches ich während des Lesens dieses Mal allerdings ein wenig vermisst habe, und passt daher gut zu der Reihe.
Mein Fazit: Ein weiteres Mal sorgt Klaus-Peter Wolf mit diesem Krimi für spannende, rasante und lustige Unterhaltung, er sollte jedoch aufpassen, dass er, was den Humor betrifft, den Bogen nicht überspannt. Für Fans dieser Ostfriesen-Reihe ein Muss, für alle anderen Krimileser/innen gibt es von mir mit dreieinhalb von fünf Punkten eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.06.2019

„Victor Hugo ist ermordet worden.“

Cyrus Doyle und der dunkle Tod
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Zum vierten Mal schon ermittelt Cyrus Doyle in „Cyrus Doyle und der dunkle Tod“ auf der britischen Kanalinsel Guernsey. Dieser 352-seitige Band ist im April 2019 im Aufbau Taschenbuch erschienen.
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Zum vierten Mal schon ermittelt Cyrus Doyle in „Cyrus Doyle und der dunkle Tod“ auf der britischen Kanalinsel Guernsey. Dieser 352-seitige Band ist im April 2019 im Aufbau Taschenbuch erschienen.
Während eines internationalen Victor Hugo-Symposiums wird ein Double dieses Schriftstellers im Rahmen einer Kinovorstellung erschossen. Gleich zu Beginn stellt sich die Frage: Galt das Attentat wirklich dem Opfer? Schließlich wurden vor Beginn des Films die Sitzplätze getauscht. Gemeinsam mit seiner Kollegin Pat macht Cyrus Doyle sich daran, den Fall zu lösen, was die beiden tief in die Vergangenheit Guernseys führt …
Obgleich dieses der erste Band dieser Krimireihe ist, den ich gelesen habe, war ich von Anfang an mitten im Geschehen angekommen. Jan Lucas gelingt es geschickt, alle wichtigen Informationen aus den vorangegangenen Bänden so in den aktuellen Fall einzubauen, dass auch Neueinsteiger/innen in die Reihe dem Geschehen problemlos folgen können.
Der Fall an sich ist interessant konstruiert, durch neu auftauchende Motive sowie Verdächtige und überraschende Wendungen wir die Aufmerksamkeit der Lesenden aufrechterhalten. Das Spannungslevel ist, abgesehen von einer Durststrecke im Mittelteil, eher gleichbleibend, aber permanent vorhanden. Die Auflösung am Ende überrascht, ist jedoch logisch nachvollziehbar.
Die Faszination dieses Buches liegt zum einen in der atemberaubenden Kulisse und zum anderen in der Sympathie, die von den Ermittelnden ausgeht.
Neben Landschaftsbildern bringt Lucas vor allem zwei historische Ereignisse aufs Tapet, die für die Geschichte dieser britischen Insel bis heute von Belang sind: Von 1856 bis 1870 lebte Victor Hugo im Exil auf dieser Insel, und noch heute kann man seine damalige Wohnstätte, Hauteville House, besichtigen. Überbleibsel der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs schließlich prägen noch heute dieses Eiland. Beide Ereignisse spielen in diesem Roman eine Rolle, und Lesende erfahren hier im Nebenbei viel Wissenswertes. In einem Nachwort erläutert Lucas knapp die historischen Hintergründe, und mich selbst haben diese Informationen dazu veranlasst, mich darüber hinaus ein wenig kundig zu machen. Zwei kleine Landkarten zu Beginn des Textes helfen, die Wege, die die Ermittler/innen auf der Insel zurücklegen, mitzuverfolgen.
Cyrus Doyle und seine Kollegin, Pat Holburn, sind ein wirklich sympathisches Ermittlerteam. Private Ereignisse im Leben der beiden lassen sie menschlich und realitätsnah erscheinen. Hier gibt es keine „Superbullen“, sondern Menschen wie du und ich. Ein wenig gestört hat mich allerdings im Laufe des Lesens, dass die gescheiterte Liebesbeziehung zwischen Cyrus und Pat doch teilweise recht großen Raum einnahm, was das Lesen gerade im Mittelteil etwas langatmig erscheinen ließ.
Das Cover, das einen Yachthafen vor der Silhouette der Insel zeigt, ist farblich harmonisch und sehr ansprechend gestaltet, versprüht also sowohl Insel- als auch Urlaubsflair. Es macht auf jeden Fall Lust, das Buch in die Hand zu nehmen.
Alles in allem handelt es sich bei Jan Lucas‘ „Cyrus Doyle und der dunkle Tod“ um einen Kriminalroman, der unblutig daherkommt und seinen Reiz weniger aus der Spannung, als vielmehr aus dem wirklich wunderschönen Ambiente und der Historie schöpft. Für Freund/innen solider Kriminalliteratur eine auf jeden Fall empfehlenswerte Lektüre und für mich ein Anreiz, mir bei Gelegenheit auch die Vorgängerbände zu Gemüte zu führen.

Veröffentlicht am 14.06.2019

Wenn zwei Welten aufeinanderprallen.

Die Kollision
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Sieben Tage will Leia Laine mit ihrer Schwester Ripsa auf einem unerhört luxuriösen Kreuzfahrtschiff auf dem Mittelmeer verbringen. Doch die Fahrt steht unter keinem guten Stern: Ein mulmiges Gefühl begleitet ...

Sieben Tage will Leia Laine mit ihrer Schwester Ripsa auf einem unerhört luxuriösen Kreuzfahrtschiff auf dem Mittelmeer verbringen. Doch die Fahrt steht unter keinem guten Stern: Ein mulmiges Gefühl begleitet die Reisende, angestachelt durch viele kleine Ungereimtheiten und Zwistigkeiten.
Zeitgleich ist die elfjährige Almira mit ihren Eltern auf einem kleinen Flüchtlingsboot in derselben Gegend unterwegs. Während auf dem Luxusdampfer das Leben gefeiert wird, spielt sich hier ein Kampf um Leben und Tod ab.
Als die beiden Welten aufeinanderstoßen, droht Leias Leben zu zerbrechen.
Der 544-seitige Thriller „Die Kollision“ von Pauliina Susi ist im Mai 2019 bei dtv Premium erschienen.
Die Genrezuordnung „Thriller“ trifft meiner Meinung nach nur bedingt zu: Zwar durchzieht den Roman ein subtiler Spannungsbogen, der vor allem aus Leias Gefühl, verfolgt zu werden, und dem Konfliktpotenzial zwischen den Schwestern basiert, auch am Ende, als sich die Ereignisse auf dem Luxusschiff überschlagen, wird er noch einmal aufgenommen, aber insgesamt dominieren politische, sozial- und gesellschaftskritische Themen. Diese sind dann zweifellos prägnant und eindrucksvoll geschildert. Schonungslos beschreibt die Autorin die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen auf einem Kreuzfahrtschiff, und der immer wiederkehrende Perspektivwechsel zwischen Flüchtlingsboot und Kreuzfahrt lässt den Gegensatz zwischen unserem doch eher sorglosen Leben im friedlichen Europa und dem Kriegselend in anderen Teilen der Welt umso frappierender erscheinen. Aber auch der wiedererstarkende Rechtsradikalismus, die Rolle der Medien und unsere manchmal eher niveaulose Freizeitgestaltung werden kritisch hinterfragt – um hier nur einen Teil der Gesellschaftskritik zu nennen.
Der Roman spielt auf mehreren Ebenen und ist entsprechend recht komplex: Neben den Ereignissen im Mittelmeer werden auch immer wieder kleinere Abschnitte eingestreut, welche die aktuellen Ereignisse in Finnland wiedergeben, in die auch Leias Tochter Viivi involviert ist. Auf der einen Seite sorgen diese für Spannung, da man als Leser*in immer wieder versucht, Zusammenhänge zu ergründen, auf der anderen Seite erschienen sie mir aber bis zum Ende stets etwas schwer verständlich. Hier wäre es wohl gut, Susis ersten Roman, „Das Fenster“, gelesen zu haben, da offenbar Bezug darauf genommen wird.
Ist die Spannung im ersten Teil des Romans eher subtil, ist das Ende von mehr „Action“ geprägt. Normalerweise gefällt mir ein fulminantes Ende, doch hat es mich in diesem Fall irritiert, da es den guten Gesamteindruck des ersten Teils sowie seine kritischen Aspekte in den Hintergrund treten lässt und recht oberflächlich daherkommt.
Die Charaktere sind nicht leicht zu durchschauen, zum großen Teil jedoch recht realitätsnah und vielschichtig gezeichnet. Insbesondere Leia ist widersprüchlich dargestellt. Auf der einen Seite durchschaut sie die Machenschaften der Gesellschaft, auf der anderen Seite kann sie dem Sog, der die „heile Welt“ auf uns ausübt, nicht widerstehen. Auch wenn die Figur selbst etwas naiv und unaufrichtig erscheint, konnte ich in ihr nicht nur mich, sondern auch unsere Gesellschaft wiederentdecken.
Ansprechend fand ich beim Lesen Susis Sprache, die flüssig zu lesen ist. Hervorgehoben sei, dass es der Autorin gut gelingt, die unterschiedlichen Handlungsebenen auch sprachlich voneinander abzugrenzen, indem sie z.B. Viivi einen eher flapsigen Ton anschlagen lässt. Lediglich die doch sehr zahlreichen Interjektionen und Wortmalereien wie „ka-wumm“ etc. wirkten auf mich von Zeit zu Zeit störend und erinnern an Comics.
Insgesamt handelt es sich bei „Die Kollision“ um ein lesenswertes Buch mit zahlreichen aktuellen Themen, das auch vor einer harschen Gesellschaftskritik nicht zurückschreckt. Aus dieser Warte ist es wirklich ein Gewinn, es zu lesen. Meine Ansprüche an die Thrillerliteratur konnte es indes nicht erfüllen.
Sehr herzlich bedanke ich mich beim Verlag für die Zurverfügungstellung dieses Leseexemplars.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Wer hat Interesse daran, die Arbeit des Regenbogen-Vereins zu torpedieren?

OstfriesenKiller
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Klaus-Peter Wolfs „Ostfriesenkiller“ bildet den Auftakt zu seiner Krimiserie rund um die Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen.
Eine Mordserie hält das ostfriesische Norden in Atem und schlägt bundesweit Wellen: ...

Klaus-Peter Wolfs „Ostfriesenkiller“ bildet den Auftakt zu seiner Krimiserie rund um die Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen.
Eine Mordserie hält das ostfriesische Norden in Atem und schlägt bundesweit Wellen: Vier Mitglieder des Vereins „Regenbogen“, der sich um die Belange behinderter Menschen kümmert, werden ermordet. Wer hat Interesse daran, sich der Arbeit des Vereins in den Weg zu stellen? Ann Kathrin Klaasen, die zeitgleich mit dem Zusammenbruch ihrer Ehe zu kämpfen hat, macht sich auf die Suche nach dem Täter.
Um es vorweg zu sagen: Eigentlich lese ich die Bücher aus dieser Serie gern, vereinigen sie doch Lokalkolorit, Spannung und interessante Fälle in sich. Wäre dieses jedoch der erste Band gewesen, den ich gelesen hätte, hätte ich diese Reihe wohl nicht weiter verfolgt.
Sprachlich lässt sich dieser Roman wieder einmal gut und flüssig lesen, auch dem Inhalt zu folgen, sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Ansprechend ist außerdem das Cover, das gleich ein Nordsee-Flair versprüht.
Die Charaktere indes bleiben, im Gegensatz zu den Nachfolgebänden, eher blass. Einzig Ann Kathrin wird recht ausführlich dargestellt, jedoch erscheint sie mir hier nicht sehr sympathisch. Sie sieht zwar ein, dass sie in Bezug auf ihre Ehe Fehler gemacht hat, doch suhlt sie sich in Selbstmitleid, was teils ihre Arbeit behindert. Zudem fehlt es ihr einfach an Distanz und ihr unterlaufen während der Arbeit am Fall solch gravierende Fehler, dass sie zwar gezwungen wird, ihren Urlaub zu nehmen, dann wird sie aber halblegal zurück ins Team geholt, um den Fall abzuschließen. Dieses ging mir beim Lesen dann zu sehr an der Realität vorbei.
Beim Lesen hat man immer wieder den Eindruck, als wolle Wolf eine Lanze für die Behinderten und unseren Umgang mit ihnen brechen, was mir sehr zusagt und ihm teilweise auch gelingt, wenn er Mobbing, Ausbeutung und fehlende öffentliche Unterstützung anprangert. Teils gelingt es ihm auch auf ergreifende Weise, Mitleid bei den Lesenden zu erregen. Leider macht der Autor diese Ansätze zunichte, betrachtet man daraufhin Sylvia, eine mental retardierte junge Frau, genauer, die durchaus fähig zu sein scheint, perfide Pläne zu schmieden, und deren Intelligenzminderung eher eine Gefahr darstellt.
Latent ist eine Spannung während des Lesens zu spüren, doch hat es der Verfasser verpasst, durch wechselnde Motive und überraschende Elemente einen Spannungsbogen zu konstruieren, der Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht. Die Passagen, in denen die Hauptkommissarin über ihre Ehe und ihren Vater nachdenkt, ohne auch nur ansatzweise zu einer Lösung zu kommen, sorgen darüber hinaus für Langatmigkeit.
Insgesamt bin ich von „Ostfriesenkiller“ enttäuscht, und das Buch hinterlässt bei mir, gerade was auch seinen Inhalt betrifft, einen negativen Eindruck. Lediglich die gute Lesbarkeit und die zum Teil mitleiderregende Darstellung der behinderten Menschen animieren mich dazu, diesem Buch dann doch zwei Sterne zu geben. Möchte sich jemand mit dieser Ostfriesenreihe bekannt machen, sollte er oder sie lieber zu einem der Nachfolgebände greifen, die einfach mehr Lokalkolorit, Spannung und ausgefeiltere Charaktere bieten.