Packen wir es an - für eine bessere Welt
Moralische AmbitionWie der Autor selbst schreibt, möchte er es uns mit seinem Buch "nicht leichter, sondern schwerer machen. Es ist ein Buch, das Ihnen keinen Trost spendet, sondern Unbehagen bereitet." Und doch ist es ein ...
Wie der Autor selbst schreibt, möchte er es uns mit seinem Buch "nicht leichter, sondern schwerer machen. Es ist ein Buch, das Ihnen keinen Trost spendet, sondern Unbehagen bereitet." Und doch ist es ein hochinteressantes, sehr zugängliches, gut verständliches und spannend geschriebenes Buch, das zum Aktiv-Werden inspiriert, ohne zu sehr mit der Moralkeule daherzukommen.
Von Anfang ist die Leidenschaft des Autors für dieses Thema spürbar. Er kritisiert, wie viele hochintelligente und hochgebildete, privilegierte Menschen ihr Talent und ihre Lebensenergie nicht einsetzen, um die Welt besser zu machen, sondern in Jobs verharren, bei denen sie nichts Positives beitragen oder sogar Schaden anrichten. Dabei richtet er sich ausdrücklich nicht an die Menschen, die schon jetzt wichtige Aufgaben übernommen haben, bei denen sie sich für andere und für eine bessere Welt einsetzen, wie z.B. jene im Gesundheits- oder Bildungswesen. Sorgfältig mit empirischen Daten und wissenschaftlichen Quellen untermauert, zeigt der Autor auf, dass es leider eine Korrelation zwischen dem durchschnittlichen Einkommen in einem Bereich und dem, wie unmoralisch dieser Bereich angesehen wird, gibt: ganz oben in beiden Bereichen sind etwa die Finanz- und Tabakindustrie und die Waffenproduktion.
Über das Buch hinweg werden viele Beispiele einzelner Menschen beschrieben, die ihr Talent und ihre Leidenschaft - oft gemeinsam mit anderen und in Organisationen - dafür eingesetzt haben, die Welt zu einer besseren zu machen. Das Beispiel, das sich am stärksten durch das Buch zieht, ist die Bewegung des Abolitionismus, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzte, und damit am Ende auch erfolgreich war. Weitere Beispiele sind Menschen, die im 2. Weltkrieg Juden versteckten, die Suffragetten und ihr Kampf für die Rechte der Frau, aber auch Menschen der heutigen Zeit, die sich für den Schutz aller Menschen vor vermeidbaren Krankheiten, z.B. für die Bekämpfung der Malaria, oder auch für Tierschutz einsetzen.
Dabei stellt der Autor auch sehr interessante und manchmal unbequeme Fragen zur heutigen Zeit: so, wie Sklaverei früher mal gesellschaftlich akzeptiert und tief in den Vorstellungen der Menschen verwurzelt war, was sind die Übel der heutigen Zeit, die wir als normal ansehen und für die spätere Generationen uns verurteilen könnten? Werden zukünftige Generationen ähnlich entsetzt über die Massentierhaltung der heutigen Zeit sein, wie wir es sind, wenn wir an Sklaverei denken? Wofür lohnt es sich jetzt zu kämpfen?
Der Klimawandel ist weit fortgeschritten und hätte am besten vor Jahrzehnten schon bekämpft werden sollen... welche Themen sind es heute, die später zur Bedrohung werden könnten und wo wir frühzeitig einschreiten könnten, wenn wir jetzt was tun würden? Wie gehen wir z.B. mit der künstlichen Intelligenz und ihren Chancen und Herausforderungen um?
Wer sich dafür interessiert, sich für eine bessere Welt einzusetzen, findet in diesem Buch viele Rollenmodelle und inspirierende Ideen. Wir erfahren von einer eigenen Akademie für Idealisten. Von Menschen, die unglaubliche Summen Geld für eine gute Sache aufgetrieben haben. Aber auch von den Hindernissen, die einem Einsatz entgegen stehen können, z.B. zu starke Radikalität, die dazu führt, dass man kaum Unterstützer und Verbündete findet. Das Buch macht also auch sehr nachdenklich darüber, in welchen Bereichen wir uns daran hindern, etwas Gutes zu bewirken und auch, in welchen Bereichen wir uns vielleicht selbst anlügen (z.B. die Illusion, dass Bewusstsein alleine so bedeutsam sei, auch wenn ihm keine Handlungen folgen würden).
Am Ende wird auch noch der Bogen hin zu einer gesunden Balance geschlagen und darauf aufmerksam gemacht, dass bei aller Weltbesserungsfreude diese allein kein Selbstzweck sein müsse und es auch gute Argumente dafür geben könne, einfach Freude am Leben zu haben und dieses zu genießen, ohne, wie z.B. Gandhi, zu einem übergroßen Asketen fernab jeglicher weltlichen Genüsse werden zu müssen. Das macht das Buch erfrischend realistisch und lebensnah.
Ich kann das Buch allen, denen die Zukunft unserer Welt am Herzen liegt, nur eindringlich empfehlen.