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Veröffentlicht am 07.01.2023

Humorvoller Märchenmix

Chaos im Märchenhimmel
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Inhalt:


Eines haben das Zündholzmädchen, Zoe, das Mädchen mit dem Sternenhemdchen, Talia und die kleine Meerjungfrau, Moyra, gemeinsam: Sie waren grausam zu Tode gekommen. Doch Gevatter Tod konnte diese ...

Inhalt:


Eines haben das Zündholzmädchen, Zoe, das Mädchen mit dem Sternenhemdchen, Talia und die kleine Meerjungfrau, Moyra, gemeinsam: Sie waren grausam zu Tode gekommen. Doch Gevatter Tod konnte diese drei Damen, in denen noch ein kleines bisschen Schicksal und Vorhersehung steckt, nicht einfach ins Totenreich übergehen lassen. Er hat sich ihrer vielmehr als Ziehvater angenommen. Die drei Mädchen, das musste der alte Herr bald feststellen, sind allerdings schwerer zu betreuen als ein Sack voll Flöhe. Ständig streiten, zoffen und ärgern sie sich. Das muss ein Ende haben, beschließt der Gevatter.

Ein Plan ist schnell gefasst. Die Mädchen sollen für eine Weile zusammenarbeiten, seinen Job übernehmen und die Seelen der Verstorbenen einsammeln. Doch einer muss auf sie aufpassen. Geeignet scheint sein kleiner Begleiter, die vorlaute Ratte Ray.

Moyra, Talia und Zoe sind überhaupt nicht begeistert, als der Gevatter ihnen ihre neue Aufgabe präsentiert. Ganz zu schweigen von Ray, der so gar keine Lust hat, die drei Streithähne zu überwachen. Doch alles Zetern hilft nichts. Kurz darauf befinden die Mädchen sich im Märchenland und sollen sich um Schneewittchen, die Opfer eines Mordversuchs werden wird, kümmern. Doch anstatt sich Gedanken um die Seele der jungen Frau zu machen, beschließen die Mädchen, dem Schicksal ins Handwerk zu fuschen, da sie nicht einfach zuschauen wollen, wie Schneewittchen getötet wird. Sie schmieden einen Rettungsplan.

Damit durchkreuzen sie das große kosmische Wechselspiel: Die Toten dürfen nie in die Welt der Lebenden eingreifen, um eine Seele zu retten. Während Ray also unter Fluchen und Schimpfen alles zu tun hat, um die Mädchen an bestehende Regeln zu erinnern, lernen diese auf ihrem Kurztrip neben einem ziemlich naiven Schneewittchen, das einfach nicht aus seinen Fehlern lernen möchte, auch noch drei böse Wölfe kennen. Und die sind ebenfalls auf der Suche nach einer Seele, die sie jedoch für ihre eigenen Pläne verwenden wollen …

Ziemlich schnell kommt es zu einigen Differenzen und Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fraktionen, die sehr unterschiedliche Pläne hegen.

Die Handlung bringt die Figuren dazu, sich mit alten Erinnerungen auseinander zu setzen und ihre Traumata aufzuarbeiten. Helfen könnten dabei die Pokerfreunde des Todes: Die Zahnfee, die gute Fee und das Sandmännchen. So werden also zügig drei Gruppen gebildet. Jedes Mädchen bekommt einen Wolf und einen Pokerfreund an die Seite gestellt, mit dem sie eine Aufgabe lösen sollen. All das darf erneut Ray überwachen. Kein Wunder vermutlich, dass der Tod erneut wenig Begeisterung erntet. Ein Kompromiss ist allerdings bekanntlich dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind.
Und wer weiß, vielleicht führt dieser ja direkt ins Happy End?!



Meinung:


Mit „Chaos im Märchenhimmel“ ist Jacqueline Weichmann-Fuchs erneut eine humorvolle Märchenadaption gelungen, die aber – und das unterscheidet das Buch von den anderen Geschichten der Reihe - zugleich auch mit ernsten Themen aufwartet.

Der Leser begleitet hier drei Figuren aus bekannten Klassikern. Das Mädchen mit dem Sternenhemdchen, das Zündholzmädchen und die kleine Meerjungfrau. Alle drei haben eines gemeinsam: Sie sind auf tragische Weise ums Leben gekommen. Sie alle haben zu Lebzeiten schlechte Erfahrungen sammeln müssen und tragen entsprechende Traumata mit sich herum.

Auch, wenn sich die drei Mädchen ständig streiten und ihren Frust auch gerne an der vorlauten Ratte Ray auslassen, so tragen sie doch das Herz am rechten Fleck. Als sie also den Auftrag bekommen, Schneewittchens Seele einzufangen, tun sie alles, um dieser zum Überleben zu verhelfen. Und das, obwohl Ray schon so genervt von deren Naivität ist, dass er lauthals verkündet, dass er sie bald selbst umbringen würde, käme sie nicht bald ohnehin durch ihre eigene Blödheit zu Tode.

Moyra, Talia und Zoe sind sich bewusst, dass ihr Handeln Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Und das tut es auch. Denn der Gevatter ist zwar ein gutmütiger Ziehvater, aber spätestens beim dritten Mal durchschaut er dann doch die Tricks seiner „Töchter“. Statt lange zu schimpfen oder die Mädchen zu bestrafen, schickt er sie auf eine Lehrmission.

Der erste Part der Geschichte, der sich rund um Schneewittchen dreht, hat mich hervorragend unterhalten können. Geschickt webt die Autorin die Geschichte um Schneewittchen neu.

Aber auch im weiteren Verlauf des Buches werden einige Klassiker eingewoben und damit ein hoher Unterhaltungswert geschaffen. Jedes Mädchen wird mit einem Wolf losgeschickt, um einem Pokerfreund des Todes bei einer Aufgabe zur Hand zu gehen. Genau wie jedes Mädchen hat auch jeder Wolf ein Traumata zu verarbeiten. Beispielsweise hat einer von ihnen von der Mutter der sieben Geißlein Steine in den Bauch eingenäht bekommen und wurde auf brutale Weise im Brunnen des Gartens versenkt. Die Angst davor hilflos ertrinken zu müssen, sitzt tief. Vertrauen in andere Menschen finden, das fällt fast allen nicht leicht.

Die Missionen, die sich die Autorin für ihre jeweiligen Teams überlegt hat, sind allesamt unterhaltsam und spannend gestaltet. So wird zum Beispiel Moyra mit dem Wolf Sardos und dem Sandmännchen mitten hinein in die Traumwüste geschickt. Ihre Aufgabe besteht darin, den Menschen/Märchenfiguren schöne Träume zu bescheren. Während dieses Team auf sehr brutale Art lernen muss, wie man wieder zu ausgewogenen Denkmustern findet, haben es Zoe und Wolf Rendall schon besser: Sie dürfen die gute Fee begleiten, die das Team dazu auffordert Aschenputtels traurigem Dasein zu einem Happy End zu verhelfen. Talia und Wolf Gideon hingegen sehen sich einem sehr stinkendem Problem gegenüber. Die Zahnuhr der Zahnfeen ist kaputt und unter Abermillionen von gammelnden Kinderzähnen begraben. Sie sollen die Uhr wieder zum Laufen bringen. Als wäre die Aufgabe nicht schon schwer genug, so streikt der Wolf auch schon gleich zu Anfang der Mission. Hier ist also eine Menge Spannung vorprogrammiert.

Zu erwähnen sei vielleicht auch noch, dass jedes Märchen der Reihe, „Ein Märchen für 1001 Nachmittag“, mit neuen Protagonisten daherkommt und in sich abgeschlossen ist. Chaos im Märchenhimmel kann also als Einzelband gelesen werden.



Fazit:


Jacqueline Weichmann-Fuchs gelingt auch mit ihrem neuesten Buch wieder ein humorvoller Märchenmix, der allerhand Klassiker verwurschtelt. Sie zeigt, dass man anspruchsvolle Themen gleichermaßen mit Tiefgang und dennoch unterhaltsam aufarbeiten kann. Dem Buch gelingt es, Sehnsüchte und Ängste voller Einfühlungsvermögen darzustellen.

Das Werk ähnelt dabei guter Impro-Comedy. Sein Humor wird nie zur puren Effekthascherei. Die gelungene Satire wird nie zum Klamauk.

Volle Leseempfehlung für Märchenfreunde.

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Veröffentlicht am 13.12.2022

Geschichte mit wichtigem Thema

CHARLOTTES WUNSCHPERLEN
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Inhalt:

Charlotte hat es nicht leicht. In der Schule spielen ihr die MitschülerInnen Streiche und machen sich über sie lustig. Zu Hause streiten sich ihre Eltern am laufenden Band.

Dass Charlotte umgekehrt ...

Inhalt:

Charlotte hat es nicht leicht. In der Schule spielen ihr die MitschülerInnen Streiche und machen sich über sie lustig. Zu Hause streiten sich ihre Eltern am laufenden Band.

Dass Charlotte umgekehrt genauso andere Schüler kneift und schlechte Noten schreibt, macht alles nicht leichter. Die Lehrer haben kein Verständnis für ihr Verhalten. Charlotte ist allerdings auch ein sehr schweigsames Kind, so dass den meisten Menschen der Blick auf ihre wahren Lebensumstände und Probleme verstellt ist.

Doch wem soll sie sich anvertrauen? Die Sprechzeiten des Vertrauenslehrers kollidieren mit ihrem Stundenplan. Ihre Eltern haben genug mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen.

Trost findet Charlotte im nahegelegenen Park. Hier gibt es kein Geschreie und keiner ärgert sie. Die Obdachlosen sind freundlich und haben ein offenes Ohr für sie.

Als Charlotte nach einem anstrengenden Tag erneut eine Auszeit im Park sucht, begegnet ihr ein neues Gesicht. Eine alte Frau füttert gerade die Tauben. Die Beiden kommen schnell ins Gespräch und ehe sich Charlotte versehen kann, hält sie eine Perlenkette, ein Geschenk von der Alten, in den Händen. Es handele sich dabei um eine Wunschkette. Einzige Bedingung, so die Frau, sei es, dass Charlotte nur Wünsche aussprechen dürfe, die niemandem schaden.

Das lässt aufhorchen und macht neugierig, auch skeptisch zugleich. In ihrem Leben gibt es schließlich noch reichlich Verbesserungspotential. Eine richtig schöne Zwischenmahlzeit, liebevoll von ihrer Mutter verpackt, das wäre ein Anfang.

Kurz darauf findet Charlotte ein Päckchen in ihrer Tasche. Darin befinden sich Brot, Äpfel, Wurst, Käse, Tee und sogar etwas Schokolade. Das ergibt ein wundervolles Picknick, das sie sich mit ihrem Lieblingsobdachlosen, „Rauschebart“, teilen kann.

Charlotte ist überglücklich ob dieses ungewöhnliche Geschenkes. Doch das Glück vergeht so schnell, wie es gekommen ist. Denn kurz darauf passiert dem Mädchen ein Missgeschick. Die Kette reißt und die Perlen verteilen sich überall. Sie kann nur wenige wiederfinden.

Charlotte kann ihr Unglück kaum fassen. Umso größer ist die Freude, als sie bemerkt, dass sie die Perlen zurückgewinnen kann. Hierfür muss sie die fest eingefahrenen Routinen des Alltags ändern. Sie darf nicht mehr aggressiv auf die Streiche ihrer Mitschüler reagieren. Sie muss Ihr Leben zur eigenen Sache machen und somit Handlungshoheit gewinnen. Dann bekommt Charlotte am nächsten Morgen Perlen, die sie für neue Wünsche einsetzen kann. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Denn ein schlechter Wunsch färbt eine Perle schwarz und ein guter Wunsch lässt sie grün werden und die Perlen verschwinden schneller, als es Charlotte lieb ist. Was passiert, wenn die Perlen weg sind und wenn sie keine neuen mehr gewinnen kann?



Meinung:

Ulrike Zeinzinger-Felkel schreibt mit „Charlottes Wunschperlen“ eine Geschichte über ein Mädchen, das es im Leben nicht einfach hat. Zerstrittene Eltern und mobbende Mitschülern prägen ein dunkles Kapitel in ihrem Leben.
Mit ihren Problemen stößt Charlotte zumeist auf taube Ohren, ja auf Unverständnis und Ablehnung.

Zu Hause am Essenstisch stochert Charlotte oft nur in ihrem Essen herum. Sie mag keine Soße auf ihren Nudeln und ist sehr wählerisch. Interesse, den Ursachen ihrer beunruhigenden Symptome auf den Grund zu gehen, zeigen die Eltern nicht.

Ulrike Zeinzinger-Felkel lädt zu einer Reise in unheimliche Innenwelten eines Kindes ein. Charlotte schafft es nicht, aus ihren alltäglichen Routinen auszubrechen und löst diese stattdessen destruktiv auf. Dann hilft Charlotte das unerwartete Geschenk der alten Frau aus dem Park.

Sicher wäre es vermessen, von jeder Seite absoluten Realismus einzufordern, allerdings folgt keine Romantisierung der Welt. Die Risiken und Nebenwirkungen, die Wünsche mit sich bringen, kennen wir schließlich nicht erst seit der „Bezaubernden Jeannie“. Nebenbei ist das Buch ein kleines Lehrstück in Dialektik: Kann und darf man seinem Glück nachjagen und dies nicht auf Kosten anderer?

Gewöhnungsbedürftig war für mich stellenweise der Schreibstil der Autorin. Begriffe aus dem österreichischen wie z.B. Jause waren mir nicht geläufig.



Fazit:

Ulrike Zeinzinger-Felkel schreibt mit „Charlottes Wunschperlen“ eine Coming-of-Age Geschichte, die das Thema nicht neu erfindet, aber mit großem Gespür aufnimmt.

Dass die Autorin selbst als Mittelschullehrerin arbeitet, erklärt, wie leicht es ihr gelingt, die Perspektive eines Kindes einzunehmen.

Ulrike Zeinzinger-Felkel zeigt, wie wichtig es ist, Kindern Selbstwirksamkeit zurückzugeben.

Es zeigt, wie wichtig es ist, dass Kinder darauf vertrauen können, dass sie gesehen, dass ihre Äußerungen gehört und wahrgenommen werden.

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Veröffentlicht am 08.12.2022

Eine Geschichte übers Anderssein

Total irre
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Inhalt:

Karli empfindet seine Familie als total verrückt. Seine Mutter hat Übergewicht und verbringt ihren Tag damit, immer neue Dinge zu erfinden. Überall im Haus liegen Gerätschaften und Werkzeuge herum. ...

Inhalt:

Karli empfindet seine Familie als total verrückt. Seine Mutter hat Übergewicht und verbringt ihren Tag damit, immer neue Dinge zu erfinden. Überall im Haus liegen Gerätschaften und Werkzeuge herum. Am liebsten kreiert sie Neuerungen für für Karlis Vaters Rollstuhl. Denn dieser möchte demnächst unbedingt an einem Rollstuhlrennen teilnehmen. Und Patenonkel Henry? Der weiß gar nicht so genau, wer er gerne sein möchte. Jeden Tag kommt er mit glitzernden Frauenklamotten an und möchte, dass man ihn mit einem neuen Namen anspricht.

Das ist Karli alles viel zu viel. Als die Schule dann ein Klassenfest plant, ist sich Karli sicher, dass er seine Familie nicht dabei haben möchte. Die Mitschüler würden ihn für seine Familie an den Pranger stellen. Soviel ist klar. Am besten scheint es zu Hause nichts von dem Fest zu erzählen.

Karli war sich, bis vor Kurzem sicher, dass die Schule ein Hort sozialer Konformität ist. Dass hier alle relativ normal sind. Doch beim Besuch der Mittelstufendisco werden ihm die Augen geöffnet. Denn dort lernt er Jona kennen. Jona kann richtig gut tanzen und sieht umwerfend aus. Doch Jona hat, das stellt Karli bald fest, ein Handykap: Sie kann ihn nicht hören. Sie ist taub.

Das Kennenlernen von Jona geht gehörig schief, denn Karli ist nur mit einer schwach ausgeprägten Sozialkompetenz gesegnet.

Als dann auch noch in der Schule das Projekt, „Schönstes Klassenzimmer“, ausgerufen wird, an dem Robin, Karlis bester Freund und auch Karli gerne teilnehmen wollen, droht Karlis Leben endgültig aus den Fugen zu geraten. Eigentlich wollte er nur den Hauptgewinn, Karten für DIE Band der Schule, die „Golden Devils“, gewinnen. Doch letztlich wird ihm durch das Projekt klar, dass auch Robin ein großes Problem hat und alles andere als „normal“ ist.
Karli wird nichts anderes übrig bleiben, als seine Konstruktionen von Normalität zu überdenken.



Meinung:

Jutta Nymphius greift in ihrer Geschichte „Total irre“ ein sehr wichtiges Thema auf, nämlich, dass jeder Mensch seine Ecken und Kanten hat und dass es wichtig ist, sich für andere Menschen nicht zu verbiegen. Sie berichtet vom „Anderssein“. Der Protagonist ihrer Geschichte „Total irre“, Karli, hat das Gefühl, dass er in einem Umfeld aufwächst, in dem sich jeder in Extremen verliert. Karli möchte aber einfach nur sein Leben unbeschwert leben und eines möchte er dabei auf keinen Fall: auffallen.

Der Übergang zwischen Normalität und Abnormität ist auch bei Karli fließend. Beispielsweise nennt er heimlich sein einziges Barthaar, auf das er mächtig stolz ist, Ferdi. Nach und nach muss Karli lernen, dass gerade die kleinen Eigenheiten, die jeder hat, einfach zum Leben dazugehören.

Zu einem starken Umdenken bewegt ihn hier Jona. Das Mädchen, das ihn erstmals von seiner Jugendliebe Lina ablenkt, und seine ganze Aufmerksamkeit fordert. Denn Jona ist anders. Als Karli feststellt, dass sie taub ist, reagiert er zunächst harsch. Doch Jona lässt sich davon nicht unterkriegen. Sie betitelt Karli eiskalt als „Arschloch“ und lässt ihn einfach stehen. Jona ist selbstbewusst, sie steht mitten im Leben. Karlis Unsicherheiten und seinen tappsigen Versuch mit ihr zu kommunizieren, lächelt sie einfach weg. Damit muss Karli erst mal umgehen lernen.

Jona ist also Karlis erster Schritt auf dem Weg zum Umdenken. Doch es folgt noch ein weiterer. Denn Karlis bester Freund hat ein großes Problem, das sich nach und nach herauskristallisiert.

Jutta Nymphius bringt einige Themen in ihrem nur 176 Seiten umfassendem Buch unter. Sie berichtet vom Anderssein, vom Erwachsenwerden, von der ersten Liebe und erzählt von psychischen Problemen, die man eben nicht einfach tolerieren, sondern ernst nehmen sollte. Diese wichtigen Botschaften in einem Buch komprimiert und gelegentlich auch pointiert, das hat mir sehr gefallen.

Einige Szenen wurden mir hier jedoch etwas zu schnell abgehandelt. So entwickelten sich die Gefühle von Jonas, erst für Lina - dann für Jona, doch recht zügig/sprunghaft. In einer weiteren Szene ist Karli gezwungen eine Figur zum Umdenken zu bewegen, die über Jahre hinweg eine feste Ansicht vertreten hat. Dies gelingt ihm dann innerhalb eines kurzes Wortwechsels.

Erwähnenswert ist auch noch die Einleitung eines jeden Kapitels. Diese werden mit kurzen Fakten aus der Tierwelt eingeleitet, die sich sehr gut auf das Verhalten des Menschen übertragen lassen. Zu Beginn des Buches berichtet Jonas von einer Zeitschrift namens Fun und Facts, die er sich gerne vom Nachttisch seiner Mutter stibitzt. Im Speziellen handelt es sich hier um die Ausgabe „Junge Wilde – Was wir von der Tierwelt übers Erwachsenwerden lernen können.“ Diese kurzen Kapitelanfänge waren nicht nur unterhaltsam, sondern zugleich sehr informativ.



Fazit:


Geschickt erzählt Jutta Nymphius eine Coming-of-Age-Geschichte, die durch ihre Glaubwürdigkeit und Alltäglichkeit überzeugt. Ihr Protagonist sucht nach Individualität, obwohl er zunächst in seiner Umgebung Konformität verlangt, stellt dann aber schnell das „Diktat der Mehrheit“ auf den Prüfstand.

Das Buch erscheint streckenweise etwas übereilt und nimmt in diesen Teilen wenig Rücksicht auf seine Charaktere, sondern treibt nur die Handlung voran. Im Großen und Ganzen gelingt es „Total irre“ allerdings, vor allem in seinen stärksten Passagen, informativ und humorvoll zu unterhalten.

Von mir gibt es, mit kleinem Punkteabzug, eine volle Leseempfehlung für Jugendliche und junggebliebene Leser/innen.

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Veröffentlicht am 22.11.2022

Highschool-Mysterie-Crime für jüngere Leser/innen

A Curse of Dusk and Dawn. Herzenspakt
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Inhalt:


Als Holly in Flagstaff ihren ersten Schultag an der Desert Ridge High beginnt, möchte sie alles nur nicht auffallen. Denn die jüngste Vergangenheit in Los Angeles war alles andere als angenehm. ...

Inhalt:


Als Holly in Flagstaff ihren ersten Schultag an der Desert Ridge High beginnt, möchte sie alles nur nicht auffallen. Denn die jüngste Vergangenheit in Los Angeles war alles andere als angenehm. Nach dem Malheur in der Aula, bei dem Holly diese mit Weihwasser geflutet hat, ließ die Schulleitung nicht mehr mit sich verhandeln. Holly musste die Schule umgehend verlassen.

Der Neuanfang an der Desert Ridge High soll Holly also helfen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Dazu gehört allerdings auch, dass keiner der neuen Mitschüler von ihrem Geheimnis erfährt. Doch schon direkt nach Schulbeginn erfährt Holly von Sean Grayson, einem Mitglied der Footballmannschaft, der von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden ist. Als ihr dann der Geist eben dieses Jungen plötzlich in einem verlassenen Schulflur begegnet, wird Holly ganz anders. Scheinbar verfolgt sie, egal, wohin sie geht, ein Fluch.

Sean ist nicht der erste und auch nicht der letzte Geist, dem Holly begegnet. Denn ein Geist, dem sie eigentlich nur helfen wollte, war auch an der alten Highschool in Los Angeles aller Unglücks Anfang. Nun steht sie hier und unterhält sich schon wieder mit einem Toten. So lässt sich die Erzählung ihres Scheiterns wiederholen.

„Er kommt wieder. … Er wird sie töten!“, stößt Sean aus. Holly wird mulmig. Das klingt gar nicht gut. Als kurz darauf ein weiterer Mitschüler des Footballteams ums Leben kommt und auch sein Geist von einem Dämon spricht, der wiederkommen und sich seine Seele holen wird, weiß Holly, dass sie etwas tun muss.

Holly fängt an zu ermitteln und stößt auch schon bald auf erste Ungereimtheiten. Denn der abweisende Mason scheint den toten Footballspieler ebenfalls zu sehen und er kennt ihre tote Großmutter …



Meinung:


Eigentlich wollte Holly mit dem Neubeginn in Flagstoff an der Desert Ridge High ein neues, möglichst unbeschwertes Leben beginnen.

Bereits am ersten Schultag begegnet ihr auf dem Weg zum Direktor ein Mitschüler, der trotz der Narben im Gesicht immer noch sehr attraktiv aussieht. Masons Blicke künden von Unheil. Diese Tatsache wird für Holly bestätigt, als der Direktor sie nach dem Begrüßungsgespräch und einem Blick auf den wartenden Mitschüler mit den Worten verabschiedet, dass sie sich lieber von Jungs wie eben diesem Mason fernhalten sollte.

Schon bald darauf wird Hollys Albtraum Wahrheit. Sie begegnet in einem verlassenen Schulflur erneut einem Geist, der sie um Hilfe bittet. Zu allem Überfluss fühlt sich Holly auch noch zu dem attraktiven Mitschüler hingezogen, vor dem sie ausdrücklich gewarnt wurde. Mason hat scheinbar – wie sie – einige Geheimnisse. Seine unnahbare Art macht ihn nicht nur suspekt, sondern lässt ihn auch verführerisch erscheinen.

Schon bald kommt die Eskalationsspirale in Gang. Denn es dauert nicht lange und Holly wird Zeugin eines Unfalls, bei dem ein Mitschüler zu Tode kommt. Sie erfährt von einem Fluch, der über der Footballmannschaft liegen soll und fühlt sich bald schon veranlasst zu handeln. Denn die Geister der Toten verkünden von einem Dämonen, der ihre Seele holen wird und von weiteren Toten.
Holly muss sich ausgerechnet mit Mason zusammentun ...

Anna-Sophie Caspar gelingt es bereits auf den ersten Seiten ihres Romans die Desert Ridge High lebendig werden zu lassen, an der einiges nicht mit rechten Dingen zugeht.

Allerhand Rätsel rund um das Geschehen an der Highschool versetzen den Leser schnell in Krimistimmung. Man möchte natürlich erfahren, wer hinter den Morden steckt und was es mit Hollys Fähigkeit auf sich hat, Geister zu sehen.

Dass diese Geschichte auch für zartbesaitete Leser/innen funktioniert, liegt vermutlich daran, dass die Autorin die Geschehnisse nicht auf die Spitze treibt. Die meisten der Geister sind friedlich und auf der Suche nach Hilfe. Die Protagonistin selbst fürchtet sich nicht vor dem Unnatürlichen. Ganz im Gegenteil: Die Geschehnisse schüren ihren Drang zu ermitteln.

Im Laufe des zweiten Teils des Buches gewann die Geschichte für mich an Spannung, die mir im ersten Teil noch fehlte. Vielleicht lag das unter anderem daran, dass mir die Figuren mehr ans Herz gewachsen waren. Auch hier erzeugt erst der Vorgang der Identifikation Emotionen.

Die Protagonistin selbst bleibt allerdings oft auf eine seltsame Art unbeteiligt. Holly kommt sehr tough daher. Sie geht die Dinge an und lässt sich von nichts abschrecken.

Anna-Sophie Caspar erschafft, wie erwartet, erneut Nebencharaktere, die dem Leser mit ihrer sympathischen Art schnell ans Herz wachsen. So mochte ich zum Beispiel Hollys Mutter, die einen Foodblog betreibt und ihr ganzes Leben darauf ausrichtet. So kommt das Frühstück, die Vorbereitungen fürs Catering der Schulparty oder auch das Abendbrot mit einigen kulinarischen Eyecatchern daher, die natürlich auch vor dem Verzehr von allen Seiten abfotografiert werden müssen. Bereits die Vorstellung des Gerichts schmückt Hollys Mutter mit Worten, die man so – oder so ähnlich – dann auf dem Blog lesen könnte.

Schnell findet Holly an der neuen Schule auch Freunde wie Amadeus, der ein großes Herz, aber auch ein ziemlich verheerendes Geheimnis mit sich trägt oder die zartbesaitete Lilly, die den Schulblog pflegt und bald schon zu Hollys engster Vertrauten wird.



Fazit:


Bei „A Curse of Dusk and Dawn“ handelt es sich, wie der Klappentext bereits verkündet, um Highschool-Mysterie-Crime für jüngere Leser/innen.

Das Werk ist auch für Zartbesaitete verträgliche Kost. Das Buch bedient Leser und Leserinnen, die mit Suspense etwas anzufangen wissen, und sich als Krimileser verstehen. Insgesamt wird eine gute Story und eine gewisse Plausibilität geboten. Die Charaktere sind allesamt als TV-Serienhelden vorstellbar. Die Handlung ist allerdings – zumindest zeitweilig – ein wenig vorhersehbar.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Ein spannendes Märchen für jüngere LeserInnen

Luzies Märchen
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Inhalt:


Als das neueste Thema der Schreibwerkstatt, „Märchenhafte Geschichten“, verkündet wird, ist Luzie begeistert. Sie liebt orientalische Märchen und möchte unbedingt eines davon auf Papier bringen. ...

Inhalt:


Als das neueste Thema der Schreibwerkstatt, „Märchenhafte Geschichten“, verkündet wird, ist Luzie begeistert. Sie liebt orientalische Märchen und möchte unbedingt eines davon auf Papier bringen. Frieda, Luzies Freundin, hingegen schreibt eher ungern. Ihre Leidenschaft gilt dem Zeichnen. So überlegen sich die beiden Mädchen, dass Frieda ja auch Luzies Geschichte illustrieren könnte.

Eine gute Geschichte braucht auch ein gutes Schreibheft. Und so kommt es, dass Luzie und Frieda an diesem Nachmittag dem kleinen Lädchen „Geschenke und Schreibwaren“ einen Besuch abstatten. Hier arbeitet die Mutter von Friedas Schulpatenkind Elias, Jasmina. Sie wird bestimmt bei der Auswahl helfen können.

Im Laden findet Frieda auch bald, was sie sucht. Darüber hinaus entdecken die beiden Mädchen aber auch noch eine Vitrine mit Schmuckstücken. Und mitten darin liegt ein großer Anhänger mit einem bunt leuchtendem Skarabäusanhänger.

Amir, Jasminas zweiter Sohn, zögert nicht lange. Er holt den Anhänger aus dem Glaskasten und legt ihm Frieda um. Gerade, als sich Frieda im Spiegel bewundert, kommt Jasmina mit selbstgebackenen Keksen daher. Die Kinder bekommen natürlich welche angeboten. Kaum hat Luzie einen Biss genommen, wird ihr plötzlich schwindelig und dann geht alles ganz schnell. Der Teppich, auf dem Amir, Elias, Luzie, Frieda und die Katze Samira gerade stehen, beginnt zu vibrieren und wenig später hebt er sogar vom Boden ab!

Die Kinder nebst Katze befinden sich bald darauf auf dem Weg in das größte Abenteuer ihres Lebens. Es scheint, als würde sich Luzies und Friedas Geschichte wie von selbst schreiben, denn wenig später befinden sie sich ganz weit über der Stadt. Die Radwege, die es hier geben sollte, sind nicht mehr zu sehen. Stattdessen entdecken die Kinder ein Schiff auf einem Fluss, das von Arbeitern mit Tauen flussaufwärts gezogen wird. Auf den Straßen fahren Pferdekutschen anstatt Autos. Sind sie gerade mitten in der Vergangenheit gelandet?

Der Teppich landet erst einige Zeit später. Sein Ziel ist ein Marktplatz, in einer Welt mit orientalischem Flair. Ein Junge namens Mo empfängt Luzie, Frieda und ihre Freunde. Mo ist ganz aufgeregt. Denn vor Kurzem ist etwas ganz Schreckliches passiert. Die Kinder des Sultans sind mitten in der Märchenstunde des Geschichtenerzählers verschwunden. Eine Prophezeihung besagt, dass Kinder kommen würden, die in der Lage sind, das Wasser zu finden und alles zum Guten zu wenden.

Luzie, Frieda und ihre Freunde zögern nicht lange. Sie machen sich auf den Weg in den Palast, um das Rätsel zu lösen.

Wird es ihnen gelingen das Wasser zu finden und die beiden Kinder des Sultans zurück in den Palast zu bringen?



Meinung:


Anna Reiz schreibt mit „Luzies Märchen – von den ungeschriebenen Seiten“ den ersten Band einer fantastischen und abenteuerlichen Reise auf einem fliegenden Teppich. Im Mittelpunkt ihrer Geschichte stehen die beiden Mädchen Luzie und Frieda, die eigentlich nur auf der Suche nach einem Heft für ein Schreibprojekt waren und von einem Moment auf den anderen mitten im größten Abenteuer ihres Lebens stecken.

Dieses kleine Büchlein für Kinder ab acht umfasst lediglich 136 Seiten. Anna Reiz gelingt es ohne Hektik ein Märchen zu erzählen, das einen für kurze Zeit aus dem Alltag und mitten hinein in eine orientalische Welt katapultiert.

Jede Seite dieses Buchs ist ein kleines Abenteuer. Denn kaum sind die Kinder auf dem Marktplatz gelandet, werden sie vor eine große Aufgabe gestellt. Sie machen sich auf den Weg zum Palast, um das Rätsel rund um die verschwundenen Kinder des Sultans und das Wasser zu lösen und stoßen schon bald auf weitere offene Fragen. Denn der Palast sieht irgendwie genauso aus, wie auf Friedas zuletzt gezeichnetem Bild. Zudem gibt es auch eine Geschichte rund um den Skarabäusanhänger und natürlich wollen Luzie, Frieda, Elias und Amir auch dem Geschichtenerzähler helfen, der für seine Tat ins Verlies gewandert ist.

Nicht selten frage ich mich beim Lesen von Kinderbüchern, ob manche Szenen nicht zu brutal für die Zielgruppe sein könnten. Bei „Luzies Märchen“ stellte ich mir diese Frage nicht einmal. Anna Reiss Markenzeichen ist ein gut lesbarer Stil, der gekonnt eine überschaubare Handlungen in Szene setzt und immer wieder skurrile Figuren, wie sprechende Mäuse, Feen oder Dschinn, zuführt.
Diese werden aber allesamt sympathisch und nie gruselig dargestellt.

Untermalt wird die Geschichte von Anna Reiss mit fantasievollen Schwarz-weiß-Zeichnungen von Sabine Marie Körfgen, die vom Stil her dem Bild auf dem Cover ähneln.



Fazit:


„Luzies Märchen – von den ungeschriebenen Seiten“ von Anna Reiss richtet sich an ein überwiegend junges Publikum. Dieses wird von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten. Anna Reiss ist eine kunstfertige Erzählerin. Nie brutal, schadenfroh oder reißerisch. Sie führt ihre Rätsel auf eine nachvollziehbar rationale Art vor. Diese werden zu einem Puzzlespiel und führen immer tiefer in ihre interessante, lebendige Welt.

Begleitet wird dieses 136 Seiten umfassende Büchlein von Schwarz-Weiß-Bildern der Illustratorin Sabine Marie Körfgen, die die Geschichte lebendig werden lassen.

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