Die zweite Braut
Die zweite BrautMarburg im Jahr 1537: Obwohl die junge Anne früh beide Eltern verloren hat, erlebt sie eine schöne Kindheit und Jugend im Hause ihres Onkels. Als der Landgraf Philipp von Hessen sie als Vorleserin und ...
Marburg im Jahr 1537: Obwohl die junge Anne früh beide Eltern verloren hat, erlebt sie eine schöne Kindheit und Jugend im Hause ihres Onkels. Als der Landgraf Philipp von Hessen sie als Vorleserin und Gesellschafterin in seine Dienste nimmt, geht ein Traum für die junge Frau in Erfüllung, und sie ist neugierig auf das Leben am landgräflichen Hof. Während einer Reise, die sie mit ihrem Onkel unternimmt, lernt Anne einen jungen Mann kennen und verliebt sich unsterblich in ihn. Mit Martin möchte sie ihr weiteres Leben verbringen, und die Liebenden schmieden Zukunftspläne Was Anne zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, ist, dass sich Philipp von Hessen mit dem Gedanken trägt, sie zu seiner zweiten Frau zu nehmen. Außerdem ist da noch ein Ritter des Landgrafen, der sie besitzen will. Als Martin ihr nachreist, eskaliert die Angelegenheit, und es wird nicht nur für das junge Paar gefährlich, sondern auch für die Menschen, denen Anne vertraut.
In gewohnt kurzweiliger Form erzählt Sibylle Baillon diese mittelalterliche Geschichte, in die so einige historisch authentische Personen verwickelt sind. Man erfährt viel über das Leben am Hofe des Landgrafen und über die dortigen Gepflogenheiten. Die Stellung der Frauen zur damaligen Zeit ist sehr ausführlich dargestellt, und schnell wird klar, wie wenig selbst die höher gestellten Damen bei Hof zu sagen hatten, gar nicht zu sprechen von den Mägden, die von vielen Rittern als Freiwild angesehen wurden. Wie es Anne in ihrer Situation geht, ihre geheimen Gedanken und Gefühle, während sie quasi zwischen drei Männern steht, ist so glaubwürdig erzählt, dass man regelrecht mit der jungen Frau mitfiebert und leidet.
Sehr interessant finde ich an diesem Roman, wie geschickt die Autorin historische Fakten in die fiktive Handlung einbindet. Auch das mit Philipps Zweitehe ist keine reine Erfindung, sondern der Landgraf war wirklich, obwohl verheiratet, auf Brautschau. Auch seine Situation und die Probleme, die es zu lösen galt, sind lebendig dargelegt.
Der Roman kann mit einer Vielzahl farbiger und sehr gut gezeichneter Charaktere aufwarten. Sehr sympathisch waren mir beispielsweise Annes gute Freundin Neslin. Wie im richtigen Leben, so begegnet man liebenswerten Menschen, aber auch welchen, mit denen man lieber nichts zu tun haben möchte. Nicht nur einmal hätte ich Anne am liebsten zugeflüstert, sie solle auf der Hut sein. Den sympathischen Charakteren wird im Verlauf der Handlung auch einiges abverlangt, und sie erleben schlimme Dinge. Aber alles, was passiert und wie es geschildert ist, erscheint sehr authentisch und könnte durchaus so oder ähnlich passiert sein.
Mein Fazit: Ein fesselnder Roman mit interessanten Charakteren und einem faszinierenden historischen Hintergrund, der nicht nur gut unterhält, sondern dem Leser auch das raue Leben im 16. Jahrhundert lebhaft nahe bringt.