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Veröffentlicht am 28.10.2024

Ungewöhnlich und doch sehr interessant

Du kennst sie
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Irgendwo in Virginia arbeitet Sophie Braam als Barkeeperin in einer Bar, ihr Klientel besteht in erster Linie aus erfolgreichen Männern, aus der Geschäftswelt. Oft muss sie Aufdringlichkeiten aushalten, ...

Irgendwo in Virginia arbeitet Sophie Braam als Barkeeperin in einer Bar, ihr Klientel besteht in erster Linie aus erfolgreichen Männern, aus der Geschäftswelt. Oft muss sie Aufdringlichkeiten aushalten, auch wenn sie da durchaus so einiges gewohnt ist. Als jedoch einer von ihnen in der Silvesternacht sich nicht nur an ihren teuren Wein vergreift, sondern auch Sophies Nein nicht akzeptieren will, brennen bei ihr alle Sicherungen durch. Kurz darauf wird die junge Polizistin Nora in Sophies Stadt versetzt. Auch sie hat mit vielen Vorurteilen und Aufdringlichkeiten ihrer männlichen Kollegen zu kämpfen. Zufällig lernt sie Sophie kennen und irgendwie freunden sich die beiden Frauen miteinander an. Als jedoch eine männliche Leiche nach der nächsten auftaucht, muss Nora nach einem Serienkiller ermitteln, dem sie näher ist, als sie ahnt.

Ein Thriller mit einer weiblichen Serienkillerin? Klang spannend, wollte ich unbedingt lesen und auch wenn ich beim Einstieg in den Thriller noch ein paar Schwierigkeiten hatte, wurde ich doch mehr und mehr gefesselt.
Der Schreibstil ist absolut ungewöhnlich, trotz aller Brutalität, die auch teilweise sehr schonungslos beschrieben wird, wirkt die Sprache beinahe poetisch und anmutig. Bilder entstehen im Kopf und lassen so schnell nicht mehr los und je mehr man von Sophie, aber auch von Nora erfuhr, desto mehr fand man die ein oder andere Situation, die man als Frau leider kennt. So ist der Titel hier nicht nur ausschlaggebend als Hinweis, dass die Polizistin bereits die Mörderin kennt, sondern auch klar und deutlich an Frauen gerichtet, die vieles hier ebenfalls kennen.
Da der Leser hier von Beginn an weiß, wer die Mörderin ist, scheint also erstmal der reine Kriminalfall in den Hintergrund zu rücken. Vielmehr erlebt man Sophie, wie sie immer mehr verrückt wird, wie ihre Gedanken immer wirrer werden und wie sie trotzdem schafft, nach außen hin völlig normal zu wirken. Wir erleben Situationen aus dem Alltag einer Barkeeperin, mit Sprüchen wie, „Nun hab dich doch nicht so“. Diesen Satz kennen wohl so oder so ähnlich viele Frauen, denn auch Nora muss sich immer wieder mit dem Mobbing der männlichen Kollegen auseinandersetzen. Klar ist, dass Frauen oft noch weit entfernt sind von der Gleichberechtigung.
So ist dieser Thriller auch kein typischer Thriller, auch wenn man immer wieder ein wenig von Ermittlungen mitbekommt und auch den Morden beiwohnt. Stattdessen ist die Spannung oft unterschwellig, man folgt den Gedanken der beiden Protagonistinnen aus wechselnden Perspektiven und kann sich so in beide gut hineinversetzen.
Das die Autorin Erfahrung als Barkeeperin hat, ist durchaus spürbar, denn sie beschreibt das Klientel sehr authentisch, sehr glaubhaft und auch Sophies Handlungen sind dadurch lebendig.
Sophie ist sowieso eine ungewöhnliche Protagonistin, bei der ich zwar ihre Übersprungshandlungen, den Morden, mit Abscheu begegne, deren Cleverness mich aber durchaus beeindruckt hat. Während in ihr der Hass brodelt, schafft sie es trotzdem eine Maske zu tragen und ihre unerträglichen Gäste mit einem Lächeln zu bedienen. Nach ihrem ersten Mord übertritt sie eine Schwelle, ihre Abscheu gegenüber den Männern, die sie bedienen muss, entlädt sich immer mehr, doch nach außen hin bemerkt man es nicht.
Somit ist es auch kein Wunder, dass sich die Polizistin Nora zu ihr hingezogen fühlt und sich eine Freundschaft zwischen den beiden entwickelt. Doch auch Nora ist unheimlich clever, auch wenn sie eine stille Beobachterin ist, zieht sie Verbindungen, die anderen entgehen. Gerade diese beiden Protagonistinnen haben dieses Buch für mich auch zu etwas besonderem gemacht.

Mein Fazit: Wer hier einen klassischen Thriller mit einer rasanten Jagd oder einem Katz und Maus Spiel erwartet, könnte enttäuscht werden, denn die Spannung bleibt eher ruhig. Trotzdem haben mich die beiden Frauen und all ihre Gedanken und Gefühle fesseln können. Viele der angesprochenen Handlungen in der Bar sind alles andere als unvorstellbar. Wer neugierig auf das Buch ist, sollte einmal hineinlesen, denn es ist durchaus lesenswert.

Veröffentlicht am 28.10.2024

Voller Geheimnisse, wenn auch nicht ganz so gruselig

Villa Obscura
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Als die Fotografin Constanze Eschede zur Halloween Party in ihrer gruseligen Villa auf dem Brocken einlädt, ist der Andrang groß. Die Party ist im vollen Gange, doch von Conastanze keine Spur. Als plötzlich ...

Als die Fotografin Constanze Eschede zur Halloween Party in ihrer gruseligen Villa auf dem Brocken einlädt, ist der Andrang groß. Die Party ist im vollen Gange, doch von Conastanze keine Spur. Als plötzlich zwei der als Morph verkleidete Kellner dazu drängen, dass die Gäste die Villa verlassen, kann die Verwirrung nicht größer sein, denn genau sechs von ihnen bleiben zurück. Die Morphs sperren diese sechs ein, holen sie einzeln ab und machen irgendetwas mit ihnen, doch niemand spricht darüber. Was geht hier vor sich und was verbergen die übrig gebliebenen Partygäste wirklich?
Mich sprach dieses düstere Cover sofort an und machte mich neugierig auf den Inhalt.
Der Eistieg allerdings fiel mir persönlich nicht ganz so leicht, denn ich musste mich hier an den Schreibstil ein wenig gewöhnen. Ein neutraler Erzähler führt nämlich in der Gegenwart durch die Geschichte und die Point of Views wechseln hier ständig zwischen den sechs Partygästen, die von den Morphs in der Villa festgehalten werden.
Wir beginnen also zunächst mit der Party, bekommen aber gerade von diesen sechs Personen einen ersten Eindruck, erfahren ein kleines bisschen über die einzelnen Charaktere, aber wie sich im Laufe der Geschichte zeigt, hat jeder von ihnen ein Geheimnis zu verbergen. So wird es dann spätestens ab der Entführung der Jugendlichen recht spannend und fesselnd, von Fluchtversuchen bis hin zu den Ausflügen gemeinsam mit den Morphs begleitet man die Charaktere und es jagt ein Plottwist den nächsten bis hin zu einem Ende, das ich so in keinster Weise habe kommen sehen.
Die Villa, die natürlich auch ein gruselige Saga behiematet, hat natürlich eine ganz eigene, besondere Atmosphäre, die hier hervorragend zur Halloween Szenerie passt. Ich persönlich habe es nicht als gruselig empfunden, fand es aber trotzdem hervorragend als Ambiente gewählt und, zumindest teilweise, gut beschrieben.
Die Charaktere bleiben überschaubar, da außer den beiden Entführern und den sechs Jugendlichen niemand in der Villa zurückbleibt. Im Laufe der Handlung bekommt man von jedem einzelnen ein genaueres Bild und doch dauert es, bis man ihre Geheimnisse erfährt, somit bleibt die Spannung bis zum Ende hin hoch gehalten. Ich möchte hier auch gar nicht zu sehr auf die einzelnen Charaktere eingehen, die zurückbleiben, damit ich einfach nichts verrate.
Mein Fazit: Ein gelungener Jugendthriller, der durchaus auch dem erwachsenen Leser spannende Unterhaltung bietet und dazu einlädt, was denn nun wirklich das Geheimnis der düsteren Villa am Brocken ist. Häufig wechselnde Perspektiven und eine unvorhersehbare Handlung sorgen ebenfalls für die Sogwirkung des Thrillers. Für mich eine durchaus spannende Lektüre, die ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 26.10.2024

Nicht ganz so stark wie Band 1

A Whisper of Wings
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Nachdem Smilla die neue Anführerin der Wilden Jagd, der berüchtigten Söldnertruppe Middangarts, geworden ist, hat sie nur ein Ziel: sie will die gefährlichen Walküren vernichten. Doch dabei bemerkt sie ...

Nachdem Smilla die neue Anführerin der Wilden Jagd, der berüchtigten Söldnertruppe Middangarts, geworden ist, hat sie nur ein Ziel: sie will die gefährlichen Walküren vernichten. Doch dabei bemerkt sie nicht, wie sehr sie davon besessen ist und sich immer wieder verzettelt. Als sie eine Prophezeiung erhält, dass ihr die erste Suche beim Kampf gegen die Walküren helfen kann, machen sie sich auf die Suche nach genau dieser. Dabei hätte niemand von ihnen damit gerechnet, dass ihre Reise noch ganz andere Ausmaße annimmt, denn die Hexe hat für ihre Hilfe Bedingungen. Sie schickt die Wilde Jagd nach Addangart, direkt in Odins Hallen. Was die Gefährten allerdings hier vorfinden, rückt alles bisher Geschehene in ein ganz anderes Licht.
Nachdem A Breath of Winter im vergangenen Jahr ein wahres Highlight war, war ich absolut gespannt auf die Fortsetzung dieser düsteren Geschichte, vor allem auch wegen des wirklich heftigen Cliffhangers von Band 1.
Der Einstieg fiel mir allerdings gar nicht so leicht, denn auch wenn die Ereignisse recht schnell ans Ende von Band 1 anknüpfen, hat es für mich ein wenig gedauert, bis ich mich wieder zurechtfand. Ohne Frage ist der Schreibstil der Autorin sehr detailreich und bildlich, aber hier waren es unzählige, teils zwar wichtige Dialoge, die für mich aber den Beginn in die Länge zogen.
Dieses Mal tauchen wir deutlich tiefer in die nordische Mythologie rund um Odin, den Weltenbaum und Asgard, hier Addangard, ein. Es gibt viele Verbindungen zur Saga, gerade auch was die Figuren angeht, allerdings interpretiert die Autorin die Ereignisse auf ganz eigene Art, was mir wirklich gut gefallen hat. Bis auf ein paar kleinere Ausnahmen, die in meinem Kopf etwas absurde Bilder entstehen ließen, um nicht zu spoilern erwähne ich nur den Namen Loki, für alle die es schon gelesen haben.
Die Welt ist also weiterhin sehr düster, gefährlich und kalt und es gilt das ein oder andere Abenteuer für die Gefährten zu bestehen, bis hin zu epischen Schlachten. Allerdings empfand ich es oft als langatmig, denn die actionreichen Momente wurden immer wieder durch lange Dialoge unterbrochen, die mir das Vorankommen in der Handlung oftmals erschwerten.
Wir treffen hier auf viele Figuren des ersten Bandes und auch ein Wiedersehen mit Leif habe ich als sehr wertvoll gehalten, da es zwischen ihm und Smilla zu eine wirklich interessanten Gespräch kam, dass viele Widrigkeiten des ersten Bandes wieder auflösten.
Smilla fand ich sehr authentisch und glaubhaft dargestellt. Ich konnte zu jederzeit ihre Gefühle und ihre absolute Zerrissenheit nachempfinden. Auch ihre Handlungen fand ich absolut gelungen dargestellt, denn nach dem, was sie in Band 1 erlebt hat, hätte ich alles andere nicht nachvollziehen können. Trotzdem hat mich ihre Art auch irgendwie runtergezogen, sogar etwas genervt, was mich in Bezug auf ihren Charakter zwiegespalten zurücklässt.
Die Wilde Jagd mag ich sehr gerne, ihre wirklich facettenreichen Charaktere haben mich im Großen und Ganzen wieder überzeugt, wobei ich eine ganz bestimmte Handlung ebenfalls zwiegespalten zurücklässt. Auch darauf kann ich leider nur bedingt eingehen, da es sonst zu sehr spoilern würde.
Daneben treffen wir hier wirklich auf eine absolute Vielzahl an Charakteren, von Odin und der Götterwelt, über Hel und die erste Hexe und noch mehr. Hier braucht man auf jeden Fall etwas Aufmerksamkeit beim Lesen, um es nicht durcheinander zu bringen, wer die Göttersaga ein wenig kennt, dürfte aber keine Schwierigkeiten haben.
Mein Fazit: Mich lässt der Abschluss der Dilogie ein wenig zwiegespalten zurück und irgendwie wäre es für mich fast schon sinniger gewesen, wenn Band 1 allein stehen geblieben wäre. Für mich waren verschiedene Ereignisse nicht ganz schlüssig und mir fehlte es zwischendurch an Spannung. Smilla fand ich glaubwürdig, aber auch ein wenig nervig, auch wenn ich es durchaus nachempfinden konnte, warum sie so voller Hass und Rachewünsche steckte. Letzten Endes kann der zweite Band für mich leider nicht an Band 1 anknüpfen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.10.2024

Absolut fesselnd und herrlich düster

Die Sonnenfeuer-Ballade 1: A Song to Raise a Storm
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Seit dem großen Friedensabkommen herrschen im Lande Talbeth klare Regeln und Strukturen. Wähend in den Städten und Dörfern die Menschen das Sagen haben, gehören den magischen Wesen, den Qidhe die Wälder. ...

Seit dem großen Friedensabkommen herrschen im Lande Talbeth klare Regeln und Strukturen. Wähend in den Städten und Dörfern die Menschen das Sagen haben, gehören den magischen Wesen, den Qidhe die Wälder. Doch gerade die Halb-Qidhe, halb Mensch, halb Magische, haben in beiden Welten mit Vorurteilen zu kämpfen. Eine von ihnen ist Sintha, doch diese gibt nichts auf Regeln, denn sie hat ganz andere Sorgen. Als sie für ihren kranken Vater in der Stadt Medizin besorgt hat, wird sie auf dem Rückweg von einem Sturm überrascht und sie muss in einem Gasthaus der Menschen übernachten. Allerdings geschah kurz bevor Sin dort ankam ein Mord im Ort und dieser soll von den Vakár aufgeklärt werden. Schnell bemerkt deren Anführer, der furchteinflößende Alezander, dass Sin über ganz besondere Fähigkeiten verfügt und durch einen Trick gelingt es ihm, Sin zu überwältigen, so dass sie ihm helfen muss, den Täter zu finden.
Julia Dippel ist für mich die deutsche Fantasyqueen und ich weiß gar nicht, warum ich diesen ersten Band so lange auf dem Sub liegen hatte, denn auch der erste Band der Sonnenfeuer-Ballade ist ein absolutes Highlight für mich gewesen.
Der Einstieg gelingt sehr leicht, denn die Autorin erzeugt nicht nur von Beginn an Spannung, sondern versetzt den Leser mit ihrem sehr bildlichen Schreibstil direkt in eine andere, düstere Welt.
Die Welt hat mir unheimlich gut gefallen, denn sie wirkt einfach mit ihrer kalten und finsteren Atmosphäre zusätzlich auf die Spannung ein. Ob Städte oder das kleine Gasthaus im eingeschneiten Dorf, in dem ein großer Teil des ersten Bandes stattfindet, alles wurde direkt vor meinem inneren Auge sichtbar.
Die Geschichte wirkt geheimnisvoll und immer wieder gibt es kleinere, aber auch größere Plottwists, die die Spannung erhöhen. Man beginnt mitzurätseln, was bzw wer hinter den Morden steckt und wie all das zusammenhängen kann. Das ein oder andere habe ich zwar vorhersehen können, was ich aber keineswegs schlimm fand, denn es gab so einige Überraschungen. Emotionen werden lebendig und ich habe nicht nur mit Sin mitgefiebert, sondern in jeder Hinsicht auch mitfühlen können.
Die magische Welt, die hier mehr oder weniger unterdrückt wird, hat ein eigenes Magiesystem, die unterschiedlichen magischen Völker ihre eigenen Fähigkeiten. Noch hat man nur einen kleinen Einblick erhalten, doch da im Hintergrund eine Rebellion schwelt, schätze ich, dass wir hier noch ganz viel mehr erleben dürfen.
Protagonistin Sin ist eine großartige Figur, die mir gleich von Beginn an sehr sympathisch war. Auch Sin trägt ein Geheimnis in sich und ihre Fähigkeit ist etwas ganz besonderes. Ich mochte aber auch ihre toughe Art und das sie ohne Angst agierte und sich auf keinen Fall irgendwie einschüchtern ließ. Natürlich führt genau das aber auch zu so manch einem Konflikt mit dem Anführer der Vakár, die man auch die Todbringer nennt und die hier ganz besonders dunkel und gefährlich gezeichnet sind. Alezander, der Anführer oder auch der Syr der Syrs bringt Sin so manches Mal zur Weißglut und natürlich prickelt es zwischen ihnen gewaltig. Doch auch die Schlagabtäusche sind nicht zu verachten und brachten mich manchamal zum Lachen und manchmal zur Weißglut.
Die Nebencharaktere bekommen ebenfalls ihrer Wichtigkeit nach ein authentisches Auftreten und individuelle Züge, so dass sie hier ebenfalls für Abwechslung im Geschen sorgen.
Mein Fazit: Ein absolut starker Auftakt der Trilogie, der spannend, fesselnd und mitreißend war und dank des wunderbaren Schreibstils bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Sin ist ein starker Charakter, die sich allerdings schnell in Gefahr bringt und manchmal, auch dank ihres Sturkopfs, Hals über Kopf handelt Alezander wirkt düster und absolut faszinierend und mit seiner Art bringt er die Leser zum Wegschmelzen, aber auch zur Weißglut, denn natürlich verbirgt auch er etwas. Ganz klare Leseempfehlung für diesen gigantischen Auftakt!

Veröffentlicht am 20.10.2024

Stark recherchiert, nur mir fehlte das Tempo

Die Abschaffung des Todes
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Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Zeitung, die ganz exklusiv und absolut neutral. Gibt es nicht? Doch gibt es wohl, allerdings hat diese Zeitung gerade einmal 49 Abonnenten und diese gehören zu den reichsten ...

Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Zeitung, die ganz exklusiv und absolut neutral. Gibt es nicht? Doch gibt es wohl, allerdings hat diese Zeitung gerade einmal 49 Abonnenten und diese gehören zu den reichsten der Welt. James Windover ist Journalist und Inhaber dieser Zeitung, die er einst dank der Milliardärin Anahit Kevorkian ins Leben rufen konnte. Nun bitten ihn Anahit für sie ins Silicon Valley zu fliegen, denn ein Start Up Unternehmen wird damit, etwas erfunden zu haben, auf das alle Welt wartet, sie benötigen nur noch passende Investoren. James macht sich in Anahits Namen auf den Weg und muss tatsächlich feststellen, dass die Idee der drei jungen Unternehmer unschlagbar scheint. Doch irgendwas ist faul an der Sache und er beginnt zu recherchieren.
Schon seit Jahren gehört Andreas Eschbach zu den Autoren, dessen Bücher ich unbedingt lesen muss und auf dieses Buch habe ich mich ganz besonders gefreut.
Allerdings fiel es mir dieses Mal nicht so leicht, in das Buch zu finden, denn auch wenn Eschbach wie immer äußerst einnehmend erzählt, schmückt er vieles sehr ausschweifend aus, was für mich auf die Sogwirkung drückte. Wir begleiten Protagonisten James zunächst durch seinen Alltag und das wirklich intensiv. Genau das macht aber wiederum einen besonderen Aspekt des Buches aus, denn man hat allein durch die Ansprache, die James an den Leser richtet, den Eindruck, James und seine Zeitung gäbe es wirklich.
Die Idee hinter diesem Buch ist wirklich spannend, denn Eschbach spielt hier wieder einmal mit dem Gedanken an das ewige Leben. Das Ganze verknüpft er mit dem Thema der KI und deren erstaunlicher Entwicklung der letzten Jahre und was alles dadurch für den Menschen möglich ist. Eins muss man ihm hier absolut lassen, es ist unheimlich dicht und intensiv recherchiert und alle Fragen, die man beim Lesen im Kopf hat, werden beantwortet. In dieser Hinsicht ist das Buch absolut brillant und interessant.
Allerdings ist das Buch als Thriller betitelt und bei einem Thriller erhoffe ich mir eigentlich ganz viel Spannung und Tempo und auch unvorhersehbare Momente. Das war hier für mich eher nicht der Fall, vieles konnte ich erahnen und auch das Erzähltempo bleibt ruhig und flach. Insgesamt wäre hier eher Wissenschaftsthriller das passende Wort.
Sehr gut gefallen haben mir die Charaktere, allen voran Protagonist James Windover. Als Journalist, der sich gleichzeitig sehr gut mit der High Society auskennt, weiß er genau, wie er nach Antworten zu suchen hat. Er ist absolut vielschichtig und eine sehr spannende Figur, die gleich von der ersten Seite an neugierig macht.
Aber auch die gesamten Nebenfiguren wirken spannend und wirklich hervorragend konstruiert. Milliardärin Anahit Kevorkian konnte ich mir genauso vorstellen, eigentlich ist sie genau der Typ, der im Hintergrund die Fäden zieht. Auch alle weiteren Personen fand ich absolut gelungen, wie z. B. den Thrillerautoren, der Windover begleitet.
Mein Fazit: Mit Die Abschaffung des Todes hat Eschbach definitiv ein beeindruckendes Werk geschrieben, dessen Recherche absolut dicht ist und das durch den Inhalt durchaus überzeugen konnte. Allerdings war das Buch dadurch absolut langatmig und für meinen persönlichen Geschmack recht zäh. Wer wert auf dicht recherchierte und wissenschaftliche Aspekte legt, wird hier genau richtig sein, wer Spannung und Tempo jedoch bevorzugt, sollte hier kurz reinlesen, ob es wirklich die Erwartungen erfüllen kann.