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Veröffentlicht am 12.09.2022

Klassiker der orientalischen Küche vegan interpretiert

Orient trifft vegan - Köstlichkeiten der orientalischen Küche (Veganes Kochbuch)
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Die orientalische Küche fasziniert mich schon seit langem, und ich habe schon immer gerne Rezepte daraus ausprobiert. Hier nun ein veganes Kochbuch mit orientalischen Rezepten zu haben, fand ich gleich ...

Die orientalische Küche fasziniert mich schon seit langem, und ich habe schon immer gerne Rezepte daraus ausprobiert. Hier nun ein veganes Kochbuch mit orientalischen Rezepten zu haben, fand ich gleich sehr interessant. Der erste Blick ins Buch zeigte mir eine tolle Aufmachung, denn die Titelseite eines jeden Kapitels wird von einem wunderschönen, filigranen Mosaik geschmückt. Zur Einführung erzählt die Autorin ein wenig von sich und ihrer persönlichen Einstellung zur Natur, zu allen Lebewesen und auch zum Essen und wie es dazu kam, dass sie sich so intensiv mit der veganen orientalischen Küche befasst hat. Man merkt schnell, dass sie für das was sie tut, viel Begeisterung mitbringt.
Im Anschluss an dieses persönliche Kapitel sind die wichtigsten Zutaten der orientalischen Küche aufgeführt, und man findet hier nicht nur eine Menge wichtiger und interessanter Informationen, sondern auch eine Art Einkaufsliste mit häufig benötigten Grundzutaten und Gewürzen. Das finde ich sehr praktisch, vor allem für Einsteiger, die sich noch nicht mit der orientalischen Küche befasst haben und denen sonst viele Zutaten erst einmal fehlen würden.

Nun folgt auch schon der wichtigste Teil des Buches, die Rezepte.
Sie sind in folgende Kapitel aufgeteilt:
Vorspeisen
Hauptgerichte
Kindheitsessen
Desserts
und Getränke.

Jedes Rezept wird durch ein verführerisches Foto ergänzt. Schon beim Betrachten läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Mir sind gleich viele bekannte Gerichte aufgefallen, die ich zum Teil früher schon selbst zubereitet oder auch in einem orientalischen Restaurant gegessen habe, beispielsweise Hummus, Kisir, Falafel, Couscous, Köfte, Börek und viele mehr. Hierfür nun vegane Rezepte zu haben, ist wirklich toll. Im Kapitel „Kindheitsessen“ hat die Autorin Klassiker wie Döner Kebap, Shawarma, Adana Kebap, Menemen und viele weitere Gerichte vegan überarbeitet, was ich besonders gut finde, denn gerade die Kindheitserinnerungen an leckere Gerichte, wie sie die Mutter oder Großmutter zubereitet hat, sind so wertvoll, und dieses schöne Gefühl nun in veganer Form wieder zu beleben, ist wichtig und gut. Auch auf orientalische Desserts muss man in der veganen Küche nicht verzichten, wie die Autorin anhand von Baklava mit osmanischer Puddingfüllung oder saftigem Grießkuchen zeigt. Ich erwähne hier nur als Beispiel einige Gerichte, die mir bekannt sind und die ich bereits in anderer (damals noch nicht veganer) Form bereits gegessen und sehr genossen habe. Darüber hinaus sind noch viele weitere tolle Gerichte in Wort und Bild umgesetzt und warten darauf, ausprobiert zu werden.

So raffiniert die Rezepte kreiert sind, so einfach und unkompliziert lassen sie sich größtenteils herstellen. Sie sind übersichtlich aufgebaut, haben eine überschaubare Zutatenliste und sind mit dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad sowie der Anzahl der Portionen, die das Rezept ergibt, gekennzeichnet. Bei jedem Gericht gibt die Autorin auch noch persönliche Tipps für Abwandlungen bei den Zutaten und Beilagen, Varianten der Zubereitung oder einfach für gutes Gelingen. Bei Zutaten wie Joghurt, Milch etc. gibt die Autorin meist ein veganes Ersatzprodukt an und hält sich dabei neutral. Das ist auch gut so, denn gerade bei pflanzlichen Milchalternativen gibt es eine große Vielfalt und auch gewaltige Unterschiede. Hier sollte jeder die Sorte wählen, die ihm am besten schmeckt, denn da gehen die Vorlieben weit auseinander. Ich persönlich mag am liebsten Haferdrink, aber davon schmeckt mir bei weitem nicht jede Sorte von jedem Hersteller. Es macht also Sinn, die Rezepte mit Ersatzprodukten nachzukochen, die einem wirklich gut schmecken, denn einfach nur eine beliebige Pflanzenmilch zu wählen, kann den Geschmack eines Gerichts völlig verändern. Vegan kochen ist vor allem in der ersten Zeit ein Ausprobieren verschiedener Zutaten, und jeder muss für sich individuell die besten Lösungen finden. Aber es lohnt sich, hier ein wenig Zeit zu investieren, denn dann kann man mit diesen Rezepten richtig tolle Ergebnisse erzielen, die nicht nur vegan lebenden Menschen, sondern der ganzen Familie schmecken.

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Über das Leben einer außergewöhnlichen Frau, die vom Rollstuhl aus nach den Sternen griff und sie erreichte

Fräulein Steiff
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Die bezaubernden Plüschtiere der Firma Steiff, mit dem Knopf im Ohr, sind weltweit bekannt und beliebt. In diesem biografischen Roman lernen wir Margarete Steiff kennen, die Begründerin des Unternehmens. ...

Die bezaubernden Plüschtiere der Firma Steiff, mit dem Knopf im Ohr, sind weltweit bekannt und beliebt. In diesem biografischen Roman lernen wir Margarete Steiff kennen, die Begründerin des Unternehmens. War es Mitte des 19. Jahrhunderts schon ungewöhnlich, dass Frauen ein Unternehmen gründeten, so kann man Margaretes Entwicklung geradezu als phantastisch bezeichnen. Im Alter von 18 Monaten erkrankte sie an Kinderlähmung und war zeitlebens auf den Rollstuhl und auf Hilfe angewiesen. Aber wir lernen hier eine starke Persönlichkeit kennen, die einerseits ihr Leben mit festem Willen, soweit irgend möglich, selbst in die Hand nahm, dabei aber ein liebenswertes und herzliches Wesen hatte. Was im Jahr 1877 mit einem Filzkonfektionswarengeschäft begann, das Margarete mit ihren Schwestern eröffnete, entwickelte sich unter ihrer Regie zu einem riesigen Unternehmen. Sie erkannte den Zeitgeist und hatte das richtige Gespür, dass Kinder etwas zum Liebhaben und Kuscheln brauchen. Das war neu, denn zu der Zeit gab es als Spielzeug nur Zinnsoldaten, Holzfiguren oder Porzellanpuppen. Schon der Prolog, in dem das Gespräch zwischen Margarete und einem kleinen Mädchen stattfindet, zeigt die Empathie und auch Phantasie dieser großartigen Frau.

Die Historikerin Maren Gottschalk zeichnet den Lebensweg dieser außergewöhnlichen Frau mit viel Feingefühl nach. Oft lesen sich biografische Romane sehr sachlich und trocken. Das ist hier gar nicht der Fall. Ich war von der ersten Seite an völlig fasziniert von Margaretes Persönlichkeit und ihrem Schicksal. Die Geschichte ist so kurzweilig und leicht geschrieben, dass man nur so durch die Seiten fliegt, und doch ist sie zu keinem Moment oberflächlich. Man erhält intensive Einblicke in Margarete Steiffs Leben und Schaffen, man nimmt an ihren Gedanken und Gefühlen teil. Die Autorin hat sehr gründlich recherchiert und ihren Roman auf historisch belegten Tatsachen aufgebaut. Die meisten Personen, die im Roman vorkommen, haben wirklich gelebt. Nur einige treue fiktive Freunde hat die Autorin dem Gretle, wie Margarete von ihren Lieben genannt wurde, an die Seite gestellt. Alles gibt ein lebendiges und rundes Bild von damals, als das „Elefäntle“ unter den Händen der jungen Margarete entstand und quasi ein bedeutendes Unternehmen daraus erwuchs. Es gibt einen Film über Margarete Steiff, den ich aber bisher nicht gesehen habe, so dass ich an das Buch ganz „ahnungslos“ herangegangen bin. Das Lesen dieser Romanbiografie hat mir sehr viel Freude gemacht, und ich habe Hochachtung vor dieser starken Frau, die in vielen Bereichen über sich selbst hinausgewachsen ist. Es ist ein richtig gutes und absolut lesenswertes Buch und eine Hommage an Margarete Steiff.

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Veröffentlicht am 22.08.2022

Extrem fesselnd

Falsches Spiel in Brodersby
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Mit dem vierten Band der in Brodersby spielenden Landarztkrimi-Reihe legt die Autorin wieder einen sehr spannenden Krimi vor. In erster Linie gibt es für Fans der Reihe ein Wiedersehen mit „alten Bekannten“, ...

Mit dem vierten Band der in Brodersby spielenden Landarztkrimi-Reihe legt die Autorin wieder einen sehr spannenden Krimi vor. In erster Linie gibt es für Fans der Reihe ein Wiedersehen mit „alten Bekannten“, denn Jans Freunde sind wieder alle mit dabei. Der werdende Vater wird zusehends nervöser, und Gerda, seine Arzthelferin bemerkt, es wäre gar nicht so verkehrt, wenn Jan wieder einen Fall zu lösen hätte, das würde ihn ablenken. Gerdas Wunsch erfüllt sich so schnell und heftig, dass sie ihn am liebsten zurücknehmen würde, denn es wird richtig gefährlich. Alles beginnt damit, dass ein kleines Mädchen am Ostseestrand ein Stück weißen Phosphor findet und damit spielt, denn es sieht aus wie Bernstein. Jans Gegenwart und schnelles Eingreifen kann Schlimmeres verhindern. Als wenig später ein Toter im Ort gefunden wird, zeichnen sich vage Verbindungen zu dem Phosphor-Vorfall ab. Der Fund von weißem Phosphor scheint kein Zufall gewesen zu sein, und bald interessiert sich auch der MAD für den Vorfall. Ehe er sich versieht, steckt Jan wieder mittendrin und wird sogar ganz legal zu den Ermittlungen hinzu gezogen. Als auch noch zwei Bekannte von früher „zufällig“ in Brodersby auftauchen und er zu allem Überfluss seinem Vater begegnet, mit dem er viele Jahre keinen Kontakt hatte, weiß Jan nicht mehr, was er von der Sache halten soll, denn es zeichnen sich Zusammenhänge ab, die er lieber aus seinem Leben heraushalten würde, denn er sorgt sich nach wie vor um Lena und fürchtet, sie könnte durch die brisante Situation in Gefahr geraten.
Auch diesmal ist der Autorin wieder eine tolle Kombination geglückt, denn sie verbindet ländliche Idylle, Ostsee-Feeling, die tolle Atmosphäre in Jans Freundes- und Familienkreis und eine fesselnde kriminalistische Handlung in perfekter Weise. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen, denn es ist absolut kurzweilig und hat einen hohen Unterhaltungswert. Auch der trockene Humor der Menschen in Brodersby kommt nicht zu kurz. Durch das Thema „Phosphor“ habe ich auch noch etwas dazu gelernt, denn dass es diese Brocken in der Ostsee gibt und manchmal einer angeschwemmt wird, ist leider Realität, was mir aber noch gar nicht bewusst war.
Ich habe bisher nur die vier Landarzt-Bände von Stefanie Ross gelesen. In vielen Rezensionen wird jedoch erwähnt, dass es bei ihren Büchern immer wieder Querverbindungen gibt. Da mir der lockere Schreibstil der Autorin sehr gefällt, bin ich natürlich auch auf ihre anderen Reihen neugierig und habe eine umfangreiche, informative, chronologische Übersicht zu allen Büchern auf ihrer Website gefunden. Damit muss ich mich demnächst einmal ausführlicher beschäftigen und überlegen, wo ich am besten in die anderen Reihen einsteige. Zu „Falsches Spiel in Brodersby“ kann ich nur sagen, es ist absolut lesenswert. Dabei empfehle ich, es möglichst am Wochenende oder im Urlaub zu lesen, denn man möchte gar nicht unterbrechen, und da kann es schon mal passieren, dass man sich damit selbst um den Nachtschlaf bringt.

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Faszinierender Blick hinter die Kulissen einer großartigen Musikerkarriere

Wenn ihr wüsstet
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Sieht und hört man David Garrett mit seiner Geige auf der Bühne, wirkt alles so leicht, locker und unbeschwert, als würde der Bogen von selbst auf den Saiten tanzen und die Musik geradezu aus der Geige ...

Sieht und hört man David Garrett mit seiner Geige auf der Bühne, wirkt alles so leicht, locker und unbeschwert, als würde der Bogen von selbst auf den Saiten tanzen und die Musik geradezu aus der Geige herausfließen. Dass dem ganz und gar nicht so ist, beschreibt der Musiker in seiner Autobiografie. Er schildert seinen Lebensweg von klein auf, als er seine erste Geige bekam. Er erzählt von den vielen Stunden unentwegter Arbeit, die schon damals für ihn an der Tagesordnung waren. Er spricht von den Begegnungen mit großen Geigern, die er bewunderte und verehrte. Er berichtet von ersten, eigenen Erfolgen in seiner Kindheit, er spart aber auch nicht an kritischen Worten, wenn er erzählt, was ihm alles abverlangt wurde. Den Begriff „Wunderkind“ lehnt er ab, denn dessen Bedeutung wäre, dass ihm alles spielerisch zugefallen sein müsste. Hier erfährt man, wie viel Mühe, Schweiß und Tränen hinter den Fähigkeiten stecken. Vater Bongartz sieht es als selbstverständlich an, dass sein Sohn immer besser wird und Karriere macht und tut alles dafür. Sogar Privatlehrer engagiert er für David. Im Jugendalter kommt die Krise, die den jungen Musiker sogar krank macht.
Erst als er sein Leben selbst in die Hand nimmt, wendet sich das Blatt, was jedoch nicht bedeutet, dass es von nun an stetig bergauf ging. Der Weg des berühmten Geigers ist steinig und von einigen Niederlagen gesäumt, sowohl in Hinsicht auf seine Karriere als auch sein Privatleben. In seiner Autobiografie erzählt David Garrett sehr offen über sein Leben, seine Gedanken und Gefühle. Man lernt den Menschen hinter dem Musiker kennen.
Inzwischen hat er seinen Weg im Crossover gefunden. Indem er die Schönheit verschiedener Musikrichtungen und Stile vereint, lässt er Neues, Faszinierendes entstehen, was jedoch nicht bedeutet, dass er der Klassik untreu geworden ist.
So ganz nebenbei erfährt man beim Lesen interessante Fakten über die Geige, über die Eigenheiten verschiedener Modelle und auch Historisches, über ihre Schöpfer.
Das Buch ist so lebendig und kurzweilig geschrieben, dass ich von der ersten bis zur letzten Seite völlig gefesselt war.
Das bisherige Leben des großartigen Geigers, der zu den zehn besten der Welt zählt, hat mich fasziniert, und nun sehe ich vieles mit anderen Augen. David Garrett ist Geiger und Komponist, und er hat sich als Schauspieler betätigt, indem er im „Teufelsgeiger“ die Rolle des Paganini verkörperte. Dass er sich für seine Autobiografie die Unterstützung eines erfahrenen Schreibers (Leo G. Linder) geholt hat, ist nur allzu verständlich, und das Ergebnis hat mich vollkommen überzeugt, denn es ist in einem lockeren Stil geschrieben, so wie David Garrett auch erzählt, wenn man Interviews von ihm hört.
Das Buch ist sehr schön ausgestattet, denn es enthält zahlreiche Fotos aus David Garretts Leben. Jedem Kapitel ist ein QR-Code zugeordnet, über den man zum Teil bisher unveröffentlichte Aufnahmen, Konzertmitschnitte und Fotos abrufen kann. Es hat mir große Freude gemacht, diese Dateien zu betrachten und den Musikaufnahmen zu lauschen. Ich finde die Art, zusätzliche Bonusstücke einzubinden, genial und bin vom Gesamtergebnis dieses Buches begeistert.

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Zweiter Teil einer Familiengeschichte, der 1964 im Zonenrandgebiet spielt

Die Dorfschullehrerin
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Leider habe ich erst zu spät gemerkt, dass dieser Roman bereits der zweite Teil einer Dilogie ist. Aber ich muss sagen, ich habe mich trotzdem schnell in der Geschichte zurecht gefunden. Es gibt viele ...

Leider habe ich erst zu spät gemerkt, dass dieser Roman bereits der zweite Teil einer Dilogie ist. Aber ich muss sagen, ich habe mich trotzdem schnell in der Geschichte zurecht gefunden. Es gibt viele Rückblicke und Erinnerungen, so dass mir schnell klar wurde, was vorher geschah. Es ist nicht das erste Mal, dass Helene nach Kirchdorf zieht, denn schon einmal hat sie dort gelebt und an der Schule unterrichtet. Ich muss gestehen, dass zwar Gründe genannt sind, wieso sie damals den Ort verlassen hat, aber so ganz schlüssig war diese Entscheidung nicht für mich. Vielleicht hätte ich sie nachvollziehen können, wenn ich die Vorgeschichte ausführlicher gekannt hätte. Als Helene nun die Stelle der Schulleitung in Kirchdorf angeboten wird, hat sie zuerst ihre Zweifel, denn sie befürchtet, ihre Tochter Marie könnte unglücklich darüber sein, wieder in den Ort zu ziehen, wo sich das Mädchen schon damals nicht wirklich wohlgefühlt hat. Aber hier merkt man bald, dass Marie inzwischen in einem Alter ist, wo sie viel über die Gegebenheiten nachdenkt und auch schon mal ihre Meinung revidiert. Als Helene ihre neue Stelle antritt, bleibt es nicht aus, dass sie auch Tobias, dem Landarzt, wieder begegnet. Mit ihm hatte sie anscheinend bereits in Band 1 eine Liebesbeziehung. Die Geschichte der beiden wirkte stellenweise etwas konfus auf mich, denn vor allem die vernünftige Lehrerin und Schulleiterin benimmt sich manchmal wie ein Teenager und weiß so gar nicht was sie will.

Der Zeitgeist im Roman ist sehr gut und lebendig dargestellt. Es werden einige Themen aufgegriffen, die damals, in den 60er Jahren, problematisch waren. So zum Beispiel eine Liebesbeziehung zwischen Schwarz und Weiß oder eine uneheliche Schwangerschaft. Gerade im ländlichen Raum war das alles vermutlich noch schwieriger als in den Städten, denn gerade in Kirchdorf war der Dorfklatsch sehr aktiv, es gab jede Menge Vorbehalte, und einige Zeitgenossen benahmen sich extrem selbstgerecht. Es war die Zeit des Kalten Krieges, und gerade im Zonenrandgebiet, wo der Roman spielt, kam es damals immer wieder zu kritischen Vorfällen. Ich weiß es noch aus meiner Kindheit, denn auch wir hatten nur wenige Kilometer bis zur Zonengrenze, und wenn wir damals ab und zu dort in der Gegend spazieren gegangen sind, hat mich immer ein mulmiges Gefühl beschlichen. Es ist heutzutage direkt unfassbar, was zu dieser Zeit geschah und dass damals Deutsche an der Grenze auch schon mal auf Deutsche geschossen haben. Auch wenn man erfährt, was Helene und ihre Familie schon erlebt haben, ist dies erschütternd aber eben sehr realistisch dargestellt. Über das damalige Schulsystem und geplante Änderungen erfährt man ebenfalls ein wenig, allerdings läuft dieses Thema eher nebenher. Im Mittelpunkt stehen die persönlichen Schicksale von Helene, Marie, Tobias aber auch von Helenes Freundin Isabella und ihrer verbotenen Liebe, von Tobias‘ Sprechstundenhilfe Agnes und ihrer Familie und noch einige mehr. Auch liegt die Vergangenheit wie ein dunkler Schatten über Helene und holt sie wieder ein.

Der Roman liest sich weitgehend sehr fesselnd. Nur sind sehr viele Dialoge im Dialekt geschrieben, und ich muss gestehen, das hat meinen Lesefluss manchmal ziemlich ausgebremst, denn einiges musste ich mehrmals lesen, um zu verstehen, was gemeint ist.

Wer sich für die beschriebene Zeit und die damalige Lebensweise interessiert, als Deutschland noch geteilt war, wird sicher Gefallen an diesem Roman finden, allerdings empfehle ich, dann doch beide Bände in chronologischer Reihenfolge zu lesen.

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