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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.09.2024

Auseinandersetzung mit dem Leben

Die Frauen von Maine
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Wann immer Jane Flanagan ihrem Alltag entfliehen kann, sucht sie Zuflucht auf dem Grundstück mit einem alten, hinter Gestrüpp verborgenen Haus, das an den Klippen Maines gelegen ist. Sie sucht die Stille, ...

Wann immer Jane Flanagan ihrem Alltag entfliehen kann, sucht sie Zuflucht auf dem Grundstück mit einem alten, hinter Gestrüpp verborgenen Haus, das an den Klippen Maines gelegen ist. Sie sucht die Stille, um Nachdenken zu können über ihr Leben mit der alkoholkranken Mutter. Hier oben an diesem verlassenen Ort mit dem Blick aufs Meer fühlt sie sich frei, kann ihre Alltagssorgen abstreifen. Die alte Villa umgibt eine geheimnisvolle Aura, das spürt sie, verwirrt sie und zieht sie gleichzeitig an. Jahre später nach dem Tod ihrer Mutter kehrt Jane an den Ort ihrer Kindheit zurück mit einem Sack voller Probleme. Und wieder strahlt das alte Haus, welches in der Zwischenzeit zu einer prunkvollen Villa umgebaut wurde, eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, die einen gewaltigen Einfluss auf ihr weiteres Leben haben wird.
J. Courtney Sullivan beschenkt uns Lesende mit ihrem hervorragenden Roman 'Die Frauen von Maine'. Ihre Gedanken zur Geschichte indigener Vorfahren, zu Suchtkrankheiten und den wunderschönen Seiten des Lebens fasst sie in Worte, die tief unter die Haut gehen, die nachdenklich stimmen und gleichzeitig ein hohes Maß an Lesevergnügen bringen. Intelligent setzt sie ihre Charaktere in Szene, gibt ihnen Volumen und füllt sie mit einer unglaublichen Ausdruckskraft.
Dieses Buch schafft mit seiner einfühlsamen Authentizität eine Wohlfühlatmosphäre und den steten Drang tiefer in die Geschichte einzutauchen. Damit schreit es förmlich nach einer Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 09.09.2024

Sensibilität trifft auf brutale Gewalt

In den Wald
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Maddalena Vaglio Tanet legt mit ‘In den Wald‘ ihren Debütroman vor, der die Leser ins dörfliche Piemont von Biella der neunzehnhundertsiebziger Jahre entführt. Noch sind die Schrecken des Krieges nicht ...

Maddalena Vaglio Tanet legt mit ‘In den Wald‘ ihren Debütroman vor, der die Leser ins dörfliche Piemont von Biella der neunzehnhundertsiebziger Jahre entführt. Noch sind die Schrecken des Krieges nicht in den Köpfen der betroffenen Generationen zur Gänze verarbeitet. Einfach machen, ohne groß nachzudenken, um das tägliche Überleben in gefährlichen Zeiten zu sichern, ist tief verankert im Bewusstsein der Bevölkerung. Aggressionen und patriarchale Gewalt in den Familien hinterlassen tiefgreifende, psychische Spuren nicht nur bei sensiblen Charakteren.
Beruhend auf einer wahren Begebenheit gelingt es der Autorin den Konflikt zwischen der Unsicherheit heranwachsender Jugendlicher, die erste Erfahrungen mit den komplizierten Herausforderungen des Erwachsenseins erleben, rebellisch darauf reagieren und der brutalen, nichtssagenden Antwort von Erziehungsberechtigten, darzustellen. Die Kunst immer tiefer in die Gedankenwelt der Protagonisten einzudringen, sie verständlich und nachfühlbar zu beschreiben, ist äußerst beeindruckend, steigert den Lesegenuss.
Silvia, eine Lehrerin, erlebt nicht nur während ihrer Ausbildung in einem lieblos geführten Nonnenkloster persönlichen Pein, sie fühlt sich auch später in ihrem Beruf stets verantwortlich für ihre Handlungen. Durch ein unvorhersehbares Ereignis verfällt sie eines Tages in eine Art Schockstarre, zieht sich vollkommen zurück aus ihrem Leben, versucht sich schließlich gedanklich zu sortieren. Welche Rolle dabei ein kleiner Junge spielt, erzählt die Geschichte eindrucksvoll.
Dieses Buch habe ich tatsächlich in einem Rutsch gelesen, verschlungen. Es hat mich bereits von der ersten Seite an sich gefesselt. Dafür gebe ich sehr gern meine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 08.09.2024

Historie verwoben mit Fiktion

Das Philosophenschiff
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Es gab sie tatsächlich diese Philosophenschiffe, auf denen unliebsame Intellektuelle 1922 mit der Gründung des jungen Sowjetstaates außer Landes gebracht wurden, ein Versuch gefährliche idiologische Einflüsse ...

Es gab sie tatsächlich diese Philosophenschiffe, auf denen unliebsame Intellektuelle 1922 mit der Gründung des jungen Sowjetstaates außer Landes gebracht wurden, ein Versuch gefährliche idiologische Einflüsse im Keim zu ersticken. Denn die junge Sowjetunion brauchte Ruhe nach der Oktoberrevolution im Jahre 1917 und dem sich anschließenden erbitterten Bürgerkrieg, Ruhe, um ihre Machstrukturen zu etablieren und zu festigen.
Michael Köhlmeier lässt in seinem Roman ‘Das Philosophenschiff‘ die Protagonistin Anouk Perlemann-Jakob, eine international bekannte Architektin russisch-jüdischer Abstammung, mit dem Schriftsteller Michael, mehr wird über ihn nicht verraten, nur dass er seine Erfolge mit Veröffentlichungen feiert, die nicht immer so ganz den Tatsachen entsprechen, zusammentreffen. Es ist zu vermuten, dass der Autor sich selbst anlässlich des einhundertjährigen Geburtstages der Dame verpflichten lässt, eine Biografie über eben jene zu schreiben, deren Fakten sie in gemeinsamen Sitzungen liefert.
Gekonnt werden in der Geschichte sowohl historische Ereignisse und Personen als auch historische Tatsachen mit Fiktionen verknüpft, wieder korrigiert und schließlich bleibt es dem Leser überlassen, welcher Wahrheit er folgen mag. Hauptsächlich spricht Anouk, weit ausholend und immer wieder abschweifend. Geschickte Fragestellungen des Interviewpartners bringen allerdings stets neue Erkenntnisse ans Licht und lassen bisherige Aussagen schonungslos kippen.
Ein Roman, der Aufmerksamkeit verlangt und nicht nur unterhalten will.

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Veröffentlicht am 03.09.2024

Ermittlungen in der Prignitz

Rübentod
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Mit ‘Rübentod‘ legt Dagmar Rosenbauer einen bemerkenswerten Kriminalroman vor, der es in sich hat. Mit Spannung pur und immer wieder neuen Spuren zur Mordaufklärung fesselt sie den Leser in ihrem Debüt. ...

Mit ‘Rübentod‘ legt Dagmar Rosenbauer einen bemerkenswerten Kriminalroman vor, der es in sich hat. Mit Spannung pur und immer wieder neuen Spuren zur Mordaufklärung fesselt sie den Leser in ihrem Debüt. Nicht nur das Setting erlebt eine wunderschöne, bildhafte Darstellung, nein auch die Charaktere der Protagonisten entwickeln sich im Laufe der Geschichte zu lebendigen Personen. Leicht und flüssig ist der Schreibstil. Es macht Spaß mit zu rätseln und mit zu fiebern.
Marley Leonhard, die neue Polizeichefin in Neuruppin, hat es nicht leicht mit ihren neuen Kollegen. Da muss sie sich erst noch beweisen. Doch gemeinsam mit dem ehemaligen Berliner Polizeisprecher Richard Said Wagner, der aus nicht bekannten Gründen vom Dienst beurlaubt wurde, packt sie die Sache an und geht beherzt an ihre Ermittlungsarbeit. Langeweile kommt nicht auf bei der Spurensuche, die sehr detailliert wiedergegeben wird und so reiht sich ein Puzzleteil an das andere. Es bleibt spannend bis zum Schluss.

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Veröffentlicht am 03.09.2024

Eine starke Frau geht ihren Weg

Die Schwarzgeherin
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‘Die Schwarzgeherin‘ von Regina Denk ist ein Roman, der mich wirklich begeistert hat, der sich ausdrucksstark, fesselnd und absolut authentisch präsentiert. Die Sprache besticht durch ihre Verbundenheit ...

‘Die Schwarzgeherin‘ von Regina Denk ist ein Roman, der mich wirklich begeistert hat, der sich ausdrucksstark, fesselnd und absolut authentisch präsentiert. Die Sprache besticht durch ihre Verbundenheit mit dem Setting und dem Zeitgeschehen. Einzigartig ist die Darstellung der Handlung mit gefühlsbetonten Protagonisten, die in ihrer Komplexität exzellent erfasst und wiedergegeben sind. Detaillierte Recherchen der Autorin gestatten tiefe Einblicke in das Leben einer dörflichen Gemeinschaft in der Abgeschiedenheit der Tiroler Berge. Patriarchische Strukturen bestimmen den Alltag der Menschen, weisen ihnen eng abgesteckte Entfaltungsmöglichkeiten zu, unter denen besonders die Frauen zu leiden haben.
Theres ist ein Freigeist. Sie sucht im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Spielräumen, in denen sie ihren Drang nach Freiheit verwirklichen kann. Dabei stößt sie auf erbitterten Widerstand. Eine unerschütterliche Liebe und Freundschaft kann sie nicht davon abhalten, ihren eigenen Weg des Glücks zu suchen und zu gehen. Dabei nimmt sie ein entbehrungsreiches Leben in trostloser Umgebung und absoluter Armut auf sich. Vertuschte Sünden vergangener Tage bringen Spannung in die Geschichte und beleben zusätzlich das Geschehen.
Ich bin überzeugt, dass das Buch sehr viele begeisterte Leser finden wird. Ich gebe meine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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