Zu gut erzogen zum Schreien
Gentleman über BordErinnert ihr Euch? Im vergangenen Jahr erlebte dieses schmale in Leinen gebundene Buch einen neuen großen Auftritt. Da war ich natürlich neugierig. Der Roman ist bereits 1937 in New York erschiene, nun ...
Erinnert ihr Euch? Im vergangenen Jahr erlebte dieses schmale in Leinen gebundene Buch einen neuen großen Auftritt. Da war ich natürlich neugierig. Der Roman ist bereits 1937 in New York erschiene, nun übersetzt von Klaus Bonn und mit einem Nachwort von Jochen Schimmang versehen besonders edel im Schuber erschienen.
Auf knappen 150 Seiten in 10 Kapiteln erleben wir ein Drama, dass einem Versehen geschuldet ist. Denn auf einem Frachtschiff, dass auch einige wenige Passagiere an Board hat, geht der erfolgreiche New Yorker Börsenhändler Henry Preston Standish über Board. Ohne Absicht, ein dummer Fehler, wie so vieles tragische sich aus Missgeschicken entspinnt.
Was die Tragödie umso bedrückender macht, ist die Tatsache, dass seine Abwesenheit auf dem Schiff selbst sehr lange unentdeckt bleibt. Der Roman wechselt zwischen der Perspektive Standishs im Wasser und den Personen an Board.
Herbert Clyde Lewis, selbst eine zutiefst tragische Person, hat sich hier in Kürze en Detail damit beschäftigt was einem durch den Kopf geht, wenn man im Wasser landet und dazu noch ein Gentleman für den es unschicklich ist, sich laut zu äußern und so zunächst nicht nach Hilfe schreit. Auch sind die anderen Passagiere nebst Personal des Schiffes grandios gezeichnet.
Den ein und anderen Absatz haben ich quergelesen, weil dem im Wasser treibende Mann seine ganze Trostlosigkeit bewusst wird und etwas lamentiert. Extrem real, denn die Zeit dehnt sich dann sicherlich aus wie Kaugummi. Meine Geduld war dann strapaziert. Aber trotz dieses Aspektes eine gelungene Geschichte!
Fazit: Wer bald auf einem Dampfer, Kreuzfahrtschiff oder einfach nur am Ufer eines Meeres sitzt, dem kann ich diese Lektüre „Gentleman über Board“ ans Herz legen.