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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2024

3,75 Sterne: Sehr gut geschrieben, legt den Finger in die Wunde – aber letztes Drittel zieht sich…

Ava liebt noch
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Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Ava ist 43 und funktioniert seit Jahren nur noch für ihre Kinder und ihren Mann, ihre Bedürfnisse stellt sie wie selbstverständlich immer hinten an. Doch als der junge ...

Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Ava ist 43 und funktioniert seit Jahren nur noch für ihre Kinder und ihren Mann, ihre Bedürfnisse stellt sie wie selbstverständlich immer hinten an. Doch als der junge Schwimmlehrer ihrer Tochter, den sie zuvor schon aus der Ferne bewundert hat, anbietet, ihr das Schwimmen beizubringen, ändert das alles. Sie beginnt eine Affäre mit ihm und verliebt sich... Jede Berührung verwandelt sie mehr in die Frau zurück, die sie einst war. Bald muss Ava sich entscheiden: Soll sie weiterhin heile Familie spielen oder ihrem Herzen folgen?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: hauptsächlich weibliche, aber auch gelegentlich männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: psychische Krankheiten, Krebs
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: M+ststück

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Beziehungen mit großem Altersunterschied (20 Jahre)
- „verbotene Liebe“/Affäre
- Mutterschaft
- weibliches Verlangen, Frausein
- Selbstaufgabe als Mutter, Mental Load, ungerechte Aufteilung der unbezahlten Arbeit, Erschöpfung
- Selbstfindung, Studium
- Milieustudie

Lieblingszitate (die Entscheidung ist mir schwer gefallen, gab so viele!)

„Es ist ein Donnerstag im Mai, als ich merke, dass ich noch am Leben bin.“ Seite 7

„Er spricht oft über unsere Familie, als wäre sie ein Unternehmen, in dem ich die Abteilung für Kinder leite. […] Also sage ich zu ihm: ‚Dies ist ein Unternehmen, in dem alle Abteilungen von ein und derselben Person geleitet werden.‘“ Seite 19

„Die spirituellen Momente in meinem Leben habe ich nicht in einer Kirche erlebt, sondern in einem Bett.“ Seite 256

„‘Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich weiß nur, dass man seine Kinder lieben und Mutterschaft trotzdem hassen kann.‘“ Seite 296

„Muttersein ist learning by doing, aber es sind keine Fehler erlaubt.“ Seite 297

Meine Rezension

Als ich Cover, Titel und Klappentext gesehen hatte, war ich mir zuerst unsicher, ob ich „Ava liebt noch“ lesen sollte – immerhin bin ich selbst kinderlos (und will es auch bleiben), in keiner unglücklichen Ehe gefangen und mehr als 10 Jahre jünger. "Gibt es da genügend Identifikationpotential?", fragte ich mich da im ersten Moment. Doch die Leseprobe zeigte: Ja! Ich bin nämlich nicht nur eine kinderfreie, 29-jährige Frau, sondern auch: Feministin. Und als Feministin beschäftige ich mich tagtäglich mit den Dingen, die in diesem Buch thematisiert werden: Mutterrolle, Gleichstellung, Mental Load und die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit.

Mittlerweile hat „Ava liebt noch“ ja schon sehr viele begeisterte Rezensionen von anderen Leser:innen erhalten – doch wird sich auch meine in die Lobeshymnen einreihen? Nicht ganz. Würde ich den Roman trotzdem weiterempfehlen: Ja, durchaus!

Für mich ist Vera Zischkes Debüt insgesamt nämlich ein gelungener Roman. Der Schreibstil für mich das Beste daran: Die Autorin schreibt so flüssig und zugänglich, dass man nur so durch die Seiten fliegt, und die Metaphern und Vergleiche sind großartig – sehr kreativ, treffend und schön. Ich habe mir viele Stellen markiert. Deshalb habe ich den Roman auch (bis auf das letzte Drittel) sehr gerne gelesen! Überzeugt haben mich auch die liebevolle Figurenzeichnung (Ava ist mit ihren Fehlern und Macken sehr sympathisch und glaubwürdig, das Buch ist stellenweise fast schon eine Milieustudie) und die unerwartete Melancholie und Tiefe, mit der Themen wie Mutterschaft, Mental Load, Frausein, Freiheit und weibliches Verlangen beschrieben bzw. kritisiert werden. Über allem liegt ein klar erkennbarer Female Gaze – hier werden zur Abwechslung (zumindest am Beginn) einmal MÄNNERKÖRPER zum Objekt, was sich ungewohnt (stellenweise sogar absurd), aber erfrischend anfühlt. Aus feministischer Sicht gibt es für die vielen starken Frauenfiguren und die Art, wie die Autorin oft den Finger in die Wunde legt und uns zeigt, wie viel Arbeit wir noch vor uns haben, bis wahre Gleichstellung erreicht ist, natürlich einen Daumen nach oben!

„Warum dann keine fünf Sterne?“, fragt ihr euch nun sicher. Nun, das lag an drei Punkten, die für sich genommen eigentlich nicht gravierend sind, aber eben in der Summe für den Punkteabzug verantwortlich waren. Erstens konnte ich mich nicht immer hunderprozentig mit Ava identifizieren (das lag dann schlussendlich doch an unseren unterschiedlichen Lebenssituationen), zweitens lag der Fokus dann doch weniger als erwartet auf den Belastungen, die Mutterschaft in unserer Gesellschaft mit sich bringt, und stärker auf der Affäre (ich hätte übrigens nie gedacht, dass ich mal auf der Seite einer „Betrügerin“ sein würde!) und dem Verliebtsein. Drittens hat sich das letzte Drittel für mich ziemlich gezogen, weil handlungstechnisch nicht mehr viel passiert ist bzw. dann auf einmal andere ernste Themen wie das Altern und Krebs (womit ich hier überhaupt nicht gerechnet habe!) im Vordergrund standen. Hier wäre eine Inhaltswarnung sehr sinnvoll und hilfreich gewesen.

Mein Fazit

„Ava liebt noch“ ist ein sehr gut geschriebener, überraschend tiefgründiger Roman, der auf erfrischende Weise den Finger in die Wund legt, was Gleichstellung, Mental Load, Mutterrolle und die Aufteilung der unbezahlten Arbeit angeht, und vermutlich (leider!) vielen Frauen aus der Seele sprechen wird. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Buch viele Menschen zum Nachdenken anregen und für hitzige Diskussionen in Mütter-Gruppen und Familien sorgen wird. Gut so! Von mir gibt es daher eine Leseempfehlung – besonders für alle Frauen (und deren Männer!), die sich in einer ähnlichen Lebenssituation wie Ava befinden.

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung (altes Cover): 1+ ♥
Idee: 1+ ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 2
Umsetzung: 2-
Worldbuilding: 1+ ♥
Einstieg: 1+ ♥
Ende: 2-3
Schreibstil: 1+ ♥
Figuren: 2
Liebesgeschichte: 1
Spannung: 3
Pacing/Tempo: 3
Wendungen: 3
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2
Feministischer Blickwinkel: 1+ ♥
Einzigartigkeit: 3

Insgesamt:

Note 2-

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2024

3,5 Sterne: Hat mich zum Weinen gebracht – und trotzdem habe ich mehr erwartet…

Die Straße
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die Welt ist verbrannt, besteht nur noch aus verkohlten Bäumen, dreckigen Flüssen und Asche. Tiere gibt es keine mehr, dafür gefährliche Stekten und Kannibalen. In ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die Welt ist verbrannt, besteht nur noch aus verkohlten Bäumen, dreckigen Flüssen und Asche. Tiere gibt es keine mehr, dafür gefährliche Stekten und Kannibalen. In dieser geschwärzten Welt folgen ein Vater und sein Sohn einer Straße Richtung Süden, der drohende Tod ist ihr ständiger Begleite – doch noch sind sie am Leben, noch gibt es Hoffnung…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: keine Einteilung in Kapitel, sondern in kurze Absätze

Inhaltswarnung: Tierquälerei (kurz), Gewalt, Tod, Mord, K+nnibalismus, Sklaverei, s+xualisierte Gewalt und Vergew+ltigung (erwähnt), Suizidgedanken, Depression, Blut, Krankheit
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): NICHT bestanden
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: H+re, Schl+mpe

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- düstere, hoffnungslose Grundstimmung
- Dystopien
- grausame Welt (K+nnibalismus, M+rd, Krankheiten, Sklaverei)
- distanzierter, einfacher Schreibstil
- Routinen und Wiederholungen
- Vater-Sohn-Beziehung
- Überleben im Fokus
- Tod als zentrales Thema

Lieblingszitate

„Dann marschierten sie im stahlgrauen Licht die Asphaltstraße entlang, schlurften durch die Asche, jeder die ganze Welt des anderen.“ Seite 9

„Vergiss nicht, dass das, was du in deinen Kopf lässt, für immer dort bleibt. […]
Aber manches vergisst man doch, oder?
Ja. Was man behalten will, vergisst man, und was man vergessen will, behält man.“ Seite 14

„Sind wir immer noch die Guten?, fragte er.
Ja, Wir sind immer noch die Guten.
Und das werden wir auch immer sein.
Ja. Das werden wir immer sein.
Okay.“ Seite 71

Meine Rezension

So viele Jahre lag die „Straße“ (übersetzt von Nikolaus Stingl) von Cormac McCarthy, die ja als Meisterwerk und zeitloser Klassiker gilt, auf meinem SUB – und nach und nach wurde der Wunsch, sie zu lesen, um endlich mitreden zu können, größer. Das lag unter anderem daran, dass eines meiner absoluten Lieblingslieder – das berührende „No Sound but the Wind“ von den Editors ♥ – von dieser Geschichte inspiriert wurde. Und auch der Spieleregisseur Neil Druckmann gibt das Buch als maßgeblichen Einfluss für seine großartigen „The Last of Us“-Spiele an. ♥ Dazu kamen dann noch Unmengen begeisterter Rezensionen, die ich über die Jahre gelesen hatte. Im August dieses Jahres (2024) war dann endlich der richtige Zeitpunkt gekommen: Ich organisierte eine Leserunde, damit wir uns gegenseitig auffangen und trösten und miteinander schwärmen oder über „Die Straße“ schimpfen konnten, denn ich hatte gehört, dass der Roman viele Menschen sehr aufgewühlt, traurig gemacht und runtergezogen hatte…

„Und?“, wollt ihr nun sicher wissen. „Ist ‚Die Straße‘ wirklich so gut, wie alle sagen? Ein Meisterwerk? Ein Buch, das dein Leben verändert, dich tief in deinem Kern berührt und nie wieder loslässt?“ Meine (ernüchterte) Antwort lautet: eher nicht. Aber hat es mich trotzdem am Ende gekriegt und zum Heulen gebracht: Jap!

Lasst mich das genauer erklären: Es gibt einiges, was mich an diesem Roman auf ganzer Linie überzeugt hat. Cormac McCarthy zeichnet eine unheimlich düstere, hoffnungslose postapokalyptische Welt – es ist wahrscheinlich die finsterste, deprimierendste Dystopie, die ich lese gelesen habe. Ich vermute auch, dass mir zukünftige dystopische Werke vorkommen werden wie der sprichwörtliche „Ponyhof“, weil es schwer sein wird, DAS zu überbieten – und alleine das ist schon eine Leistung! In „Die Straße“ gibt es außer verkohlten Bäumen, schmutzigen Flüssen und haufenweise Asche nichts mehr. Keine lebendigen Pflanzen, keine Tiere, dafür gefährliche Sekten, K+nnibalismus und kalte, nasse und lichtlose Nächte. Die wahren Schrecken werden oft nur angedeutet, trotzdem zeichnet der Autor eindringliche Bilder, die einen aufwühlen und sich einem ins Gedächtnis brennen: ein vom Blitz getroffener Mann, dem nicht geholfen werden kann, die kopflose Leiche eines Kleinkindes, die sich über einem Lagerfeuer auf einem Spieß dreht, immer wieder die unschuldige Frage des Sohnes an den Vater, ob sie auch WIRKLICH noch „die Guten“ seien, obwohl sie schreckliche Dinge tun müssen, um zu überleben…

Der Autor führt uns ganz nah an menschliche Abgründe, dorthin, wo es wehtut, zeigt uns, was es heißt, in einer solchen Welt zu überleben, was man dafür opfern muss. Er stellt auch immer wieder die philosophische Frage, ob es das überhaupt wert ist. Wofür jeden Tag aufstehen, wenn alles so mühsam ist und es keine Hoffnung auf Besserung gibt? Soll man trotzdem weiterkämpfen, obwohl das geliebte Kind jederzeit von den K+nnibalen gefangen, gequält und gegessen werden kann? Obwohl man ihm beibringen muss, wie es sich im Notfall mit der eigenen Waffe erschießen kann, um sich selbst Schlimmeres zu ersparern? Oder wäre es doch für alle besser, „es“ (das eigene Leben und das des Kindes) zu beenden? Das sind tiefgehende Gedankengänge, die man meist nicht wagt, sich zu stellen, Fragen, die einem noch Tage später schwer im Magen liegen. „Die Straße“ ist deshalb AUCH irgendwie eine Lektion in Dankbarkeit: SO schlecht geht es uns ja doch nicht…

Nach dem „Meisterwerk“ und der vielfach gelobten „Sprachgewalt“ habe ich aber dann leider doch vergeblich gesucht. Ich hatte damit gerechnet, dass mich dieses Buch emotional zerstören, ganz tief runterziehen, mein Leben verändern würde – doch all das blieb aus. Stattdessen erwarteten mich eine (bis auf einzelne Fachbegriffe) sehr einfache, eintönige Sprache, viele sprachliche und inhaltliche Wiederholungen (die Welt ist von Asche überzogen, we get it!), uninspirierte Satzanfänge (ständig „Er“) und minutiöse Schilderungen der immergleichen Abläufe: Essen suchen, Essen finden, Feuerholz suchen, Feuerholz finden, Feuer machen, Essen zubereiten, nach Gefahren Ausschau halten, Decken holen, zudecken, schlafen – und von vorne. Mir ist klar, dass die Sprache bewusst gewählt wurde, um zu zeigen, wie gleichförmig und mechanisch und anstrengend und langweilig und ganz und gar hoffnungslos das Leben des Vaters und Sohns ist – aber müssen die Leser:innen zwangsläufig auch leiden und sich langweilen? McCarthy würde vermutlich antworten: Unbedingt! Ich sage aber: Das geht besser!

Dazu kommt noch, dass die Sprache sehr distanziert und kühl ist, Dialoge weder Anführungszeichen noch Begleitsätze bekommen (die Zuordnung fällt teilweise schwer) und unsere Hauptfiguren nicht einmal einen Namen haben – auch diese schriftstellerischen Entscheidungen sind nachvollziehbar, muss man doch seine Gefühle in einer solchen Welt beseiteschieben, um das alles überleben zu können. Trotzdem hat auch das es für mich und meine Mitleser:innen schwer gemacht, mit den Charakteren mitzufühlen und mitzuleiden (obwohl sie sich glaubwürdig weiterentwickeln!). Am Ende hat mich der Autor aber doch noch gekriegt – gänzlich unerwartet übrigens, ich habe schon die letzten Seiten herbeigesehnt und gar nicht mehr damit gerechnet. In der einzigen Szene, in der dann endlich mal Gefühle gezeigt und besprochen werden, sind dann bei mir doch noch die Tränen gekullert – was mich gefreut hat. Und einem Buch, das mich zum Weinen gebracht hat, kann und will ich nicht weniger als 3,5 Sterne geben. Das Ende selbst war mir dann gleichzeitig zu positiv (und inkonsequent) und auch zu offen – auch wenn es natürlich mehrere Möglichkeiten gibt, es zu interpretieren…

Eine feministische Analyse fällt leider ernüchternd aus. Das Geschlechterverhältnis ist vollkommen unausgeglichen, das Buch ist meilenweit davon entfernt, den Bechdel-Test zu bestehen und die einzige Frau, die vorkommt, wird (abgesehen von ihrer Intelligenz) sehr negativ dargestellt. Außerdem wird sie ständig objektifiziert und sexualisiert (wer denkt nicht bei seiner verstorbenen Frau zuerst mal an ihre Brüste?), bezeichnet sich sogar selbst als „Schl+mpe“ und „H+re“. Ich meine, wer kennt sie nicht, diese Frauen, die sich selbst so nennen? Come on! Das ist einfach nur misogyn und unglaubwürdig, typischer Fall von „Männer schreiben Frauenfiguren, können sich aber nicht wirklich in die Lebensrealität von diesen hineinversetzen“. Dass McCarthy beim Verfassen dieses Romans bereits über 70 (= ein alter weißer Mann) war, ist hier leider nicht zu übersehen (auch das I-Wort und „schwachsinnig“ [Ableismus] kommen übrigens einmal im Buch vor). Pluspunkte gibt es immerhin dafür, dass hier ein alleinerziehender Vater mit seinem Sohn im Mittelpunkt steht und auch immer wieder Gefühle zeigt und vor dem Kind weint.

Mein Fazit

Ja, die „Straße“ hat mich am Ende doch noch gekriegt und zum Weinen gebracht, manche Bilder werde ich vermutlich nie mehr aus dem Kopf bekommen und keine Welt wird jemals wieder so düster und hoffnungslos und finster sein wie Cormac McCarthys – trotzdem habe ich mehr erwartet, denn ein absolutes Meisterwerk und neues Lieblingsbuch ist sie für mich leider nicht geworden. Dafür fand ich den postapokalyptischen Roman sprachlich und emotional nicht überzeugend genug. Wer endlich auch mitreden möchte, kann dieses Buch durchaus lesen – aber ein Must-read ist es meiner Meinung nach nicht…

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung (altes Cover): 3
Idee: 1+ ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 2-3
Umsetzung: 2-3
Worldbuilding: 2
Einstieg: 2
Ende: 3
Schreibstil: 3
Figuren: 2-3
Spannung: 3-4
Pacing/Tempo: 3-4
Wendungen: 3
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2-3
Feministischer Blickwinkel: 4
Einzigartigkeit: 2

Insgesamt:

Note 2-3

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.09.2024

Gelungener Fantasy-Auftakt – mit starker Protagonistin und kleinen Schwächen

One Dark Window - Die Schatten zwischen uns
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der hochinfektiöse Nebel in Blunder breitet sich immer weiter aus und droht, den ganzen Landstrich zu verschlingen. Um ihn zu stoppen, muss die bereits infizierte Elspeth ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der hochinfektiöse Nebel in Blunder breitet sich immer weiter aus und droht, den ganzen Landstrich zu verschlingen. Um ihn zu stoppen, muss die bereits infizierte Elspeth mit dem scheinbar grausamen Hauptmann der königlichen Garde zusammenarbeiten und gemeinsam mit ihm die zwölf Karten eines magischen Decks wiedervereinen. Doch Elspeth hat ihre ganz eigenen Geheimnisse – wie zum Beispiel, dass ein finsteres Wesen in ihrem Geist wohnt, das immer stärker wird…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/2
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: Gewalt (auch gegen Frauen und Kinder), Blut, Krankheiten, Alkoholmissbrauch, Selbstverletzung für magisches Ritual, Mobbing (erwähnt)
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Weib

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- originelle Magiesysteme
- gute Mischung aus Fantasy und Liebesgeschichte (= Romantasy)
- Slow-burn-Geschichte
- männlicher Love Interest = Green Flag
- Consent wird thematisiert
- düsteres Setting (Nebel, Wälder, Krankheiten)
- Leben der adeligen/königlichen Familien
- Erwachsenwerden
- Geheimnisse
- Found Family (Trope)
- Enemies to Lovers (Trope)
- starke Frauen
- Freundschaft
- Familie

Lieblingszitate

„Widmung: Auf die stillen Mädchen mit Geschichten in den Köpfen. Auf ihre Träume – und ihre Albträume. “ E-Book, Position 55

„Die Infektion hatte mich nicht verschont. Ich besaß Magie. Absonderliche, grauenvolle Magie.“ E-Book, Position 347

„Die Herrin, die nun keine Verehrung mehr erfuhr, verfiel in Rachedurst und Heimtücke. […] Sie erschuf den Nebel, um die Menschen zurück in den Wald zu locken.“ E-Book, Position 508

„Mit ihren schmutzigen Fingernägeln und den Krähenfüßen in den Augenwinkeln wirkte Opal Whitebeam längst nicht so kultiviert und grazil wie die anderen Damen von Blunder. […] Ich liebte die wilde Schönheit meiner Tante.“ E-Book, Position 541

Meine Rezension

Ohne @mariekekessler (Bookstagram), die mich auf diese Neuerscheinung aufmerksam gemacht hat, hätte ich „One Dark Window“ vermutlich gar nicht entdeckt – also danke dafür! Der Klappentext hat mich aufgrund des düsteren Settings sofort an „Wie man einen Prinzen tötet“ von T. Kingfisher erinnert, das 2023 sogar eines meiner Jahreshighlights war. Dass das Buch eine Bewertung von 4,30 auf Goodreads hatte, machte mich nur noch neugieriger…

Doch war es auch hier wieder Liebe auf den ersten Blick (bzw. ersten Satz)? Nicht wirklich, tatsächlich hätte der Start in die Geschichte besser sein können, denn am Anfang passiert sehr wenig und die Handlung kommt nur langsam in Schwung. Außerdem hatte ich meine Probleme mit dem Schreibstil. Dieser lässt sich zwar sehr flüssig und schnell lesen, ist aber leider auch sehr einfach gehalten und glänzt nicht gerade mit Wortgewandtheit und Abwechslungreichtum. Was ich damit meine: ständig gleiche (simple) Satzstrukturen, ständig gleiche Satzanfänge, ständig „Ich“ und „Er“ als erstes Wort. Seit ich Deutsch-Lehrerin bin, bin ich davon sehr schnell genervt, weil ich mir dann immer denke: Meinen Schüler:innen würde ich das nicht durchgehen lassen, sondern ordentlich Punkteabzug beim Ausdruck geben – aber erwachsene Autor:innen veröffentlichen sogar Bücher in solch einem Stil? Die gute Nachricht: Mein Eindruck war, dass die Sprache im Laufe der Geschichte besser wird und die Autorin dazugelernt hat – aber vielleicht habe ich mich auch einfach nur daran gewöhnt… Gestört hat mich auch, dass sich Elspeth nicht immer nachvollziehbar, sondern an ein, zwei Stellen (zum Glück nur selten) sogar ziemlich unlogisch verhält.

Insgesamt hat mich Rachel Gillig mit ihrem Fantasy-Auftakt aber trotzdem überzeugt, denn es gab viele Dinge, die mir hier richtig gut gefallen haben: Das Setting ist vielleicht nicht so düster und atmosphärisch wie bei „Wie man einen Prinzen tötet“, aber zusammen mit dem gelungenen Worldbuilding und dem originellen Magiesystem entsteht hier eine interessante Welt, die ich als Leserin sehr gerne erkundet habe. Die meisten Figuren werden zudem sehr liebevoll gezeichnet und machen eine glaubwürdige Entwicklung durch. Manche wachsen einem sogar richtig ans Herz, wie zum Beispiel der sarkastische Prinz Elm (mein heimlicher Favorit ♥). Wer übrigens die Trope „Found Family“ (dt. Wahlfamilie) mag, kommt hier voll auf seine:ihre Kosten!

„One Dark Window“ bietet Leser:innen eine stellenweise humorvolle, spannende und wendungsreiche Geschichte mit einer unglaublich süßen und „wholesomen“ Lovestory, die sich angenehm langsam entwickelt. Besonders schön fand ich aus feministischer Sicht nicht nur die starken Frauenfiguren, sondern auch, dass der Love Interest eine echte Green Flag ist, der sich von einer starken Frau (die ihm bei der ersten Begegnung gleich mal die Nase blutig schlägt, haha) nicht einschüchtern lässt und sehr viel Wert auf Consent legt. Für all das gibt es natürlich auch aus feministischer Sicht einen Daumen nach oben. Außerdem werden die Liebesszenen (ins Detail gehen diese nicht, also zur Abwechlsung mal kein wirklicher Spice vorhanden – erfrischend!) sehr schön und voller Wärme und Emotionen be- und umschrieben – man erkennt hier deutlich den Female Gaze (dt. weiblichen Blick), lieben wir! Während Verhütung leider nicht thematisiert wird (schade!), wird uns hier dafür ein sehr selbstbestimmtes erstes Mal ohne Schmerzen und das längst überholte Konzept vom gerissenen Jungfernhäutchen präsentiert. Auch das gefällt!

Das Ende fand ich dann sehr konsequent, düster und gelungen (mehr wird hier natürlich nicht verraten!) und es macht sehr neugierig auf Band 2, der Ende Oktober auch schon auf Deutsch erscheint. Da mir „One Dark Window“ so gut gefallen hat, steht natürlich fest, dass ich auch die Fortsetzung (= Abschluss der Dilogie) lesen werde – ich MUSS nämlich einfach wissen, wie die Geschichte weitergeht und schlussendlich endet...

Mein Fazit

Mich hat „One Dark Window“ nach einem eher holprigen Einstieg doch noch überzeugt – das lag hauptsächlich am innovativen Magiesystem, am düsteren Setting, der liebevollen Figurenzeichnung, den unterwarteten Wendungen, der Spannung und der sehr süßen, gesunden Liebegeschichte. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle, die bei Wortwiederholungen am Satzanfang und gelegentlich unlogischem Verhalten der Hauptfigur ein Auge zudrücken können. Wer demnächst anfängt, sollte dann auch pünktlich zum Erscheinungstermin von Band 2 (Ende Oktober) fertig und bereit für das Finale sein. Also – worauf wartet ihr noch?

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung: 1+ ♥
Idee: 1-2
Inhalt, Themen, Botschaft: 2
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 2
Einstieg: 3
Ende: 1+ ♥
Schreibstil: 3
Protagonistin: 1+ ♥
Figuren: 1
Spannung: 2
Pacing/Tempo: 2-3
Wendungen: 1+ ♥
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 1-2
Feministischer Blickwinkel: 1-2
Einzigartigkeit: 2

Insgesamt:

Note 2+

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.08.2024

Langsamer Start, berührendes Ende – und dazwischen sehr schön illustriert!

The Many Deaths of Laila Starr
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eines Tages wird der Todesgöttin einfach gekündigt. Ihre Arbeit passe nicht mehr ins Konzept, außerdem wird ein Mann in Zukunft die Unsterblichkeit erfinden. Sie soll ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eines Tages wird der Todesgöttin einfach gekündigt. Ihre Arbeit passe nicht mehr ins Konzept, außerdem wird ein Mann in Zukunft die Unsterblichkeit erfinden. Sie soll stattdessen als Sterbliche leben und so die Menschheit besser verstehen lernen. Eines steht fest: Diesen Mann, der den Tod abschaffen wird, wird sie vorher töten, immerhin hat sie schon so viele Leben genommen, da macht das doch keinen Unterschied mehr. Oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Sammelband 1 einer Comic-Serie (Hefte 1-5)
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: männliche + weibliche Perspektive + aus Sicht von Gegenständen + Tieren
Kapitellänge: Einteilung in Kapitel bzw. in die einzelnen Comic-Hefte, die in diesem Band enthalten sind
Triggerwarnung: Tod, Alkoholmissbrauch, Trauer, Verlust, Krankheit, Krebs, psychische Krankheiten, Suizid, Geburt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden, aber nur sehr knapp!

Lieblingszitate

„Ich werde da runter gehen und sterblich sein. Ich werde alt werden und Wehwehchen kriegen. Ich werde Leuten trauen, denen ich nicht trauen sollte. Ich werde Leute enttäuschen, die an mich glauben. Mein Herz wird gebrochen werden.“ Seite 15

„Wir sind stark, wir menschlichen Wesen. Wir leben, weil wir es wirklich wollen. […] Jeder Herzschlag, jeder Atemzug… weist den Tod zurück.“ Seite 115

Meine Rezension

Graphic Novels haben eine ganz eigene Art, Geschichten zu erzählen – und genau das fasziniert mich an ihnen. Deshalb greife ich immer wieder gerne zu diesem Genre. Als ich das Cover von „The Many Deaths of Laila Starr“ – übersetzt von Jörg Faßbender – gesehen habe, hat mir der Zeichenstil sofort gefallen und mich sehr neugierig gemacht.

Tatsächlich hat dieser Comic-Sammelband es geschafft, mich zu überzeugen – und das obwohl ich mich eigentlich für Götter und Göttinnen und deren Probleme nicht wirklich interessiere. Doch da die Todesgöttin hier recht schnell keine Göttin mehr ist, ging es. ;) Hauptverantwortlich für die Comics zeigt sich der indische Autor Ram V, der bereits einige Preise für seine Werke erhalten hat und sogar für den hochkarätigen amerikanischen Eisner-Award nominiert war.

Im Fokus der während der Corona-Pandemie entstandenen Geschichte stehen Menschlichkeit, Vergänglichkeit, Tod und Trauer bzw. der Umgang damit. Mir hat die Themenwahl sehr gut gefallen – und auch wenn die Handlung nur langsam ins Rollen kommt und es ein paar Seiten dauert, bis man ins Buch gefunden hat, wachsen einem die Figuren doch nach und nach irgendwie ans Herz. Das Ende empfand ich als sehr gelungen und berührend – auch wenn es mir eigentlich zu offen war und zu viele Fragen unbeantwortet bleiben. Unklar ist, ob die Comicreihe noch weitergeht – im Internet habe ich dazu keine eindeutigen Informationen gefunden, auch wenn es aufgrund der großen Pause seit der letzten Folge (die immerhin 2021 veröffentlich wurde) leider unwahrscheinlich scheint.

Interessant fand ich auch die verschiedenen Perspektiven: Eine Szene wird sogar aus der Sicht einer brennenden (und somit sterbenden) Zigarette erzählt, wie originell ist das denn!? Noch besser haben mir nur Filipe Andrades liebevoll angefertigte Illustrationen gefallen, die wirklich sehr schön anzuschauen sind. Die außergewöhnliche Farbpalette ähnelt einem Sonnenuntergang – Orange, Lila, Pink, Violett, Blau – und kombiniert kräftige Farben mit Pastelltönen.

Aus feministischer Sicht bin ich im Großen und Ganzen ebenfalls zufrieden – immerhin steht eine starke und mächtige Frau im Mittelpunkt –, auch wenn mir das Geschlechterverhältnis zu unausgeglichen war. Denn fast alle anderen wichtigen Figuren im Buch sind männlich. Da geht noch mehr! Die visuelle Darstellung der weiblichen Charaktere ist ebenfalls in Ordnung, würde ich sagen, sie werden hier weder stark s_xualsisiert noch objektifiziert. Trotzdem ist hie und da ein leichter Male Gaze (dt. männlicher Blick) vorhanden (z. B. unrealistische / perfekte weibliche Körper im Gegensatz zu denen der Männer, eher knappe Kleidung, „verführerisches“ Auftreten), der aber zum Glück nicht allzu störend für mich war.

Für fünf Sterne hat es am Ende aber trotzdem nicht gereicht: Für meinen Geschmack kommt die Geschichte ZU langsam ins Rollen, es hat viele Seiten gedauert, bis sie mich auch emotional erreicht hat. Zudem fehlen sowohl der Story als auch den Figuren (durch die vielen Perspektivwechsel und Handlungsstränge) Tiefe. Auch die Hauptfigur Laila Starr lernt man nicht gut und vor allem lange genug kennen, um wirklich eine starke Bindung zu ihr aufzubauen und mit ihr mitzufühlen. Außerdem habe ich aus irgendeinem Grund nicht das Gefühl, dass mir diese Graphic Novel allzu lange in Erinnerung bleiben wird…

Mein Fazit

„The Many Deaths of Laila Starr” ist für mich eine Graphic Novel, an die ich keine hohen Erwartungen hatte, die mich (trotz kleiner Schwächen) aber positiv überrascht, mit ihren Illustrationen verzaubert und am Ende sogar berührt hat. Von mir gibt es deshalb eine Empfehlung für alle, die sich von ernsten Themen wie Tod, Trauer und Vergänglichkeit nicht abschrecken lassen.

Bewertung (in Schulnoten)

Idee: 2
Inhalt, Themen, Botschaft: 1+ ♥
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 2
Einstieg: 3
Ende: 1-2
Schreibstil: 2
Illustrationen: 1-2
Figuren: 2-3
Spannung: 4
Wendungen: 2-3
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2
Feministischer Blickwinkel: 2-
Einzigartigkeit / Chance, dass ich das Buch nie vergessen werde: 4

Insgesamt:

Note 2

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2024

Das geht besser! Außerdem: Warum fast nur Zitate von Männern?

Niksen
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Inhalt

„Niksen“ ist ein kleines Geschenkbuch zu den Themen Nichtstun, Entschleunigung und Achtsamkeit…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: ---
Erzählweise: Zitate, Sprüche ...

Inhalt

„Niksen“ ist ein kleines Geschenkbuch zu den Themen Nichtstun, Entschleunigung und Achtsamkeit…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: ---
Erzählweise: Zitate, Sprüche und Fotos
Inhaltswarnungen: ---

Dieses Buch solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge gut gefallen:

- Entschleunigung
- Nichtstun als Chance
- Leben genießen
- Achtsamkeit
- inspirierende Zitate
- ästhetische Bilder
- gemütliche Vibes
- Geschenkbücher mit Botschaft

Lieblingszitate

„Der Schlüssel zum Glück steckt von innen.“ Anonym, E-Book, Seite 12

„Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause.“ Elizabeth Barrett Browning, E-Book, Seite 38

Meine Rezension

Als Lehrerin ist man eigentlich ständig auf dem Sprung, dauernd im Stress, hat permanent eine Liste mit gefühlt 1000 Dingen im Kopf, die man erledigen muss. Abschalten und längere Zeit einfach einmal nichts tun – Fehlanzeige (zumindest während des laufenden Schuljahrs)! Nur in den Sommerferien ist das wirklich möglich, weswegen genau jetzt der perfekte Moment für das Geschenkbuch „Niksen – Die Kunst des Nichtstun“ gekommen war.

Viel gibt es über das dünne Büchlein mit den inspirierenden Sprüchen und optisch ansprechenden Bildern eigentlich nicht zu sagen. Für mich ist es eben ein typisches Geschenkbuch! Darin geht es um das niederländische „Niksen“, die Kunst des Nichtstun – um Entschleunigung, Achtsamkeit und darum, sich der Kostbarkeit des Lebens bewusst zu werden und seine Zeit auf Erden so gut es geht zu genießen. „Niksen“ will uns ermuntern, das Nichtstun als etwas Wertvolles, Schönes, als Chance und nicht als bloße Faulheit zu begreifen. Daher ist das kleine Buch als Geschenk für alle, denen ihr mal durch die Blume sagen möchtet, dass sie mal mehr auf SICH schauen und ein paar Gänge zurückschalten sollten, mit Sicherheit gut geeignet. ;)

Begeisterungsstürme bleiben aber leider aus, denn ich habe schon viele ähnliche Bücher gelesen und bei den meisten fand ich die Zusammenstellung der Fotos und die Auswahl der Zitate deutlich liebevoller, inspirierender und schöner. Es gab hier zumindest keinen Satz, den ich mir ausdrucken, auf den Kühlschrank kleben und an den ich mich für immer erinnern wollte. Das geht besser!

Mein größter Kritikpunkt kommt aber erst jetzt: Aus feministischer Sicht fand ich die „Kuration“ mehr als fragwürdig – denn obwohl sich das Buch scheinbar (durch die vielen auf den Fotos abgebildeten Frauen und die „Vibes“) an ein weibliches Publikum richtet, stammen NUR 2 der 16 abgedruckten Zitate von berühmten Frauen (Lucy Maud Montgomery, Elizabeth Barrett Browning), der Rest kommt von Männern wie Oscar Wilde, J. R. R. Tolkien und Wolfgang Amadeus Mozart. (Ja, ich habe mir die Mühe gemacht, das genau zu zählen und auszurechnen.) Das entspricht einer Frauenquote von 12,5 % und zeigt, wie schnell Frauen übersehen werden, wenn man sich das Geschlechterverhältnis nicht bewusst anschaut – was man auch hier tun hätte sollen, um genau so ein Ergebnis zu vermeiden. Auch das muss bei zukünftigen Geschenkbüchern des Verlags (die Person, die das Buch zusammengestellt hat, wird leider nicht namentlich genannt) besser werden!

Mein Fazit

Um ehrlich zu sein, habe ich schon bessere und liebevoller zusammengestellte Geschenkbücher gesehen, die länger in Erinnerung blieben und die ich mir auch gerne mehrmals angesehen habe – dieses Potential sehe ich hier leider nicht. Außerdem wurde bei der Auswahl der Zitate fast vergessen, dass die Menschheit nicht nur aus Männern besteht –enttäuschend, das geht besser! Von mir gibt es deshalb leider keine Empfehlung.

Bewertung (in Schulnoten)

Idee: 2
Ausführung: 4 Sterne
Fotos: 3 Sterne
Rollenbilder/Feminismus: 4

Insgesamt:

Note 4

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