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Veröffentlicht am 31.05.2023

Zurück ins Leben

Kleine Schule des Fliegens
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Alexander kommt nach einer Krebserkrankung in die Wohnung seines Bruders, um sich zu erholen. Gegenüber bauen Saatkrähen ihre Nester in den Platanen. Zwischen ihm und den Vögeln sowie zwischen seinen Halluzinationen ...

Alexander kommt nach einer Krebserkrankung in die Wohnung seines Bruders, um sich zu erholen. Gegenüber bauen Saatkrähen ihre Nester in den Platanen. Zwischen ihm und den Vögeln sowie zwischen seinen Halluzinationen und Realitäten kommt es zu eigentümlichen Verschiebungen.
Das liest sich wunderschön. Die Krähen sorgen dafür, dass in diesem Kammerspiel eine Menge passiert. Sie „füllen die Leere zwischen den Ästen mit einem Fundament für ihre Nester‟, während „der Hund mit dem Gummibaum in Sachen Phlegma wetteifert‟. Die Sprache ist angenehm, leicht und poetisch. Alexanders Fantasie, Erinnerung und Realität sind eng miteinander verwoben.
Einerseits ist der Nestbau der Krähen eine Parallele zu Alexanders Gesundung, andererseits erzeugen sie eine Spaltung in der Nachbarschaft. Die einen wollen die Vögel vertreiben, wegen der Verschmutzung und des Lärms, die mit ihnen einhergehen. Das geht bis zur Anwendung offener Gewalt. Die anderen erfreuen sich an den sozialen Tieren und füttern sie. Ganz nebenbei wird auch Wissen über sie vermittelt.
Ein schönes Buch! Ich habe mich gefreut, es zu lesen.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

Schwer zu lesen

Zwischen Himmel und Erde
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Schwer zu lesen

Catarina kommt 2016 aus Brasilien nach London, um ihre Dissertation abzuschließen. Sie zieht in die Wohngemeinschaft Melissas, die brasilianische Wurzeln hat. Erinnerungen führen beide ...

Schwer zu lesen

Catarina kommt 2016 aus Brasilien nach London, um ihre Dissertation abzuschließen. Sie zieht in die Wohngemeinschaft Melissas, die brasilianische Wurzeln hat. Erinnerungen führen beide zurück in die Zeit der brasilianischen Militärdiktatur.
Die Autorin hat ebenfalls brasilianische Wurzeln und wuchs in London auf. Sie gilt als ein vielversprechendes Talent und hat bereits Preise gewonnen.
Dies hätte eine schöne, spannende Geschichte sein können, wenn der Stil nicht so eigenartig wäre. Zwar schreibt die Autorin seitenweise „klassisch‟, das heißt ganze Sätze, Absätze und gefüllte Seiten. Aber vieles wird wie ein Liedtext dargestellt und soll auch so klingen. Dann wieder stehen Emotionen und Eindrücke im Mittelpunkt, die in Form einzelner Wörter daher kommen, Zeile für Zeile. Schließlich geht es um Revolution und Politik. Das alles ist nicht immer einfach zu lesen. Wer sich darauf einlassen kann, kann hier sicherlich einen poetischen, außergewöhnlichen Lesegenuss finden.
Ein schwieriges, aber schönes Buch, das Zeit braucht.

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Veröffentlicht am 22.05.2023

Es eilt!

Vom Verschwinden der Arten
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Die Autorinnen sind in ihrem jeweiligen Fach versiert: Biologin Bönig-Gaese ist mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin, die seit Jahrzehnten zu ökologischen Themen arbeitet. Bauer ist Journalistin mit ...

Die Autorinnen sind in ihrem jeweiligen Fach versiert: Biologin Bönig-Gaese ist mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin, die seit Jahrzehnten zu ökologischen Themen arbeitet. Bauer ist Journalistin mit Spezialgebiet Politik.
Der Titel erinnert an Darwins „Entstehung der Arten‟, und das ist kein Zufall. Was auf der Erde in Millionen Jahren durch die Evolution entstanden ist, wird in unserer Zeit innerhalb weniger Jahrzehnte vernichtet. Die Autorinnen belegen diese Aussage mit zahlreichen Quellen. Sie schildern, warum das ein Problem auch für das Überleben der Menschheit ist. Und sie geben eine Zehn-Punkte-Liste mit Handlungsanweisungen, was Politik, Wirtschaft und jede Einzelperson tun können, um das noch aufzuhalten.
Das Buch ist sehr faktenlastig und deshalb nicht immer leicht zu lesen. Für eine unterhaltsame Lektüre fehlt es an bunten Fotos und Anekdoten. Doch sind die Kapitel kurz, es gibt immer wieder anschauliche Beispiele von Einzelfällen und das Ganze ist sehr übersichtlich strukturiert. Zwei Fakten fielen mir besonders auf:
Eine Studie ergab, dass zehn Prozent mehr Vogelarten in einer Region ebensoviel für die Lebenszufriedenheit der Menschen bringen wie zehn Prozent mehr Einkommen.
Eine Untersuchung des World Wildlife Fund zeigte, dass ein Sechstel aller in der Europäischen Union gehandelten Lebensmittel zur Entwaldung der Tropen beiträgt.
Eine Argumentationshilfe und ein Nachschlagewerk, all jenen ans Herz zu legen, die mit entscheiden. Auch jeder und jedem Einzelnem.

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Veröffentlicht am 19.05.2023

Menschen im Klimawandel

Blue Skies
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In Kalifornien sind die Temperaturen auf 37 Grad Celsius gestiegen – vormittags, an der Küste. Weiter im Inland wird es auch mal an die fünfzig Grad heiß. Am anderen Ende des Kontinents, in Florida, gießt ...

In Kalifornien sind die Temperaturen auf 37 Grad Celsius gestiegen – vormittags, an der Küste. Weiter im Inland wird es auch mal an die fünfzig Grad heiß. Am anderen Ende des Kontinents, in Florida, gießt es unablässig, und der Meeresspiegel steigt mit der Flut. Wir sind mitten in der Klimakatastrophe. Boyle schildert den Alltag einiger Personen, die hier leben. Ein Datum, wann es soweit sein könnte, nennt er nicht. Es könnte heute sein.
Boyle taucht auf eine Art in seine Figuren ein, wie das außer ihm kaum jemand kann: Man identifiziert sich sofort mit ihnen, auch wenn es Verbrecher oder Langweiler sind, oder eben Menschen, die ihren Lebensstil beizubehalten versuchen mit Swimmingpool, Klimaanlage, Flügen und großen Autos, dabei Strom und Wasser sparen und sich bemühen, weniger Fleisch zu essen. Die Menschen wirken authentisch, auch wenn ihre Handlungen noch so unlogisch sind. Sie sind komplex und vielschichtig.
Protagonist der Geschichte ist die Natur, die sich wandelnden Ökosysteme. Die Personen heiraten, bekommen Kinder, sie erleben Todesfälle, schwere Verletzungen, Trennungen. Doch ihren Alltag leben sie unverändert weiter, egal was geschieht. Irgendwann muss man eben das Boot nehmen, um die Tochter zur Schule zu bringen. Und wenn jemand bei Tisch einen Hitzschlag erleidet, ist es gut, einen Arzt im Haus zu haben. Und einen Pool.
Das ist gewürzt mit überraschenden (Wort-)Ideen. Da ist die Möwe, die bei einer Seebestattung zu verstehen versucht, was sie dort sieht. Da ist die Angestellte am Flughafen, die sich mit der Geschwindigkeit eines Gletschers bewegt. Boyles Stil ist liebevolle Hinwendung zu seinen Charakteren, und zugleich spöttische Beobachtung und gut recherchierter Hintergrund. Das macht immer wieder Spaß. Lesen!

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Es stirbt sich leicht in Ingelrein

Fahr nicht fort, stirb am Ort!
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Hermann Thaddäus König führt in dritter Generation ein Bestattungsunternehmen in dem kleinen Ort Ingelrein. Als er einem alten, sehr kranken Freund auf dessen Wunsch hin beim Sterben hilft, häufen sich ...

Hermann Thaddäus König führt in dritter Generation ein Bestattungsunternehmen in dem kleinen Ort Ingelrein. Als er einem alten, sehr kranken Freund auf dessen Wunsch hin beim Sterben hilft, häufen sich auf einmal die Todesfälle: Königs Ehefrau, die ihn unglücklich machte, der Gatte seines Jugendschwarms, der Bankangestellte und noch einige andere. Stets plant König nur die erforderliche Bestattung.
Der Autor ist Journalist und seit einigen Jahren erfolgreicher Autor von Kriminalromanen, unter dem Namen Klaus Maria Dechant.
Die Geschichte von Hermann Thaddäus König und den zahlreichen Toten ist abstrus. Sie ist witzig erzählt, mit einem trockenen Humor, der Spaß macht. Zwischendurch fragt man sich allerdings, ob das alles wirklich so möglich ist. Sobald eine neue Person auftaucht, die König Schwierigkeiten machen könnte, muss man denken, das sei der nächste Tote. Hier wären ein oder zwei Todesfälle weniger der Gesamtspannung dienlicher gewesen.
Der Stil ist so respektvoll wie man es von einem Bestatter erwarten darf. Es ist ja König selbst, aus dessen Sicht erzählt wird. Sein Geschäft blüht auf, und er selbst auch. Angesichts der seltsamen Zufälle bleibt ihm gar nichts anderes übrig als einen gewissen Sarkasmus zu entwickeln und eine wachsende Tatkraft. Die tut ihm gut, sein Leben wird deutlich glücklicher. Zum Schluss soll er doch noch selber morden. Tut er das? Hier kommt noch eine große Überraschung, so dass man das Buch amüsiert und zufrieden zuklappen kann.
So geht Krimi-Satire. Lesen!

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