Seichte Unterhaltung vor historischer Kulisse
Die Tochter der BettlerinDies ist kurzweilige Unterhaltung um verhängnisvolle Liebschaft und Hingabe, Krieg und Intrigen, verknüpft mit historischen Figuren und Schauplätzen in der Mitte des 18. Jahrhunderts im Reich von Friedrich ...
Dies ist kurzweilige Unterhaltung um verhängnisvolle Liebschaft und Hingabe, Krieg und Intrigen, verknüpft mit historischen Figuren und Schauplätzen in der Mitte des 18. Jahrhunderts im Reich von Friedrich II., König von Preußen.
Das Buch im auktorialen Erzählstil ist flüssig lesbar, manchmal zu langatmig, sprachlich zu melodramatisch für meinen Geschmack. “Show, don’t tell” möchte ich der Autorin Nora Berger empfehlen. Figuren wird ein Skript auferlegt, das nicht richtig passt. Gefühle und Urteile sind oft einfach da, schwer nachvollziehbar.
Die fiktive Hauptfigur Anna ist als Tochter einer alkoholabhängigen Prostituierten und Bettlerin aufgewachsen, dabei gutgläubig und schwärmerisch geblieben. Mehr Pragmatismus und Abgebrühtheit wären glaubwürdiger gewesen. Ihre weibliche Erscheinung wird hervorgehoben, was die weitere Entwicklung unlogisch erscheinen lässt. Ihr Gedankenkarussel nervt irgendwann. Dass sie in Schwierigkeiten gerät, ist das Ergebnis offensichtlich haarsträubend falscher Entscheidungen. Dementsprechend schwer fielen mir Identifikation und Mitfühlen.
Die historische Persönlichkeit Friedrich Freiherr von der Trenck wird hofiert und ist in allen Disziplinen brilliant, dabei hochmütig, sodass sich hier erst recht keine Sympathie einstellen will. Es stellt sich auch die Frage, wie geschönt seine Memoiren sind und welche Quellen ergänzend herangezogen wurden.
Zu Nebenfiguren habe ich gemischte Gefühle. Manche sind interessant, z. B. Kameraden, über deren Motive und Ehrbarkeit sich spekulieren lässt. In einigen Fällen sind zugedachte Rollen zu offensichtlich oder die Persönlichkeit kommt flach daher.
Die Handlung vermag trotz mancher absehbarer Entwicklungen durchaus zu gefallen, weil man beachtliche Einblicke in Alltag, Hofleben (inkl. Debatten z. B. mit König Friedrich des Großen und Philosoph Voltaire), Rekrutenausbildung, Gefängnis, Krieg inkl. Verläufe der Fronten/Hoheitsgebiete bekommt. Vielleicht nicht alles historisch verbürgt, aber doch so, dass man brauchbare Eindrücke mitnimmt.
Positiv fällt auf, dass es ein Personenverzeichnis gibt, welches zwischen Fakt und Fiktion unterscheidet, sowie eine Nachbemerkung, wie es mit im Mittelpunkt stehenden historischen Persönlichkeiten weiterging.
Mein Gesamteindruck: Stilistisch zu seicht, unglaubwürdig, gestelzt, zurechtgebogen. Zu vorhersehbar, um zu beeindrucken. Ich habe die Handlung mit Interesse verfolgt, ohne eine emotionale Bindung zu den Figuren eingehen zu können. Danke für den Kenntniszuwachs zu einer mir bis dato wenig bekannten Epoche. Knappe drei Sterne.