Geschichten aus aller Welt, erzählt auf dem Dach eines Hauses in New York
Vierzehn TageVierzehn Tage ist ein Gemeinschaftsroman, zu dem sechsunddreißig amerikanische Autorinnen und Autoren Erzählungen und Geschichten beigesteuert haben. Das Projekt wurde von Margaret Atwood initiiert, Douglas ...
Vierzehn Tage ist ein Gemeinschaftsroman, zu dem sechsunddreißig amerikanische Autorinnen und Autoren Erzählungen und Geschichten beigesteuert haben. Das Projekt wurde von Margaret Atwood initiiert, Douglas Preston schrieb die Rahmenhandlung. Der Roman wird mit Boccaccios Decamerone verglichen, das im 14. Jahrhundert entstanden ist, als eine Gruppe von Menschen vor der Pest aufs Land geflüchtet ist und sich dort Geschichten erzählt hatte, woraus eine Sammlung von hundert Novellen und Kurzgeschichten entstanden ist.
April 2020, es ist der Beginn der Corona-Pandemie, der erste Lockdown wird verhängt, die Straßen von New York sind menschenleer, die Stille wird häufig von den Sirenen der Rettungswagen unterbrochen.
Eine zu Beginn noch namenlose Frau zieht in ein heruntergekommenes Mietshaus in Manhattans Lower East Side ein, wo sie eine Anstellung als Hausmeisterin bekommen hatte. In der Wohnung findet sie die Aufzeichnungen ihres Vorgängers mit Notizen und Bemerkungen über die Hausbewohner.
Die Wohnungen sind nummeriert, die Hausmeisterwohnung hat die Nummer 1A, so dass sich die Ich-Erzählerin 1A nennt. Die anderen Hausbewohner werden mit ihrem Spitznamen und der Wohnungsnummer benannt.
Vierzehn Tage lang treffen sie sich jeden Abend um 19 Uhr auf dem Dach des Mietshauses, Eurovision und Vinegar übernehmen die Moderation. In der Zeit, die um 20 Uhr mit dem Erklingen der Kirchenglocken der St. Patricks Kathedrale ihr Ende findet, werden von den Anwesenden Geschichten erzählt, es sind entweder ihre eigenen Erlebnisse oder solche, die sie gehört haben und für erzählenswert halten. Manche der Bewohner sind jeden Tag dabei, andere nur einen Abend lang.
Die Figur der Hausmeisterin hat mir sehr gut gefallen. Ihr Vater kommt aus Rumänien und lebt in einem Pflegeheim. Immer wieder versucht sie vergeblich, ihn bzw. das Heim zu erreichen. Heimlich nimmt sie mit ihrem Handy die Geschichten der Hausbewohner auf und schreibt sie anschließend auf.
Täglich schreibt sie auch die Anzahl der Toten und die der Positiv-Getesteten in New York auf, was mich daran erinnert hat, wie furchtbar stark diese Stadt von der Pandemie betroffen war. Wieder hatte ich Bilder von Särgen in Italien, überfüllte Krankenhäuser, Menschen an Beatmungsgeräten vor Augen.
Die Geschichten sind unterschiedlich lang, manche kaum eine Seite, andere gehen über mehrere Seiten. Um zu erfahren, welche Geschichte von welchem Autor bzw. welcher Autorin stammt, muss man im Anhang nachschauen.
Nicht alle Geschichten haben mir gut gefallen, in Erinnerung bleiben wird mir die Franziskanerin, die den nahenden Tod am Geruch erkannte, und die Geschichte mit den Kaninchen, die erst gemeinsam ein Trauma erleben mussten, um friedlich miteinander zu leben.
Das Ende hat mich umgehauen, ein Ende, mit dem ich nicht gerechnet habe, obwohl einiges auf diese Auflösung hindeutete. Den Roman empfehle ich gern weiter, ein Andenken an die erst vor kurzem überstandene Pandemie und ein Buch, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.