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Veröffentlicht am 08.04.2018

Wer kommt dem mysteriösen Axeman auf die Schliche?

Höllenjazz in New Orleans
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New Orleans im Jahr 1919: Ein Unbekannter treibt in der Stadt auf bestialische Weise sein Unwesen und verhält sich wie ein Geist. Der sogenannte Axeman tötet und verstümmelt seine Opfer mit einer Axt und ...

New Orleans im Jahr 1919: Ein Unbekannter treibt in der Stadt auf bestialische Weise sein Unwesen und verhält sich wie ein Geist. Der sogenannte Axeman tötet und verstümmelt seine Opfer mit einer Axt und hinterlässt Tarotkarten. Dann verlässt er das Haus, ohne dass etwas auf seine Tat hinweist. Detective Lieutnant Michael Talbot versucht, ihm auf die Schliche zu kommen. Doch seine Ermittlungen laufen ins Leere, bis er einen Tipp von der Presse erhält. Unterdessen wollen auch zwei andere die Identität des Axeman lüften: Luca kommt gerade aus dem Gefängnis und soll den Täter im Auftrag der Mafia finden, weil er deren Geschäft in Gefahr bringt. Und Ida hat einen langweiligen Bürojob bei der Pinkerton Detektivagentur und nutzt den Fall, um heimlich Ermittlungserfahrung zu sammeln. Kann einer von ihnen das Geheimnis lüften?

Der Totenkopf auf dem Cover macht schon deutlich, dass in diesem Buch großzügig gemordet wird. Auch die Bedeutung des Titels ist schnell gelüftet: Im Prolog erhält der Journalist John Riley einen Brief des Axeman, der den Zeitpunkt des nächsten Mordes ankündigt und dass jeder verschont bleibt, in dessen Haus dann eine Jazzband spielt. Wer wissen will, was es damit genau auf sich hat, muss sich allerdings in Geduld üben, denn der Brief spielt erst in der zweiten Buchhälfte eine Rolle.

Erst einmal lernt der Leser Michael, Luca und Ida kennen. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein. Michael ist offiziell mit den Ermittlungen zu diesem Fall betraut und gerät aufgrund des ausbleibenden Erfolgs immer stärker unter Druck. Sein Privatleben bietet außerdem Anlass zu zahlreichen Gerüchten – hält er daheim wirklich eine Frau eingesperrt? Luca wurde gerade erst aus dem Gefängnis entlassen, in das Michael ihn Jahre zuvor gebracht hat. Da die Person, die seine Ersparnisse verwaltet hat, hochgenommen wurde, muss er wieder zurück in den Schoß der Mafia und für diese arbeiten. Dabei trifft er unweigerlich auf Michael. Wie wird das Wiedersehen ausfallen?

Die selbstbewusste Ida hat nur ein Achtel schwarzen Blutes in sich und geht deshalb oft auch als Weiße durch, was in mancher Situation hilfreich ist. Gemeinsam mit ihren besten Freund Lewis, der Kornett in einer Jazzband spielt, ermittelt sie auf eigene Faust. Während der Ermittlungen erhält der Leser ein gutes Bild von New Orleans nach Ende des ersten Weltkriegs. Die Diskriminierung von Schwarzen ist stark ausgeprägt – es gibt zahlreiche Gesetze, die strikte Grenzen ziehen und manche Stadtviertel sind für sie lebensgefährlich. Die Black Hand hat als Mafia die Stadt fest im Griff, und kürzlich wurde das Vergnügungsviertel geschlossen und die Prohibiton verabschiedet. Was all das für den Alltag bedeutet erfährt man aus der Perspektive der unterschiedlichen Charaktere.

Gleich zu Beginn hat mich die vorangestellte Übersicht der Personen ein wenig abgeschreckt. Diese werden alle namentlich aufgelistet, anderthalb Seiten sind allein mit den Mitarbeitern der Polizei gefüllt. Da keine weiteren Informationen abgedruckt sind hat mir das nicht weitergeholfen. Es macht aber früh deutlich, dass hier zahlreiche Personen ihre Finger im Spiel haben. Michael, Luca und Ida ermitteln alle gleichzeitig und nähern sich der Wahrheit aus verschiedenen Richtungen. Das Buch ist voller Verstrickungen, Geheimnisse und Intrigen. Zum Ende hin gab es für meinen Geschmack allerdings zu viele Tote in zu kurzer Zeit.

In „Höllenjazz in New Orleans“ zieht der Axeman mordend durch New Orleans, während gleich drei Personen auf ihre eigene Weise versuchen, seine Identität zu lüften. Die Atmosphäre der Stadt zu jener Zeit wurde gelungen eingefangen und ich fand es spannend, in diese Zeit einzutauchen. Die Ermittlungen sind komplex und versorgen den Leser stückweise mit neuen Informationen. Ich vergebe knappe vier Sterne an die Ermittlungen im historischen New Orleans, die lose auf einer tatsächlichen Mordserie beruhen.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Große Themen des 20. Jahrhunderts und persönliche Schicksale

Moonglow
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Im Jahr 1989 sitzt Michael Chabon am Bett seines Großvaters mütterlicherseits. Wenige Tage vor seinem Tod wird dieser unter dem Einfluss von Schmerzmittel unerwartet gesprächig. Mit Michael an seiner Seite ...

Im Jahr 1989 sitzt Michael Chabon am Bett seines Großvaters mütterlicherseits. Wenige Tage vor seinem Tod wird dieser unter dem Einfluss von Schmerzmittel unerwartet gesprächig. Mit Michael an seiner Seite lässt er sein Leben Revue passieren und erzählt dabei so manch Unerwartetes. Zum Beispiel von seiner Zeit in Nazi-Deutschland, wo er Wernher von Braun jagte. Von der ersten Begegnung mit seiner Frau, die mit ihrem Kind als Jüdin den Krieg in Frankreich überlebt hat, doch immer wieder von Wahnvorstellungen geplagt wird. Seiner Zeit im Gefängnis, weil er seinen Chef erdrosseln wollte, und schließlich seinen letzten Jahren in einer Wohnanlage, wo er sich dem Modellbau widmet.

Eins sei vorweg gesagt: Bei „Moonglow“ handelt es sich nicht um die Memoiren von Michael Chabons Großvater, sondern um einen Roman. Einiges davon ist tatsächlich passiert, anderes nicht – was zu welcher Kategorie gehört, das bleibt im Ungewissen. In einem Interview sagte das Autor beispielsweise, dass seine Großmutter, deren psychische Erkrankung ein wichtiges Element des Buches ist, geistig völlig gesund gewesen sei. Gerade diese Vermischung von Realität und Fiktion machte mich neugierig auf die Geschichte.

Das Buch ist nicht chronologisch erzählt, sondern springt in der Zeit hin und her von einer Episode zur nächsten. Gleich zu Beginn des Buches erfährt man als Leser, dass der Großvater in einem Anfall von Wut versucht hat, seinen Chef umzubringen. Handelt es sich um jemanden mit Neigung zur Gewalt? Gar einem Kriminellen? Mit der Zeit wird das Bild, das vom Großvater gezeichnet wird, immer detailreicher. Ein Mann mit vielen unterschiedlichen Facetten, der so einiges erlebt und mitgemacht hat.

Durch die ständigen Zeitsprünge gelingt es dem Autor, mit seiner Geschichte unvorhersehbar zu bleiben und den Leser so manches Mal zu überraschen. Plötzlich werden Geheimnisse gelüftet, die etwas schon viel früher Erzähltes in ganz neuem Licht erscheinen lassen. Für mich war es allerdings zu viel Hin und Her, sodass sich die Geschichte auf dem schmalen Grat zwischen wirr und genial immer wieder in Richtung des ersteren bewegte.

Das Buch spricht viele große Themen des 20. Jahrhunderts auf an, zum Beispiel die letzten Tage von Nazi-Deutschland mit den Vorrücken der USA und der Sowjetunion und grauenhaften Entdeckungen wie die des KZ Dora-Mittelbau oder auch den großen Traum von der Raumfahrt und der Landung auf dem Mond. Gleichzeitig geht es aber auch um persönliche Schicksale wie die Wahnvorstellungen der Großmutter und alltägliche, skurrile Begebenheiten wie die Schlangenjagd des Großvaters oder die Phase, in der die Großmutter im Fernsehen Horrorgeschichten vorgelesen hat. Es ist ein thematisch bunter Mix, mit dem Michael Chabon den Leser unterhält und gleichzeitig ein rundes Gesamtbild zeichnet, bei die Frage, was davon wirklich passiert ist, zur Nebensächlichkeit wird. Ein Buch für alle, die gern in interessante Lebensgeschichten anderer eintauchen, bei denen Unerwartetes ans Licht kommt und man seinen Eindruck auch mal revidieren muss.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Ein Besuch stellt Moritz‘ Leben auf den Kopf

Dunkelgrün fast schwarz
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Moritz und seine Freundin Kristin freuen sich auf ihr erstes Kind, der Entbindungstermin steht kurz bevor. Doch dann steht Moritz‘ bester Freund Raffael vor der Tür, den er seit sechzehn Jahren nicht gesehen ...

Moritz und seine Freundin Kristin freuen sich auf ihr erstes Kind, der Entbindungstermin steht kurz bevor. Doch dann steht Moritz‘ bester Freund Raffael vor der Tür, den er seit sechzehn Jahren nicht gesehen hat. Es gab eine Zeit, da waren sie als Motz und Raf unzertrennlich. Sie beide, und Jo. Doch dann ist etwas passiert. War es von Beginn an eine unausweichliche Konsequenz? Oder doch nur eine zufällige Entwicklung? Und was heißt das heute für sie?

Die dunklen Farben des Covers machten mich neugierig, welche Geheimnisse ich wohl entdecken werde, wenn ich einen Blick hinter die abgebildeten Farne und zwischen die Buchdeckel werfe. Gleich zu Beginn wird Moritz‘ Leben von einem Moment auf den nächsten auf den Kopf gestellt, als sein bester Freund nach sechzehn Jahren als Übernachtungsgast vor der Tür steht.

Im Folgenden springt das Buch in die Vergangenheit und erzählt aus der Perspektive von Moritz‘ Mutter Marie, wie die Freundschaft der beiden begonnen hat. Marie ist mit ihren beiden Kindern von Wien aufs Land nach Hallein gezogen, es war zu wenig Platz in der engen Stadtwohnung. Ihr Mann Alexander hat dort ein Haus von seinen Großeltern geerbt. Hier soll sie auf ihn warten, bis er mit dem Medizinstudium fertig ist. Sie ist eine Fremde - genau wie Sabrina, Raffaels Mutter. Und doch sind die beiden ganz verschieden. Moritz und Raf scheinen sich hingegen gefunden zu haben. Doch da gibt es immer wieder Momente, die Marie ins Grübeln bringen, wie gut die Freundschaft für Moritz ist.

Zurück in der Gegenwart lernt man eine weitere Beteiligte kennen: Johanna lebt in Florenz und muss feststellen, dass Raf gegangen ist. Sie setzt alles daran, ihn wiederzufinden, wie sie es schon oft getan hat. Indem der Roman regelmäßig zwischen der Gegenwart und Vergangenheit sowie den Perspektiven von Moritz, Marie und Johanna wechselt taucht man als Leser immer tiefer ins Geschehen ein und begreift Stück für Stück, was eigentlich vor sich geht. Das ist zunächst weder dem Leser noch Moritz klar, als Raffael so urplötzlich in sein Leben eindringt. Der Autorin gelingt es, mich durch die von ihr gewählten Worte zu fesseln und die Geschichte gleichzeitig so geschickt zu erzählen, dass ich auf der Suche nach Antworten unbedingt weiterlesen wollte.

Dunkelgrün fast schwarz ist die Aura, die Raffael umgibt, als er sich bei Moritz einnistet. Denn Moritz sieht bei jedem Menschen Farben, die ihn umgeben. Ein wohlgehütetes Geheimnis, das er Raf damals verraten hat. Mit seinem Verhalten und den Erinnerungen, die er mit sich bringt, reißt er bei Moritz alte Wunden auf. Wie Johanna ins Bild passt, gilt es herausfinden. Am Ende steht ein Begreifen, das viele unterschiedliche Gefühle auslöst und die Frage aufwirft, inwiefern späte Erkenntnis hilft oder schadet. Ein gelungener Abschluss für dieses ungewöhnliche Buch.

Der Autorin Mareike Fallwicks ist mit „Dunkelgrün fast schwarz“ ein starkes literarisches Debüt gelungen. Die Geschichte von Motz, Raf und Jo ist alles andere als eine typische Dreiecksgeschichte. Mit einnehmender Sprache erzählt sie von einer Freundschaft, die manch einer wohl als verhängnisvoll bezeichnen würde. Ich kann jedem nur raten, sich auf diese besondere Geschichte einzulassen und an der Seite der Charaktere die Vergangenheit zu entschlüsseln, um die Gegenwart zu deuten.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Wer war Albert Einsteins erste Frau?

Frau Einstein
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Mileva Marić kommt mit einem klaren Ziel vor Augen von Serbien nach Zürich: Sie will am Polytechnikum Physik und Mathematik studieren. Als fünfte Frau überhaupt ist sie für dieses Studium zulassen worden. ...

Mileva Marić kommt mit einem klaren Ziel vor Augen von Serbien nach Zürich: Sie will am Polytechnikum Physik und Mathematik studieren. Als fünfte Frau überhaupt ist sie für dieses Studium zulassen worden. Wie bislang will sie ihre ganze Energie ins Lernen stecken, für anderes bleibt da nicht viel Zeit. Doch in den anderen drei Studentinnen, die wie sie in der Pension Engelbrecht untergebracht sind, findet sie bald Freundinnen. Außerdem ist da noch Albert Einstein, der im selben Jahrgang studiert und mit dem sie interessante wissenschaftliche Debatten führt. Sie ist entschlossen, seinetwegen ihre Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Doch es kommt alles anders als gedacht.

Mileva Marić war die erste Frau Albert Einsteins und ist trotzdem nicht allzu bekannt. Ich hatte hier und da schon mal etwas über sie gehört und freute mich darauf, in Form dieses fiktiven Werkes tiefer in ihre Geschichte einzutauchen. Wie so viele vor mir stolperte ich schnell darüber, dass sie mit Einstein studiert hat und in seinen produktivsten Jahren an seiner Seite war, aber in seinen Arbeiten nirgends als Beitragende genannt wird. Die Autorin Marie Benedict hat basierend auf dem Bekannten einen Roman geschrieben, in dem sie die Lücken in Mileva Marićs Biographie füllt, sich hier und da künstlerische Freiheiten gönnt und damit eine Frau lebendig werden lässt, die ihrer Zeit voraus war und doch von den Konventionen zurückgeworfen wird.

Die Mileva, die ich zu Beginn des Buches kennen lernte, konnte mich durch ihre Entschlossenheit beeindrucken. Viele Männer in ihrer Umgebung lassen sie spüren, was sie von ihrem Ambitionen halten. Selbst Professor Weber, der sie zum Studium zugelassen hat, scheint ihr eine falsche Uhrzeit genannt zu haben, sodass sie gleich zur ersten Vorlesung zu spät erscheint. Zum Glück wurde sie immer von ihren Eltern, insbesondere von ihrem Vater, unterstützt. Sie haben ihr die bisherige Ausbildung überhaupt erst ermöglicht. Nun hat sie es bis ans Polytechnikum gebracht, sodass ich ihren Vorsatz nach so wenig Ablenkung wie möglich gut nachvollziehen konnte.

Doch das Leben spielt bekanntlich anders. Mileva findet zum ersten Mal in ihrem Leben Freundinnen. Mit den anderen Studentinnen in ihrer Pension erlebt sie unbeschwerte Stunden. Als sich dann Albert Einstein zur Runde gestellt reagieren Milevas Freundinnen argwöhnisch: Was sind seine Absichten? Mileva ahnt, dass er ihre Pläne, je mehr Zeit sie mit ihm verbringt, ins Wanken bringt. Gleichzeitig weiß er ihre Intelligenz zu schätzen und lädt sie zu wissenschaftlichen Debatten ein. Vielleicht könnten sie Partner auf Augenhöhe sein?

Aus Hoffnung wird bald Ernüchterung, denn die beiden erleben mehrere Rückschläge. Als Jude und Serbin mit einem unehelichen Kind haben sie es zu ihrer Zeit alles andere als leicht, weshalb ein Versteckspiel beginnt, das an Milevas Nerven zerrt. Über die Zeit ändert sich zudem die Beziehung der beiden zueinander. Albert Einstein macht dabei in seiner Haltung zu ihr eine komplette Wende. Auf das Warum wurde für mich leider zu wenig eingegangen, die Schilderung der Ereignisse fällt recht einseitig aus. Mileva zieht sich gleichzeitig immer mehr in die Rolle der von Selbstmitleid beherrschten Hausfrau zurück, die keinen Ausweg sieht. Der Fokus lag stark auf ihren Gedanken, wie er dies und das denn wagen könnte. Ob dies nun wirklich so passiert ist oder nicht – das hier geschilderte Schicksal steht stellvertretend für viele intelligente Frauen ihrer Zeit, die im Schatten ihrer Männer standen.

„Frau Einstein“ erzählt die Geschichte von Mileva Marić, die mit großen Ambitionen nach Zürich ans Polytechnikum kam. Der Autorin ist es gelungen, die historische Persönlichkeit in diesem fiktiven Werk lebendig werden zu lassen. Ich habe an ihrer Seite gehofft und gebangt, hätte aber gern noch besser verstanden, warum sie ihre Entschlossenheit verliert und ihr Mann seine Haltung zu ihr so schnell verändert. Ein Buch für alle, die mit einer möglichen Version der Ereignisse mehr über die erste Frau an Albert Einsteins Seite erfahren möchten, bei der die Rolle, die sie für seine wissenschaftlichen Arbeiten gespielt hat, bis heute nicht ganz geklärt ist.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Was geht vor sich im Marschland?

Totenweg
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Frida Paulsen arbeitet als Polizistin in Hamburg. Nach zehn Jahren bei der Schutzpolizei absolviert sie gerade ihr Studium an der Polizeiakademie, um bei der Kriminalpolizei arbeiten zu können. Als sie ...

Frida Paulsen arbeitet als Polizistin in Hamburg. Nach zehn Jahren bei der Schutzpolizei absolviert sie gerade ihr Studium an der Polizeiakademie, um bei der Kriminalpolizei arbeiten zu können. Als sie die Nachricht erhält, dass ihr Vater hinterrücks niedergeschlagen wurde, fährt sie sofort in ihre Heimat im Marschland. Wer hat ihrem Vater das angetan und warum? Bjarne Haverkorn von der Mordkommission aus Itzehoe soll die Tat untersuchen und nutzt die Gelegenheit, um auch seinen Cold Case Marit Ott noch einmal zu beleuchten. 1998 wurde die Jugendliche, die Fridas beste Freundin war, ermordet in einer Scheune gefunden. Während Haverkorn sich in der Gegend umhört, stößt Frida beim Versuch, den Hof ihrer Eltern zu retten, bald auf alte Geheimnisse und neue Feinde.

Das Cover von „Totenweg“ zeigt eine weitläufige, verlassene Landschaft mit einer Scheune im Hintergrund. Der perfekte Ort, um unbemerkt ein Verbrechen zu begehen? So ist es zumindest im Jahr 1998 passiert, als Marit Ott an einem solchen Ort ermordet aufgefunden wurde. Das Leben der Protagonistin Frida war danach nicht mehr dasselbe – ihre beste Freundin tot, sie als Ausreißerin im Internat. Bis heute trägt sie ein Geheimnis mit sich herum, obwohl sie es als Polizistin inzwischen besser wissen sollte. Ich war neugierig, sie besser kennenzulernen und in Aktion zu erleben.

Die Nachricht vom Angriff auf ihren Vater erreicht Frida nach wenigen Seiten und so reist sie auf den Hof ihrer Eltern, um ihrer Mutter beizustehen. Gut konnte ich verstehen, dass sie angesichts der schwierigen Lage – ihr Vater ringt um sein Leben und um den Hof steht es schlecht – erst einmal Urlaub nimmt und beschließt, zu bleiben. Auch über Haverkorn, der als Ermittler aus Itzehoe anreist, erfährt der Leser schnell mehr. Bis heute hat ihn der ungelöste Fall Marit Ott nicht losgelassen, bei dem er zum ersten und letzten Mal die Mordkommission geleitet hat. Dass Frida nun selbst Polizistin ist, überrascht ihn zunächst. In seinen Augen ist sie immer noch die Jugendliche, die ihm etwas verheimlicht hat. Für Frida ist er hingegen der Polizist, der sie damals mit seinen Fragen nicht in Ruhe lassen wollte.

Frida und Haverkorn bilden kein Ermittlerduo im eigentlichen Sinne, kommen bei ihren Nachforschungen aber auch nicht aneinander vorbei. Aufgrund der Vorgeschichte begegnen sie sich erst einmal recht distanziert und tauschen trotz des gemeinsam Berufsstandes nicht viele Informationen aus. Haverkorn versucht mittels Befragungen, systematisch mehr Licht ins Dunkel des aktuellen und alten Falls zu bringen. Gleichzeitig stößt Frida durch Gespräche mit alten Bekannten und bei ihren Versuchen, den Hof zu retten, unweigerlich auf einige Ungereimtheiten. Hängt alles miteinander zusammen? Ergibt sich daraus ein Motiv? Oder werden die Zeichen falsch gedeutet?

Dem Leser wird viel Raum zur Spekulation gelassen und neue Erkenntnisse zwingen immer wieder zum Umdenken. Diese Unvorhersehbarkeit hat mir gefallen. Gleichzeitig gelingt es der Autorin, die Atmosphäre des weitläufigen Marschlandes einzufangen, in welchem es auch so manchen unheimlichen Moment gibt. Die Geschichte wird zunehmend komplexer und bietet unterschiedliche Facetten, während Frida und Haverkorn sich weiterentwickeln. Über weite Teile geht es zügig, aber sortiert zu, bis sich die Ereignisse schließlich überschlagen. Bei den letzten Seiten muss man einfach mitfiebern und der Spannungsbogen wird gelungen abgerundet.

In „Totenweg“ hat die Autorin mit den zwei ungleichen Polizisten Frida und Haverkorn authentische Charaktere geschaffen, die ich gerne begleitet und näher kennengelernt habe. Die Ermittlungen sind vielschichtig und bieten Überraschungen sowie falsche Fährten. Auf die bereits angekündigte Fortsetzung freue ich mich schon jetzt. Ein starkes deutsches Krimidebüt, das ich klar empfehlen kann!