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Veröffentlicht am 22.07.2022

Von Missgeschicken, Ausrutschern und dem ganz normalen Familienalltag

Meine kleine Welt
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Mit “Meine kleine Welt” sind Kolumnen von Ewald Arenz bei Ars Vivendi erschienen, die zwischen 2007 und 2009 in den Nürnberger Nachrichten veröffentlicht wurden.

Arenz schildert in ihnen auf geistreiche ...

Mit “Meine kleine Welt” sind Kolumnen von Ewald Arenz bei Ars Vivendi erschienen, die zwischen 2007 und 2009 in den Nürnberger Nachrichten veröffentlicht wurden.

Arenz schildert in ihnen auf geistreiche und humorvolle Weise den Familienalltag seines Alter Egos Heinrich. Dieser muss mal vor der Haustür übernachten, weil Otto, das jüngste Kind, ihn lieber aussperrt, um fernsehen zu können. Oder er muss tatenlos mitansehen, wie die Kinder mit ihrem Verhalten die restlichen Kinobesucher verscheuchen. Schließlich wird auch die geplante Türkeireise zur Katastrophe, als der kleine Otto am Flughafen laut fragt, warum sie denn Terroristen seien, nachdem die Mutter die Kinder mehrmals als solche bezeichnet hatte.

Die Kolumnen sind unterhaltsam, pointiert und eignen sich hervorragend für zwischendurch, wenn man gerade Lust auf einen kurzen leichten Text hat. Selbstverständlich können sie nicht mit “Der große Sommer” und mit “Alte Sorten” mithalten, wie in zahlreichen Kritiken häufig erwähnt wurde, aber das müssen sie auch gar nicht. Sie sind kein Roman, erzählen keine Geschichte, die sich über mehrere hundert Seiten hinweg entfaltet. Sie machen auf ihre ganz eigene Art und Weise Freude. Und auch wenn sie kein Must-Read sind, so können sie in bestimmten Momenten die ideale Lektüre sein.

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Veröffentlicht am 22.07.2022

Ein Roman voller Magie und Fantasie

Sternwanderer
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In einem Dorf namens Wall, das auf der Grenze zwischen menschlicher und magischer Welt liegt, wächst Tristran auf. Als Jugendlicher verliebt er sich unsterblich in Victoria und verspricht ihr, als Beweis ...

In einem Dorf namens Wall, das auf der Grenze zwischen menschlicher und magischer Welt liegt, wächst Tristran auf. Als Jugendlicher verliebt er sich unsterblich in Victoria und verspricht ihr, als Beweis seiner Liebe einen vom Himmel gefallenen Stern zu finden und ihn ihr zu bringen. Er begibt sich dafür auf den Weg in die Welt der Feen, Hexen und der magischen Wesen. Doch was er zu Beginn seiner Reise noch nicht weiß, ist, dass er nicht der einzige ist, der des Sterns habhaft werden will.

Neil Gaiman schreibt Märchen für die Gegenwart und erschafft scheinbar mühelos fantastische Welten, die den Leser einzunehmen wissen. “Das Graveyard Buch” war mein erster Roman von ihm und ich habe ihn ebenso gerne gelesen, wie nun den “Sternwanderer”. Beide Romane waren voller Magie und Fantasie, aber auch voller Menschlichkeit und Wärme.

“Sternwanderer” ist ein Roman für alle, die sich mal wieder in einer Märchenwelt verlieren wollen, die magischen Wesen begegnen wollen und die mit einem jungen, verträumten und arglosen Protagonisten mitfiebern wollen, auf den das Abenteuer seines Lebens wartet.

Ein Roman zum Schmökern also, der sogar Märchenmuffel überzeugen wird.

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Veröffentlicht am 22.07.2022

Ein italienischer Familienepos

Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen
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In “Terra di Sicilia” erzählt Mario Giordano die Lebensgeschichte seines Urgroßvaters Barnaba Carbonaro, der Ende des 19. Jahrhunderts in ärmlichen Verhältnissen auf Sizilien aufwächst. Sein Vater stirbt ...

In “Terra di Sicilia” erzählt Mario Giordano die Lebensgeschichte seines Urgroßvaters Barnaba Carbonaro, der Ende des 19. Jahrhunderts in ärmlichen Verhältnissen auf Sizilien aufwächst. Sein Vater stirbt früh und Barnaba muss fortan für sich und seine Mutter sorgen. Er arbeitet auf Zitrusplantagen, erregt den Zorn von einflussreichen Männern, muss fliehen, macht sich wiederum andere zu Freunden, verliebt sich und verliert dabei nie sein Ziel aus den Augen: eines Tages selbst ein Geschäftsmann zu werden. Und es gelingt ihm, denn Barnaba kann rechnen. Zahlen nehmen für ihn die Gestalt von Farben an, das Rechnen ist sein großes Talent. Es ist dieses Talent, das ihm schließlich einen Weg bis nach Deutschland ebnet.

“Terra di Sicilia” besticht zunächst durch seine schöne Aufmachung und durch seinen italienischen Titel. Doch die Struktur der Geschichte entpuppt sich schnell als etwas konstruiert und das Buch kommt fast wie ein Hollywood-Film daher, der nach großen Bilder strebt und sich immer wieder um Spannung bemüht. Manchmal überschreitet der Autor dabei die Grenze zum Kitschigen. Auch manche Vergleiche scheinen übertrieben: “Bis Maris gefasst, aber so zornig wieder herauskommt, dass draußen der Schnee taut”.

Der Roman hat somit Schwächen. Doch er hat durchaus auch starke Seiten. Erwähnt werden muss zum Beispiel die Atmosphäre Siziliens um die Jahrhundertwende, die Giordano gekonnt heraufbeschwört. Auch die vielen Details zum Zitrus-Anbau fügen sich nahtlos in die Handlung ein und sind überaus lesenswert.

Empfohlen werden kann der Roman mit Abzügen. Wenn einen als Leser manche Details nicht stören, wenn man mehr über das Leben in Sizilien um 1900 lernen möchte und dabei Konstruktion- und Stilfehler überlesen kann, dann hat dieser Roman das Potential, Freude zu bereiten.

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Veröffentlicht am 22.07.2022

Die kleinen Helden in unserer Erde

Das Buch des Regenwurms. Eine Entdeckungsreise durch unsere Erde
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Was wisst ihr über Regenwürmer? Wenig? Dann geht es euch wahrscheinlich wie den meisten Menschen. Sogar die Forschung hat erst in den letzten Jahrzehnten begonnen, sich mit Regenwürmern zu beschäftigen ...

Was wisst ihr über Regenwürmer? Wenig? Dann geht es euch wahrscheinlich wie den meisten Menschen. Sogar die Forschung hat erst in den letzten Jahrzehnten begonnen, sich mit Regenwürmern zu beschäftigen und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie wichtig sie für uns sind.

Dabei würde nicht nur unsere Landwirtschaft ohne Regenwürmer zusammenbrechen, wir hätten beispielsweise auch mehr Überschwemmungen. Denn Regenwürmer pflügen unsere Böden ständig um, machen sie so durchlässiger für Wasser, nährstoffreicher und auch fruchtbarer. In der Zukunft werden sie außerdem auch eine Rolle in der Medizin und Ernährung spielen. In der Kosmetik tun sie es jetzt schon, da ihr Schleim für Anti-Falten-Produkte genutzt wird.

Sally Coulthards Buch macht seinen Lesern bewusst, wie essentiell diese kleinen Tiere für uns sind und füllt zahlreiche Wissenslücken. Denn wer von uns weiß schon, ob Regenwürmer sehen können? Ob sie Freunde haben oder Häuser bauen? Oder ob sie wirklich überleben können, wenn man sie in der Mitte trennt?

Die Antworten zu diesen Fragen und vielen weiteren finden sich in Coulthards verständlichem, spannendem und vor allem wichtigem Buch. Es enthält im Übrigen Ideen und Anleitungen dazu, wie man den eigenen Garten regenwurmfreundlicher gestalten kann. Denn natürlich setzen die industrielle Landwirtschaft, Pestizide und Mikorplastik auch den Würmern in der Erde zu.

Deshalb: eine Empfehlung für alle mit und auch alle ohne Garten.

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Veröffentlicht am 22.07.2022

„Das Ich möchte Wurzeln schlagen“

heute graben
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Mario ist Totengräber, Schriftsteller und hängt seiner großen Liebe A. nach, die er im Zug kennenlernte. Er verarbeitet diese Liebe in Form eines Romans, schreibt nebenbei Notizbücher und legt in ihnen ...

Mario ist Totengräber, Schriftsteller und hängt seiner großen Liebe A. nach, die er im Zug kennenlernte. Er verarbeitet diese Liebe in Form eines Romans, schreibt nebenbei Notizbücher und legt in ihnen sein Innerstes offen. Ein Inneres, in dem viel vergraben ist: Vergangenes, Sehnsüchte, Verluste und eine Lungenkrankheit, die nun ausbricht und unter der auch Thomas Bernhard zu leiden hatte.

„Heute graben“ erzählt von Tod und Liebe, von Sehnsüchten und Vergänglichkeit, von Entfremdung und gleichzeitig von dem Wunsch nach Verwurzelung im eigenen Leben. Mario macht häufig den Eindruck, als wäre er in jeder Hinsicht auf der Suche, als würde ihm nichts Halt geben. Seine Dates und Bekanntschaften mit Frauen, die in alphabetischer Reihenfolge von A. bis Z. durchbenannt sind, sind zum Scheitern verurteilt. Er wird verlassen, zurückgewiesen und sogar das Schreiben, das einzige Mittel der Verarbeitung, scheint ihm zuweilen zu entgleiten. Auch sein eigener Körper wird ihm fremd, steht Thomas Bernhard fast schon näher als ihm selbst.

Es ist ein Entfremdungsnarrativ, das sich vor den Augen des Lesers auftut, eine Geschichte über Enttäuschungen und Scheitern. Gleichzeitig ist der Roman komisch, ironisch und driftet nie ins Düstere, ins depressive Dunkle ab, trotz dieser schweren Themen. Schlembach bewahrt eine Balance und scheut nicht davor zurück, auch die leichten Momente zu suchen. Sein Stil wechselt dabei, ist in den tagebuchartigen Einträgen mal fragmentarisch, dann wieder ausfüllender und länger.

Der Roman liest sich intensiv, ist eine wahre Entdeckung und hat viele Leser verdient!

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