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Veröffentlicht am 05.11.2017

Winterherz

Winterherz
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Zuerst ist mir der Einband des Buchs aufgefallen, und zusammen mit dem Titel dachte ich anfangs, es würde sich um einen Fantasyroman handeln, aber mein erster Eindruck hat mich getäuscht. Die Autorin erzählt ...

Zuerst ist mir der Einband des Buchs aufgefallen, und zusammen mit dem Titel dachte ich anfangs, es würde sich um einen Fantasyroman handeln, aber mein erster Eindruck hat mich getäuscht. Die Autorin erzählt eine sehr real wirkende Geschichte über eine junge, engagierte Biologin die an einem Forschungsprojekt arbeitet, welches sich mit der Wiederansiedlung der Wölfe in Deutschland beschäftigt. Der Gedanke, dass es diese faszinierenden Geschöpfe wieder in der Schorfheide geben könnte, stößt nicht überall auf Vorliebe. Ella muss sich immer wieder mit Gegnern dieser Idee auseinandersetzen. Einer davon ist Sander Engelbrecht. Der verschlossene Mann begegnet Ella anfangs mit totaler Abwehr und Skepsis. Er hat jedoch nicht damit gerechnet, dass er sich in die lebhafte, temperamentvolle und hübsche Frau verlieben könnte. Auch Ella ist zuerst gar nicht von dem abweisenden Mann angetan, der ihr bei den ersten Begegnungen unfreundlich und arrogant entgegentritt, aber insgeheim gibt es eine Anziehungskraft, der sich die Protagonisten nicht dauerhaft entziehen können. Jedoch hat Sander ein Geheimnis. Es gibt ein Erlebnis in seiner Vergangenheit, das er nicht vergessen kann, über das er nicht sprechen möchte und das in gewisser Weise auch mit seiner Abneigung gegen Wölfe zusammenhängt.

Die Protagonisten machen sich das Leben wirklich nicht leicht. Da prallen völlig unterschiedliche Mentalitäten und Wesenszüge aufeinander. Ella wird nicht schlau aus Sander, der selbst wie ein einsamer Wolf auf sie wirkt, diese Tiere aber absolut nicht mag. Er wirkt innerlich zerrissen und versteckt seine Gefühle hinter einem dicken Schutzpanzer. Nur langsam kann Ella zum wahren Menschen dahinter durchdringen, und sie erlebt häufig entmutigende Rückschläge, wen sie ihm nahe kommen möchte.
In die aktuelle Handlung sind immer wieder Rückblicke eingeflochten, so dass der Leser schon bald eine Ahnung bekommt, was mit Sander los ist. Aber es warten noch einige aufregende Überraschungen, und das Buch ist packend bis zuletzt. Der Roman hat nicht nur eine starke Romanze und viel Spannung zu bieten, sondern auch jede Menge Informationen über Wölfe, über die Geschichte ihrer fast gänzlichen Ausrottung und die damit verbundenen Vorurteile. Man erfährt viel Wissenswertes über diese faszinierenden Tiere und ihre Gewohnheiten.

Mittlerweile habe ich mich auch nach weiteren Büchern der Autorin umgesehen und festgestellt, dass es sich zwar um einzelne Romane handelt, die man allein stehend lesen kann, aber in gewisser Weise sind sie alle miteinander verbunden, denn die Protagonisten der Bücher sind immer irgendwie miteinander verwandt oder bekannt. So konnte ich nun in der Handlung bereits einige Hauptpersonen der anderen Romane kennen lernen. Diese losen Zusammenhänge in Büchern mag ich sehr gerne, und darum wird „Winterherz“ sicher nicht mein einziges oder letztes Buch von Tania Krätschmar sein.

Veröffentlicht am 05.11.2017

Wunderschöner, bezaubernder Roman mit toller Atmosphäre

Nora und die Novemberrosen
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Dies ist der dritte Roman, den ich von der Autorin gelesen habe, und was mir an ihren Büchern ausgesprochen gut gefällt, ist die starke Naturverbundenheit. Waren es in den anderen beiden Geschichten Tiere, ...

Dies ist der dritte Roman, den ich von der Autorin gelesen habe, und was mir an ihren Büchern ausgesprochen gut gefällt, ist die starke Naturverbundenheit. Waren es in den anderen beiden Geschichten Tiere, um die es hauptsächlich ging, so handelt dieser Roman von einer verborgenen, alten Gärtnerei. Nora ist allein erziehende Mutter einer siebenjährigen Tochter, und sie hat liebenswerte Nachbarn, die sich um die kleine Fanny kümmern, während Nora arbeitet. Für ihre Freunde Ellie, Margarete und Udo, alle drei im Rentenalter, ist das Leben in ihrem selbst ernannten „Mehrgenerationenhaus“ ebenfalls eine Bereicherung, denn sie können nicht nur Nora unterstützen, sondern genießen auch die gemeinsame Zeit mit Fanny sehr.
Als die Freunde zufällig bei einem Ausflug die alte Gärtnerei entdecken, können sie gar nicht anders, als immer wieder dorthin zurück zu kehren. Der verborgene Garten übt einen ganz eigentümlichen Zauber auf die Besucher aus, dem sie sich nicht entziehen können. Unter einer dichten Decke von Unkraut versteckt haben viele Pflanzen überdauert, die nun ihre Schönheit wieder entfalten können, und es lauert so manches Geheimnis in den grünen Dickicht.
Tania Krätschmar hat eine unnachahmlich schöne Art, ihre Charaktere zu zeichnen und die besondere Atmosphäre der Gärtnerei zu beschreiben. Wenn ich zwischendurch die Augen schloss, konnte ich im Geist alles sehr deutlich vor mir sehen und hatte fast den Duft der Natur in der Nase, so lebendig ist alles geschildert. Schön ist, dass Nora auch Gleichgesinnten begegnet, die sie in ihrer großen Gärtner-Leidenschaft bestens verstehen können. Die Dialoge, die sich bei solchen Begegnungen entwickelten, haben mich fasziniert, denn auch ich habe quasi ein „Gärtner-Gen“ von meinen Vorfahren geerbt. Ich habe mich in der ganzen Atmosphäre, die der Roman ausstrahlt, sehr wohl gefühlt und die 334 Seiten richtiggehend verschlungen. Durch ein altes Geheimnis, das die Gärtnerei verbirgt und das in eine dunkle Zeit Deutschlands zurück führt, hat der Roman zusätzlich Tiefe und ist stellenweise sehr berührend. Alles in allem hat „Nora und die Novemberrosen“ für mich das Zeug zum Lieblingsbuch.

Veröffentlicht am 02.11.2017

Ein gutes Buch über ein spannendes Thema

Das Jahr der Wölfe
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Insgesamt ist dieser Roman sehr sachlich gehalten, und mein Eindruck ist, dass er in erster Linie über die Problematik informieren möchte, die eine Auswilderung von Wölfen mit sich bringt.
Man erlebt die ...

Insgesamt ist dieser Roman sehr sachlich gehalten, und mein Eindruck ist, dass er in erster Linie über die Problematik informieren möchte, die eine Auswilderung von Wölfen mit sich bringt.
Man erlebt die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln und erfährt viel über die Beweggründe der Beteiligten. Da ist einerseits Tom, der in der Handlung die größte und wichtigste Rolle einnimmt und der für das Projekt zuständig ist. Größtenteils schlägt ihm im Dorf eine ablehnende Haltung entgegen. Der zehnjährige Lars ist fasziniert von Toms Arbeit, und er setzt alles daran, Tom zu überreden, ihn an dem Wolfsprojekt mitarbeiten zu lassen. Wie es ist, als Außenseiter behandelt zu werden, nur weil man mit Tom befreundet ist, erfährt Lars sehr bald am eigenen Leib. Auch seine Mutter Amelie muss sich immer wieder gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, weil sie ihrem Jungen erlaubt, Tom und die Wölfe zu besuchen.
Trotz großer Bemühungen, die Bevölkerung über Wölfe und ihre Verhaltensweisen aufzuklären, wird die Haltung der Dorfbewohner immer feindlicher. Tom und seine (wenigen) Freunde bekommen es hier mit einigen sehr starrsinnigen Zeitgenossen zu tun, die auch nicht vor kriminellen Aktionen zurückschrecken, um ihren Willen durchzusetzen. Die Angst hierzulande ist demnach immer noch fest in den Köpfen der Menschen verankert, verursacht durch diverse Schauergeschichten aus uralter Zeit. Im Roman kann man gut miterleben, was bei bierseligen und unsachlichen Wirtshausdebatten herauskommen kann, hier mit fatalen Folgen.

Sehr gut hat mir an dem Roman gefallen, dass die Autorin die Gegebenheiten auch aus der Sicht der Wölfe selbst darstellt, so dass man deren Beweggründe für ihre Handlungen besser verstehen kann. Mich interessiert das Thema sehr, und so war ich froh, in diesem Buch viel Neues über eine Spezies zu erfahren, die in Deutschland und weiten Teilen Europas schon fast ausgerottet war und erst in letzter Zeit wieder langsam und zaghaft Fuß fassen kann.
Da ich das Thema als äußerst spannend erachte, war das Buch für mich ein Pageturner, denn ich wollte möglichst schnell erfahren, wie die Sache für alle Beteiligten ausgeht. Der angenehm flüssige Schreibstil hat es mir leicht gemacht, das Buch innerhalb weniger Stunden durchzulesen. Dass die Rahmenhandlung dabei etwas zu kurz kam, vor allem was die Emotionen der Protagonisten angeht, kann ich gut verstehen, denn das Anliegen der Autorin mit diesem Buch ist es, in anschaulicher Weise und auf kurzweilige Art über dieses Thema zu informieren, und das ist ihr auf jeden Fall gelungen.

Veröffentlicht am 30.10.2017

Tod einer Hofdame

Tod einer Hofdame
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Aleydis kann es nicht glauben, dass ihre Schwester den Freitod gewählt haben soll. Dass Belanca nun in ungeweihter Erde verscharrt wird, erscheint ihr unerträglich. Hier wird Aleydis' Geschichte erzählt, ...

Aleydis kann es nicht glauben, dass ihre Schwester den Freitod gewählt haben soll. Dass Belanca nun in ungeweihter Erde verscharrt wird, erscheint ihr unerträglich. Hier wird Aleydis' Geschichte erzählt, wie sie mit allen Mitteln versucht, die Ehre der Familie wieder herzustellen und zu beweisen, dass Belancas Tod kein Selbstmord war.
Sie nimmt lange, beschwerliche Reisen auf sich, die sie zu Richard Löwenherz führen, denn es gibt Anzeichen, die darauf hinweisen, dass er etwas mit Belancas Tod zu tun haben könnte bzw. Näheres darüber weiß. Als sie ihn endlich sprechen kann, sichert er ihr seine Hilfe zu. Doch auch seine Möglichkeiten sind begrenzt, denn er befindet sich auf Burg Dürnstein in Gefangenschaft.
Aleydis muss eigenständig ermitteln, wobei sie von den Männern ihrer Familie immer wieder behindert wird, denn sowohl ihr Ehemann als auch ihr Bruder und ihr Schwager sind der Meinung, dass ihre Unternehmungen für eine Frau nicht schicklich sind und dem Ruf der Familie eher noch schaden.
Aleydis' Auflehnung erfolgt mehr innerlich, wenn sie in Gedanken immer wieder Streitgespräche mit den drei Männern durchgeht. Man merkt sehr deutlich, dass ihre Möglichkeiten eingeschränkt sind und sie immer wieder an ihre Grenzen stößt. Dass sie auch nicht so einfach zu Richard Löwenherz gehen kann, um sich mit ihm zu beraten, macht die Sache nicht leichter. Dazu kommt, dass sie sich mit ihren Nachforschungen schwer tut und gerne das eine oder andere Detail übersieht. So recht überzeugen konnte sie nicht in ihrer Rolle als „Ermittlerin“, und der Handlungsablauf, die Reaktionen der Charaktere sowie letztendlich die Beweggründe des Mörders waren für mich nicht völlig nachvollziehbar.
Aber der Schreibstil ist gut; die Autorin hat ihre Kriminalgeschichte in eine sehr reale historische Szenerie eingebaut und mit viel Hintergrundwissen rund um Richard Löwenherz und seine Gefangenschaft ausgeschmückt. Diese solide historische Grundlage hat mir ausnehmend gut gefallen, und letztendlich spiegeln Aleydis' Erfahrungen in diesem Fall ja nur das damalige Frauenbild wieder.
Das ganze Umfeld um diese fiktive Geschichte macht einen gut recherchierten und korrekt wiedergegebenen Eindruck. Bis auf kleine Zweifel, die ich bereits genannt habe, hat mir der Roman insgesamt gut gefallen.

Veröffentlicht am 28.10.2017

Piniensommer

Piniensommer
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„Piniensommer“ ist die Fortsetzung zu „Das Sternenboot“, und auch wenn es sicher möglich ist, diesen zweiten Band einzeln zu lesen, so empfehle ich doch wärmstens, mit dem „Sternenboot“ zu beginnen, da ...

„Piniensommer“ ist die Fortsetzung zu „Das Sternenboot“, und auch wenn es sicher möglich ist, diesen zweiten Band einzeln zu lesen, so empfehle ich doch wärmstens, mit dem „Sternenboot“ zu beginnen, da man sich sonst um sehr viel Hintergrundwissen und um eine wunderbare (Vor-)Geschichte bringt. Als ich „Das Sternenboot“ gelesen habe, hat mich besonders der letzte Satz sehr beunruhigt, und meine Befürchtungen haben sich bewahrheitet, denn die Fortsetzung ist stellenweise sehr traurig. Die ganze Geschichte ist von ihrer Tendenz her sehr schwermütig angelegt. Es gibt aber durchaus auch glückliche Momente, und man kann insgesamt sagen, der Roman ist geradezu erfüllt von sehr starken Emotionen ganz unterschiedlicher Art. Man sollte sich von dem sommerlich, locker-leichten Cover und dem Titel nicht täuschen lassen, denn die Handlung des Romans, die übrigens auf einer wahren Geschichte aufbaut, ist äußerst tragisch.
Stefanie Gerstenbergers Schreibstil ist sehr schön und für mich immer wieder etwas ganz Besonderes, denn sie drückt in ihren Beschreibungen sehr viel Gefühl aus und vermittelt einen starken Eindruck von der herrschenden Atmosphäre und auch von der Mentalität der Menschen, um die es geht. Wir finden uns in Süditalien wieder, wo die Familie nochmal einen ganz anderen Stellenwert hat als bei uns. Auch Nachbarschaftshilfe wird groß geschrieben. Man kümmert sich umeinander. Dieser besondere, starke Zusammenhalt kommt im Roman immer wieder gut zum Ausdruck.
Auch in Moral- und Glaubensvorstellungen unterscheiden sich die Süditaliener sehr von uns nüchternen Deutschen, früher schon ebenso stark wie heute, denn hier konnte zur damaligen Zeit keiner seine Fehler oder „Fehltritte“ hinter Anonymität verstecken, sondern musste sich der Kritik der Öffentlichkeit stellen, was sicher nicht immer einfach war. Auch die Kommunikation mit Verstorbenen erscheint hier als etwas ganz Normales, was für den nüchternen Betrachter sicher gewöhnungsbedürftig ist.

Ich habe auch diesen Fortsetzungsband um Stella und Nicola sehr genossen, schon der wunderbaren Beschreibungen wegen, auch wenn mich so manche Passage des Romans traurig gestimmt hat.
Die Handlung bietet bis zuletzt immer wieder Überraschendes. Aufs Ende zu gibt es einige Gedankensprünge, die ein wenig irritierend erscheinen, aber wie Platzhalter wirken und Raum für die eigene Phantasie lassen. Auch wenn mir der erste Band ein klein wenig besser gefallen hat, so kann ich sagen, dass „Piniensommer“ eine gelungene Fortsetzung mit einem befriedigenden Abschluss der Geschichte darstellt.