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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2024

Konnte mich nicht überzeugen

Notizen zu einer Hinrichtung
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Ansel Packer ist ein Serienmörder und sitzt im Todestrakt. Er hat mehrere Frauen auf dem Gewissen und seine Hinrichtung steht unmittelbar bevor.

Das Buch besteht aus verschiedenen Handlungssträngen. ...

Ansel Packer ist ein Serienmörder und sitzt im Todestrakt. Er hat mehrere Frauen auf dem Gewissen und seine Hinrichtung steht unmittelbar bevor.

Das Buch besteht aus verschiedenen Handlungssträngen. Der erste beschreibt die letzten 12 Stunden vor Ansels Hinrichtung und erzählt in Rückblenden sein Leben und seine Gedanken. Dieser Teil ist recht ungewöhnlich aus der Perspektive der 2. Person Singular verfasst ("Als du an deinem letzten Lebenstag die Augen aufschlägst, siehst du deinen Daumen."). Die weiteren drei Handlungsstränge erzählen jeweils aus der Perspektive von Ansels Mutter Lavender, der Polizistin Saffy und Ansels Schwägerin Hazel und sind in der üblichen dritten Person geschrieben.

Leider bin ich mit diesem Buch nicht richtig warm geworden. Das lag unter anderem an der erwähnten Du-Erzählweise in Ansels Teil, die aufgesetzt und künstlich wirkte. Zusätzlich sagte mir der blumige Schreibstil nicht zu. Jede Gefühlsregung wurde genau beschrieben, jeder Gesichtsausdruck, so dass wenig Raum für die eigene Vorstellung blieb. Hier hätte die Autorin dem Leser gerne mehr zutrauen können. Vieles wiederholte sich und nervte dadurch beim Lesen, etwa Ansels krude Parallelwelten-Theorie, mit er sich aus der moralischen Verantwortung ziehen wollte. Und allein zwölfmal wurde ein Atem oder ein Gefühl als sauer beschrieben ("Saffy hatte keine Worte für ihre Verzweiflung. Sie schmeckte geronnen, sauer wie alte Milch.") Einige Sprachbilder wirkten schief und viele pseudophilosophische Formulierungen empfand ich bei genauerem Hinsehen als leere Satzhülsen. Sämtliche Figuren blieben mir fremd, so dass mich die Geschichte nicht packen konnte. Die Autorin bedient zudem in Ansels Darstellung die gängigen Klischees - emotional unfähig, schwere Kindheit, fehlende Mutter - und macht es sich hier für meine Begriffe zu einfach.

Insgesamt blieb dieser Roman deutlich hinter meinen Erwartungen zurück, die angesichts der internationalen positiven Rezeption ihres ersten Buches "Girl in Snow" entsprechend hoch waren.

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Veröffentlicht am 13.02.2024

Das Abenteuer geht weiter!

KoboldKroniken 3. Klassenfahrt mit Klabauter
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Mit "Klassenfahrt mit Klabauter" folgt nun der dritte Teil der Koboldkroniken. Prinzipiell ist es möglich, diesen unabhängig von den Vorgängern zu lesen, da alles Wichtige erklärt wird, ich würde dennoch ...

Mit "Klassenfahrt mit Klabauter" folgt nun der dritte Teil der Koboldkroniken. Prinzipiell ist es möglich, diesen unabhängig von den Vorgängern zu lesen, da alles Wichtige erklärt wird, ich würde dennoch dazu raten, mit Band 1 zu starten.

Wie gewohnt handelt es auch im dritten Teil wieder um eine sehr kreativ und reichhaltig illustrierte Mischung aus Comic, Tagebuch, Skizzenheft und Roman. Dies sorgt für viel Abwechslung, ist beim Lesen aber auch etwas anstrengend, da sich Fließtext, Sprechblasen, vollgekritzelte "eingeklebte" Notizzettel, Fotos und Zeichnungen munter abwechseln und den Lesefluss hemmen. Die Geschichte wird aus der Sicht von Dario erzählt und ist auch sprachlich stark an die aktuelle Jugendsprache angelehnt.

Bei der Schilderung des Klassenfahrt werden sofort Erinnerungen wach - der unvermeidliche eklige Hagebuttentee, verstopfte Abflüsse und Ärger bei der Zimmeraufteilung gehören wohl zu jeder Klassenreise. Nicht Teil des üblichen Standardprogramms sind allerdings die lustigen, skurrilen und coolen Wesen, denen Dario und Co. hier begegen. Die Reise entwickelt sich zu einem Fantaay-Abenteuer voller witziger, aufregender, gefährlicher und spannender Momente.

Mit den Koboldkroniken ist Autor Daniel Bleckmann und dem genialen Illustrator Thomas Hussung eine wirklich aussergewöhnliche Reihe gelungen, die auch Lesemuffel zum Buch greifen lässt. Für Freunde von Comicromanen wie Gregs Tagebuch eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Ein wunderbarer Roman über das Leben auf dem Land

Mühlensommer
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Maria wuchs mit ihrem Bruder Thomas auf einem Bauernhof auf. Als Jugendliche hatte sie die Nase voll vom Landleben und konnte nicht schnell genug in die Großstadt kommen - Hauptsache, weit weg vom Land. ...

Maria wuchs mit ihrem Bruder Thomas auf einem Bauernhof auf. Als Jugendliche hatte sie die Nase voll vom Landleben und konnte nicht schnell genug in die Großstadt kommen - Hauptsache, weit weg vom Land. Jahre später hat ihr Vater einen schweren Unfall und die Mutter bittet sie, zurückzukommen und einzuspringen. Maria taucht ein in eine lange verdrängte Vergangenheit und Erinnerungen werden wach....

Dieser Roman war für mich eine echte Überraschung. Aufgrund des etwas nichtssagenden Covers wäre ich beinahe an diesem wunderbaren Buch vorbeigegangen. Ein Blick in die Leseprobe hat mich jedoch sofort gefesselt. Mattina Boghdan schreibt so lebendig, unterhaltsam und mit einer guten Portion Humor, dass ich das Buch gar nicht mehr weglegen konnte. Die Handlung spielt abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit, in der wir Marias Kindheit und Jugend miterleben. Das Leben auf dem alten Mühlenhof wird in allen Facetten beschrieben - Urkomisches ebenso wie Schmerzhaftes, Omas unfreiwilliger Ritt auf dem Schwein ebenso wie das Ertränken von Katzenbabys und die gesellschaftliche Hierarchie im Dorf. Als Stadtmensch habe ich das Landleben nie selbst erfahren, doch die Autorin, die selbst auf einem Einödhof aufgewachsen ist, schreibt so intensiv, dass ich beim Lesen den Duft auf dem Hof riechen und die Freiheit und Enge zugleich spüren konnte.

Ein wundervoller Roman über das Aufwachsen und Leben auf dem Land - authentisch, unverstellt, humorvoll und erfrischend!

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Beeindruckend und komplex

Glänzende Aussicht
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Ein außergewöhnlicher Roman, erzählt aus der auktorialen Perspektive des bereits kurz nach der Geburt verstorbenen achten Sohnes und jüngsten Kindes einer chinesischen Familie von Hafenarbeitern. Diese ...

Ein außergewöhnlicher Roman, erzählt aus der auktorialen Perspektive des bereits kurz nach der Geburt verstorbenen achten Sohnes und jüngsten Kindes einer chinesischen Familie von Hafenarbeitern. Diese lebt unter ärmlichen Verhältnissen zu elft in einer 13qm kleinen Baracke. Das Leben ist hart, Gewalt in der Familie die Regel, Zuneigung und Liebe Fehlanzeige. Als Nachkommen einer Flüchtlingsfamilie aus Zentralchina werden eher ländliche Traditionen gepflegt: Harte körperliche Arbeit ist angesehener als Bildung, viele Söhne mehren das Ansehen, und es gibt strenge Hierarchien in der patriarchal geprägten Familie. 


Dieser Roman beschreibt klar, desillusioniert und ungeschönt die Härte des Lebens der sozial Schwächsten. Das Individuum zählt nichts, der Mensch und sein freudloses Leben sind Spielball der äußeren Umstände. In der Generation der Kinder hat der gesellschaftliche Aufstieg um jeden Preis Priorität. Wer nach persönlicher Integrität und Moral strebt, scheitert.


Der tote achte Bruder hat ein schlechtes Gewissen, in Frieden ruhen zu dürfen, während sich die Lebenden täglich quälen müssen. Auch ist der Achte der einzige, der jemals Elternliebe erfahren hat. Und nur denjenigen, die taubstumm oder blind sind, ist ein glückliches Leben vergönnt. Dass derart deutliche Kritik im Zuge einer Phase des Aufbruchs im Erscheinungsjahr 1987 nicht nur möglich war, sondern auch mit einem nationalen Preis bedacht wurde, hat mich doch erstaunt. Heute wird das Buch in China jedoch nicht mehr verlegt.


Um die Geschehnisse im Buch nachvollziehen zu können, ist ein Basiswissen über die Geschichte Chinas im letzten Jahrhundert hilfreich, insbesondere über die Machtübernahme durch die Kommunisten 1949, den "Großen Sprung nach vorn" (1958-1961) und die Kulturrevolution (1966-1976). Ich hatte mich zuvor noch nie mit der chinesischen Geschichte beschäftigt und habe mich erst parallel zu diesem Buch in die politischen und wirtschaftlichen Umstände eingelesen.


Aufgrund häufiger Zeitsprünge im Buch ist es manchmal schwierig, die chronologischen Zusammenhänge und Lebenswege der einzelnen Familienmitglieder zu erfassen, und ich habe oft zurückgeblättert und Passagen nochmals nachgelesen. Dies lohnt jedoch in jedem Fall, und mir hat dieses Buch einen interessanten Einblick in eine turbulente Zeit in China ermöglicht. Ich kann dieses Buch nur wärmstens weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 09.02.2024

Wenig alltagstauglich

Probier doch mal
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Als regelmäßige SZ-Leserin ist mir die kulinarische Kolumne von Hans Gerlach ein Begriff. Dieses Buch hat mich daher sofort interessiert, und ich war gespannt, wie Gerlach seine Kreativität in der beworbenen ...

Als regelmäßige SZ-Leserin ist mir die kulinarische Kolumne von Hans Gerlach ein Begriff. Dieses Buch hat mich daher sofort interessiert, und ich war gespannt, wie Gerlach seine Kreativität in der beworbenen Alltagsküche umsetzt.

In den Rubriken Basics, Vorspeisen, Pasta, Fleisch, Gemüse und Süsses präsentiert Gerlach eine Vielzahl verschiedenster Rezepte und kombiniert Zutaten und Aromen auf spannende Weise. Relativ präsent ist hierbei die asiatische Küche, was mir leider nicht entgegen kommt. Viele Gerichte kommen mit wenigen, dafür aber qualitativ besonders hochwertig ausgewählten Zutaten aus, und nicht alles ist überall gut zu bekommen. Wer wie Gerlach auf die Münchner Infrastruktur und den Viktualienmarkt zurückgreifen kann, hat es sicher leichter als im ländlichen Umfeld. Für viele Gerichte wüsste ich nicht, wo ich die Zutaten herbekommen sollte (Vogelmiere, Noriblatt, Kombu-Algenbrösel etc.).

Gerlach reichert seine Rezepte mit Anekdoten und Wissenswertem an, so dass es sich hierbei nicht um eine nüchterne Aneinanderreihung von Arbeitsschritten handelt, sondern bereits das Lesen viel Freude bereitet.

Die Zubereitungszeiten variieren von 25 Minuten bis zu mehreren Stunden, vom schnellen Snack bis zu aufwendigen Kreationen ist alles dabei. Da wir Vegetarier sind und auch keine rohen bzw. nicht vollständig durchgegarten Eier essen (Gerlach verwendet diese leider häufig), fallen einige Rezepte für uns von vornherein weg. Für Veganer dürfte es auch schwierig werden, da Eier oder Käse häufiger Bestandteil der Gerichte sind.

Das Buch wirbt mit alltagstauglichen Rezepten. Diesbezüglich war es für mich leider eine Enttäuschung, da ich die Gerichte weder als alltagstauglich noch als familientauglich empfinde. Ich hatte mir etwas völlig anderes erwartet und kann mit diesem Buch leider wenig anfangen.

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