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Veröffentlicht am 15.07.2024

Aufrüttelnde Geschichten mit Tiefgang

I walk between the Raindrops. Stories
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Zum Inhalt:
T.C. Boyle präsentiert in seinem neuesten Buch 13 surreale Kurzgeschichten, mit denen er einen tragikomischen Einblick in die menschlichen Abgründe der aktuellen Zeit gewährt. Die Geschichten ...

Zum Inhalt:
T.C. Boyle präsentiert in seinem neuesten Buch 13 surreale Kurzgeschichten, mit denen er einen tragikomischen Einblick in die menschlichen Abgründe der aktuellen Zeit gewährt. Die Geschichten haben nämlich Bezug zu wahren Begebenheiten unserer Gesellschaft, die uns mal mehr mal weniger nachhaltig bewegt haben. Themen sind unter Anderem die Beziehung zwischen Mensch und Natur, der Lockdown während der Corona-Pandemie, Sexismus und #MeToo, Suizidprävention, sowie auch Zukunftvisionen mit selbstfahrenden Autos und einem Sozialpunktesystem für die Bürger.

Meine Leseerfahrung:
Boyle mag bereits sehr bekannt sein, für mich war es die erste Erfahrung mit seinem Schreibstil. Und der hat mich gleich mit der ersten Geschichte abgeholt. Boyle schreibt schonungslos und ohne zu Verschönern. Damit gibt er den einzelnen Protagonisten seiner Geschichten sehr authentische Stimmen.
Nicht alle Geschichten waren für mich greifbar, bei einigen musste ich erstmal sacken lassen, um die Message dahinter überhaupt erst verstehen zu können. Bei einer Story fehlte mir gänzlich der Bezug und somit auch das Interesse an der Handlung selbst.

Mein Favorit ist die Kurzgeschichte "Die Form einer Träne", weil diese mit einem rasanten Perspektivwechsel erzählt wird und insgesamt sehr unterhaltsam war, wobei die Geschichte eine Mutter wie mich traurig stimmt. Der erwachsene Sohn, der den Blick für die Realität gänzlich verloren zu haben scheint, sich weigert, aus dem Elternhaus auszuziehen und mit einer Räumungsklage aus seinem Zimmer geschmissen werden muss. Wir lernen dabei die gefühlskalten Gedanken des missratenen Sohnes kennen und erleben gleichzeitig die Verzweiflung und die Scham der Mutter, die ihre Liebe schließlich auf das unehelich gezeugte Enkelkind richtet.

Die Geschichten sind sehr facettenreich, bieten viel Platz für Interpretationen und drängen dem Leser keine bestimmte Moral auf. Ich bin erstaunt, wie oft ich noch über die eine oder andere Geschichte nach dem Lesen nachdenken musste. Das liegt auch hauptsächlich daran, dass aktuell relevante Themen angesprochen werden, aber auch Begebenheiten, über die man vielleicht mal in den Medien gelesen hat. Am Eindrucksvollsten war in dieser Hinsicht die Kurzgeschichte über das Kreuzfahrtschiff, das während des Covid-19-Ausbruchs unter Quarantäne gestellt wurde. Die beklemmende Atmosphäre auf dem Schiff und die Ungewissheit unter den Passagieren wird von Boyle dermaßen gut wiedergegeben, dass man sich als Leser und Zeitzeuge wieder in die Zeit des Lockdowns versetzt fühlt.

Fazit:
Die Kurzgeschichtensammlung "I walk between the Raindrops. Stories" von T.C. Boyle bietet eine Reihe von abwechslungsreichen Erzählungen aus der aktuellen Gegenwart, die schonunglos die Probleme unserer Zeit zusammenfassen und zum Reflektieren anregen. Boyle ist ein überragender Erzähler, der seine Beobachtungen und Wahrnehmungen gekonnt in einer tragikomischen Art wiedergibt und damit den Irrsinn der heutigen Zeit sehr gut erfasst.

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Veröffentlicht am 04.07.2024

Fantasy Light

A Tempest of Tea
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Zum Inhalt: 
Tagsüber betreibt Arthie Casimir ein Teehaus, wo sie reiche Bürger von Ettenien empfängt, nachts verwandelt sich die Teestube in ein geheimes Bluthaus, wo Vampire ein und ausgehen. Hier entlockt ...

Zum Inhalt: 
Tagsüber betreibt Arthie Casimir ein Teehaus, wo sie reiche Bürger von Ettenien empfängt, nachts verwandelt sich die Teestube in ein geheimes Bluthaus, wo Vampire ein und ausgehen. Hier entlockt Arthie den Kunden wichtige Geheimnisse, die ihr überall die Türen öffnen. Doch dann wird ihr Etablissement bedroht und sie kann es nur retten, wenn sie ein wichtiges Kassenbuch stiehlt, dass den Regenten von Ettenien zu Fall bringen könnte. Leider liegt das Kassenbuch in der Unterwelt der Vampire verborgen. Der Raubzug muss gut durchgeplant werden, wofür sie ein fähiges Team zusammenstellt. Doch kann sie jedem in der Gruppe vollends vertrauen?

Meine Leseerfahrung:
"A Tempest of Tea" ist mein erstes Buch von Hafsah Faizal. Den Hype um ihre Bücher im englischsprachigem Raum verfolge ich nun aber schon länger. Besonders interessant war für mich die Tatsache, dass die Autorin offenkundig aus religiösen Gründen verhüllt ist. Ich war neugierig auf die Fantasy-Welt, die aus ihrer Sichtweise und Weltanschauung entspringt. Auch der Vergleich zu Leigh Bardugos Krähen-Reihe war ausschlaggebend dafür, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte.

Ich bin dabei stark geprägt von der visuellen Welt der Shadow&Bones-Serie. Faizal hat hier ein ähnliches Setting kreiirt, dass sie hervorragend lebendig werden lässt. Die Charaktere sind sehr facettenreich und authentisch und fügen sich wunderbar in die faszinierende Umgebung ein. Und als Pluspunkt verbindet Faizal  diese schillernde Welt perfekt mit Vampiren und Halbvampiren. Und während man noch rätselt, welche Romanze die Oberhand gewinnen wird, findet man sich in einer Heist-Story wieder, die viel Spannung in die Handlung bringt.

Der einzige Kritikpunkt an der Geschichte ist mE die nicht so lebendig geschilderten zwischenmenschlichen Momente. Man hat den Eindruck, dass erotische Szenen gänzlich abgemildert werden und die Autorin eigentlich mehr erzählen will, aber nicht kann; vielleicht um nicht zur Zielscheibe konservativer muslimischer Fans zu werden. Oder sie ist vielleicht der Meinung, dass das Buch auch ohne spicy Momente auskommt. Mir haben sie jedenfalls an bestimmten Stellen gefehlt. Die angedeuteten Gefühle und die Leidenschaft zwischen den Figuren war für mich persönlich nicht wirklich greifbar. Dann lieber ganz auf solche Szenen verzichten, als sie halb erzählt in der Luft hängen zu lassen. 

Dennoch bin ich von der Fantasy-Welt, die uns hier dargeboten wird,  sehr begeistert. Die verschiedenen Charaktere fand ich allesamt sehr interessant, weswegen ich mir die Fortsetzung von Arthies Abenteuern sicher nicht entgehen lassen werde.

Fazit:
"A Tempest of Tea" von Hafsah Faizal ist ein ausdrucksstarker Fantasy-Roman mit zarter Romantik und kreativem Diebeszug. Lesbar auch für die junge Leserschaft, da er ohne Brutalität und Gewalt auskommt und auch auf Spice weitgehend verzichtet. 

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Veröffentlicht am 19.06.2024

Cassie Raven rockt

Wer mit den Toten spricht
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Kurzrezension:

Ich kann mich hier all den positiven Rezensionen anschließen. Ich habe diese Reihe ganz zufällig letzten Sommer entdeckt, weil ein Hotelgast das Buch im Bücherschrank des Hotels liegengelassen ...

Kurzrezension:

Ich kann mich hier all den positiven Rezensionen anschließen. Ich habe diese Reihe ganz zufällig letzten Sommer entdeckt, weil ein Hotelgast das Buch im Bücherschrank des Hotels liegengelassen hatte. Es war der erste Band und ich habe das Buch innerhalb von 2 Tagen verschlungen. Cassie Raven hat es mir voll angetan. Diesen zweiten Teil habe ich jetzt auch endlich lesen können und bin damit gerüstet für den Nachfolger, der in Kürze erscheint.

Tatsächlich fand ich den zweiten Teil sogar spannender als den Auftakt, weil es hier vordergründig um Cassie selbst und insbesondere die Vergangenheit ihrer Familie geht. Der Fall um die Ermordung ihrer Mutter hat eine interessante Storyline mit vielen Wendungen zu bieten, die das Buch zum Pageturner macht. Dabei fiel der anfängliche Todesfall um den Jugendlichen mehr in den Hintergrund, was mich zuerst etwas gestört hatte. Aber nach Abschluss des Falls konzentriert sich die Geschichte nur noch auf Cassies Mutter, wofür ich tatsächlich sehr dankbar bin. So ist endlich das große familiäre Geheimnis gelüftet. Umso neugieriger bin ich nun auf die Fortsetzung der Reihe und hoffe, dass Cassie nun auch ihr Privatleben besser in den Griff bekommt.

Fazit:
Ein Thriller, der Euch nicht enttäuschen wird!

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Veröffentlicht am 30.05.2024

Charmante Fantasy mit Herz und Humor

Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen
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Zum Inhalt:
Mika Moon ist eine junge Hexe, die keine zwischenmenschlichen Bindungen eingehen und nie allzu lange am selben Ort leben kann. Uralte Regeln zwingen sie, auch von anderen Hexen genug Abstand ...

Zum Inhalt:
Mika Moon ist eine junge Hexe, die keine zwischenmenschlichen Bindungen eingehen und nie allzu lange am selben Ort leben kann. Uralte Regeln zwingen sie, auch von anderen Hexen genug Abstand zu halten, damit keine unnötigen Gefahren heraufbeschworen werden. Eines Tages erhält sie aber ein Jobangebot, das ihr Leben komplett auf den Kopf stellt. Sie soll drei kleine Mädchen unterrichten. Mikas Job entpuppt sich jedoch schnell als die Herausforderung ihres Lebens. Denn die Kleinen sind Hexen, die wohlbehütet im Nowhere House leben, dessen Bewohner die Kinder behutsam vor der Öffentlichkeit beschützen. Während Mika die Mädchen in Hexendingen trainiert, schließt sie sie allmählich in ihr Herz. Auch eine Romanze bahnt sich an. Doch der Liebe steht noch ein großes Geheimnis im Weg, das dringend gelüftet werden muss...

Meine Leseerfahrung:
Hexenromane lese ich seit der Mayfair-Reihe von Anne Rice sehr gerne. Die Qualität solcher Bücher lässt leider oft zu wünschen übrig. Und nicht immer sind die Handlungen fesselnd. Leider werden alte Klischees immer wieder neu aufgewärmt oder aktuellen Lesetrends zu sehr entsprochen, so dass die Stories eher erzwungen und dahingeklatscht wirken. 

Ehrlich gesagt war ich bei diesem Buch etwas skeptisch, aber der lange Titel hat mich neugiereig gemacht. Und glücklicherweise bin ich hier sehr positiv überrascht worden. Mit Mika bin ich sehr schnell warm geworden und auch die anderen Charaktere sind dermaßen authentisch und liebevoll gezeichnet, dass man sie am Liebsten auch im wahren Leben gerne kennenlernen möchte. Mir gefällt die familiäre Atmosphäre, die die Autorin hier kreiert. Freundschaft und Found Family steht hier im Vordergrund, eine Romanze ist ebenfalls enthalten, wobei ich etwas verdutzt war, als plötzlich ein äußerst spicy Leseabschnitt den gemütlichen Lesefluss unterbrochen hat. Den hätte man getrost kürzer fassen bzw. abschwächen können. Irgendwie fühlt sich diese Szene etwas fehl am Platz an. Mit stolzen 4 Seiten wirkt sie zu sehr aufgebauscht und übertrieben, wobei der Erzählstil plötzlich auch sprachlich vom Rest abweicht. 

Im Großen und Ganzen und bis auf die o.g. Stelle ist Mikas Geschichte aber eher unter Cosy Fantasy einzuordnen. Das Buch ist unterhaltsam, lustig und stellenweise auch bewegend. Ich hatte sehr entspannte Lesestunden und habe das Buch auf Grund des angenehmen und flüssigen Schreibstils relativ schnell lesen können. 

Fazit:
Eine süße Geschichte über Freundschaft, Familie und Liebe mit viel Humor und Charme und natürlich einer gut dosierten Portion Magie. Kurzweiliges und unterhaltsames Lesevergnügen ist hier garantiert.

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Sprachlich ein Hochgenuss

End of Story - Der Mörder unter uns
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Zum Inhalt:
Nicky Hunter ist ein großer Fan von Sebastian Trapp, einem berühmten Krimiautor. Dessen erste Ehefrau und sein Sohn verschwanden vor etwa 20 Jahren an unterschiedlichen Orten auf mysteriöse ...

Zum Inhalt:
Nicky Hunter ist ein großer Fan von Sebastian Trapp, einem berühmten Krimiautor. Dessen erste Ehefrau und sein Sohn verschwanden vor etwa 20 Jahren an unterschiedlichen Orten auf mysteriöse Art und Weise. Alle Welt fragt sich, ob Sebastian etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte. Als Nicky nach San Francisco eingeladen wird, um seine Memoiren zu verfassen, zögert sie nicht eine Sekunde. Auch sie möchte das große Geheimnis aufdecken. Doch je mehr sie in die Familiengeschichte eintaucht, desto mehr Geheimnisse kommen ans Tageslicht. Bis schließlich eine weibliche Leiche im Teich des Hauses treibt...

Meine Leseerfahrung:
Den Debütroman von Finn "The Woman in the Window" habe ich noch nicht gelesen; er war aber seit Langem auf meiner Wunschliste, nachdem ich all die positiven Bewertungen zu dem Buch gesehen hatte. Finns zweiten Thriller wollte ich aber völlig unvoreingenommen lesen und mich nicht von hohen Erwartungen leiten lassen, die der Debütroman möglicherweise hervorgerufen hätte. Den Vorgänger habe ich nun auch bestellt, weil ich entgegen der gemischten Rezensionen zu "End of Story" völlig begeistert von dem Nachfolger bin.

Lassen wir die negativen Schlagzeilen zur Person des Autors mal beiseite und orientieren uns einzig und allein an seinem literarischen Können. Es kann auch völlig dahingestellt bleiben, ob es sich bei "End of Story" tatsächlich um einen Thriller handelt, oder ob das Buch doch eher als Roman zu betiteln wäre. Ich persönlich bin der Meinung, dass der Autor hier eine eigene Art von Thriller mit charakteristischen Merkmalen der Kriminalliteratur geschaffen hat. Das ganze Buch ist im Grunde eine Hommage an die Klassiker der Kriminalliteratur, ist es doch bespickt mit zahlreichen Zitaten aus weltbekannten Krimis. Die Geschichte ist fesselnd, birgt mehrere spannende Wendungen und undurchschaubare interessante Charaktere.

Was mich allerdings noch mehr fasziniert hat, ist der äußerst bildhafte und ausdrucksvolle Schreibstil Finns. So war jeder Leseabschnitt ein wahrer Lesegenuss, den man selten in diesem Maße bei Thrillern erlebt. Sprachlich haben wir hier eine völlig andere Ebene als bei einem durchschnittlichen Thriller. Sätze wie "Tinte sickert ins Papier ein, unauslöschlich wie eine Narbe; eine E-Mail löst sich in Nichts auf wie ein Atemhauch auf Glas." oder "...bis zu seinem letzten Schreiben, wie immer in Druckbuchstaben und rissiger Tinte verfasst, mit schwankenden, taumelnden Buchstaben wie Reisende auf einem Schiff im Sturm." sagen schon alles.

Für mich war es daher ein großes Lesevergnügen, so dass ich mich jetzt ganz besonders auf Finns Debütroman freue, den ich mir als Nächstes vornehmen werde.

Fazit:
"End of Story" ist sprachlich ein wahrer Lesegenuss und überzeugt mit einer fesselnden Atmosphäre, durchdachtem Plot und unvorhersehbaren Wendungen. Gekrönt wird die Geschichte mit einem überraschenden Finale, das seinesgleichen sucht.

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