Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.08.2020

Unterhaltsam, aber zu kurz

Ein Inselreich
0

Chefinspektor Eberhard Graf staunt nicht schlecht, als sein Vorgesetzter ihn auf eine Dienstreise in die Südsee schickt. In der Nähe Kiribatis soll sich ein Land namens Neu-Österreich befinden, dessen ...

Chefinspektor Eberhard Graf staunt nicht schlecht, als sein Vorgesetzter ihn auf eine Dienstreise in die Südsee schickt. In der Nähe Kiribatis soll sich ein Land namens Neu-Österreich befinden, dessen Hauptmann um Amtshilfe bei der Wiener Gendarmerie ersucht hat.
Noch größer ist Grafs Erstaunen, als sich der vermeintliche Scherz als wahr herausstellt. Er landet tatsächlich auf einer Insel, die seit 150 Jahren eine österreichische Kolonie beherbergt, gegründet von verschollen geglaubten Mitgliedern einer Expedition im 19. Jahrhundert und auch im Jahr 2016 immer noch eine Art Donaumonarchie in Miniaturausgabe – einschließlich Nationalitätenkonflikten, Doppeladler und Bildern von Kaiser Franz-Josef an der Wand. Dort muss er nicht nur einen Mord aufklären, sondern sich zunächst einmal mit den seltsamen örtlichen Gegebenheiten vertraut machen.

Die Grundidee dieses Romans gefällt mir sehr gut. Er ist wirklich originell und mal was ganz anderes als der Einheitsbrei, den der Buchhandel sonst oft zu bieten hat.
Die Geschichte wird zwar eher sachlich erzählt, dennoch blitzt immer wieder einiger Humor auf. Sei es bei der Beschreibung der Behördenarbeit in Wien oder der Charakterisierung der diversen Stämme auf der Insel. Natürlich werden bei all dem zahlreiche Klischees bedient. Dass vieles unrealistisch wirkt, war ebenfalls zu erwarten und schmälert den Unterhaltungswert kaum.

Allerdings ist das Buch mit nur 150 Seiten ziemlich kurz, weshalb die Beschreibungen sehr an der Oberfläche bleiben und viele interessante Ansätze nicht näher ausgeführt werden.
Auch kommt keine echte Spannung auf. Es ist leicht vorhersehbar, wer der Täter ist. Vor allem das Ende hat mich nicht überzeugt, hier wird vieles zu schnell abgehandelt.
Alles in allem dennoch eine amüsante Lektüre. Ich würde von dem Autor gern mehr lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2020

Wir sind nicht allein

Das lebendige Universum
0

Sind wir allein im Universum? Eine Frage, die sich die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden stellt und zu deren Beantwortung in den letzten Jahrzehnten diverse Anstrengungen unternommen wurden. Obwohl ...

Sind wir allein im Universum? Eine Frage, die sich die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden stellt und zu deren Beantwortung in den letzten Jahrzehnten diverse Anstrengungen unternommen wurden. Obwohl unser Wissen über das Weltall und die Zahl der bekannten Exoplaneten ständig wachsen, haben wir jedoch noch keine Hinweise auf Leben abseits der Erde gefunden – von technologisch fortgeschrittenen Zivilisationen ganz zu schweigen.
Dennoch sind die Autoren dieses Buches davon überzeugt, dass es auch auf anderen Planeten intelligente Wesen gibt, die Werkzeug herstellen. Und dies möglicherweise sogar relativ häufig.
Sie folgen hier den wesentlichen Schritten auf dem Weg von der Entstehung des Lebens auf der Erde bis zur Menschheit – wie etwa Erfindung der Photosynthese, Produktion von Sauerstoff, die ersten Eukaryonten, Sex, die ersten Vielzeller etc. – und kommen zu dem Schluss, dass die meisten davon im Prinzip auch auf anderen Planeten wahrscheinlich sind. Sie untersuchen dazu jeweils, wie und wie oft die entsprechende Entwicklung abgelaufen ist, welche konkreten Voraussetzungen dazu notwendig waren und ob auch ein anderer Weg zum gleichen funktionalen Ergebnis hätte führen können.
Letzteres ist überraschend häufig der Fall, sodass schließlich nur wenige Dinge übrigbleiben, hinsichtlich derer die Erde tatsächlich einzigartig sein könnte.
Abschließend wird noch ein Blick darauf geworfen, welche Methoden derzeit bzw in naher Zukunft verwendet werden, um nach Leben im All zu suchen.

Das Resultat des „lebendigen Universums“ ist in der Wissenschaft sicher umstritten. Die Autoren stellen ihre Ansichten aber jedenfalls überzeugend dar.
Ihre Ausführungen sind gut strukturiert. Tatsachen und Interpretationen werden übersichtlich aufgeführt und Punkt für Punkt abgehandelt. Dies macht es auch für Laien leicht, der Argumentation zu folgen.
Zwar kommen diverse Fachbegriffe vor. Diese werden jedoch immer erklärt und die Sprache an sich ist eher einfach gehalten.
An einigen Stellen wären etwas detailliertere Informationen schön gewesen. Immerhin finden sich aber am Ende jedes Kapitels weiterführende Literaturangaben.
Außerdem enthält das Buch ein umfangreiches Glossar, welches ebenfalls zum besseren Verständnis beiträgt.
Einziger Kritikpunkt: In der deutschen Übersetzung gibt es ziemlich viele Tipp- oder auch Grammatik-Fehler.

Veröffentlicht am 09.08.2020

Streckenweise eintönige Tour durch die Geschichte des Alphabets

Das ABC der Menschheit
0

Die Erfindung des Alphabets, also eines Schriftsystems, bei dem (im Idealfall) jedes Zeichen einen bestimmten Laut der gesprochenen Sprache repräsentiert, war ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte ...

Die Erfindung des Alphabets, also eines Schriftsystems, bei dem (im Idealfall) jedes Zeichen einen bestimmten Laut der gesprochenen Sprache repräsentiert, war ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Matthias Heine vergleicht ihn mit Erfindungen wie dem Feuermachen, dem Rad oder dem Buchdruck und spürt hier seiner Entwicklung nach.
Ihren Ausgang nimmt diese Tour durch die Geschichte an einem denkbar unwahrscheinlichen Ort: In einem Steinbruch im Sinai, wo Arbeiter Zeichen, die sie von den ägyptischen Hieroglyphen abgeleitet hatten, dazu benutzten, ihre semitische Sprache auf ganz neue Art zu schreiben.
Die Grundidee des Alphabets sollte sich in den folgenden Jahrtausenden immer weiter verbreiten, sodass heute fast alle Sprachen der Welt (zu den prominentesten Ausnahmen gehören Chinesisch und Japanisch) mit Alphabetschriften geschrieben werden.
Die verschiedenen Etappen auf diesem Weg werden hier beschrieben. Der Autor erzählt von Phöniziern, Griechen, Etruskern und Römern genauso wie von den diversen Schriftsystemen in Indien oder im südostasiatischen Raum bis hin zur Verschriftlichung der Sprachen amerikanischer Ureinwohner.
So erfährt man beispielsweise, wie Karl der Große, Dschingis Khan, Adolf Hitler oder das Internet die Art beeinflusst haben, wie heute geschrieben wird.

Auch die Herkunft mancher Buchstaben wird ausgeleuchtet. (Wem wäre etwa schon mal aufgefallen, dass unser großes A, wenn man es auf den Kopf stellt, an den Kopf einer Kuh mit zwei Hörnern erinnert? Die Erklärung, warum dies so ist, findet sich in diesem Buch.)
Gerade zu derartigen Fragen hätte ich mir allerdings aufgrund der Inhaltsangabe ausführlichere Informationen erwartet. Es sind letztlich nur ein paar Buchstaben, die genauer betrachtet werden.
Ein zu großer Teil des Inhalts befasst sich dagegen mit der jeweils eher knappen Beschreibung einer Vielzahl von (aus europäischer Sicht oft ziemlich exotischen) Alphabeten.

Generell wird hier vieles sehr oberflächlich behandelt bzw gibt es von einigen Themen „sowohl zu viel als auch zu wenig“. Sie hätten entweder vertiefter dargestellt oder ganz ausgelassen werden sollen.
Zwar gibt es andererseits auch Abschnitte, die wirklich interessant und gut geschrieben sind. Alles in allem war die Lektüre für mich aber zu wenig gehaltvoll.
Außerdem lässt die Tatsache, dass als Quelle zahlreicher Illustrationen wikimedia angeführt ist, doch gewisse Zweifel an der Seriosität dieses Werkes aufkommen.

Veröffentlicht am 09.08.2020

Ausflug in die Bronzezeit

Die Kinder von Nebra
0

Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe ...

Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe zeigt hier jedenfalls, wie viel man aus dem Thema herausholen kann.
Er entführt die Leser ins Deutschland des zweiten Jahrtausends vor Christus. Die Gegend zwischen Elbe, Saale und Unstrut wird von dem in mehrere Klans aufgespaltenen Volk der Ruotinger besiedelt. Orkon aus dem Klan der Helminger herrscht als Fürst über alle anderen. Doch er und vor allem sein Sohn Arrak sind ob ihrer Grausamkeit in der Bevölkerung verhasst. Außerdem beten sie Hador, den Gott der Unterwelt, an und scheinen alle anderen Götter verdrängen zu wollen.
Genügend Gründe also für die18jährige Rana, die bald zur Priesterin der Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin Destarte geweiht werden soll, die Herrschaft der Helminger abzulehnen. Sie überlegt fieberhaft, was sie dagegen unternehmen könnte.
Ihr Vater Utrik, ein weit gereister und geschickter Schmied, ist derweil damit beschäftigt, eine geheimnisvolle Bronzescheibe anzufertigen, welche eine Botschaft der Götter abbilden soll.

Der historische Hintergrund ist wie gesagt sehr interessant. Der Autor dürfte auch gründlich recherchiert haben, wie der ausführliche Anhang (inklusive Hinweisen auf weiterführende Literatur) zeigt. Dennoch konnte er sich einige dichterische Freiheiten erlauben, weist der Forschungsstand zu dieser Epoche doch schon allein aufgrund der fehlenden Schriftzeugnisse eine Reihe von Lücken auf, die gefüllt werden müssen - insbesondere was das damalige Glaubenssystem betrifft, welches im Roman eine große Rolle spielt.
Alles in allem ist es ihm jedenfalls gelungen, eine glaubwürdige und stimmige Geschichte darüber zu entwerfen, wie die Himmelsscheibe und auch einige andere archäologische Fundstücke entstanden sein und welche Bedeutung sie gehabt haben könnten. Auch die Lebensweisen und Herrschaftsverhältnisse der Bronzezeit werden anschaulich geschildet.

Diese Geschichte wird flott erzählt und weist einige Spannungsmomente auf. Für meinen Geschmack sind es vielleicht ein bisschen zu viele Gewaltszenen, was aber wohl auch zu dieser Zeit passt.
Die auftretenden Personen sind gelegentlich etwas eindimensional, im Großen und Ganzen aber doch gut gezeichnet. Ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebensumstände sorgen für Abwechslung und tragen ebenfalls zu einem umfassenden Protrait dieser Epoche bei.

Ich kann diesen Roman daher allen an der Frühgeschichte Interessierten nur weiterempfehlen. Er bietet auch einen angenehmen Kontrast zu den in historischen Romanen sonst behandelten Themen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2020

Originelle Idee, jedoch viele ärgerliche Fehler

Evolution
0

Die Grundidee dieses Romans ist originell. Deshalb ist er mir auch gleich aufgefallen, obwohl Science Fiction sonst nicht zu meinen bevorzugten Genres gehört.
Hier wird die ganze Geschichte der Menschheit ...

Die Grundidee dieses Romans ist originell. Deshalb ist er mir auch gleich aufgefallen, obwohl Science Fiction sonst nicht zu meinen bevorzugten Genres gehört.
Hier wird die ganze Geschichte der Menschheit erzählt – vom Auftauchen der ersten Primaten während der letzten Tage der Dinosaurier bis weit in die Zukunft. Jedes Kapitel spielt zu einer anderen Zeit und stellt andere Protagonisten in den Mittelpunkt.

Das funktioniert grundsätzlich sehr gut. Zwar besteht ein ziemlich großer Teil der Handlung aus Szenen über Gewalt und Tod. Dennoch ist es interessant, den diversen Entwicklungen zu folgen und zu beobachten, wie Lebewesen sich an wechselnde Umweltbedingungen anpassen.
An sich dürfte der Autor auch einige Mühe auf der Recherche verwendet haben. Gewisse dichterische Freiheiten sind ihm selbstverständlich zuzugestehen, insbesondere, da ja viele Aspekte der Menschwerdung (etwa die Ausbildung des Bewusstseins) auch unter Experten umstritten sind. Und was die Nachkommen der Menschen in 500 Mio Jahren betrifft, ist man ohnehin auf Spekulationen angewiesen.
Es werden jedoch auch immer wieder Aussagen getroffen, die schlicht falsch oder unsinnig sind – beispielsweise, dass sich Possums (Beuteltiere!) aus Primaten entwickelt hätten (Seite 148) oder Haie keine Wirbeltiere seien (Seite 243), um nur zwei Beispiele zu nennen. Natürlich handelt es sich hier um einen Roman, kein Sachbuch. Doch derart eklatante Fehler, die auch ohne besondere Vorkenntnisse ins Auge springen, müssen dennoch nicht sein.
Dazu kommen noch viele Sätze, die grammatikalisch falsch oder zumindest fragwürdig sind. Was freilich an der Übersetzung liegen könnte.

Auch der „wissenschaftliche Anhang“ von Uwe Neuhold kann den Eindruck von diesem Werk nicht wesentlich verbessern. Er gibt zwar einen aktuellen Überblick des Evolutionsgeschehens, befasst sich dann allerdings für meinen Geschmack zu ausführlich mit der fernen Zukunft des Menschen, wobei er Themen wie Epigenetik, Cyborgs etc erörtert, die mit dem Inhalt des Romans kaum bis gar nichts zu tun haben.

Obwohl ich die Herangehensweise des Autors faszinierend finde, kann ich dieses Buch daher leider nicht weiterempfehlen. Für Leute, die sich zuvor noch nicht näher mit Evolution bzw Biologie im Allgemeinen befasst haben, könnte es sogar „gefährlich“ sein, bleiben so doch vielleicht manche falschen Vorstellungen hängen.

Auch unter dem Aspekt des Unterhaltungswertes ist es nur durchschnittlich. Es wird zwar hin und wieder etwas Spannung erzeugt und es ist wie gesagt interessant, sich in die verschiedenen Schauplätze und Zeiten hineinzudenken. Wirklich fesseln kann die Lektüre allerdings nicht.