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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2021

Erfrischende Fantasy-Unterhaltung.

Birthright 1: Heimkehr
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Meine Meinung

Egal ob Roman oder Comic, fantastische Geschichten sind genau mein Ding! Auf mehrfache Empfehlung hin habe ich den ersten Comic der »Birthright« Serie von Joshua Williamson und Andrei Bressan ...

Meine Meinung

Egal ob Roman oder Comic, fantastische Geschichten sind genau mein Ding! Auf mehrfache Empfehlung hin habe ich den ersten Comic der »Birthright« Serie von Joshua Williamson und Andrei Bressan gelesen. Was soll ich sagen – ich bin sehr angetan von der teilweise bekannten aber dennoch erfrischend umgesetzten Fantasy-Story, die Autor und Zeichner zusammen in »Heimkehr« aufbereitet haben.

In der Geschichte geht es um die Familie Rhodes, deren idyllisches Leben ein jähes Ende erfährt, als Mikey, der jüngste Spross, an seinem Geburtstag im Wald verschwindet. Aaron war an diesem Tag gemeinsam mit seinem Sohn draußen, um ein paar Bälle zu werfen und ihn so von den Vorbereitungen für die Überraschungsparty fernzuhalten. Doch als ein Wurf zu weit geht, folgt Mikey dem Ball in den Wald und kehrt nicht wieder.

Die Familie zerbricht daran, Aaron der sogar des Mordes an seinem Jungen verdächtigt wird, rutscht in die Alkoholsucht. Als dann ein Jahr nach Mikeys Verschwinden ein muskelbepackter Heldenverschnitt auftaucht und trotz des nicht zu leugnenden Altersunterschiedes behauptet, genau jener vermisste Sohn zu sein, will Wendy nichts davon wissen und schon gar nicht von dessen unhaltbaren Behauptungen über eine Fantasie-Welt namens Terrenos. Doch Aaron und sein Bruder Brennan glauben ihm und sind bereit, ihm bei der Erfüllung seiner Prophezeiung zu unterstützen.

Besonders gut gefallen hat mir das Story-Telling, denn die Szenen wechseln sich in Zeit und Örtlichkeit des Geschehens ab, so dass ein unglaublich mitreißender Spannungsbogen entsteht. Zum einen begleitet man also den jungen Mikey, der aus einem ganz bestimmten Grund in die magische Welt von Terrenos gerät, in der es nicht nur Orcs, geflügelte Wesen, die sich Gideonen nennen und Klingenbiester gibt, sondern auch den schrecklichen Herrscher Lore, den er als auserwählter Held zur Strecke bringen soll.

Die Mischung aus blutigen Schlachten, einer kreativen Fantasy-Welt und den bedrückenden Problemen einer Familie in der „realen“ Welt ist unheimlich erfrischend und bietet einen hohen Unterhaltungswert. Während die leicht verständliche Realität einen etwas größeren Raum in diesem Auftakt-Band erhält, bleiben für mich noch einige Fragen bezüglich der phantastischen Welt Terrenos und der in ihre lebenden Geschöpfe offen. Dafür wird man jedoch mit heroischen Bildern, blutigen Schlachten und ausdrucksstarken Mienenspiel der Protagonisten belohnt. Die klassischen Zeichnungen von Andrei Bressan bekommen durch die kräftige Farbpalette von Adriano Lucas das richtige Feeling verpasst, und man glaubt tatsächlich durchs Kaninchenloch bzw. den Wald in eine schillernde Fantasy-Parallel-Welt gefallen zu sein.

Fazit

Ein vielversprechender Auftakt zu einer Fantasy-Reihe, die trotz althergebrachter Ansätze auch mit erfrischenden Einflüssen zu unterhalten weiß.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.07.2020

Veröffentlicht am 18.03.2021

Eine mystische Kriminalgeschichte in London

Eine Studie in Smaragdgrün
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Meine Meinung

Basierend auf Neil Gaimans Kurzgeschichte »A Study in Emerald« aus dem Jahre 2003, welche kostenfrei auf seiner Homepage aufgerufen werden kann, haben Rafael Albuquerque (»American Vampire«, ...

Meine Meinung

Basierend auf Neil Gaimans Kurzgeschichte »A Study in Emerald« aus dem Jahre 2003, welche kostenfrei auf seiner Homepage aufgerufen werden kann, haben Rafael Albuquerque (»American Vampire«, »Batgirl«, »Batman«) und Rafael Scavone (»Hit Girl«, »Wonder Woman«, »Batman«) in einem genialen Crime-Mysterie Comic adaptiert, der die Welt von Arthur Conan Doyles »Sherlock Holmes« und H. P. Lovecrafts »Cthulhu-Mythos« miteinander verschmelzen lässt.

Alles beginnt mit der Begegnung eines Kriegsveteranen mit einem Mann im Laborkittel, dessen analytischer Verstand verblüffend ist. Die Junggesellen sind auf der Suche nach einer Wohnung, die sie sich teilen können und landen in der Baker Street. Spätestens jetzt hat man zusammen mit dem Titel, der sich auf die Kriminalgeschichte »Eine Studie in Scharlachrot« bezieht, in der Sherlock Holmes seinen ersten Auftritt hat, genügend Hinweise auf die Parallelen zu Doyles Meisterdetektiv gesammelt.

Es geht aber noch weiter. Die Herren bekommen Besuch von einem gewissen Polizeiinspektor, der ihre Hilfe in einem delikaten Mordfall benötigt. Am Tatort in den Slums von London liegt eine Leiche in einer beträchtlichen Blutlache, die aufgrund der adligen Abstammung des Opfers grünleuchtend schimmert. Mit ebendiesem Blut hat der Täter eine Botschaft an der Wand hinterlassen. Die Einflüsse von Lovecrafts alienhaften Monstern, die in den höchsten Kreisen, so auch im Königshaus zu finden sind, kommen nun zum tragen. Und so liegt es an dem deduktiven Geschick des polizeilichen Beraters, die richtigen Schlüsse zu ziehen und den Verantwortlichen dingfest zu machen. Doch als Leser sollte man hier nicht voreilig seine Schlüsse ziehen, denn Gaiman hat noch einen phänomenalen Plottwist im Ärmel versteckt.

Gaiman verbindet in seiner Crime-Mysterie Geschichte nicht nur Anspielungen auf Holmes und den Cthulhu-Mythos, sondern lässt auch anderweitige Klassiker aus der düsteren Literatur, wie z. B. Shelleys »Frankenstein« oder Stevensons »Doktor Jekyll und Mister Hyde« einfließen und liefert Fans dieser Schriftsteller zahlreiche feingeschliffene Details.

Da ich selbst weder die Geschichten von Doyle noch von Lovecraft bisher gelesen habe, und ich daher mein Wissen nur aus den Serien und Filmen ziehe, war ich sehr dankbar für das ausführliche Glossar von Jens R. Nielsen, in dem die Verweise und Andeutungen aufgedröselt werden. Dennoch bin ich mir sicher, dass die Geschichte auf eingefleischte Leserinnen der berühmten Schriftsteller noch viel besser wirken kann.

Die schwungvollen Illustrationen von Rafael Albuquerque, die besonders durch die ausdrucksstarke Mimik der Protagonisten bestechen, entwickeln im Zusammenspiel mit den lebendigen Farben Dave Stewarts eine ganz eigene Sogkraft, und sind damit eine wahre Augenweide. Alleine schon aufgrund dieses tollen Artworks lohnt es sich, ein Blick in den Comic zu werfen.

Fazit

»Eine Studie in Smaragdgrün« ist zwar in erster Linie ein absolutes MUST-READ für echte Sherlock Holmes- und Lovecraft-Fans, kann aber auch Leser
innen mit einem Faible für mystische Kriminalgeschichten einen fesselnden Trip durch ein literarisch verdichtetes London mitnehmen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 26.07.2020

Veröffentlicht am 18.03.2021

Poetisch und melancholischer Roadtrip zu Lost Places.

Zeit der Wildschweine
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Beschreibung

Leon ist Reisejournalist und ergreift auf der Suche nach sich selbst, jede Möglichkeit der einengenden Beständigkeit seiner Familie zu entgehen. Die Gelegenheit dem dörflichen Leben seiner ...

Beschreibung

Leon ist Reisejournalist und ergreift auf der Suche nach sich selbst, jede Möglichkeit der einengenden Beständigkeit seiner Familie zu entgehen. Die Gelegenheit dem dörflichen Leben seiner Heimat den Rücken zu kehren, bietet sich, als er den Auftrag erhält, über Lost Places zu schreiben. Zusammen mit dem interessanten Fotografen Janko, den er erst kürzlich beim Box-Training kennenlernte, reist er nach Frankreich, um dort der Faszination von Niemandsorten auf den Grund zu gehen.

Auf der Reise entwickelt sich ein Konkurrenzkampf und Janko begeht Verrat an dem gemeinsamen Projekt. Bleibt die Frage, welche Kunst das Rennen macht: Fotografie oder Journalismus? Oder liegt das Glück gar nicht im Bestreben nach Selbstverwirklichung, sondern im Zusammenhalt und der Liebe der Familie?

Meine Meinung

Mit »Zeit der Wildschweine« ist heute der zweite Roman aus der Schreibfeder von Kai Wieland im Klett-Cotta Verlag erschienen. In seiner Geschichte schreibt er über einen Millennial, der sich ganz und gar seine Generation, an vielen Orten und in vielen Rollen sieht, und dessen Selbstbild und Identität von popkulturellen Einflüssen aus Literatur und Film geprägt wird.

Verankert in dem ländlichen Idyll seiner schwäbischen Heimat, zieht es Wielands Protagonisten und Ich-Erzähler Leon immer wieder in die Welt hinaus. Als ihm sein Vater einen Wohnungstausch vorschlägt, wagt er dieses Experiment ebenso leichtfüßig und unüberlegt, wie er sich mit verschiedenen Rollen identifizieren kann und wenig später, mit dem ihm fast unbekannten Fotografen Janko, für ein neues Projekt über Lost Places nach Frankreich aufbricht.

»Saint-Rémy-sur-Mer war kein Lost Place im eigentlichen Sinne, sondern ein konventioneller Globalisierungsverlierer an der Küste des Ärmelkanals, angeschlagen, aber noch nicht zersetzt von Leerstand und Landflucht.«
Zeit der Wildschweine, Seite 102

Der Autor konfrontiert mit einer Geschichte, die durch poetische Sprache und den darin verschmolzenen Thematiken eine unglaubliche Sogwirkung auf mich ausübte. Die melancholische Grundstimmung im Einklang mit Wielands stimmungsvollem Erzählstil, machten es mir unmöglich, das Buch aus der Hand legen zu können. Die faszinierende Betrachtung von Urban Exploring und der Fokussierung auf einen Charakter, der sinnbildlich für eine ganze Generation aus Suchenden besteht, lässt die eigenen Gedanken ins kreiseln geraten und trägt zum hypnotischen Bannzauber der Geschichte bei.

In einer Zeit ohne Krieg und Entbehrungen herangewachsen, schickt sich diese Generation, zu der auch ich mich zähle, an, die »Leere« mit neuen Eindrücken aus Reisen, Geschichten, Film- und Literatur aufzufüllen und hat genügend Zeit die Gedanken in die Ferne schweifen zu lassen und den Horizont zu erweitern. Leon gibt sich ganz der Findung seines Selbst hin und füllt dieses immer wieder mit Neuem, jedoch geraten dabei spürbar die Wurzeln zu den Menschen, die ihm nahe stehen, und die Bezugspunkte zu seiner Identität bilden, aus dem Blickfeld.

Sein Interesse für das Neue und Unbekannte ist größer, als sich auf das Althergebrachte zu berufen, und so entgleitet er in einen Kosmos aus Kunst und Geschichten über verlassene Orte, und verliert sich dabei in einem Paradoxon aus Wahrheit und Fiktion. Die Wildschweine in den nahen Maisfeldern seiner provinziellen Heimat können sicherlich als Metapher verstanden werden, sie bleiben genauso unsichtbar, wie das Ziel seiner Suche und die Maisfelder sind ein undurchdringliches Dickicht, dass die Sicht raubt.

Für mich bot »Zeit der Wildschweine« eine unglaublich interessante Leseerfahrung und ich habe es sehr genossen, mich zwischen den Zeilen treiben zu lassen. Die Geschichte hallt definitiv noch etwas länger in meinem Gedächtnis nach und bekommt nur einen kleinen Abzug, da ich mir hinsichtlich der Beziehung zwischen den Charakteren einen stärkeren Rahmen gewünscht hätte.

Fazit

»Zeit der Wildschweine« ist eine besondere Art des Road-Trips, poetisch und melancholisch, in der Kunst genauso Thema ist, wie die Magie verlassener Orte und die Essenz von Identitätsprägung.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.07.2020

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.03.2021

Einfühlsame Kurzgeschichte

Rosalie
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Meine Meinung

Die Kinderbücher des französischen Autors Timothée de Fombelle wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt und ausgezeichnet. Sein neuestes Werk »Rosalie. Als mein Vater im Krieg war« ist ...

Meine Meinung

Die Kinderbücher des französischen Autors Timothée de Fombelle wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt und ausgezeichnet. Sein neuestes Werk »Rosalie. Als mein Vater im Krieg war« ist eine einfühlsame Kurzgeschichte über das Kind sein in Zeiten des Krieges, eindrücklich bebildert durch die Aquarell-Illustrationen der kanadischen Künstlerin Isabelle Arsenault.

Rosalie ist noch keine sechs Jahre alt und bekommt schon in diesen jungen Jahren das schreckliche Gesicht des Ersten Weltkrieges zu spüren. Ihr Vater kämpft für das Vaterland, die Mutter arbeitet seither den ganzen Tag in der Fabrik, um sie durch die schwere Zeit zu bringen. Während des Tages sitzt Rosalie in der letzten Bank in einer Schulklasse, und am Abend liest ihre Mutter ihr aus den Briefen ihres Vaters vor.

Obwohl Rosalie noch so jung ist, bemerkt sie die Veränderung, die mit ihrer Mutter vor sich geht und ahnt, dass mit den Briefen irgendetwas nicht stimmen kann. Doch Rosalie kann noch nicht lesen und sich selbst der Worte vergewissern, und so beschließt sie kurzerhand, sich das Lesen selbst beizubringen, um die Wahrheit herauszufinden. Hauptmann Rosalie hat eine Mission…

Timothée de Fombelle und Isabelle Arsenault vermitteln mit dieser Geschichte eindrucksvoll, wie die Welt eines kleinen Mädchens, die durch die Umstände des Ersten Weltkrieges unmittelbare Auswirkungen in ihrer Familie erlebt, aussieht, und wie sie mit dem Schweigen der Erwachsenen gegenüber ihr als Kind zu kämpfen hat.

Eltern versuchen immer ihre Kinder zu beschützen und vor Unheil zu bewahren, und so macht es auch Rosalies Mutter, indem sie versucht etwas Schönes vorzugaukeln, wo Rosalie doch genau die graue Wirklichkeit und die Schrecken des Krieges sehen kann. Doch wenn eines diese Kurzgeschichte beweist, dann das, dass Kinder besser mit der Wahrheit umgehen können und man ihnen durchaus mehr zutrauen und zumuten kann, als Erwachsene vermuten. Viel schlimmer wiegt für Rosalie nämlich die nagenden Ungewissheit. Aber mit ihrem starken Willen, der Wahrheit selbst auf den Grund zu gehen, wird verdeutlicht wie wichtig es ist, Kinder auch in schrecklichen Situationen ernst zu nehmen und sich gemeinsam mit ihnen der Wahrheit zu stellen.

Arsenaults Illustrationen sind überwiegend in Grau- und Schwarztönen gehalten, was die schwere Kriegszeit für die Bevölkerung einfängt und wird nur selten durch Farbtupfer, wie z. B. Rosalies rotes Haar, aufgebrochen, was die Aufmerksamkeit der Leser*innen unweigerlich immer wieder auf das aufgeweckte Mädchen lenkt, dass sich selbst auf einer geheimen Mission als Hauptmann Rosalie befindet.

Fazit

Eine einfühlsame Kurzgeschichte über die Auswirkungen des Krieges auf ein kleines Mädchen, dass um die Wahrheit herauszufinden, einer ganz eigenen Mission nachgeht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 24.07.2020

Veröffentlicht am 18.03.2021

Fesselnde Mischung aus Historie, Folklore und Märchen

Die Geschichtensammlerin
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Beschreibung

Die zehnjährige Ileana liebt Geschichten, Märchen und Gedichte, sie schreibt sie auf und sammelt diese Texte wie Schätze. Doch Ileana lebt im kommunistischen Rumänien des Jahres 1989, in ...

Beschreibung

Die zehnjährige Ileana liebt Geschichten, Märchen und Gedichte, sie schreibt sie auf und sammelt diese Texte wie Schätze. Doch Ileana lebt im kommunistischen Rumänien des Jahres 1989, in dem die Menschen in ständiger Angst leben, Lebensmittel immer knapp sind und zu jeder Zeit der Strom ausfallen kann. In dieser Zeit sind Geschichten ein gefährliches Gut, sodass Ileanas wertvolle Sammlung von ihrem Vater vernichtet wird und sie schließlich zu ihren Großeltern aufs Land geschickt wird, um dort in Sicherheit zu sein. Doch die Securiatate dringt nur wenig später bis in die Wäldern der Karparten vor, so dass Ileana genauso schlau und listig sein muss wie ihre Namensvetterin aus ihrem geliebten Märchen, um ihre Familie zu retten.

Meine Meinung

Die Bücher aus dem Wunderraum Verlag sind nicht nur von der speziellen Aufmachung, Hardcover mit Leinenrücken und Lesebändchen, immer etwas Besonderes, sondern auch die Geschichten zwischen den Buchdeckeln wissen ihre Leser*innen zu verzaubern.

Jessica Kasper Kramer verwebt in ihrem Debütroman »Die Geschichtensammlerin« Erzählfäden aus dem historischen Genre mit rumänischer Folklore und märchenhaften Passagen zu einem fesselnden zeitgenössischen Roman. Die Geschichte ist im Jahr 1989 in Rumänien angesiedelt und trägt sich somit im Jahr der blutigen Revolution gegen den neostalinistischen Diktator Ceaușescus und die kommunistische Politik des Regimes zu.

Als Erzählerin und Hauptprotagonistin fungiert die zehnjährige Ileana, die nach der jüngsten Prinzessin aus ihrem Lieblingsmärchen benannt wurde, tatsächlich gab es wirklich einmal eine rumänische Prinzessin mit diesem Namen (es gibt allerdings keinen Bezug zum Märchen im Roman). Als Tochter eines Literaturprofessors liegt ihr die Liebe zu Geschichten bereits in den Genen und so schreibt und sammelt Ileana Erzählungen und Märchen in einer glitzernden Mappe, die ihr alles bedeutet.

Die Kindheit der Geschichtensammlerin ist alles andere als unbeschwert, denn in dem kommunistisch geführten Rumänien herrscht eine raue Atmosphäre der Angst, welche Jessica Kasper Kramer eindrucksvoll in ihren Zeilen einfängt und damit für Gänsehaut sorgt. Auch die Lebensumstände, wie Missstände in der Versorgung mit Lebensmitteln, Stromengpässe, kaum warmes Wasser und die ständige Furcht vor Spitzeln der Securiatate belauscht zu werden, sind Bestandteil des beklemmenden Settings.

Tatsächlich entdeckt Ileanas Familie in ihrer Wohnung eines Tages Abhörwanzen. Die gefährliche Geschichtensammlung vom Vater verbrannt, mit dem Nötigsten im Gepäck, wird Ileana in den Zug gesetzt, der sie von Bukarest zu ihren Großeltern aufs Land bringt. Alleine in der unbekannten Umgebungen ist sie auf die Hilfe ihrer völlig unbekannten Verwandten angewiesen. Doch das Mädchen wird an diesem abgelegenen Ort mit seiner mystischen Aura, die Geschichten über Hexen und Wölfe glaubhaft werden lässt, herzlich aufgenommen und findt eine Freundin, auf die sie sich auch in schweren Zeiten verlassen kann.

Die bedrückenden Kapitel werden immer wieder von den Erzählungen, die Ileana sammelt und natürlich dem Märchen über die listige Prinzessin aufgelockert, welche perfekt mit der historischen Geschichte verschmelzen. Jessica Kasper Kramers Erzähl- und Schreibstil hat mir wirklich gut gefallen, doch an manchen Stellen bricht die Verwendung von zu moderner Sprache und Redewendungen die Buchmagie, denn Wörter wie beckackt, verzapft oder Schiss haben, wollen nicht so recht zum nostalgischen Bild dieser Zeit passen und verleihen dem Werk etwas Entrücktes.

Fazit

»Die Geschichtensammlerin« ist ein bemerkenswertes Romandebüt, das mit einer fesselnden Mischung aus Historie, Folklore und Märchen begeistert.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 22.07.2020

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