Profilbild von Franci

Franci

Lesejury Star
offline

Franci ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Franci über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.05.2024

Kein Vergleich zu seinen neueren Werken.

Die Radleys
0



♡»𝘞𝘢𝘳𝘦𝘯 𝘴𝘪𝘦 𝘫𝘦𝘮𝘢𝘭𝘴 𝘷𝘦𝘳𝘭𝘪𝘦𝘣𝘵?« (…) »𝘌𝘪𝘯𝘮𝘢𝘭«, 𝘢𝘯𝘵𝘸𝘰𝘳𝘵𝘦𝘵 𝘦𝘳 (…) 𝘞𝘪𝘭𝘭 𝘯𝘪𝘤𝘬𝘵. »𝘌𝘴 𝘱𝘢𝘴𝘴𝘪𝘦𝘳𝘵 𝘪𝘮𝘮𝘦𝘳 𝘯𝘶𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘮𝘢𝘭, 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘸𝘢𝘩𝘳? 𝘋𝘦𝘳 𝘙𝘦𝘴𝘵 … 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘴 𝘢𝘯𝘥𝘦𝘳𝘦 𝘴𝘪𝘯𝘥 𝘌𝘤𝘩𝘰𝘴.«♡

Erstmals 2010 erschien der Urban-Fantasy Roman ...



♡»𝘞𝘢𝘳𝘦𝘯 𝘴𝘪𝘦 𝘫𝘦𝘮𝘢𝘭𝘴 𝘷𝘦𝘳𝘭𝘪𝘦𝘣𝘵?« (…) »𝘌𝘪𝘯𝘮𝘢𝘭«, 𝘢𝘯𝘵𝘸𝘰𝘳𝘵𝘦𝘵 𝘦𝘳 (…) 𝘞𝘪𝘭𝘭 𝘯𝘪𝘤𝘬𝘵. »𝘌𝘴 𝘱𝘢𝘴𝘴𝘪𝘦𝘳𝘵 𝘪𝘮𝘮𝘦𝘳 𝘯𝘶𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘮𝘢𝘭, 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘸𝘢𝘩𝘳? 𝘋𝘦𝘳 𝘙𝘦𝘴𝘵 … 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘴 𝘢𝘯𝘥𝘦𝘳𝘦 𝘴𝘪𝘯𝘥 𝘌𝘤𝘩𝘰𝘴.«♡

Erstmals 2010 erschien der Urban-Fantasy Roman „𝐃𝐢𝐞 𝐑𝐚𝐝𝐥𝐞𝐲𝐬“, in dem #MattHaig einen sarkastischen Ton anschlägt und mentale Probleme, hier unter anderem die Abstinenz, wie auch Gesellschaftskritik einfließen lässt. Nun ist die Geschichte zurück und bereit, durch den DroemerKnaur-Verlag noch einmal Aufmerksamkeit zu erlangen.

🦇 🖤 🦇

Wie der Titel vermuten lässt, dreht sich die Handlung um eine ungewöhnliche Familie, wenn auch alles den gegenteiligen Anschein erweckt: Peter, der Mediziner, und Helen, die Hausfrau, stets verkrampft miteinander, leben mit ihren beiden Teenagern, Rowan und Clara, in einer Reihenhausstraße in Bishopthorpe. Während der Junge unter Schlaflosigkeit und extremer Lichtempfindlichkeit leidet, ist seine Schwester ein blasses, hageres Mauerblümchen mit Brille. Beide teilen den Ruf der Freaks, kämpfen des Öfteren mit Migräne-, Schwäche- und Übelkeitsanfällen. Zu Hause herrscht eine nie endende Anspannung. Schon immer schweben ungesagte Worte in der Luft.
Bis Clara von etwas überfällt wird, das aus ihrem Inneren kommt und sich alles grundlegend ändert, Dinge offenbart werden, die die Kinder sonst nur aus Comics kennen … Als plötzlich Onkel Will in der Orchard Lane auftaucht, zerrt dieser nicht nur weitere Familiengeheimnisse, sondern auch Facetten ans Licht, die vielleicht lieber verborgen geblieben wären.

Stilistisch findet sich eine lockere, monotone Erzählweise, die leicht durch die kurzen Kapitel trägt und die zumeist bedrückende Stimmung samt der vorzufindenden Tristesse untermalt. Zusätzlich zu den fünf Radleys setzt sich die Geschichte, deren Perspektiven ineinander verschwimmen, aus den Blickwinkeln anderer relevanter Charaktere zusammen, sodass wir ein weitreichendes Bild erhalten, welches voller unterschiedlicher Nuancen und allseits bekannter Gefühle ist.
In die gegenwärtigen Problematiken und Ereignisse mischt sich, aus kleinen Rückblicken und Erinnerungen geformt, eine Ahnung über das einstige Leben der Radleys, ihre Beziehung zueinander und Hintergründe über Helens und Peters Entscheidung, sich von ihrem Wesen zu distanzieren. Durch Auszüge aus dem „Handbuch für Abstinenzler“ gewinnt die Blutsauger-Thematik eine interessante Art Skurrilität.
Obgleich Will eigentlich als Unterstützung in das kleine Haus gerufen wurde, bringt der praktizierende Vampir neben moralischer Fragwürdigkeit und Durst auch allerhand Ballast und Feinde mit.

Meiner Meinung nach zeigt Haig, abgesehen der vampirischen Eigenschaften, die typische Vorstadt-Familie, in der Unzufriedenheit und Gleichmut brodeln, sich verstellt und miteinander arrangiert wird, die Fassade für die Gemeinde strahlen muss. Neben dem tratschigen Kleinstadtcharme fing der Autor die Tragik innerhalb der vier Wände authentisch ein; setzt dramatische Akzente, etwa durch Wehmut, Reue oder verpasste Chancen. Der fantastische Aspekt – Fähigkeiten, System, Arrangements mit der Staatsgewalt … – kam ebenso ausreichend zur Geltung wie die einzelnen Figuren; das Tempo bleibt gemächlich und wird nur selten von Spannung aufgebrochen, dennoch gibt es Überraschungen, Schmerz, tiefsinnige Gedanken und einige Entwicklungen.
„Die Radleys“: ein Roman über Rache, Besessenheit und Sucht, über (eigene) Grenzen, maßvollen Genuss, die Liebe und Familie.

Fazit: nett und ungewöhnlich, aber spätere Werke des Autors empfinde ich als deutlich lohnenswerter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2024

Interessanter Roman.

Der Vertraute
0

„Der Vertraute“ war mein erstes Buch von Leigh Bardugo, aber nicht mein Letztes.

Stilistisch haben wir einen anspruchsvollen, detailreichen und für die angepeilte Zeit passenden Ton, der sowohl das historische ...

„Der Vertraute“ war mein erstes Buch von Leigh Bardugo, aber nicht mein Letztes.

Stilistisch haben wir einen anspruchsvollen, detailreichen und für die angepeilte Zeit passenden Ton, der sowohl das historische Flair als auch die herrschenden Konventionen, die Vorsicht der Menschen wiedergibt.

Im Vordergrund steht Luzia Cotado, ein Küchenmädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das mehr will. Und gerade durch ihre verbotene Gabe scheint sie genau das zu bekommen. Denn die junge Frau kann Wunder wirken. Unberechenbare Wunder. Obgleich die Inquisition alles verfolgt und auf grausame Art auslöscht, was auch nur im Entferntesten dämonischer, teuflischer Natur anmutet, geht Luzia ihren Weg. Bis hinauf zum König. …
Mit ihrer Protagonistin weicht die Autorin vom Üblichen ab, zeigt, dass es nicht immer das schüchterne Mädchen sein muss, das sich versteckt. Denn Cotado ist willensstark, selbstsicher und mutig. Mutig genug, um sich in dieser Welt offen zu behaupten. Um nach dem zu verlangen, nach dem sie sich sehnt.
Aber ist es nicht menschlich, mehr zu wollen, mehr zu sein? Immer weiter, höher, schneller?!

Aufgrund der wechselnden Perspektiven erleben wir die Ereignisse aus verschiedenen Sichtweisen, sammeln variierende Eindrücke und entdecken die unterschiedlichsten Intentionen. Keine der fein gezeichneten Figuren ist nur gut, nur schlecht, „Morally Grey“ trifft es eher. Charakterlich werden im Verlauf Facetten und Nuancen deutlich, die Bereitschaft, umzudenken und sich zu verändern. Dementsprechend hält dieser fantastische Historische-Roman eine starke Entwicklung innerhalb der Handlung bereit.
Das Magiesystem wird in Einzelheiten und somit verständlich dargelegt, wirkt greifbar und fasziniert auf gewisse Weise. Unaufdringlich eingeflochten ist die Unterdrückung von Minderheiten, welche der Story einen, leider immerwährenden, aktuellen Bezug verleiht.

Eine düstere, öfter beklemmende Atmosphäre umspielt die Storyline, stetig im Hintergrund, unterschwellig spürbar, die drohende Gefahr. Die Angst, entdeckt zu werden. Trotz des häufig ruhigen Tempos warten hier und da Action, Gewalt und Blut. Im Kontrast poetische Zeilen. Gänsehautmomente. Augenblicke, in denen ein Mitbangen- und hoffen unumgänglich scheint.

„Der Vertraute“ ist ein Roman mit zahlreichen Themen und Irrungen; über die menschliche Gier, die Suche nach Macht. Bardugo zeigt, was der Einzelne, was viele bereit sind zu tun, wenn Unzufriedenheit und Vergleiche überhandnehmen. Schickt uns zurück in eine Welt, in der Meinungsfreiheit utopisch war, die von Religion und Fanatikern beherrscht wurde, von Angst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.05.2024

Langsamer Einstieg, der Fahrt aufnimmt.

Getaway - Das Unheil
0

Drei Frauen und die grenzenlose Freiheit der Natur.

Was als meditativer, erdender Trip geplant war, der Imogen, ihre Schwester und die gemeinsame Freundin aus Jugendtagen wieder näher zueinander führen ...

Drei Frauen und die grenzenlose Freiheit der Natur.

Was als meditativer, erdender Trip geplant war, der Imogen, ihre Schwester und die gemeinsame Freundin aus Jugendtagen wieder näher zueinander führen sollte, entwickelt sich zu einer Wanderung, in der innere und zwischenmenschliche Konflikte, ungesagte Worte und brodelnde Emotionen nicht die schlimmsten Begleiter sind ...

„𝐆𝐞𝐭𝐚𝐰𝐚𝐲 - 𝐃𝐚𝐬 𝐔𝐧𝐡𝐞𝐢𝐥“ beginnt mit einem Prolog, der ein traumatisches Erlebnis der Protagonistin offenlegt, mit dessen Folgen Imogen u. A. noch immer kämpft. Beck, die sich nach jener Zeit sehnt, in der die Schwestern und Tilda unzertrennlich waren, animiert beide zu einer Rucksack-Tour durch den Grand Canyon. Sieben Tage nur Landschaft und Abgeschiedenheit. Und viel Raum, viel Zeit, um die ehemals intensive Bindung zwischen den Mittdreißigerinnen wieder aufflammen zu lassen. Dabei schleppen die drei mehr mit sich als nur das dringend benötigte Gepäck.

Von der ersten Seite an wirkte der Stil, mit dem Zoje Stage durch ihren (PsychThriller führte, regelrecht mitreißend. Dies lag am Mix aus detailreichen Ausschmückungen und der Einfachheit ihrer Worte. Trotz Gefühl und der Möglichkeit, sich in Imogen hineinzuversetzen, aus deren Perspektive die damaligen wie gegenwärtigen Geschehnisse zu erleben, hielt die Autorin eine gewisse Distanz aufrecht, was der Erzählung einen unberechenbaren, Vorsicht erregenden Touch verleiht. Obgleich es gerade in der ersten Hälfte einige Längen gab und Fragen aufgeworfen wurden, deren Klärung sich erst im fortschreitenden Verlauf findet, flogen die Kapitel rasch dahin. Während der Spannungsbogen allmählich anstieg, gewannen die Charaktere mehr und mehr an Kontur.

Wie stellt ihr euch die Einsamkeit des Grand Canyons vor? Bedrückend? Beklemmend? Genau diese Atmosphäre samt der Anstrengung, die solch Wanderung erfordert, fing Stage ein und brachte sie dicht, greifbar rüber.
Die Anspannung, ausgelöst durch das, was zwischen den Frauen steht – Ärger, Frust, Geheimnisse –, der Ursprung ihrer Entfremdung und spitze Dialoge entfachen Neugier. Aber da ist noch mehr. Denn sie sind nicht allein. Etwas schreitet mit, wie ein Schatten, der beobachtet …

„Getaway - Das Unheil“ entwickelt sich nach einem langsamen Einstieg, dem es an Ereignissen und Abwechslung fehlt, zu einem einnehmenden Thriller, dessen Irrungen samt dem entstehenden Unbehagen an den Nerven zieht. Die durchsickernden Informationen – Imogens Inneres, ihre Traumata betreffend – wecken zusätzlich eine ungute Ahnung, die die Brust eng werden lässt. Ab der Hälfte der Geschehnisse zieht Stage das Tempo an, fesselt und überrascht.
Im Vergleich zu Idee und Storyline wirkte das Ende jedoch weniger originell und auf gewisse Weise zu einfach.
🤘🏻 Fazit: Dranbleiben lohnt sich!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2024

Frisch, queer, anders.

Fluch und Segen
0

„𝐒𝐜𝐡𝐢𝐜𝐤𝐬𝐚𝐥𝐬𝐫𝐞𝐢𝐜𝐡“ ist der Beginn der High-Fantasy-Trilogie „𝐅𝐥𝐮𝐜𝐡 𝐮𝐧𝐝 𝐒𝐞𝐠𝐞𝐧“, in der wir einen Kontinent betreten, auf dem neben zahlreichen Sagengestalten auch Magie existiert. Doch nicht alle Völker ...

„𝐒𝐜𝐡𝐢𝐜𝐤𝐬𝐚𝐥𝐬𝐫𝐞𝐢𝐜𝐡“ ist der Beginn der High-Fantasy-Trilogie „𝐅𝐥𝐮𝐜𝐡 𝐮𝐧𝐝 𝐒𝐞𝐠𝐞𝐧“, in der wir einen Kontinent betreten, auf dem neben zahlreichen Sagengestalten auch Magie existiert. Doch nicht alle Völker wurden mit dieser gesegnet, und so verliert sich das Reich Byrantia immer mehr in der Angst vor dem Untergang. Denn es herrscht Krieg.
Zusätzlich zeichnet sich die hier geschaffene Welt durch fiktive, sich manifestierende Gottheiten und einen starken Glauben aus. Doch reicht solch Zeugnis, um in Demut zu leben?

Erzählt wird aus drei unterschiedlichen Perspektiven.
Elissia, die Kronprinzessin des Landes, lebte bisher im Augenblick. Doch nach dem Versagen ihres – allgemeinhin unbeliebten, missgünstigen – Bruders und dem damit einhergehenden Verlust seiner ihm angedachten Position im Reich holt sie ihre Pflicht als Thronfolgerin rasant ein. Die Erwartungen und Hoffnungen des gesamten Volkes, ein unbändiger Druck, lasten plötzlich schwer auf der 22-jährigen. Und somit auch auf ihrer Partnerin.
Daneska von Bodenstarcks – stellvertretende Heerführerin – und Eliss sind dazu angehalten, schnell eine Entscheidung für ihre Zukunft zu treffen. Eine, die das Leben beider ändert. Denn das Geschlecht der von Kroningens fortzuführen steht, wie das Wohlergehen des Landes, an forderster Stelle.
Der dritte Charakter, durch den wir die Ereignisse verfolgen, ist Malachias – ein enger Vertrauter und Berater des Königs. Doch während andere Land und Volk Loyalität geschworen haben, verfolgt der Kräuterkundige seit jeher eigene Pläne und Ideologien. Sät Hass und Unzufriedenheit. Versteckt Geheimnisse, hantiert mit Tricks, die drohen, die Strukturen des Reiches zu ändern, die Götter zu erzürnen.

Während die Einführung in die Geschichte klassischer Natur war, war es die Darstellung der Gesellschaft nicht. Denn wir entdecken eine gleichberechtigte Welt, in der jeder sein und lieben darf, was und wen er will, in der Menschen, egal welcher Zugehörigkeit und welches Geschlechts, ihren Beruf wählen dürfen und auf Augenhöhe agieren. Für Nachwuchs wird offen auf unkonventionelle, moderne Art gesorgt, und auch die – demokratisch – herrschende Familie unterliegt Regeln. Das und noch mehr schafft einen aktuellen Bezug und bringt frischen Wind in das Genre. Doch was nach einem utopischen, harmonischen Fleckchen klingt, wird durch die immer häufigeren, brutalen Angriffe der magisch begabten Völker erschüttert … Angst und Unsicherheit, Hilf- und Machtlosigkeit machen die Byrantinen anfällig für Manipulationen, sie beginnen zu verachten, was sie gleichzeitig schützt und langsam zerstört. Beginnen, sich von Göttern und Frauen abzuwenden, zu spotten; dem Zwietracht, intrigant gestreut, Einlass zu gebieten …

»𝗞𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗠𝗮𝗰𝗵𝘁 𝗶𝘀𝘁 𝗴𝘂𝘁 𝗼𝗱𝗲𝗿 𝗯𝗼𝗲𝘀𝗲. 𝗪𝗶𝗲 𝘄𝗶𝗿 𝘀𝘁𝗲𝗿𝗯𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝘂𝗻𝘀𝘁𝗲𝗿𝗯𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗪𝗲𝘀𝗲𝗻 𝘀𝗶𝗲 𝗻𝘂𝘁𝘇𝗲𝗻, 𝗱𝗮𝘀 𝗴𝗶𝗯𝘁 𝗱𝗲𝗻 𝗔𝘂𝘀𝘀𝗰𝗵𝗹𝗮𝗴.«

Stilistisch findet sich hier eine sehr lockere und einfache Erzählweise, die es leicht macht, der Storyline zu folgen und das System zu verstehen. Wie üblich für den Beginn einer Serie lässt auch Jamie einiges an Background einfließen, gibt uns einen Überblick über Hierarchien und Traditionen. Die Autorin schuf eine Ausgangssituation, die sich im Verlauf ebenso besorgniserregend wandelt wie Stimmung und Gesinnung in Byrantia. Plötzlich scheint die Bedrohung von außen nicht die Zerstörerischste zu sein.
Neben den Herrschaftsstrukturen und einzelnen Positionen samt Intentionen wurden relevante Figuren mit ausreichend Tiefe und Authentizität ausgearbeitet. Gerade die Mitglieder der Königsfamilie und Daneskas Angehörige bilden einen bunten Mix. Durch Details, kleine Regungen und verstreute Informationen sind Reaktionen und Ziele nachvollziehbar. Es gilt, Zusammenhänge zu knüpfen und Facetten zu entdecken. Die Dynamik zwischen Dani und Eliss – ihre Loyalität gegenüber dem Land und ihre vertrauensvolle Basis – war zugleich sanft wie stark inszeniert.

»𝗗𝘂 𝘃𝗲𝗿𝘁𝗲𝗶𝗱𝗶𝗴𝘀𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗟𝗮𝗻𝗱, 𝘂𝗲𝗯𝗲𝗿 𝗱𝗮𝘀 𝗶𝗰𝗵 𝗲𝗶𝗻𝘀𝘁 𝗵𝗲𝗿𝗿𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲.
𝗪𝗶𝗲 𝗸𝗼𝗲𝗻𝗻𝘁𝗲 𝗶𝗰𝗵 𝗱𝗶𝗿 𝗱𝗮𝘀 𝗷𝗲𝗺𝗮𝗹𝘀 𝘃𝗼𝗿𝗵𝗮𝗹𝘁𝗲𝗻?«

Spannende und informative Szenen, Überraschungen und Humor halten sich die Waage, während Romantik und Tragik seicht mitschwingen. Momente, die die Neugier anstacheln, Veränderungen, die wütend machen. Über allem Eliss: die mit so einigem konfrontiert wird, sich viel zu schnell in neue Strukturen einfinden und schwerwiegende Entscheidungen treffen muss. Das Schicksal von Byrantia, von tausenden Menschen, steht in der Schwebe, die Luft durchtränkt von einer epischen Veränderung, als Jamie Enderlein „Schicksalsreich“ beendet ...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.05.2024

Eine Geschichte, die Zeit und Aufmerksamkeit braucht, sich aber lohnt.

Lügen, die wir dem Meer singen
0

In „𝐋𝐮𝐞𝐠𝐞𝐧, 𝐝𝐢𝐞 𝐰𝐢𝐫 𝐝𝐞𝐦 𝐌𝐞𝐞𝐫 𝐬𝐢𝐧𝐠𝐞𝐧“ verbindet Sarah Underwood History mit Mythologie, spickt das Geschehen mit einem Hauch Fantasy und Drama. Trotz des Settings einer längst vergangenen Zeit und einer ...

In „𝐋𝐮𝐞𝐠𝐞𝐧, 𝐝𝐢𝐞 𝐰𝐢𝐫 𝐝𝐞𝐦 𝐌𝐞𝐞𝐫 𝐬𝐢𝐧𝐠𝐞𝐧“ verbindet Sarah Underwood History mit Mythologie, spickt das Geschehen mit einem Hauch Fantasy und Drama. Trotz des Settings einer längst vergangenen Zeit und einer Nuance Poesie wirkte die Geschichte weder altbacken noch verstaubt. Die Autorin schafft es, in den Dialogen Moderne einfließen zu lassen, Ereignisse zu generieren, die (schon und für immer) Aktualität versprühen.

Ein grausamer Fluch, dem seit Jahrhunderten tausende Unschuldige zum Opfer fielen und der weitere Jahrhunderte abertausende Mädchen fordern wird – wenn Leto diese eine, diese letzte von Poseidon gewährte Chance nicht ergreift, und Ithaka von etwas befreit, was einst durch Angst, durch Schmerz auf die Stadt und all ihre BewohnerInnen losgelassen wurde. Entfesselt von einem Gott ...

» (...) 𝚞𝚗𝚍 𝚍𝚊 𝚠𝚞𝚜𝚜𝚝𝚎 𝚒𝚌𝚑, 𝚍𝚊𝚜𝚜 𝚒𝚌𝚑 𝚜𝚒𝚎 𝚛𝚊𝚎𝚌𝚑𝚎𝚗 𝚖𝚞𝚜𝚜𝚝𝚎 (...) 𝚄𝚗𝚍 𝚜𝚘 𝚝𝚛𝚞𝚐 𝚒𝚌𝚑 𝚍𝚎𝚗 𝙶𝚘𝚎𝚝𝚝𝚎𝚛𝚗 𝚖𝚎𝚒𝚗𝚎 𝙱𝚒𝚝𝚝𝚎 𝚟𝚘𝚛. 𝙸𝚌𝚑 𝚜𝚌𝚑𝚒𝚌𝚔𝚝𝚎 𝚍𝚊𝚜 𝙵𝚕𝚎𝚑𝚎𝚗 𝚐𝚎𝚗 𝙷𝚒𝚖𝚖𝚎𝚕, 𝚐𝚎𝚗 𝙼𝚎𝚎𝚛. 𝙷𝚊𝚋𝚎 𝚎𝚜 𝚒𝚗 𝚍𝚒𝚎 𝚝𝚒𝚎𝚏𝚜𝚝𝚎𝚗 𝚃𝚒𝚎𝚏𝚎𝚗 𝚍𝚎𝚛 𝙴𝚛𝚍𝚎 𝚜𝚝𝚞𝚎𝚛𝚣𝚎𝚗 𝚕𝚊𝚜𝚜𝚎𝚗, 𝚞𝚖 𝚍𝚒𝚎 𝙷𝚊𝚕𝚕𝚎𝚗 𝚍𝚎𝚜 𝚄𝚗𝚜𝚒𝚌𝚑𝚝𝚋𝚊𝚛𝚎𝚗 𝚣𝚞 𝚎𝚛𝚜𝚌𝚑𝚞𝚎𝚝𝚝𝚎𝚛𝚗.«

Erzählt wird aus drei Perspektiven, sodass neben der gegenwärtigen Situation und den Vergangenheiten der Protagonisten auch die Hintergründe des Fluchs an die Oberfläche geschwemmt werden. Stückchenweise, bis sich am Ende ein komplettes Bild, ein Verheerendes, zusammensetzt, das von sinnlosen Opfern und Leid erzählt.
Leto, die in ihrem jungen Leben schon so viel verloren und ertragen hat. Melantho, einsam, müde und älter, als ihr Antlitz vermuten lässt.
Mathias, mit einer grausamen Bürde, einer Pflicht, die auslöscht, um zu retten.

Sowohl der Aufbau des Romans wie die Zeichnung der Hauptcharaktere und ihr Zueinanderfinden waren interessant, wenn auch lediglich die Entwicklung der Beziehung zwischen Melantho und Leto greifbar, mit Tiefe ausgebaut wurde. Mit einem gefühlvollen, detailreichen Stil, Überraschungen und Tragik führt uns Sarah durch den Verlauf, der Lügen und Geheimnisse, Prophezeiungen und Fragen bereithält, die das Interesse selbst an jenen Stellen aufrechterhalten, an denen die Handlung ins Stocken gerät.
Obgleich der fantastische Aspekt nicht dominiert, ist dieses Element meinem Empfinden nach wichtig und genau richtig dosiert, ebenso wie die griechischen Mythen. Underwood verleiht dem Geschehen auf diese Art etwas Besonderes, unterstreicht die Ungerechtigkeit, die Willkür des Schicksals, die Überheblichkeit der Mächtigen.

Viele Momente, Entscheidungen und Offenbarungen gingen mir nahe. Das Gefühl vermeintlicher Ausweglosigkeit lastet schwer. Einige Szenen und Gespräche brachten mich zum Schmunzeln, während Nebenfiguren für böse Vorahnungen und Unberechenbarkeit sorgten.
Ich mochte den spritzigen Schlagabtausch, die zarten Gefühle – stehen diese doch im starken Kontrast zu all dem Schmerz, der der Geschichte inneliegt, zu all den Verlusten. Spannung und Romantik, ein Hauch Sinnlichkeit, vor allem aber Melancholie, Wut und Trauer finden sich in „Lügen, die wir dem Meer singen“.

Wenn auch die Zeit der Antike nur oberflächlich zur Geltung kam und es stellenweise an relevanten Ereignissen und Aufregung fehlte – die Fülle an eingeschobenen Nebensätzen tut hier ihr Übriges – mochte ich Idee, Atmosphäre und Ton. In Kombination mit dem unerwarteten Ende, den Dynamiken und der charakterlichen Stärke, die von Melantho, Leto und Mathias ausgeht, kann ich dieses Buch wirklich empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere