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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.04.2021

Ein exzellenter literarischer Krimi, der durch einen außergewöhnlichen Schreibstil und einer hohen sprachlichen Qualität besticht

Bogners Abgang
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Andreas Bogner ist Künstler und lebt in Innsbruck. Von seiner Persönlichkeit eingenommen, ringt er um Inspiration und Anerkennung. Für seine Mitmenschen kann er kaum ernstzunehmende Gefühle empfinden. ...

Andreas Bogner ist Künstler und lebt in Innsbruck. Von seiner Persönlichkeit eingenommen, ringt er um Inspiration und Anerkennung. Für seine Mitmenschen kann er kaum ernstzunehmende Gefühle empfinden.
Nicole ist Studentin an der Uni Innsbruck und kommt aus Vorarlberg. In der Tiroler Hauptstadt kann sie nicht richtig Fuß fassen und flüchtet des Öfteren nach Hause zu ihrer Mutter.
Am 6. April 2018 kommt es nachts bei sehr schlechten Sichtverhältnissen zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein dunkel gekleideter Mann verletzt wird.
Bogner und Nicole kennen sich nicht. Ein tragisches Ereignis, an dem beide unabhängig voneinander beteiligt sind, wird sie für immer verbinden. Die Reaktion darauf kann unterschiedlicher nicht sein.
Meine persönlichen Eindrücke
Für mich ist Bogners Abgang ein spannendes Buch – und ich finde es sehr gut. Die Definition „literarischer Krimi“ trifft es ganz gut. Es ist kein Krimi, kein Thriller aber eben auch kein Roman. Vielmehr ist es ein Mix aus all diesen drei Genres.
Zwei parallel verlaufenden Geschichten, die perfekt aufeinander abgestimmt sind.
Der ständige Wechsel der Perspektiven erzeugt eine gute Stimmung und baut die Spannung äußerst geschickt auf. Dabei hilft auch die klare Struktur, die es mir ermöglicht dem Kriminalfall gut zu folgen.
Das Buch bietet einige Höhepunkte. Dazu zählt die Beschreibung des Bognerschen Psychogramm mit der abgefahrenen künstlerischen Performance zu Nahtoderfahrungen, die literarisch sehr beeindruckend dargestellt ist.
Fazit
„Bogners Abgang“ von Hans Platzgumer ist ein exzellenter literarischer Krimi, der durch einen außergewöhnlichen Schreibstil und einer hohen sprachlichen Qualität besticht. Auf knapp 140 Seiten gelingt eine vollkommene Abhandlung eines Kriminalfalles, die klar strukturiert und sprachlich fantastisch umgesetzt ist.
Was gut ist, ist gut und muss gesagt werden!
Es ist definitiv nicht mein letztes Buch von Hans Platzgumer.

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Veröffentlicht am 11.04.2021

Ein Dorf namens Brinkebüll

Mittagsstunde
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Brinkebüll ist ein kleines Dorf in Nordfriesland. Dort lehrt Lehrer Steensen in der Dorfschule alle Kinder in einer Klasse, Dorfpastor Ahlsens predigt in der Kirche mit wenig Erfolg und Dora Koppmann führt ...

Brinkebüll ist ein kleines Dorf in Nordfriesland. Dort lehrt Lehrer Steensen in der Dorfschule alle Kinder in einer Klasse, Dorfpastor Ahlsens predigt in der Kirche mit wenig Erfolg und Dora Koppmann führt ihr Lebensmittelgeschäft ohne Selbstbedienung. Und dann gibt es dort den einzigen Gasthof, den Sönke Feddersen mit Frau Ella in 3. Generation führt. Die Menschen dort sind eigen, es gibt viel Ungesagtes und Kinder lernen schnell, was man wissen darf und was nicht.

So wächst Ingwer Feddersen bei seinen Großeltern auf, die er liebevoll Vadder und Mudder nennt, weil seine eigene Mutter nicht für ihn da sein kann.
Ingwer ist ein intelligenter, ruhiger Junge. Er verlässt Brinkebüll um zu studieren und schafft es zur Promotion um anschließend an der Uni Kiel zu unterrichten. Mit 47 Jahren nimmt er sich ein Sabbatjahr um seine Großeltern zu pflegen. Damit kehren viele Erinnerungen an Brinkebüll und dessen Einwohner zurück.

Meine persönlichen Eindrücke
Schon die ersten Seiten dieses Romans erinnern mich an Lenzens Roman „Deutschstunde“. Dörte Hansen beschreibt ein Leben und einen Menschtyp, die ich bereits aus diesem Roman kenne. Mit einem feinen Unterschied: sie verwendet dafür eine weichere, aber nicht weniger treffsichere, Sprache. Sie führt mehr aus, erklärt Sachverhalte und gibt Einblick in den Alltag.

Sie erzählt das Funktionieren einer Dorfgemeinschaft, wie ein altes Spiel, bei dem die Regeln nie geändert wurden.
Die Rückblicke in die Vergangenheit, die sich mit der Gegenwart des Romans abwechseln, binden die Geschichte eines alten Dorfes ein, das sich für die Zukunft wappnen und jahrhundertalte Traditionen abstreifen muss.

Fazit
Dörte Hansen erzählt in ihrem Buch „Mittagsstunde“ über das Jetzt und das Damals. Ihr Buch ist ein netter Roman. Die vielen plattdeutschen Textstellen und die humorvollen Anekdoten schaffen eine abwechslungsreiche und unterhaltende Lektüre.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Mein liebster Ort ist die Erinnerung, so lautet der erste Satz. Und es sind Erinnerungen an ihr Leben.

Vom Aufstehen
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Es handelt sich bei diesem Buch um einen Erzählband, in dem Helga Schubert 29 persönliche Geschichten gebündelt hat. Sie schreibt über persönliche Eindrücke zu Episoden aus ihrem Leben. Das sind abschließende ...

Es handelt sich bei diesem Buch um einen Erzählband, in dem Helga Schubert 29 persönliche Geschichten gebündelt hat. Sie schreibt über persönliche Eindrücke zu Episoden aus ihrem Leben. Das sind abschließende Geschichten, in einem Band gesammelt. Sie sind sehr unterschiedlich. Einige sind nur 2 – 3 Seiten lang, andere wiederum umfassen mehr als 10. In einigen erzählt sie von ihrer Kindheit, in anderen schildert sie ihr Leben in der DDR als Schriftstellerin. Manchmal durfte sie ins Ausland reisen, andere Mal wieder nicht. Von ihren Büchern gibt es welche, die nur in der BRD erschienen sind und in der DDR nicht. Denn dafür hatte sie die Erlaubnis nicht bekommen. Es ist ein bunter, ruhiger Mix.

Meine persönlichen Eindrücke

Die erste Erzählung ist sehr schön. Sie erzählt von ihrer Großmutter und ihren Sommerferien. Dann wird es aber schwieriger. Damit ich zurechtkomme, muss ich nach jeder Erzählung eine Pause machen. Ich muss sie einzeln lesen und immer wieder unterbrechen. Das ist kein Roman. Die einzelnen Kapitel müssen sich nicht zu einem Ganzen fügen.

Die einzelnen Geschichten sind so unterschiedlich, dass ich mich schwer tue, sie in einen Zusammenhang zu bringen.

Sie ist eine leise Schriftstellerin, so jedenfalls empfinde ich während ich ihre Erzählungen lese. Sie beschreibt ein Leben, wie sie es gelebt hat und wie es war und blickt zurück ohne Häme, Hass oder Abrechnung.

Fazit

Es ist ein gutes und sehr persönliches Buch. In 29 Erzählungen schreibt sie über ganz private Erinnerungen. Mit diesem Erzählband hat sie 2020 den Ingeborg–Bachmann-Preis gewonnen. Ohne dieser Auszeichnung wäre dem Erzählband wahrscheinlich nicht diese große Aufmerksamkeit zuteilgeworden.

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Veröffentlicht am 03.04.2021

Es ist dies ein überaus unterhaltsamer Roman, der heitere Lesestunden garantiert.

Rückwärtswalzer
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Lorenz ist Schauspieler und schon seit längerem ohne Engagement. Er fühlt sich am Tiefpunkt seines Lebens angekommen als ihm seine Freundin Stephi beichtet, dass sie ihn schon länger mit Flo betrügt. Ohne ...

Lorenz ist Schauspieler und schon seit längerem ohne Engagement. Er fühlt sich am Tiefpunkt seines Lebens angekommen als ihm seine Freundin Stephi beichtet, dass sie ihn schon länger mit Flo betrügt. Ohne Geld muss er seine Wohnung untervermieten und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich vorübergehend bei Tante Hedi und Onkel Willi einzuquartieren. In der Familie Prischinger wird niemand zurückgelassen.
Die Familie Prischinger besteht aus 3 Tanten und seinem Vater. Es gab auch noch Nenerl, doch der ist schon lange tot. Onkel Willi stammt aus Montenegro und will auch dort beerdigt werden. Dafür hat er gespart, doch als er unerwartet stirbt, ist von dem Geld nichts mehr da. Nun muss Lorenz handeln. Um seinen letzten Wunsch zu erfüllen, hat er keine andere Wahl: er muss mit seinen drei Tanten und dem toten Onkel nach Montenegro. Im roten Panda machen sie sich also auf die Reise. Es beginnt eine Fahrt mit 3 älteren Damen und einem Toten von Wien nach Montenegro, nicht ganz ohne Komplikationen.

Meine persönlichen Eindrücke
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Von der ersten Seite an habe ich mich wohlgefühlt. Es ist eine österreichische Familiengeschichte, die in mehreren Zeitebenen amüsant erzählt wird. Während Lorenz eine schwere Lebensphase durchlebt und seine Familie ihn schützend auffängt, erfahre ich mehr aus dem Leben der Geschwister Prischinger. Ich begleite sie ein Stück weg in ihrer Familiengeschichte. Von jedem Familienmitglied sind Erzählungen eingebaut, die erfrischend und abwechslungsreich geschrieben sind. Bis zum Schluss bleibt die Handlung spannend und witzig. Das Buch überrascht am Ende, es kommt alles ein bisschen anders, als man es erwartet.

Fazit
Das Buch ist ein österreichisches Schmankerl. Es ist lustig, humorvoll und mit köstlichen Wiener Dialekteinlagen geschrieben. Jede Romanfigur kann man auf ihre Art gern haben und die drei Schwestern geben ein fideles Trio ab. Es ist dies ein überaus unterhaltsamer Roman, der heitere Lesestunden garantiert.

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Veröffentlicht am 01.04.2021

Cognettis Liebe zu den Bergen ist authentisch und ansteckend

Acht Berge
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Pietro lebt mit seinen Eltern in Mailand. Seine Sommerferien verbringt er in Grana, einem Bergdorf im Aostatal. Nicht weit entfernt liegt das Monte Rosa Massiv. Dort lernt er Bruno kennen, der gleich alt ...

Pietro lebt mit seinen Eltern in Mailand. Seine Sommerferien verbringt er in Grana, einem Bergdorf im Aostatal. Nicht weit entfernt liegt das Monte Rosa Massiv. Dort lernt er Bruno kennen, der gleich alt ist wie er und dort wohnt. Beide freunden sich an und verbringen die kommenden Sommerferien immer zusammen. Bruno ist der Bergmensch und möchte Bergbauer werden. Pietro hingegen weiß es noch nicht so genauso.

Mit den Jahren verlieren sich beide aus den Augen, doch bleibt ihre Freundschaft immer bestehen.

Pietro verwirklicht seinen Traum und dreht Dokumentarfilme im Himalaya. Bruno übernimmt eine Almwirtschaft, doch nach wenigen Jahren führen finanzielle Fehlentscheidungen zum Konkurs. Er stürzt in eine tiefe Lebenskrise, die ihn Pietro ein Stück weit begleitet.

Meine persönlichen Eindrücke

Ich habe das Buch zuerst in der Originalsprache gelesen und es hat mich so tief berührt, wie es selten der Fall ist. Die Geschichte der beiden Jungen ist sehr realistisch geschrieben. Paolo Cognetti schafft es mich schon mit den ersten Seiten in seine Erzählung einzuführen.

Er leitet mich zu Bruno und Pietro und ich kann jeden auf seine Weise verstehe und mit ihm fühlen.

Bruno ist der Naturbursche, der in den Bergen aufwächst. Er hat kein einfaches glückliches Leben. Und trotzdem ist das seine Heimat und er will nirgendwo anderes leben. Pietro hingegen kommt aus der Großstadt und es sind seine Eltern, die ihm die Liebe zu den Berge vermitteln. Doch Pietro kommt mit den Alpen nicht zurecht. Er wird das Himalaya-Gebirge für sich entdecken und dort viel Zeit verbringen.

Cognettis Liebe zu den Bergen ist authentisch und ansteckend. Im Roman erzählt von Glück, Leben, Berge und von einer ganz besonderen Freundschaft, die über Jahrzehnte hält, bis zum bitteren Ende.

Fazit

"Das Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns", so lautet ein Zitat von Franz Kafka und das ist bei diesem Buch der Fall. Dieser Roman zählt zu den schönsten, die ich bis jetzt gelesen habe.

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