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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.03.2023

Die Kunst-Schickeria, eine Welt für sich und das kann auch mal zu Toten führen

Die Sonne über Berlin - Trugbild
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Der Maler Gernot Reischberger, einer der angesagtesten überhaupt, legt auch im Tod eine echte Performance hin. Durch die eigene Farbe zu ersticken, ganz großes Kino und für seine Werke bedeutet das definitiv ...

Der Maler Gernot Reischberger, einer der angesagtesten überhaupt, legt auch im Tod eine echte Performance hin. Durch die eigene Farbe zu ersticken, ganz großes Kino und für seine Werke bedeutet das definitiv Wertzuwachs. Für Kommissar Dahlberg ist der entscheidenen Fakt aber erst einmal, es war Mord. Und so macht sich dieser notgedrungen auf, in die mächtig schräge dekadente Welt des Berliner Kunstbetriebs. Da muss schon mal durchatmen und viel Humor aufbringen, um bei den Abstrusitäten dieser exzentrischen Gesellschaft noch fokussiert zu bleiben und auf keine falsche Fährte zu geraten. Beim Umgraben des Vergangenheit des Mordopfers wird man dann auch fündig. Der schon als Student sehr umtriebige Maler hatte so einiges am Laufen, damals in der DDR, zwischen Leibzig und Berlin.
Dieser Kriminalroman, er hat wirklich Klasse. Da ist ein sympathischer Ermittler mit durchaus persönlicher Note, der hier bereits seinen dritten Fall mit uns Lesern teilt, ein erstes Mordopfer, mit einer Menge Vita im Gepäck, ein skuriles Ambiente, überraschende Wendungen, ein packender Spannungsbogen, der nicht einen Durchhänger hat und das Ende, passt einfach perfekt. Und als richtig großes I-Tüpfelchen obendrauf weht hier einen herrlich sarkastisch ironischen Humor durchs Geschehen, der die Geschichte sehr gelungen begleitet. Für mich haben sich der Herr Kommissar und damit auch seine kreative Erschafferin, die Autorin selbst, mit ihrem neuesten Fall jede Menge weiterer Meriten erworben. 'Die Sonne über Berlin' hat sich inzwischen als Kriminalreihe etabliert, mit genau den richtigen Ecken und Kanten, um seinen Lesern ein spannendes unterhaltsames erfrischend anderes Krimi-Lesevergnügen zu bieten.
Und natürlich hoffen wir darauf, dass es bald wieder sonnig strahlen wird über dem schönen Berlin, mit einer neuen Mordgeschichte.

Veröffentlicht am 20.03.2023

Aufbruch, Ausbruch aus geschaffenen Strukturen, von Angesicht zu Angesicht

Nur ein paar Nächte
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Ben hat sich gut eingerichtet in ihrem Leben, dem seiner kleinen Familie, die nur aus ihm und seiner 12-jährigen Tochter Mia besteht. Mias zunehmendes Bedürfnis, mehr zu erfahren, über ihre Mutter und ...

Ben hat sich gut eingerichtet in ihrem Leben, dem seiner kleinen Familie, die nur aus ihm und seiner 12-jährigen Tochter Mia besteht. Mias zunehmendes Bedürfnis, mehr zu erfahren, über ihre Mutter und warum sie nicht bei ihnen ist, Ben blockt es kategorisch ab, obwohl er in seinem Innersten weiß, das wird nicht mehr lange funktionieren. Und dann klingelt es an der Tür und sein Vater bittet um eine Bleibe, nur für ein paar Nächte, denn Bens Mutter hat ihn hinausgeworfen, weil er ihr untreu war. Nur wenig später, der nächste Schock. Mia wird von der Polizei nach Hause gebracht, weil sie versucht hat, allein nach Hamburg zu fahren und dort bei ihrer Mutter Antworten zu finden, wo ihr Vater sich bisher verweigert hat. Diese unerwartete Situation, das Aufeinandertreffen dieser drei Generationen, mit jeder Menge unbewältigtem Gesprächsbedarf, sie führt zum Aufbruch mühesam zurückgedrängter Emotionen, der vehementer Forderung nach Antworten, nach Auseinandersetzung mit den eigenen Entscheidungen, Fehlern, den weitreichenden Lebenslügen, die so viel Erstarrung und Distanz mit sich bringen. Und jetzt ist es da, das Unausweichliche, das sich in die Augen sehen und so auch die Möglichkeit, diesem 'in nur ein paar Nächten' die Chance abzuringen, ein neues Ist zu erarbeiten, das die Protagonisten frei gibt, für ein Leben, authentischer und mit einem stärkeren eigenem Bewusstsein als zuvor.
Mich hat diese Geschichte in seiner Fokussierung bezogen auf Raum und Personen, auch unter Einschluss der zweiten Zeitebene, sofort regelrecht in seinen Bann gezogen. So intensiv, kompakt, packend, ohne Wertung, aber mit viel Reflexion hat der Autor hier wirklich etwas geschaffen, das einen als Leser fesselt und begeistert. Und einen, fast schon zufrieden, zurücklässt, im Einklang mit der Gewissheit, so ist Leben.

Veröffentlicht am 19.03.2023

Das historische Passau, ein Schmiedegeselle und sein großer Traum

Wolfsklingen
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1218, Thiemo, ein junger Schmied, kommt nach Passau, um hier sein Glück zu machen. Nachdem seine ganze Familie bei einem Feuer ums Leben gekommen ist, sucht er den Neuanfang, will Meister werden und die ...

1218, Thiemo, ein junger Schmied, kommt nach Passau, um hier sein Glück zu machen. Nachdem seine ganze Familie bei einem Feuer ums Leben gekommen ist, sucht er den Neuanfang, will Meister werden und die berühmten Wolfsklingen fertigen, die überall in Europa für Qualität und Erlesenheit stehen. Nach langem Suchen findet er einem Schmiedemeister, der ihm Arbeit gibt. Ein guter Anfang und dann ist da noch die Tochter seines neuen Brotgebers, in die er sich verliebt. Thiemo strebt nach Erfolg und Redlichkeit und Geduld sind nicht seine stärksten Eigenschaften. Und so nimmt er die ihm gebotene Gelegenheit auf Nebenverdienste, auf undurchsichtige Botengänge und noch einiges mehr, wahr. Erst naiv und unbedarft, merkt er schon bald, in was er da hineingeraten ist, aber er sieht nur sein Fortkommen, um jeden Preis. Und dann ist es fast zu spät.
Ein sehr von den interessanten Details dieser Zeit lebendes Buch, die Stadt Passau, das Schmiedehandwerk, die Machtstrukturen und Intrigen im klerikalen Gefüge, das ist gut recherchiert und gibt dem Leser spannende Einblicke in diesen städtischen Kosmos. Auch emotional bietet diese Geschichte jede Menge Potential. Schließlich geht es hier um puren Lebenskampf, das Abkommen vom rechten Weg, die Liebe und den selbstverschuldeten Absturz bis fast in den Tod, aber auch um Selbsterkenntnis und Hoffnung, auf vielleicht eine zweite Chance. Manchmal ist weniger ja mehr, aber diese Geschichte schreit geradezu nach 'mehr Gefühl'. Dies ist ein Roman und als Leser will ich das Geschehen erleben, im besten Fall so, als wäre ich dabei. Und daran fehlt es einfach. Da es ein Erstling ist, würde ich sagen, der handwerkliche Aspekt stimmt, das Fundament steht. Jetz heißt es, den Emotionen Raum geben. Dann wird daraus auch ein rundes Ganzes.

Veröffentlicht am 18.03.2023

Kindermädchen sein ist schwer, erst recht, wenns magisch wird

Fräulein Dezember und die Mondscheinbande
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Fräulein Dezember schlägt sich so durchs Leben. Ihr Zuhause, einen Zirkus, gibt es nicht mehr und als Akrobatin hat man auch nicht gerade viele berufliche Möglichkeiten. Und so landet sie, mehr aus Zufall, ...

Fräulein Dezember schlägt sich so durchs Leben. Ihr Zuhause, einen Zirkus, gibt es nicht mehr und als Akrobatin hat man auch nicht gerade viele berufliche Möglichkeiten. Und so landet sie, mehr aus Zufall, als Kindermädchen bei Familie Mondschein. Raban heißt der Junge, auf den sie nun gut! aufpassen soll. Das ist bei keinem Kind leicht, aber wenn man magische Fähigkeiten wie in Rauch auflösen hat, dann ist das schon eine echte Herausforderung. Und wo ihre Kinder Magie verströmen, sind ja wohl die Erwachsenen nicht weit, siehe Herr Mondschein selbst, Schattenmann und zuständig fürs Gruseln in Kinderzimmern. Dass es hier echt zur Sache geht, kann man sich wohl denken und jeder andere wäre geflüchtet, nicht so Fräulein Dezember. Und das ist auch gut so, denn sonst wäre uns allen eine supertolle, magischgigantisch spannende Geschichte entgangen, ein Fantasyerlebnis, die es wirklich in sich hat.
Ein wahrlich magisches Leseabenteuer.

Veröffentlicht am 18.03.2023

Berlins Underground in den 90ern, stark, authentisch und ein Krimi dazu

LOVE LIKE BLOOD
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Der Berliner Underground in den 90ern, stark und authentisch dargestellt, in der speziellen Clubatmosphäre, für Menschen, die sich austesten wollen, auf anderen Pfaden und ein Krimigeschehen, das uns Zuhörern ...

Der Berliner Underground in den 90ern, stark und authentisch dargestellt, in der speziellen Clubatmosphäre, für Menschen, die sich austesten wollen, auf anderen Pfaden und ein Krimigeschehen, das uns Zuhörern hierzu die Pforten öffnet, Türen, die wir, nicht fokussiert auf die Morde und das Lösen eines Falls, sonst vielleicht verweigert hätten, zu betreten. Hier ist alles heftig, krass, wie die Hauptermittlerin wohl sagen würde, die bestialischen Morde, die vor Hass triefen, das vorgeschobene? Ermittlungsvorgehen, das sich Verlieren im Erleben von Grenzüberschreitungen, private Konstellationen, die einen wahlweise sprachlos oder abwartend dem Geschehen folgen lassen.
Man bekommt 'viel geboten' aus dem Underground, echt nah dran. Für mich schwimmt der Krimi als Teil des Ganzen da, schon irgendwie elegant, gut verteilt in der Suppe der 'Andersheiten', mit, Grenzfrei, interessant, anders.
Ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert.