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Veröffentlicht am 24.05.2021

Metapherngewitter

Thérèse und Isabelle
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Dass lesbische Literatur Platz im Mainstream hat, ist relativ selten. Daher freute ich mich, dass mit diesem Buch endlich ein Text über Frauenliebe bei einem namenhaften Verlag veröffentlicht wird.

Fazit ...


Dass lesbische Literatur Platz im Mainstream hat, ist relativ selten. Daher freute ich mich, dass mit diesem Buch endlich ein Text über Frauenliebe bei einem namenhaften Verlag veröffentlicht wird.

Fazit am Anfang: Damals war das Buch so revolutionär, dass es nur stark gekürzt veröffentlicht werden durfte. Es fällt mir schwer, das in die Bewertung einzubeziehen, weil ich dieses Thema gewohnt bin. Als Text für sich finde ich ihn aus handwerklicher Sicht nicht gut.

Das Cover ist hübsch - aber nicht für diese zarte Geschichte.

Worum geht es?

Das Buch beschreibt die Liebe zweier Schülerinnen in einem Internat in Frankreich, über der immer die Gefahr steht, dass die Erzählerin Therese von ihrer Mutter abgeholt wird oder dass beide erwischt werden.

Was hat mir gefallen?

Die Beziehung zur Mutter: Die Ich-Erzählerin hat ein inniges Verhältnis zur Mutter, sieht sich sogar als Vater-Ersatz und sie ist betrübt, als der Stiefvater dazwischen kommt. Das wirft die Frage auf, ob die dominante Isabelle nicht ein Mutter-Ersatz für Therese ist.

Das Machtgefälle: Therese wirkt im Buch eher passiv, sie lässt vieles machen und hat Bedenken, selbst aktiv zu werden. Sie fühlt sich von Isabelles offensiver Art angezogen, hat aber ständig Angst, dass sie erwischt werden. Man sieht sie selten genießen. Besonders am Anfang, als Therese die Hass-Liebe zu Isabelle beschreibt, wird die Ambivalenz gut deutlich. Diesen inneren Konflikt fand ich interessant.

Technik: Die Frauen wenden vielseitigen Techniken an, sie nutzen den ganzen Körper, was ich auch in Büchern der Jetzt-Zeit selten erlebt habe.

Was hat mir nicht gefallen?

Metaphern-Gewitter: Die Autorin springt ständig von einem Bild zum nächsten, ohne sie auszuführen. Ich habe schwer Halt gefunden, ich konnte mich selten in die Beschreibungen fallen lassen. Ich glaube, dass die Autorin vieles umschrieben hat. Ist das Selbstzensur, ist das ihre Sprache? Wahrscheinlich erkennen manche Leser darin große Kunst und entschlüsseln die Gefühle, aber für mich war es kein "Buch für Frauen", weil es die Gefühle nicht offen ausspricht, sondern schwer zugänglich ist.

Die Handlung: Es passiert nicht viel, und auch wenn das Buch ein bisschen Spannung hat, gibt es nichts, was das Geschehen vorantreibt. Das Buch gleitet von einer erotischen Szene zur nächsten, insgesamt gibt es drei Stück davon. Hinzu kommt, dass die Metaphern alles überdecken, zuviel Raum einnehmen.

Fazit

Ähnlich wie mit "Salz auf unserer Haut" bin ich mit dem Text nicht warm geworden. Aus queer-historischen Gründen ist es sicher interessant, das Buch und seine Geschichte aufzuarbeiten und herauszuarbeiten, wie solche Bücher sowohl den Feminismus als auch das Verständnis von queerer Liebe vorangebracht haben. Als Text für sich fand ich ihn langweilig, nicht mitreißend, nicht gefühlvoll und auch nicht erotisch.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

Fast besonders

Blütenschatten
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Nach langer Zeit wollte ich ein Buch vom Diogenes Verlag lesen. Und da es um Kunst und Musen geht, und ich mich gern mit bildender Kunst beschäftige, habe ich das Buch angefordert.

Rezi enthält Spoiler.

Worum ...

Nach langer Zeit wollte ich ein Buch vom Diogenes Verlag lesen. Und da es um Kunst und Musen geht, und ich mich gern mit bildender Kunst beschäftige, habe ich das Buch angefordert.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Um eine Frau, die sich und die Kunst in den Mittelpunkt rückt. Eve befindet sich im steten Kampf - mit ihrem Mann, mit dem sie ein langweiliges Leben führt und dessen Affären sie mit Affären bestraft. Mit ihrer Tochter, von deren Leben als Influencerin sie nichts hält. Mit ihrer Erinnerung an den Künstler Florian, dessen Muse sie einst war, für den sie aber nur eine von vielen Affären war und der sogar Kapital aus ihrer Verletzlichkeit als junge Künstlerin geschlagen hat, indem er sie malte. Mit Konkurrentin Wanda, deren selbst-kasteiende Aktions-Kunst im krassen Gegensatz zu Eves Stillleben stellt. Doch die Angst zu versagen verdrängt sie mit dem unerschütterlichen Glauben an ihre Kunst. Und genau an diesem Stolz scheitert sie und reiht sich ein in die, die sie so sehr verachtet.

Treffend formuliert des der englische Untertitel: "Family life. Reputation. They took a lifetime to build and a second to wreck." (Familienleben. Anerkennung. Es braucht ein ganzes Leben, um sie aufzubauen. Und einen Augenblick, um sie zu zerstören.)

Wie ging es mir beim Lesen?

Die ersten 50 Seiten habe ich mich gelangweilt, weil das Buch eine Parallelmontage aus der Jetzt-Zeit, auf einem Spaziergang durch London, und Erinnerungen ist. Wer schonmal in London war, wird vieles wieder erkennen und ich vermute, dass sich die Leser in das Gefühl der Stadt fallen lassen können.

Interessant fand ich, dass sich die Spannung nach und nach aufbaut und sich meine Meinung von der Figur verändert hat. Anfangs hatte ich Mitleid, weil sie traurig durch den Regen läuft. Doch je weiter die Handlung voranschreitet und je mehr man von der Figur entdeckt, desto undurchsichtiger wird die Schuldfrage. Welchen Anteil hat sie an dem Unglück, das ihr widerfährt? Warum macht sie das Gefühl, dass jeder gegen sie ist, blind für die Menschen? Warum denkt sie, dass man mit Geld (für die Tochter, einen Ex-Lover ...) alles kitten kann? Und warum ändert sie nicht die Richtung, obwohl es deutliche Hinweise gibt, dass etwas nicht stimmt? »Das Problem mit dir ist, dass du eine als Rebellin verkleidete Traditionalistin bist.«, sagt Eves Mann bei 51 % des Buches. Und das zieht sich durch das ganze Buch.

Letztlich habe ich Eve so sehr gehasst, dass ich überlege, ob das Werk nicht eine Satire ist. Auf einen Künstler, der das Kunst-Schaffen über alles stellt. Und auf einen Kunstbetrieb, der noch so konservativ ist, dass man jemanden mit einer Affäre zu einem jüngeren Mann den Ruf ruinieren kann. Dass ausgerechnet die Kunst, die uns frei machen sollte, so deutliche Grenzen setzt, wenn es um's Geld geht. Besonders der Höhepunkt zeigt das. [Spoiler] Nachdem sich Eves Liebhaber, der sich als Intrige ihrer Konkurrentin Wanda entpuppte, versehentlich selbst verletzte und im Sterben liegt, ruft sie keinen Krankenwagen, sondern findet das Rot seines Blutes so schön, dass sie erst ihr Bild fertig malt. Sie erkennt die Tat nicht als Verbrechen, sondern das größere Verbrechen wäre es, das Bild unvollendet zu lassen. [Spoiler Ende] Bis zum Schluss glaubt sie, dass ihre Anerkennung als Künstlerin über allem steht.

Letztlich bekommt man einen guten Einblick in die Figur und das Buch entfaltet einen guten Sog.

Was hat mir nicht gefallen?

Mit Distanz betrachtet ist die Geschichte relativ simple und die Hinweise auf das Ende deutlich. [Spoiler] Der Täter ist ziemlich dumm, er versucht nicht, sich zu retten oder Eve zu beschwichtigen, und er hat sein Verbrechen nicht einmal gut verschleiert. [Spoiler Ende]

Ich fand es gut, einen Einblick in die Arbeit einer Künstlerin zu bekommen, deren Arbeit so weit von meinen Präferenzen entfernt liegt. Aber die Passagen über Farben und Blumen sind langatmig.

Aktionskunst vs. Stilleben

Ein Schwerpunkt des Buches ist der Gegensatz aus Wanda (Performance Art) und Eve (Blumen). Wanda, die sich Eve angeblich immer unterlegen fühlte, celebriert ihr Leiden. Beispielsweise steht sie drei Tage lang öffentlich vor einem Spiegel und starrt sich an. Oder sie hängt vollgeblutete Tampons an die Decke. Wanda steht für eine neue Form der Kunst, die für mehr Menschen zugänglich ist, weil sie verschiedene Sinne anspricht. Als Betrachter muss man keine geheimen Codes entschlüsseln, sondern man wird durch seine Rolle als Zuschauer Teil des Kunstwerkes. Man denkt über sie nach, kann mit ihr interagieren. Und ich glaube auch, dass die parasoziale Beziehung zwischen Künstler und Rezipient, an der Grenze zum Konsum, eine Erfahrung ist, nach der sich Menschen sehnen. Weil sie Gefühle sichtbar macht, über die die Gesellschaft selten spricht. Innerhalb des Kunstwerks darf man sie erleben, ähnlich wie Fremdscham, wenn man Reality-TV guckt.

Eve dagegen mag Stillleben und gibt damit einer Kunstform ein Gesicht, das lange als bloße Abbildung der Natur galt und in dem vor allem Frauen aktiv waren - ohne, dass man sie gesehen hat. Der Text zeigt, dass die Auswahl der Farben, die Anordnung der Blumen und die Wahl der Blüten ein bewusster Prozess ist. Das macht das Bild zur Kunst. Und obwohl sich Eve nicht wertgeschätzt fühlt, gibt es eine Käuferschicht für diese Richtung.

Genauso wie Wanda ihre Gefühle nach außen tragen muss, um sich gut zu fühlen, trägt Eve sie nach innen, indem sie sich penible dem Prozess widmet. Worin sich beide Frauen gleichen.

Fazit

"Blütenschatten", im Englischen düsterer "Nightshade" (Nachtschatten) ist ein Buch, das Eindruck hinterlässt. Es besticht mit seiner geradlinigen Figur, über die man gut nachdenken kann, und mit vielen Aspekten, die angesprochen werden. Trotzdem finde ich den Text ein bisschen altbacken, weil er ein eher traditionelles Bild von der Kunst und der Künstlerin zeichnet.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

Schäfchenwolke

Mittwochs am Meer
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Ich kannte Alexander Oetker als Krimiautor und Reporter im Fernsehen. Da ich jedoch noch nie ein Buch von ihm gelesen habe, wollte ich das ändern. Spoiler am Anfang: Ein Krimi ist es nicht. Eher eine ...


Ich kannte Alexander Oetker als Krimiautor und Reporter im Fernsehen. Da ich jedoch noch nie ein Buch von ihm gelesen habe, wollte ich das ändern. Spoiler am Anfang: Ein Krimi ist es nicht. Eher eine leichte Liebesgeschichte, die das Potential zu einer Charakterstudie gehabt hätte, aber letztlich schnell vergessen ist.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Maurice ist Anwalt und arbeitet als Insolvenzverwalter. Jede Woche verbringt er ein paar Tage in den Firmen seiner Klienten und versucht, deren Unternehmen zu retten. Eines seiner Projekte ist eine Fabrik an der bretonischen Küste. Ein Job wie jeder andere, bis irgendwann eine mysteriöse Frau auftaucht - und sich alles ändert.

Meine Meinung

Anfangs fand ich das Buch nett - die Figur wird langsam eingeführt, die Stimmung ist ruhig, die Landschaftsbeschreibungen haben Flair. Aber als nach 40 Seiten (von ca. 146) noch nichts passiert war, wurde ich stutzig. Dann die Frau, die Maurice mit Gedichten von Rimbaud erobert. Und seitenweise Liebe, oberflächliche Gespräche und Schwüre. Und ein paar Akte. Maurice, dem Pünktlichkeit bisher sehr wichtig war und der erstaunliches Verhandlunggeschick besitzt, vernachlässigt seine Arbeit. Bis zur kleinen Katastrophe. Die Spannung im Buch steigt sehr langsam, alles fühlte sich rosa-rot und unglaubwürdig an. Ich hätte das Buch abgebrochen, wenn ich nicht in den Rezis gelesen hätte, dass es eine überraschende Auflösung gibt.

[Spoiler] Wer denkt, dass Zwillings-Motiv wäre so oft genug behandelt worden, der irrt. Warum sollte sich ein Mann in die Zwillingsschwester seinr großen Liebe vergucken, wenn doch auch Zwillinge unterschiedliche Menschen sind? [/Spoiler]

Ich finde die Auflösung simple und sie hat mich gar nicht gepackt. Ich habe auch nicht verstanden, warum sich Maurice nur in die Frau verliebt, weil diese ihn anspricht. Es fühlte sich an, als wollte er eine falsche Entscheidung aus seiner Vergangenheit korrigieren.

Ich fand es sehr schade, dass Maurice nicht "richtig" scheitert und ein Happy End bekommt. Ich habe auch nicht mit ihm mitgelitten, weil die Liebe alles übertönt.

Sehr gut fand ich die Darstellung Frankreichs - die Beschreibungen sind ausführlich, aber nicht nervig. Man fühlt sich wirklich, als sei man in der Bretagne und dieses Gefühl nehme ich über das Buch hinaus mit. Auch Vorurteile der Regionen untereinander werden angesprochen, was ich interessant und witzig fand.

Fazit

"Mittwochs am Meer" ist ein Versuch einer netten, sommerlichen Liebesgeschichte. Und diese wird sicher einigen Leuten gefallen, weil sie so "perfekt" ist. Für mich war der Text eher langweilig.

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Veröffentlicht am 21.04.2021

Gutes Thema, lahme Umsetzung

Im Wasser sind wir schwerelos
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Nach vielen Liebesromanen mit Gay-Thematik habe ich mich an dieses Buch herangewagt. Es versprach einen melancholischen Klang mit einem ruhigen, durchdachten Problem. Dazu die Vorwende-Zeit in einem Land, ...

Nach vielen Liebesromanen mit Gay-Thematik habe ich mich an dieses Buch herangewagt. Es versprach einen melancholischen Klang mit einem ruhigen, durchdachten Problem. Dazu die Vorwende-Zeit in einem Land, das mir nah und fern gleichzeitig ist.

Letztlich hat mich das Buch mit seinen Schwerpunkten gefesselt. Aber mit Distanz betrachtet bleibt es eher eine Novelle, die einen Denkprozess anstößt, das Grundthema aber nicht in dem Umfang behandelt, wie ich mir das gewünscht hätte.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Ludwik weiß schon seit seit der Schulzeit, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt - er verliebt sich in einen Klassenkameraden. Doch das ist nicht das Hauptproblem. Sondern dass Ludwik tagtäglich erleben muss, wie sehr die Menschen in Polen an Rationierungen und Preissteigerungen im Sozialismus leiden. Verstärkt wird das Gefühl, als Ludwik über seinen Freund Kontakt zu einer Familie aus der Oberschicht findet - die mit Sekt und Lebensmitteln im Überfluss feiert. Im Gegensatz dazu steht Ludwiks Freund, der dem System mit Dankbarkeit gegen übersteht und hofft, sich mithilfe seiner Freunde durchschummeln zu können, damit seine Existenz gesichert ist.

Das Kollektiv

Ludwik ist kein Rebell - aber im Laufe seines Lebens ergeben sich immer mehr Punkte, die ihn am System zweifeln lassen. Der Antisemitismus, den er in den 60er Jahre erlebt - als der Klassenkamerad überraschend wegzieht, sind die Nachbarn froh, dass "die Juden" weg sind, weil sie so anders sind. Später erfährt er, dass seine Mutter und Großmutter hinter abgeschlossenen Türen und zugezogenen Vorhängen über ein Radio Nachrichten aus dem "Westen" empfangen, wie scheinbar viele andere auch. Später der Arbeitseinsatz auf dem Feld, sein Interesse für James Baldwin, eine Ikone der Schwulen-Literatur in Amerika. Dann die Anmeldung für die Doktorarbeit, deren Thema zurechtgestutzt wird, damit es ins System passt. Und schließlich seine Vermieterin, für die stundenlanges Anstehen zur Normalität gehört und die keinen Zugang zu Medikamenten hat, als sie schwer erkältet ist - denn es gibt nichts.

Und als Ludwik seine Entscheidung getroffen hat, soll er als Preis dafür, ausreisen zu dürfen, andere Schwule verraten. Ludwik findet eine Lösung, die mich überrascht hat, die aber gut passt.

Ludwiks beste Freundin spricht früh über eine Welt außerhalb der Mauern. Ich dachte, dass sie heimlich abhaut, aber das Blatt wendet sich: Ludwik trifft sie auf einer Party der Reichen und später verliebt sie sich. Was ist wichtiger: Dass man sich in einem Staat wohlfühlt oder dass man einen Lebenspartner findet? Erträgt man ein System besser, wenn man einen Partner hat, abgesehen davon, dass man als zukünftige Familie mehr Vorteile hat?

Ludwiks Freund, über dessen Charakter, Beruf und Position man lange im Unklaren gelassen wird - ich dachte sogar, dass er Ludwik bespitzelt - sieht das System positiv. Er empfindet Dankbarkeit. Ich weiß nicht, ob er dem Staat vorbehaltlos gegenüber steht oder Angst hat. Für ihn ist es normal, dass er Kompromisse eingeht, um nach oben zu kommen und dort ein besseres Leben zu haben. Ich konnte seine Ansichten nachvollziehen, stelle mir aber ein Leben mit sovielen Einschränkungen stressig vor.

Die Reichen sind gütig und ich glaube, dass sie den Luxus, in dem sie leben, zu schätzen wissen. Gleichzeitig fehlt ihnen der Blick dafür, wie sieht die anderen leiden.

Der Konflikt

Für mich war das Thema rund abgearbeitet, die Figuren stimmig. Aber beide Kernthemen - Homosexualität und Sozialismus - oberflächlich diskutiert. Ich konnte vieles mit meinem Wissen über die DDR abgleichen und das Buch hat Bilder erzeugt, die im Kopf bleiben. Aber es hat mich wenig zum Weiter-Denken angeregt, sondern entsprach genau meinem Wissensstand als Laie.

Fazit

Das Buch hat mich mitgerissen und die Atmosphäre hat mich hinein gezogen. Allerdings nur, weil mich ein Thema interessiert und ich mit dem anderen wenig Erfahrung habe. Jemand mit Vorkenntnissen wird darin wenig Neues entdecken. Es ist handwerklich und künstlerisch nicht so auffällig, dass ich es weiterempfehlen würde.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Nuancen eines Trainingsanzugs

Die Kobra von Kreuzberg
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Ich wollte eine amüsante Krimi-Komödie lesen, deswegen habe ich es angefordert. Was ich nun allerdings gelesen habe, weiß ich nicht einzuordnen - ist das kunstvoller Trash, wie manche Rezensenten behaupten? ...

Ich wollte eine amüsante Krimi-Komödie lesen, deswegen habe ich es angefordert. Was ich nun allerdings gelesen habe, weiß ich nicht einzuordnen - ist das kunstvoller Trash, wie manche Rezensenten behaupten? Ist das gute Unterhaltung? Oder soviel Kunst, dass ich sie nicht verstehe?

Worum geht es?

Beverly ist Teil einer Verbrecher-Dynastie - sämtliche männliche Verwandete (ohnehin gibt es nur wenige Frauen ...) haben legendäre Diebstähle begangen. Ihr selbst ist noch kein großer Coup gelungen, dafür soll es nur ein Kunstwerk von symbolischem Wert sein - die Quadriga vom Brandenburger Tor in Berlin.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Dass es sich hier um eine Parodie handelt, erkannte ich daran, dass der Kommissar Ference Hotfilter heißt. Und fast alle Figuren nicht-deutsch-klingende Namen haben. Auch die Trainingsanzüge als Arbeitskleidung, der Clubchef, der ein Verhältnis mit seinem Security hat und die hipster-mäßig philosophierende Beverly, die sich mit ihrem Love-Interest hervorragend über die Frage unterhalten kann, wann man die Zahnbürste mit Wasser befeuchtet. Dass sich der Erzähler mehrere Seiten über eine fiktive Genderforscherin und ihre Rezeption auslässt, obwohl diese mit der Handlung nichts zu tun hat, ist eine Anspielung, die ich nicht kapiert habe, aber es zeigt für mich gut, dass sich auch "richtige" Krimis manchmal gern an Details aufhalten.

Ich glaube, dass man im Buch viele Anspielungen suchen und finden kann.

Die Geschichte selbst ist interessant und hat einen überraschenden Wendepunkt.

Letztlich bleiben aber die Figuren grob skizziert - man baut zu keiner einen Bezug auf, sie entwickeln sich kaum - aber sie sind bunt und bilden ein stimmiges Kollektiv.

Das Buch spielt mit Sprache, besonders mit Wortwiederholungen und das macht Spaß. Schnörkel, die in "normalen" Romanen oft gestelzt wirken, verleihen dem Buch Witz und Leichtigkeit.

Fazit

"Die Kobra von Kreuzberg" kann man lesen, muss man aber nicht. Es ist ein Buch, mit dem man seine Freude hat, während man von einem Ende Berlins zum anderen fährt. Ob man in der Handlung einen SInn findet, das sei dahingestellt. Aber es war nett zu lesen.

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