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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2024

Das Grauen in unserer Gesellschaft

VIEWS
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Nachdem ich die Känguru - Chroniken im Altonaer Theater in Hamburg gesehen hatte, bin ich ein Fan von Marc-Uwe Kling geworden. Seine Vielseitigkeit in literarischer Hinsicht überrascht und fasziniert mich. ...

Nachdem ich die Känguru - Chroniken im Altonaer Theater in Hamburg gesehen hatte, bin ich ein Fan von Marc-Uwe Kling geworden. Seine Vielseitigkeit in literarischer Hinsicht überrascht und fasziniert mich. Mit “Views“ liefert er nun zum ersten Mal einen Thriller.
Die BKA-Kommissarin Yasira Saad muss das Verschwinden und die Misshandlungen an der 16-jährigen Lena Palmer aufklären. Da sie selbst aus einer Migrantenfamilie stammt, liegt es ihr am Herzen, den Tatvorgang, begangen durch junge ausländische Männer, zu bearbeiten.
Die tat macht im Internet sehr schnell die Runde, denn es gibt ein Video davon. Deshalb muss Yasira sehr schnell Erfolge erzielen, das Mädchen finden und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Wie so oft in Deutschland, nimmt nach solchen Vergehen die Antihaltung Ausländern gegenüber zu. Rechtsradikale Gruppen wollen sich der Sache annehmen, was zu einer zunehmenden Eskalation der Situation führt.
Der Plot besteht aus den Ermittlungsarbeiten. Der Erzählstrang ist gradlinig, rasant und flüssig, ohne zu viele Nebenhandlungen.
Das Werk entwickelt bereits von Anfang an einen großen Sog und eine knisternde Spannung.
Die Leserschaft wird mit Sozialkritik konfrontiert und das soziale Gefüge unserer Gesellschaft wird in Frage gestellt. Kling versteht eine Handlung voller Wendungen zu liefern, dabei verwendet er einen packenden Schreibstil, gespickt mit dem ihm eigenen Humor, aber ohne die Sache ins Lächerliche abgleiten zu lassen. Yasira ist die authentische Protagonistin, die sehr sympathisch rüberkommt und sich mit den .rechtsradikalen Gruppen und ihren Chefs auseinandersetzen muss.
Die Geschichte ist sehr beklemmend, und die Auswirkungen wirken sehr real, so daß ein intensives Nachdenken angeregt wird. Wir haben es also nicht mit reiner Fiktion zutun, sondern mit der realen Möglichkeit, dass der Rechtsstaat unterminiert wird und der Mob die Oberhand gewinnt, denn Erzähltechnik und Handlung sind sehr realistisch.
Besonders hat mich das Ende fasziniert, so das ich sagen muss, dass Kling mich wieder einmal überrascht hat. Ich halte das Werk für sehr gelungen und kann es total weiterempfehlen.
Daher 5 Punkte

Veröffentlicht am 13.07.2024

Ist es fünf vor zwölf?

Partikel
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“Partikel“ ist ein Werk wie eine Naturgewalt, das den Leser schonungslos in das “Plastikzeitalter“ einführt. Wir bekommen die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte vor Augen geführt und werden mit einem ...

“Partikel“ ist ein Werk wie eine Naturgewalt, das den Leser schonungslos in das “Plastikzeitalter“ einführt. Wir bekommen die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte vor Augen geführt und werden mit einem System konfrontiert, das schon lange so nicht mehr funktioniert. Das Werk ist total angsteinflößend. Gibt es noch Rettung? Aber was basiert bei diesem Thriller auf exakten Beweisen? Zwar ist das Werk gut recherchiert, aber ist es mehr eine Art Horrormeldung, eine schreckliche Zukunftsvision oder Realität? Zu meiner persönlichen Beruhigung hätte ich mir einen Anhang mit Quellenverweisen gewünscht, damit der Wahrheitsgehalt dokumentiert wird.
Harlander erzählt mit klaren, leicht verständlichen Worten. Der eingängige Schreibstil lässt einen die 605 Seiten zügig lesen, die durch Nachrichtensendungen, Scripts von TV-Reportern, Feuerwehrmemos, Memoranden von Tierschutzorganisationen, Mitschriebe der Journalistin, Zeitungsberichten, Akten von Behörden... unterbrochen werden und somit abwechslungsreich und realitätskonform durch das Werk führen. Wir haben einen sehr tiefgründigen wie unterhaltsamen Thriller über eine ökologische Katastrophe, denn wir essen Mikroplastikteilchen durch den verseuchten Fisch . Die Ozeane sind verseucht, ebenso das Trinkwasser. Im Prinzip fast alle Bereiche des Lebens!
Es gibt mehrere Handlungsstränge, die abwechselt weitererzählt werden. Ein Frachtschiff mit gefährlicher Ladung ist vor der marokkanischen Küste gesunken, der BND ermittelt. Ein zweijähriges Mädchen ringt wegen eines bösartigen Tumors in ihrer Leber mit ihrem Leben.
Die Firma Cyaclean forscht an einer Lösung des Plastikproblems. Die Journalistin Melissa hofft auf eine extrem teure, neuartige Behandlungsmethode für ihre todgeweihte Nichte.
Die verschiedenen Handlungsstränge führen zu einem gemeinsamen Finale und halten die Spannungskurve durchgehend aufrecht.
Die sehr unterschiedlichen Charaktere sind authentisch, sehr differenziert und facettenreich gezeichnet. Besonders gut hat mir gefallen, dass die zwei BND-Agenten aus Harlanders “Schmelzpunkt“ wieder auftauchen, wobei deren Einzelschicksale auch wieder mit eingeflochten werden.
“Partikel“ ist aufrüttelnd und zugleich fesselnd. Jeder sollte seine Plastikverwendung überdenken, aber ist das nicht ein Tropfen auf den heißen Stein? Es wird eine äußerst bedrohliche Atmosphäre kreiert und intensivste Spannung erzeugt.
Ein Werk, das jeden an der Umweltproblematik interessierten Menschen einfach mobilisieren sollte! Ebenso kann ich die beiden Vorläuferbände “Systemfehler“ und “Schmelzpunkt“ wärmstens empfehlen, die aber thematisch jeweils in sich geschlossen sind.
Der einzige Wermutstropfen ist das sehr dunkle Cover, das keinen appellativen Charakter hat und mich nicht geflasht hat.
Aber insgesamt ein tolles Werk!

Veröffentlicht am 23.06.2024

Ist KI unfehlbar? Tolles Thema

Der 1. Patient
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Das Cover ist, wie bei den drei Vorläuferbänden von Schwiecker/ Tsokos, ein super Hingucker durch die großen Schrifttypen und hat einen großen Wiedererkennungswert.
Wir haben hier keinen schockenden Thriller ...

Das Cover ist, wie bei den drei Vorläuferbänden von Schwiecker/ Tsokos, ein super Hingucker durch die großen Schrifttypen und hat einen großen Wiedererkennungswert.
Wir haben hier keinen schockenden Thriller mit großen Überraschungsmomenten, sondern einnen faktenbasierten, detailgetreuen Justiz-Krimi, der aber dennoch fesselt.
Durch die kurzen Kapitel gelingt ein flottes Lesetempo. Die hochaktuelle Problematik rund um künstliche Intelligenz spielt in der Berliner Medizinwelt, wo die Autoren ihr Insiderwissen aus den Bereichen Rechtsmedizin, “Medical - KI“ und Justizsystem geschickt einbringen können.
“Der 1. Patient“ ist ein spannender Fall um die Ermittlungen von Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Bei einer Routine-Operation der Chefärztin Dr. Sasha Müller stirbt der Patient. Liegt ein Behandlungsfehler vor? Die Ärztin wurde von einem KI - System unterstützt. Wer kann also wegen fahrlässiger Tötung angeklagt werden?
Dieser Fall ist absolutes Neuland für das Ermittlerteam. Wir erhalten einen detaillierten Einblick von den Vorgehensweisen, den Fakten, Orten und Dokumenten.
Ein Blick auf die reißerische Presse, die den Fall für sich ausschlachten möchte, ist ebenfalls geglückt. Die beiden Autoren schaffen es, realitätsgetreu, die wichtigsten Sachverhalte leicht verständlich darzulegen, wobei verschiedene Erzählperspektiven alle eine Rolle spielen. Die Figuren haben Entwicklungspotential und sind tiefgründig. Bis zu Schluss bleibt Spannung erhalten, denn der Plot ist gut durchdacht.
Das Werk hat mich informiert und sensibilisiert für das Thema Medizin und KI. Somit kann ich Personen, die dieses Neuland erkunden wollen, das Werk wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 01.05.2024

Ein sehr spannender Pageturner

Die Dämmerung (Art Mayer-Serie 2)
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Da ich dieses Buch als Geschenk erhalten habe, war ich zunächst von dem einfallslosen, giftgrünen Cover mit dem Hirsch enttäuscht, jedoch hat es sicherlich einen großen Wiedererkennungswert im Buchladen.
Umso ...

Da ich dieses Buch als Geschenk erhalten habe, war ich zunächst von dem einfallslosen, giftgrünen Cover mit dem Hirsch enttäuscht, jedoch hat es sicherlich einen großen Wiedererkennungswert im Buchladen.
Umso mehr hat mich der vielschichtige Plot in zwei Zeitebenen geflasht. In der Vergangenheit erfahren wir von der ergreifenden Geschichte einer jungen Schwangeren, in der Gegenwart passiert ein grauenhafter Mord an einer Frau, die dann schreckeinflößend drapiert wird. Der Autor liefert viele Irrungen und Wirrungen und erschütternde Details. Besonders herausragend ist der Erzählstrang eines Tonbandgerätes, der ein gefährliches Geheimnis offenbart.
Zunächst wird die rebellische Tochter als Täterin verdächtigt, jedoch, als ein zweiter Mord passiert, ist es dem Ermittlerteam klar, dass sie schnell handeln müssen, um weitere Morde zu verhindern. Die beiden Polizisten, Art Mayer und Nele Tschaikowski sind ein seltsames, jedoch gut funktionierendes Team. Art ist teils charismatisch und skurril, sehr spontan und chaotisch, Nele hingegen agiert sehr strukturiert und wohl überlegt. Beide sind sehr differenziert beschrieben und wirken sympathisch, denn es werden auch Details aus dem Privatleben offenbart.
In seiner temporeichen, klaren Sprache kann der Autor eine knisternde Atmosphäre entstehen lassen, die diesen Thriller zu einem einfallsreichen, spannenden Pageturner macht, den ich jedem Krimifreund empfehlen kann.Besonders gut hat mir der Bezug zu aktuellen Themen der Politik ( z. B. Klimaaktivisten) gefallen. Unbedingt werde ich mir auch den ersten Band dieser Reihe kaufen.

Veröffentlicht am 01.05.2024

Irrungen und Wirrungen auf Sylt

Mord unterm Reetdach
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Sylt, mein Urlaubsrefugium aus Kinder- und Jugendzeiten, gehört leider jetzt teilweise den Schönen und Reichen. Deshalb hat Eric Weissmann, selbst Immobilienmakler auf dieser schönen Insel, das perfekte ...

Sylt, mein Urlaubsrefugium aus Kinder- und Jugendzeiten, gehört leider jetzt teilweise den Schönen und Reichen. Deshalb hat Eric Weissmann, selbst Immobilienmakler auf dieser schönen Insel, das perfekte Know how, wie Geschäfte hier laufen, aber auch, wie die Einheimischen so ticken. Kristan Dennermann, Weissmanns Alter Ego, ist in einen Kriminalfall verwickelt, denn er soll das tolle Anwesen des Sylter Urgesteins, Hinnerk Petersen, verkaufen. Leider findet er seine Leiche vorher und gerät somit in die Fänge der Polizei als Mordverdächtiger. Das kann er natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei gerät er immer wieder in brenzlige Situationen: ein Mordanschlag, Einbruch und eine Attacke auf seinen geliebten Hund, um nur einige zu nennen. „ Mord unterm Reetdach“ ist ein recht sanfter Krimi und somit eine tolle Urlaubslektüre. Die typischen Nordsee-Motive: Düne, Leuchtturm und Reetdachhaus des Covers stimmen perfekt in die Athmösphäre ein. Aber auch die ehr unterschiedlichen Chraktere, von sehr reich bis skurril, passen perfekt zur Handlung. Dazu der flotte und angenehme Schreibstil des Autors, besonders die Dialoge der Personen miteinander haben Schmunzelfaktor. Der Spannungsbogen bleibt die ganze Zeit über aufrecht und begleitet den Leser bei den ganzen Irrungen und Wirrungen.
Besonders der Protagonist wirkt sehr lebensecht, manchmal etwas tollpatschig, aber klug kombinierend. Er ist sehr anglophil, ist vernarrt in seinen echten britischen Corgi, „Prince of Wales“, und seine Mitarbeiterin Hella, alias „ Honeypenny", ergänzt ihn perfekt.
Also, eine kurzweilige Urlaubslektüre mit einem gut durchdachten Plot, die ich total empfehlen kann.