Gelungenes Coverlayout, doch leider kann der durchschnittliche Inhalt zwischen den Buchdeckeln nicht mithalten. Ein mäßiger historischen Krimi mit zu modern agierender Heldin.
Stalking Jack the RipperAugust 1888, London:
Die Halbwaise Audrey Rose mag zwar auf den ersten Blick eine junge Dame aus gutem Hause sein, wie jede andere die schöne Kleidung liebt, dennoch zeigt sie Interessen, die alles andere ...
August 1888, London:
Die Halbwaise Audrey Rose mag zwar auf den ersten Blick eine junge Dame aus gutem Hause sein, wie jede andere die schöne Kleidung liebt, dennoch zeigt sie Interessen, die alles andere als gewöhnlich sind. Vielmehr skandalös, wenn sie bekannt würden in der Gesellschaft.
Audrey liebt wissenschaftliche Studien über alles. Doch im Gegensatz zu ihrem Vater, einem Hobbytüftler, der sich dem Bau von mechanischen Dingen verschrieben hat, interessiert sich Audrey für medizinische und anatomische Belange und schlägt somit ganz nach ihrem Onkel, einem anerkannten Wissenschaftler, der auch für kriminalistische (Mord)Untersuchungen zu Rate gezogen wird. Und weil ihr Onkel, ganz im Gegensatz zu ihrem Vater ein moderner, aufgeschlossener Mensch ist, erlaubt er es seiner Nichte, ihm beim Sezieren von Leichen zu Untersuchungszwecken, zur Hand zu gehen, was ihr Vater nicht billigt. Mehr noch, als mehrere Frauenmorde geschehen und selbst ihr Onkel in den Fokus der Ermittlungen gerät, setzt er Audrey Rose die sprichwörtliche Pistole auf die Brust und verbietet ihr rigoros, in dieser Sache Ermittlungen anzustreben.
Die junge Dame ist jedoch aus härterem Holz geschnitzt und lässt sich nicht beirren auf ihrem Weg. Denn zu groß ist ihre Sorge um ihren Onkel, den sie ungern verlieren würde. Außerdem gibt es da ja auch noch Thomas, einen jungen Studenten und Vertrauten, der ihren Onkel bei seinen Arbeiten unterstützt. Thomas mag zwar enervierend arrogant sein und sie zur Weißglut treiben mit seiner Besserwisserei, doch hat er andererseits einen klugen Kopf auf seinen Schultern sitzen und zieht clevere Schlüsse bei der Mordermittlung.
Als klar wird, dass ein Serienmörder sein Unwesen auf den Straßen Londons treibt, ist den beiden sonnenklar, dass sie sich zusammenraufen müssen, denn die Zeit drängt…
Als ich diesen ersten Teil der neuen historischen YA Krimireihe um eine junge Adlige zu Gesicht bekam, verliebte ich mich sogleich in die prachtvolle Covergestaltung. Dazu wurde der Buchschnitt farblich passend eingefärbt und um das Ganze noch schicker zu gestalten, funkelt dem bewundernden Leser zudem eine Stichwaffe auf dem Buchschnitt entgegen.
Und auch die Hintergrundstory um die grausamen Verbrechen von Jack the Ripper, klang spannend für mich, so dass ich nicht wirklich eine Chance hatte, dem Buch zu widerstehen.
Vor allem aber war ich gespannt darauf zu erfahren, ob es der Autorin gelingen würde, einen glaubwürdigen Rahmen zu schaffen, für eine Romanheldin, mit solch modernen Ansichten, die sich dazu, in aller Heimlichkeit, als angehende Gerichtsmedizinerin verdingt.
Ich fürchtete, dass die Autorin womöglich übers Ziel hinausschießen würde und tatsächlich kam es letztendlich auch so.
Einerseits schreibt sie Audrey Rose löbliche Attribute auf den Leib- die junge Dame will unabhängig sein, hält sich für ebenbürtig in Bezug auf ihre Intelligenz, der dominierenden Männerwelt gegenüber und sie liebt ihre Familie sehr.
Dazu wird Audrey nie müde zu betonen, dass sie kein Interesse an Frauenfreundschaften hat, weil gleichaltrige Mädchen, ihrer Meinung nach, naive, dumme Geschöpfe sind, die nur Stickereien, gute Verbindungen und andere belanglose Dinge im Kopf haben, was sie fürchterlich langweilt.
Genauso wenig betont sie es, niemals auf ein schönes Männergesicht hereinzufallen und doch tut sie es, wenig später doch.
Ich hatte ganz einfach ein Problem mit der Romanheldin, weil sie zu modern agiert, für ein Geschöpf ihrer Zeit. Erschwerend kommen ihre TSTL (Too stupid to Live) Aktionen dazu. Mal ehrlich, wer würde bei Nacht und Nebel, zu später Stunde durch Gegenden Londons streifen, um einen brutalen Frauenmörder zu stellen? Vor allem unbewaffnet und ohne Vorwissen in Selbstverteidigung zu besitzen?
Dass die Polizei sie, wenig später zu Rate zieht bei einem Mordfall des Rippers, fand ich ebenso unglaubwürdig beschrieben, bedenkt man ihren Stand und ihre Jugend und die Tatsache, dass Frauen damals sowieso vorab weniger Möglichkeiten zugestanden wurden, von Seiten der Männerwelt.
Obwohl ich die bissigen aber amüsanten Schlagabtausche, die Audrey Rose mit Thomas führt, grundsätzlich mochte und auch Thomas, als ermittelnden Sidekick, fand ich die Krimihandlung als solche eher langweilig erzählt. Dank diverser Hinweise, die die Autorin eingangs einstreut, weiß man praktisch schon von Beginn an, wer der Ripper wirklich ist und so bleiben dem Leser packende Überraschungsmomente leider völlig erspart.
Selbst die Idee, ein Medium einzubauen, das mit den Toten reden kann, die ich grundsätzlich erst einmal gut fand, verpufft wirkungslos.
In Sachen Gerichtsmedizin hat die Autorin ihre Hausaufgaben jedenfalls gemacht. Gar nicht zimperlich, beschreibt sie detailliert übliche Vorgehensweisen, die zarte Gemüter womöglich auf den Magen schlagen könnten.
Die Story wird aus Sicht der Romanheldin, in „Ich-Form“ vorangetrieben. So bekommt man ausreichend Einblicke in ihre Gedanken und Gefühlswelt geboten und kann sich zumindest im Ansatz in sie hineindenken, wenn einem auch so manche Anwandlungen fremd bleiben.
Die Love Story fand ich ebenfalls an den Haaren herbeigezogen. Klar die „Was sich neckt, das liebt sich“ Attitüde hat schon etwas für sich, doch passt es eigentlich nicht, dass die Heldin Thomas, gleich von Beginn an, so viel Vertrauen schenkt.
Obwohl ich das Layout des Romans dermaßen schmuck finde und auch viel Detailreichtum für das Innere verwand wurde- so finden sich beispielsweise einige Schwarzweißabbildungen zwischen den Buchdeckeln, die historische Örtlichkeiten etc. zeigen, kann der Roman als solches leider nicht damit mithalten.
Man mag berücksichtigen, dass es sich hier um einen Debütroman handelt, dennoch finde ich es schade, wenn Autoren sich für das historische Genre entscheiden, ihre Figuren dann aber nicht der Zeitepoche entsprechend handeln lassen. Natürlich wünscht man sich taffe und aufgeschlossene aber vor allem mutige Heldinnen, die der Männerwelt die Stirn bieten. Doch muss man dennoch bedenken, dass das strenge Verhaltenskorsett der damaligen Zeit, das Frauen auferlegt wurde, vor allem für unverheiratete junge Mädchen aus adligem Hause, leider kaum Spielraum ließ, sich dermaßen zu geben, wie es die Heldin in diesem Buch macht. Zwar ist der zweite Teil, der momentan vierbändigen Reihe, „Hunting Prince Dracula“, bereits jüngst erschienen und verlockt erneut mit einem tollen Cover, doch werde ich wohl schweren Herzens, eher darauf verzichten.
Kurz gefasst: Gelungenes Coverlayout, doch leider kann der durchschnittliche Inhalt zwischen den Buchdeckeln nicht mithalten. Ein mäßiger historischen Krimi mit zu modern agierender Heldin.
Die grausamen Fälle der Audrey Rose
1. Teil: Stalking Jack the Ripper- Die Spur in den Schatten
2. Teil: Hunting Prince Dracula- Die gefährliche Jagd
3. Teil: Escaping from Houdini (noch nicht übersetzt)
4. Teil: Capturing the Devil (noch nicht übersetzt)