Anders als erwartet
Hey guten Morgen, wie geht es dir?Ich glaube, über diesem Buch wurden in den letzten Tagen ausreichend Worte gewidmet. Daher möchte ich den Inhalt nun nicht nochmals wiederholen, sondern nur meinen Eindruck wiedergeben.
Der Roman ‚Hey ...
Ich glaube, über diesem Buch wurden in den letzten Tagen ausreichend Worte gewidmet. Daher möchte ich den Inhalt nun nicht nochmals wiederholen, sondern nur meinen Eindruck wiedergeben.
Der Roman ‚Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“ hat frisch den Deutschen Buchpreis 2024 gewonnen. Es ist definitiv ein Buch, welches heraus sticht und einen nach dem Lesen mit vielen Gedanken zurück lässt. Die Geschichte greift ein Thema auf, zu welchem ich bisher keinerlei Bezug hatte – „Love Scamming“. Und sofort drängen sich mir ganz viele Fragen in den Kopf. Was bringt einen Menschen dazu, mit Frauen Kontakt aufzunehmen, bis Gefühle im Spiel sind, um dann irgendwann nur das Geld dieser Frauen zu wollen? Und wie einsam müssen Frauen sein, die über diesen Weg glauben, eine wahre Liebe gefunden zu haben? Es passiert immer wieder und sicher öfter als man sich vorstellen kann. Und wie bei jedem Betrug glaubt man sicher bis zum Schluss, selbst standhaft zu bleiben, nicht darauf reinzufallen und plötzlich ist es zu spät. Juno, die Protagonistin, spielt dieses Spiel mit – aber sie selbst spielt mit den Männern, die sich online an sie heranmachen. Ihr Mann ist pflegebedürftig seit Jahren. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie sich ihr Leben anders vorgestellt hat. Die Szene mit dem spontanen Zahnarztbesuch ist mir dabei besonders hängen geblieben. Sie zeigt sehr anschaulich, was es heißt, diese Verantwortung zu tragen, so abhängig zu sein. Und so sucht sich Juno in ihren nächtlichen Chats die Ablenkung, die sie tagsüber nicht hat. Da kann sie sein, wer sie ist. Bis sie auf Benu trifft, der nicht wie die anderen sofort den Kontakt abbricht, sondern sie schreiben lange Zeit, telefonieren, warten gegenseitig auf Nachrichten, nehmen mehr und mehr Teil am Alltag des anderen, sprechen offen über Love Scamming. „Ist halt die Frage, ob man sich beim Lügen nicht zuallerserst selbst belügt.“ Dieser Satz ist so trivial wie tiefgründig. Wo fängt Lügen an? Warum lügen Menschen? Bei Juno war es Flucht, bei Benu Mittel zum Zweck. Und doch haben sie sich eine zeitlang Halt gegeben. Ich habe dieses Buch weder als leicht empfunden, noch als „Komödie“ – im Gegenteil, ich habe es als bedrückend empfunden, voller Einsamkeit, gefangen in einem Leben, welches alles andere als frei, spontan und erfüllt zu sein scheint. Ich konnte nicht nachvollziehen, warum sich Juno in diese Online-Welt flüchtet, um auszubrechen. Auf mich wirkte es, als hätte sie alles stumpf ertragen. Ich hätte mir mehr echte Gefühle gewünscht, Wut, Traurigkeit, Verzweiflung, aber auch einmal pure Freude.
Dies ist meine persönliche Meinung. Jeder wird sicherlich beim Lesen anders empfinden, auch basierend auf den persönlichen Erfahrungen und dem individuellen Lesegeschmack. Es ist ein Buch, welches hängen bleibt, das ist richtig. Aber es wird nicht mein Jahres-Highlight.