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Veröffentlicht am 24.08.2022

Von Distanz und Nähe

Tür an Tür
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Klappentext:

„Mit derselben Empathie wie in seinem Debütroman „Vom Land“ erzählt Dominik Barta vom Leben in der Stadt, von Identität und Einsamkeit und von Toleranz und Solidarität.

Kurt, Anfang dreißig ...

Klappentext:

„Mit derselben Empathie wie in seinem Debütroman „Vom Land“ erzählt Dominik Barta vom Leben in der Stadt, von Identität und Einsamkeit und von Toleranz und Solidarität.

Kurt, Anfang dreißig und homosexuell, hat endlich eine Anstellung als Lehrer und eine kleine Wohnung gefunden. Anfangs stören ihn die Geräusche aus der Nachbarwohnung sehr, doch als er Herrn Drechsler, der seit Jahrzehnten hier wohnt, kennenlernt, kann er sogar mit dessen Klospülung leben. Auch mit Regina, der Neuen aus dem vierten Stock, freundet Kurt sich rasch an. Und als nach einer gescheiterten Beziehung sein bester Freund bei ihm einzieht und einer seiner Schüler vor der großen Weltpolitik plötzlich bei ihm Zuflucht sucht, wird Kurt endgültig bewusst, was Familie auch bedeuten kann …“



„Tür an Tür“ erzählt uns hier einen wirklich interessanten Roman aber nicht auf ebene der Protagonisten sondern auf deren Handlung und die Entwicklung der Figuren bzw. der Begebenheiten als solches. Kurt als Hauptfigur war mir von Anfang an sympathisch, aber alles mit einer gewissen Distanz versehen, wie es sich für Mitbewohner nunmal gehört. Man fühlt sich hier tatsächlich nicht nur als Leser sondern als Mitbewohner dieser Hausgemeinschaft. Barta erzählt sehr detailliert was wir hören, sehen, ja fast fühlen könnten, wenn wir an Kurts Stelle wären. Aus einem neutralen Einzug und unbekannten Mitmenschen im Haus entwickelt sich ganz sacht alles weiter und steigert sich. Man lernt sich kennen, kennt seine Gepflogenheiten (vermeintlich zumindest!), hilft sich hier und da aus und schwupp ist man in diesem Sog mit gefangen - man ist Nachbar und es wird über einen gesprochen, man bekommt ein Gesicht, einen Namen und eben auch eine schnelle Einschätzung wie man so ist! Barta hat diese Entwicklung wirklich bravourös gestaltet und ich bin weder an den Wiener Straßennamen gescheitert noch an anderen Erklärungen rund um Wien. An was ich aber gescheitert bin war schlussendlich die Wortwahl die sich im zweiten Teil der Geschichte auftut. Hier gehen wir weg von der Distanz und ins genaue Gegenteil. Barta verwendet mehr als oft das „F“-Wort und es zeigt sich eben somit: alle letzten Hüllen sind unter den Nachbarn, Bekannten gefallen. Dieser Verlauf war wirklich interessant aber für meine Begriffe einfach zu sehr ausgedehnt, zu sehr gewollt. Der „Zauber“ vom Anfang war weg und das brachte meine erste Einschätzung zu dieser Geschichte komplett ins wanken.

Mein Fazit: der Verlauf der Geschichte anhand von Distanz und Nähe ist Dominik Barta mehr als perfekt gelungen aber sprachlich muss man nicht gleich in die gleiche Schiene fallen. 3 von 5 Sterne von mir!

Veröffentlicht am 24.08.2022

Die Geister, die ich rief

Sein Sohn
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Klappentext:
„Louis Chabos wächst in einem Kinderheim in Mailand auf. Nachdem er in Napoleons Russlandfeldzug den Krieg kennengelernt hat, möchte er nur noch eins: endlich zu einem menschenwürdigen Leben ...

Klappentext:
„Louis Chabos wächst in einem Kinderheim in Mailand auf. Nachdem er in Napoleons Russlandfeldzug den Krieg kennengelernt hat, möchte er nur noch eins: endlich zu einem menschenwürdigen Leben finden und Teil einer Familie werden. In Graubünden erlangt er ein kleines Stück des erhofften Glücks. Doch das verspielt er, als die Sehnsucht nach dem unbekannten Vater ihn nach Paris ruft und er zwischen Prunk und Schmutz seine Bestimmung sucht.“

Da ist er wieder - Charles Lewinsky ist, nach „Der Halbbart“, mit einem neuem Werk präsent. „Sein Sohn“ hat ebenfalls so einen gewissen „Zauber“ inne wie sein letztes Buch. Auch hier erleben wir anhand einer Kinderseele namens Louis einerseits ein Menschenschicksal aber eben auch eine geschichtliche Entwicklung aber und nun kommt das ABER, Lewinsky führt nicht den gleichen Stiefel hier weiter sondern sein Protagonist Louis Chabos darf natürlich seine eigene Geschichten durchlaufen. Diese ist sprachgewaltig, besonders und erfährt immer wieder Schnelligkeit aber auch das Gegenteil. Lewinsky lässt seine Figur all das durchleben was wir Menschen auch manches Mal verlangen aber was ist, wenn man es hat nach dem man giert? Wie verändern wir uns und wie entwicklen wir uns dadurch und machen unsere Erfahrungen? Louis scheint DIE Chance zu erhalten die man ihm gönnt aber er hat auch die Verpflichtung diese gekonnt und ein wenig wehmütig zu nutzen. Louis schöpft aber aus den Vollen und alles kommt anders. Sie wollen wissen was und warum? Lesen Sie dieses Werk! Es ist wahrlich eine Bereicherung und Lewinsky schafft es immer wieder den Leser zu fesseln. Er tut dies nicht nur mit seinen Worten sondern auch mit den Bilder die er mit Worten erzeugt und dem unweigerlichen Kopfkino. Er schreibt immens viel zwischen den Zeilen und man muss hier feinfühlig lesen, aufmerksam und die Worte genau interpretieren. Lewinsky bietet ebenfalls wieder Raum für eigene Gedanken. Die sind auch nötig denn Louis bringt einen manches Mal um den Verstand! Der Wechsel zwischen Reich und Arm, Gut und Böse ist so extrem gekonnt und hier und da auch scharfzüngig beschrieben, dass man nur sagen kann, Lewinsky hat einfach ein perfektes Gespür, seine Umgebung genau zu beobachten und diese aus der Zeit zu reißen und in fast lyrische Worte zu verpacken. Er vermag immer den richtigen Ton zu treffen und die Situationen bestens zu stricken und dennoch macht Louis hier was er will. Lewinsky zeichnet das Auf und Ab des Lebens in unverblümter Sprache, er zeichnet Emotionen wie kaum ein Anderer - 5 von 5 Sterne für dieses Werk!

Veröffentlicht am 24.08.2022

Ein wahrlich brillantes Buch!

Isidor
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!ein Lesehighlight 2022!

Klappentext:
„Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten ...

!ein Lesehighlight 2022!

Klappentext:
„Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.“

„Isidor“ - allein der Name hat schon etwas kämpferisches, Großes und hat zudem eine besondere Bedeutung. Der Name kommt aus dem hellenistischen Griechischen und bedeutet „Geschenk der Isis“. Was hat das mit unserem Protagonisten zu tun? Eine ganze Menge, denn Isidor ist ein Kämpfer und hat mich von der ersten bis zu letzten Seite in diesem Buch beeindruckt. All das was er geschafft hat, was aus ihm geworden ist und wo er nun hier im Buch steht kommt nicht von ungefähr. Man könnte nun spekulieren, er sei geltungssüchtig. Falsch. Sein Glaube und der Kampf um diesen haben ihm zu den gemacht was wir hier erlesen dürfen/durften. Die Gesellschaft hat Isidor geprägt, seine Erfahrungen haben ihn geprägt und eben alle Erlebnisse obendrauf - und immer wieder steht sein jüdischer Glaube dabei an erster Stelle. Autorin Shelly Kupferberg hat hiermit ein wahres Lesehighlight 2022, für meine Begriffe, geschrieben! Ihre Geschichte ist weder reißerisch laut noch leise. Sie hat den Ton den es braucht perfekt gewählt und sie zeigt uns mit äußerster Sorgfalt einen Menschen, den es versuchen gilt, zu verstehen. Gelingt uns das? Oh ja! Dem Leser eröffnen sich hier fast kleine Welten jeglicher Richtung und das ist wahre Literatur! Kupferberg hat durch ihre persönliche Nähe zu „Isidor“ selbstredend einen besonderen Blick auf ihren Urgroßonkel. Sie hat eine ganz besondere Gabe und Art uns seine Geschichte zu erzählen. Alles trifft schlussendlich auch heute noch auf die Gesellschaft zu. Erschreckend? Und ob. Kupferbergs Wortwahl und auch ihr Ausdruck sind perfekt gehalten. Sie hat hier wirklich das richtige Flair an Feingefühl reingelegt und ist niemals wertend. Sie lässt dem Leser genügend Raum für eigene Gedankengänge und somit darf man auch mal kurz aufschauen beim lesen und nachdenken, ein wenig philosophieren, es wirken lassen.
Dieses Buch ist einfach brillant geschrieben und jetzt fragen Sie sich bestimmt noch was das Reh auf dem Cover zu suchen hat? Nur so viel: es passt einfach perfekt und lesen Sie die Geschichte bitte! Die Auflösung hierzu ist genial! Alles passt hier so grandios zusammen, dass es nur so ein Fest war dieses Buch zu lesen, zu genießen, zu inhalieren! Auch anderen Lesern ist dies aufgefallen und (fast) alle kamen zur selben Erkenntnis: das Reh passt einfach wie die Faust aufs Auge!
Das Buch hat mehr als 5 Sterne verdient!

Veröffentlicht am 24.08.2022

Äußerst spannend!

Nazis in Tibet
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Klappentext:

„21. Dezember 1938: Fünf junge Männer aus Deutschland überschreiten den Hi-malaya-Pass Nathu-La zwischen Sikkim und Tibet. Als erste Deutsche haben sie die Genehmigung erhalten, die »verbotene ...

Klappentext:

„21. Dezember 1938: Fünf junge Männer aus Deutschland überschreiten den Hi-malaya-Pass Nathu-La zwischen Sikkim und Tibet. Als erste Deutsche haben sie die Genehmigung erhalten, die »verbotene Stadt« Lhasa zu besuchen. An ihrem Gepäck flatterten Hakenkreuzwimpel und SS-Runen.



Offiziell wird der Leiter der Expedition Ernst Schäfer später beteuern, es wäre nur um naturkundliche Forschungen gegangen. Tatsächlich steht die Reise unter der besonderen Förderung von Heinrich Himmler, der in Tibet den Ursprung der arischen Rasse vermutet.



Peter Meier-Hüsing geht den Mythen und Legenden, die sich bis heute um die Tibet-Expedition der fünf SS-Offiziere Ernst Schäfer, Bruno Beger, Karl Wienert, Ernst Krause und Edmund Geer ranken, auf den Grund….

Erforschung bisher unbekannter Tier- und Pflanzenwelt, Hinweise auf eine vermeintliche arische Ur-Religion, winterhartes Getreide, um in Kriegszeiten die Grundversorgung sicherzustellen: Während die Teilnehmer nach Kriegsende ihre rein naturwissenschaftliche Motivation betonten, geht der Autor ihren tatsächlichen Beweggründen auf den Grund….“



Wenn man den Titel liest, stellt sich die Frage, was der braune Mopp in Tibet überhaupt wollte. Genau diese Frage und noch viele weitere, sehr intensive, beantwortet bzw. versucht in diesem Buch Peter Meier-Hüsing zu beantworten. Seine Erkenntnisse sind äußerst spannend, teilweise spektakulär hier und da auch reine Spekulation aber dennoch ergibt vieles einen Sinn und manches eben nicht. Es scheint wie eine dunkle Welle die in das Land des Glaubens einbricht. Ohne zu viel hier weiter ins Detail zu gehen, kann ich wirklich behaupten, dieses Buch liest sich für alle Geschichtsinteressierten fast wie ein Thriller! Es wurden Dinge erforscht, die eigentlich eher auf einen apokalyptischen Ausnahmezustand hindeuteten und noch vieles mehr. Ja, es liest sich wirklich spannend und faszinierend und Meier-Hüsing hat es einem leicht gemacht die Thematik gut zu verstehen bzw. sich seinen Ausführungen anzuschließen. Motto hier: Nicht‘s genaueres weiß man nicht!

Wer also ein besonderes Werk über die Geschichte Tibets sucht, ist hier genau richtig! Ich vergebe 4 von 5 Sterne!

Veröffentlicht am 24.08.2022

Mal ganz was anderes! 4 Sterne!

Wütende Bärin
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Klappentext:

„Ein Roman von absoluter Modernität. Der Ton einer neuen Stimme aus Norwegen. In der Übersetzung von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann. Dreierlei Ich-Stimmen sind zu lesen: die der ...

Klappentext:

„Ein Roman von absoluter Modernität. Der Ton einer neuen Stimme aus Norwegen. In der Übersetzung von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann. Dreierlei Ich-Stimmen sind zu lesen: die der jungen Klimaforscherin Nina und ihres Mentors Njål, die gemeinsam ein Kind haben, Lotta. Die dritte Stimme gehört Sol, die vor Nina mit Njål zusammen war und die gern ein Kind mit ihm gehabt hätte. Trotz des gemeinsamen Kindes leben Nina und Njål nicht zusammen. Irgendetwas wurde Lotta angetan. Wie ein kalter Nebel zieht sich die Ungewissheit über das Geschehen durch das Buch. Nina, Njål und ihr Kind werden nach Svalbard, Spitzbergen, reisen. Um noch einmal zu versuchen zusammenzukommen? Oder gibt es ganz andere Gründe?

In der Dunkelheit der Polarnacht drängt Njål auf ein Wochenende in einer entlegenen Hütte. Ein Retreat in der absoluten Dunkelheit, dort, wo die Eisbären auf Futtersuche sind? Was wird in der Hütte am gefrorenen Meer geschehen?“



Das war mal wirklich ein besonderer Roman mit besonderen Themen und Protagonisten! Hier werden Themen angeschnitten, die schlussendlich jeden von uns treffen können oder eben auch nicht und dadurch fällt die Beobachtung für diese Geschichte ebenfalls besonders aus. Wir dürfen hier drei Stimmen folgen, drei Geschichten und schlussendlich drei Schicksalen und deren kaputte Welt erlesen. Lotta wird ein wenig zum Mittelpunkt aber liegt dieser wirklich in Lotta selbst? Schnell kommen beim lesen Fragen auf, Gedankengänge machen sich breit und somit hat die Autorin uns schnell gefesselt. Wir reisen einerseits mit den Menschen mit aber auch in deren besondere Natur. Alles spielt hier eine gewisse Rolle aber niemals die Hauptrolle. Alles wirkt hier sehr gut zusammen gesetzt und rund. Die Geschichte hat einen besonderen Spannungsbogen und so richtig weiß man als Leser nicht wo dieser abebben wird und somit ist man im Lesesog gefangen. Die Landschaft bringt in die Geschichte ihr ganz einmaliges Flair mit ein und wir können die Kälte förmlich spüren - nicht nur die, die von den Menschen ausgeht.

Mein Fazit: die Geschichte ist, wie bereits gesagt, wirklich besonders und ja, sie ist lesenswert. Sie hat einen gewissen Anspruch an die Leserschaft und bringt ein wirklich anderes Lesevergnügen als sonst. Ich kann den Roman nicht wirklich in ein Genre einordnen - muss man aber auch nicht, denn die Geschichte zählt schließlich als solches! 4 von 5 Sterne gibt es von mir!