Gedanken einer verlorenen Generation
Mitten im SommerDer autofiktionale Roman thematisiert die Desillusioniertheit und Orientierungslosigkeit der in den 90er Jahren geborenen Spanier/innen, ihre Sehnsucht nach der Sicherheit traditioneller Werte und gleichzeitig ...
Der autofiktionale Roman thematisiert die Desillusioniertheit und Orientierungslosigkeit der in den 90er Jahren geborenen Spanier/innen, ihre Sehnsucht nach der Sicherheit traditioneller Werte und gleichzeitig ihren Wunsch nach Abgrenzung und Eigenständigkeit gegenüber ihren Eltern.
Die Protagonistin Ana Iris ist hin- und hergerissen zwischen der vertrauten, liebgewonnenen und traditionellen Lebensweise ihrer Ahnen einerseits und den modernen, vorgeblich fortschrittlichen Lebensentwürfen ihrer Generation andererseits, die gewisse Freiheiten versprechen, aber mit großen Unsicherheiten und neuen Zwängen einhergehen.
Ana Iris wächst fest eingebettet in die Geborgenheit einer herzlichen und liebevollen Großfamilie in einem kleinen Ort in der spanischen Mancha auf. In jedem Kapitel ist die große Verbundenheit mit ihrer Familie, dem Bruder, den Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten, Cousins und Cousinen spürbar, die Figuren sind liebevoll und detailliert gezeichnet, und ich hatte sie beim Lesen alle lebendig vor Augen.
Ich habe durch den Roman einiges über die spanische Kultur erfahren. An einigen Stellen hatte ich jedoch Mühe, dem Inhalt zu folgen bzw. die Gedanken Ana Iris' nachvollziehen zu können, da Kenntnisse der neueren spanischen Geschichte und der politischen Strömungen vorausgesetzt werden. Auch viele spanische Dichter, Musiker und Musikrichtungen spielen eine Rolle, die mir unbekannt waren und das Verständnis beeinträchtigten. Sprachlich hat mich das Buch leider nicht überzeugt, da meiner Meinung nach immer wieder deutlich spürbar war, dass es sich um eine Übersetzung handelt.
Das Buch beinhaltet einige interessante und durchaus provokante Gedanken, insgesamt fehlt mir aber das gewisse Etwas, die Protagonistin blieb mir fremd und konnte mich emotional nicht erreichen. Die vielen einzelnen Episoden aus der Kindheit der Protagonistin erzeugen zwar ein eindrückliches Stimmungsbild ihrer Kindheit und Jugend, aber ich konnte keinen übergeordneten Mehrwert aus dem Buch ziehen.
Der Roman war ein großer Erfolg in Spanien, und so bin ich mit entsprechenden Erwartungen ins Buch gestartet. Leider wurden diese nicht ganz erfüllt, was möglicherweise auch an kulturellen Unterschieden liegt.
Ich würde das Buch vorrangig Leser/innen empfehlen, die mit der spanischen Politik, Kultur und Geschichte vertraut sind oder bereit sind, sich zusätzlich entsprechend einzulesen.