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Veröffentlicht am 22.10.2024

mystische Wintergeschichte mit übersinnlichen Elementen jenseits der Logik

Die Winterschwestern
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Das wunderschön gestaltete Cover versprach eine nordisch-märchenhafte Wintergeschichte, die uns in der Zeit der Wikinger entführt. Auch die Gestaltung des Buchinneren ist sehr ansprechend, die stilistisch ...

Das wunderschön gestaltete Cover versprach eine nordisch-märchenhafte Wintergeschichte, die uns in der Zeit der Wikinger entführt. Auch die Gestaltung des Buchinneren ist sehr ansprechend, die stilistisch außergewöhnlichen Illustrationen sind durchgehend farbig, und eine Landkarte zu Beginn hilft bei der Orientierung.

Mein Sohn (10) und ich haben das Buch gemeinsam gelesen. Der Prolog um die beiden Winterschwestern beginnt märchenhaft und macht neugierig auf mehr. Danach beginnt die Geschichte um den zehnjährigen Wikingerjungen Alfred, der gerne Streiche spielt und in Gott Loki einen Bruder im Geiste hat. Als in Alfreds Dorf immer mehr Dinge verschwinden und die Bewohner die Trolle als Diebe in Verdacht haben, macht sich Ragnar, Alfreds Onkel (und eine Trans-Person), auf den Weg, um die Trolle zu finden und ihre Raubzüge zu beenden. Alfred folgt ihm heimlich nach…

Ab hier wird der Plot zunehmend mystisch, und die Erzählung ist insbesondere für die jungen Leser/innen teilweise recht verworren. So ist es in Kapitel 4 schwer zu unterscheiden, ob Alfred eine Vision hat, träumt oder Teile wirklich erlebt. Die Handlung wird in den folgenden Kapitel sehr fantastisch, Menschen verwandeln sich in Tiere, Himmelskörper werden von Tieren verschlungen usw. Mein Sohn verlor ab diesem Zeitpunkt die Lust und wollte nicht mehr weiterlesen, und ich kann ihn verstehen. Wir schätzen Bücher mit magischen und phantasievollen Elementen, aber die Handlung selbst muss für uns logisch nachvollziehbar und einigermaßen glaubhaft sein. Das war hier leider nicht der Fall. Auch die Geschichte an sich wirkte eher oberflächlich und zuweilen holprig, ein echter Lesefluss, der uns ein vollständiges Eintauchen ermöglichte, kam nicht zustande. Sprachlich ist das Buch eher einfach gehalten und die Charaktere haben wenig Tiefe.

Fazit: Wer sehr gerne in mystische Winterwelten abtaucht, ein Faible für Übersinnliches hat und gerne die Grenzen der Logik überschreitet, wird sicherlich Gefallen an diesem Buch finden. Wir gehören leider nicht dazu.

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Veröffentlicht am 18.10.2024

Vom Leben in einer Erwachsenen-WG

Wohnverwandtschaften
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Die Zahnärztin Constanze trennt sich von ihrem Freund und zieht aufgrund des schwierigen Hamburger Wohnungsmarktes in eine WG mit Murat, Jörg und Anke. Erst mal, vorübergehend. Denn eigentlich möchte sie ...

Die Zahnärztin Constanze trennt sich von ihrem Freund und zieht aufgrund des schwierigen Hamburger Wohnungsmarktes in eine WG mit Murat, Jörg und Anke. Erst mal, vorübergehend. Denn eigentlich möchte sie eine klassische Zweierbeziehung, keine Erwachsenen-WG.

Isabel Bogdans Schreibstil ist ungewöhnlich. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive eines WG-Mitglieds erzählt, folgt in dessen Sprachduktus seinem Gedankenstrom, seinen Gefühlen und Erinnerungen. Hierdurch erfährt man als Leser sukzessive mehr über das Leben der Person, erhält kleine Einblicke in seine Vergangenheit, während gleichzeitig vieles im Ungewissen bleibt. Im Gegensatz hierzu sind immer wieder einzelne Kapitel in Dialogform geschrieben und geben Gespräche der WG-Bewohner aus ihrem Alltag wieder.

Ich muss gestehen, dass ich anhand der Kurzbeschreibung nicht erwartet hatte, dass das Buch das Thema „Demenz“ als Schwerpunkt hat, und immer wieder habe ich mich gefragt, ob die Kapitel aus Sicht des demenzkranken Protagonisten tatsächlich der Realität entsprechen könnten. Was geht im Kopf Demenzkranker vor? Merken sie in lichten Momenten, dass ihr Gedächtnis schwindet, wie es das Buch suggeriert? Die Frage ist wohl schwer zu beantworten.
Es ist schön zu lesen, wie harmonisch und fürsorglich sich alle um den Erkrankten kümmern, doch habe ich leise Zweifel, dass dies im realen Leben auch so wäre. Ich nehme an, dass die WG viel eher auseinanderbrechen und jeder seiner Wege gehen würde.

Auch wenn sich das Buch in eine für mich unerwartete Richtung entwickelte, hat es auf mich einen regelrechten Sog entwickelt. Ich habe es tatsächlich an einem halben Tag ausgelesen und war ganz erstaunt, als ich die letzte Seite erreicht hatte.

„Wohnverwandtschaften“ ist ein warmherziges, einfühlsames Buch über eine alternative Wohnform auch jenseits der Studentenjahre, die im besten Fall zu einem verantwortungs- und rücksichtsvollen Miteinander führt und vor Vereinsamung bewahren kann.

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Veröffentlicht am 17.10.2024

Der alljährliche Weihnachtswahnsinn, humorvoll auf die Schippe genommen

Mami braucht 'nen Drink – erst recht an Weihnachten (Die Mami-Reihe 5)
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Weihnachten - kein anderes Fest ist so sehr mit Erwartungen aufgeladen und bietet dementsprechend so viel Potential für Enttäuschungen. Auch Ellen hat jedes Jahr wieder ihre idealisierte Vision eines Weihnachtsfestes ...

Weihnachten - kein anderes Fest ist so sehr mit Erwartungen aufgeladen und bietet dementsprechend so viel Potential für Enttäuschungen. Auch Ellen hat jedes Jahr wieder ihre idealisierte Vision eines Weihnachtsfestes mit der Familie vor Augen – rotwangige Kinder, die mit freudestrahlenden Augen vor dem festlich geschmückten und hell erleuchteten Weihnachtsbaum stehen, glockenhell Weihnachtslieder singend, dazu ein opulentes, perfekt gelungenes Festmahl an der festlich gedeckten Tafel, während draußen der zarte Pulverschnee vom Himmel fällt und alles in ein märchenhaftes Weiß taucht. Doch Jahr für Jahr kommt alles anders, und dieses Jahr kommen nicht mal die inzwischen erwachsenen Kinder.

Gill Sims nimmt mit viel Sinn für Humor den alljährlichen Weihnachtsstress aufs Korn. Ellens skurrile Mischpoke, die die ganze Bandbreite abdeckt von der durchgeknallten Hippie-Schwägerin, die gerne spärlich bekleidet Naturgottheiten huldigt, bis zur hysterisch-perfektionistischen Schwester, sorgt zuverlässig für Chaos. Auf übersteigerte Erwartungen folgt die Ernüchterung, die alljährlich mit Baileys, Gin Tonic und Whiskey kompensiert wird. Die Figuren und Situationen sind hierbei stark überspitzt gezeichnet. An der einen oder anderen Stelle wäre mir ein etwas subtilerer Humor lieber gewesen, da sich die Übertreibungen mit der Zeit etwas abnutzen, aber das ist sicherlich Geschmackssache.

Der Roman bietet aber nicht nur leichte, kurzweilige Unterhaltung, sondern wartet auch mit ernsteren Untertönen auf. Vermutlich wird sich jede Leserin auf die ein oder andere Weise in Ellen wiederfinden und sich an Weihnachtsfeste erinnern, bei denen die hoffnungsvolle Vorfreude mit der harten Realität kollidierte und es statt weihnachtlicher Eintracht vor allem Streit, Tränen, ein misslungenes Essen und enttäuschte Beschenkte gab. Gill Sims zeigt, dass die idealisierte und romantisierte Vorstellung von Weihnachten ein Konstrukt der Konsumindustrie ist, das vor allem gegenüber Müttern einen hohen Druck aufbaut und unerfüllbare Erwartungen stellt, die letztlich nur enttäuscht werden können und schlimmstenfalls zu großen Selbstzweifeln führen. Dabei würde ein bisschen mehr Gelassenheit zu deutlich entspannteren und damit für alle harmonischeren Festtagen führen.

In diesem Sinne ist „Mami braucht ‘nen Drink – erst recht an Weihnachten“ eine wunderbare Lektüre zur Vorweihnachtszeit, die uns humorvoll daran erinnert, das Weihnachtsfest lockerer anzugehen und uns von äußeren Zwängen freizumachen. Dann stehen die Chancen für ein vielleicht etwas chaotisches, aber heiteres Weihnachtsfest im Kreise der Familie gut – und für alle Fälle gibt es Glühwein!

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Veröffentlicht am 17.10.2024

spannend und humorvoll

Die Schule der Mitternachtswelt 1
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Simeon ist ein Halbvampir mit Sonnenallergie, der in der Mitternachtsschule eingeschult wird. Dort trifft er auf allerlei andere magische Wesen, unter anderem die Werwölfin Eir. Da Vampire und Werwölfe ...

Simeon ist ein Halbvampir mit Sonnenallergie, der in der Mitternachtsschule eingeschult wird. Dort trifft er auf allerlei andere magische Wesen, unter anderem die Werwölfin Eir. Da Vampire und Werwölfe traditionell verfeindet sind, ist Simeon ihr gegenüber zunächst skeptisch, zumal sich an der Schule merkwürdige Vorkommnisse häufen und immer mehr Schüler verschwinden.

Simeon beginnt, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Mit der Zeit gelingt es ihm, seine Vorurteile gegenüber Eir zu überwinden und sich mit ihr anzufreunden. Überhaupt haben Freundschaft, Zusammenhalt und Unvoreingenommenheit einen hohen Stellenwert im Buch, und die Autorin zeigt sehr schön, wie wichtig und bereichernd es ist, Vorurteile abzubauen und vermeintlich Trennendes zu überwinden.

Von der ersten Seite an war meinem Sohn (10) und mir Simeon richtig sympathisch, und seine oft ironischen und lakonischen Bemerkungen sorgen für gute Unterhaltung. Der Schreibstil ist flott, lebendig und humorvoll, und das Abenteuer ist geschickt aufgebaut, mit zahlreichen überraschenden Wendungen, so dass es bis zum Schluss spannend bleibt. Mein Sohn war zudem ganz besonders angetan vom Cover, bei dem bestimmte Elemente mit spezieller Farbe gedruckt sind, so dass diese im Dunkeln leuchten.

Maëlle Desard ist ein abwechslungsreicher Auftakt zu einer neuen Fantasy-Reihe gelungen, der nicht nur für Spannung sorgt, sondern auch wichtige Werte wie Toleranz, Offenheit und Freundschaft vermittelt. Wir freuen uns schon sehr auf den zweiten Teil!


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Veröffentlicht am 15.10.2024

wirkt aus heutiger Sicht sehr antiquiert

Ein tugendhafter Mann
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Anita Brookers „Ein tugendhafter Mann“ erschien erstmals im Jahr 1989 unter dem Titel „Lewis Percy“. Lewis ist zu Beginn des Romans, 1959, Anfang zwanzig und lebt nach einem kurzen Forschungsaufenthalt ...

Anita Brookers „Ein tugendhafter Mann“ erschien erstmals im Jahr 1989 unter dem Titel „Lewis Percy“. Lewis ist zu Beginn des Romans, 1959, Anfang zwanzig und lebt nach einem kurzen Forschungsaufenthalt in Paris wieder mit seiner Mutter zusammen. Für seine Promotion beschäftigt er sich mit dem Helden in der Literatur des 19. Jahrhunderts, in der Realität ist er ein verzagter, unsicherer Mann. Seine Kenntnisse über Frauen bezieht er aus Romanen.

Es fiel mir sehr schwer, in den Roman hineinzufinden, da dieser selbst für sein Erscheinungsdatum recht antiquiert wirkt. Auch Lewis selbst scheint nicht in die 60er und 70er zu passen und hängt Idealbildern aus dem vorangehenden Jahrhundert nach. Die Rollenauffassungen sind äußerst konservativ, und ich muss gestehen, dass es mir stellenweise schwerfiel weiterzulesen, weil ich zu keiner Figur einen Zugang gefunden habe und weder mit Lewis noch seiner Frau Tissy oder seiner Angebeteten Emmy mitfühlen konnte. Insbesondere Lewis‘ Art, allein aus kleinsten Äußerlichkeiten auf die Lebensgeschichte und den Charakter von Menschen zu schließen, ohne sich mit diesen jemals ernsthaft auf ein Gespräch einzulassen und echte tiefgreifende Beziehungen einzugehen, verärgerte mich zunehmend.
Fraglos ist „Ein tugendhafter Mann“ von hoher literarischer Qualität, doch Lesevergnügen kam bei mir leider nicht auf. Zu weit weg waren hierfür für mich die Thematik und Figuren des Romans und zu langatmig die Erzählweise.

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