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Veröffentlicht am 28.12.2023

Intensiv und fesselnd

Tief im Schatten
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Nachdem mich der Auftakt der Polarkreis-Reihe von Viveca Sten, „Kalt und still“, absolut begeistert hat, war es keine Frage, ob ich die Reihe weiterlesen möchte. „Tief im Schatten“ ist der zweite Fall ...

Nachdem mich der Auftakt der Polarkreis-Reihe von Viveca Sten, „Kalt und still“, absolut begeistert hat, war es keine Frage, ob ich die Reihe weiterlesen möchte. „Tief im Schatten“ ist der zweite Fall von Hanna Ahlander im schwedischen Skiort Åre.

Aufgrund des großen Erfolgs des ersten Teils, der es auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller schaffte, erschien der zweite Teil als Hardcover - während der Formatwechsel für Serienliebhaber im Bücherregal eine mittlere Katastrophe ist, werten die Landkarten von Åre und der Gemeinde Östersund in Jämtland das Buch nochmal auf uns halfen mir bei der Orientierung. Wir befinden uns wieder im Norden Schwedens an der Grenze zu Norwegen.

Nur durch Zufall wird im tiefsten Winter eine Leiche entdeckt, übel zugerichtet und im Wald zurückgelassen. Das Opfer ist ein ehemaliger Skirennfahrer von Weltniveau, der heute als Klempner arbeitet. Johan Andersson hat keine Feinde, zunächst scheint nur sein Geschäftspartner verdächtig. Seine aus Deutschland stammende Ehefrau ist am Boden zerstört.

Parallel lernen wir Rebecka kennen, die junge Frau eines angehenden Pastors, Ole Ekvall. Ihre Geschichte beginnt einige Jahre vor dem Mordfall, erzählt den Beginn ihrer Ehe und zeichnet auf bedrückend-tiefgehende Art und Weise die toxische Beziehung, in der sie gefangen ist. Während der laufenden Ermittlungen, die aus Sicht von Hanna Ahlander und Daniel Lindskog geschildert werden, spielen die Kapitel um Rebecka noch lange in der Vergangenheit. Nach und nach verbinden sich das persönliche Schicksal von Rebecka und der Mordfall. Als Rebecka verschwindet, beginnt eine spannende Jagd.

Wie es sich für den zweiten Teil einer Reihe gehört, lernen wir Hanna und Daniel besser kennen. Ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, seine Herausforderungen als junger Vater, zerrissen zwischen seinem wichtigen und anspruchsvollen Job als Polizist und seiner Frau am Rande der Belastungsgrenze - wie so oft in skandinavischen Krimis sind die Protagonisten keine perfekten Helden, sondern echte Menschen mit großen und kleinen Problemen.

Viveca Sten ist ein ruhiger und unaufgeregter, aber sehr intensiver und fesselnder Krimi gelungen, der seine Lesenden in den Bann zieht. Durch die Zeitsprünge entsteht eine besondere Intensität und Dramatik, ich habe mit den Ermittlern und Rebecka mitgefiebert. Die Auflösung ist dabei nicht die offensichtliche, was mir ebenfalls gut gefallen hat - ich schätze Plots sehr, in denen es verschiedene Fährten und Verdächtige gibt und erst ganz am Schluss aufgeklärt wird, wie es sich tatsächlich zugetragen hat.

Wie schon Band 1 bekommt „Tief im Schatten“ von mir 5/5 Punkten und eine Leseempfehlung. Fortsetzung sehnlichst erwartet!

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Veröffentlicht am 28.12.2023

Eine Geschichte, die einen nachdenklich stimmt

Endling
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Obwohl in dem Buch eine zugegebenermaßen düstere Zukunft gezeichnet wird, hat es mir unheimlich viel Spaß gemacht, es zu lesen.

Die Figuren sind mir alle durchweg ans Herz gewachsen, wie sie - so unterschiedlich ...

Obwohl in dem Buch eine zugegebenermaßen düstere Zukunft gezeichnet wird, hat es mir unheimlich viel Spaß gemacht, es zu lesen.

Die Figuren sind mir alle durchweg ans Herz gewachsen, wie sie - so unterschiedlich sie auch sind - alle ihre eigenen Bewältigungsstrategien entwickelt haben, um mit den Lebensumständen zurecht zu kommen.

Aus der Sicht von Zoe geschrieben, ist für mich allerdings doch ihre Tante Auguste der Star der Geschichte, der die größte Entwicklung durchmacht.

Jede Überschrift eines Kapitel enthält eine Tierart mit der gemeinen und wissenschaftlichen Bezeichnung sowie einer kleinen Zeichnung. Das allein unterstreicht noch die Außergewöhnlichkeit des ganzen Buches, wo es sich wirklich lohnt auch unter den Bucheinschlag zu blicken: wie schön kann ein Buch eigentlich sein?

Die Autorin schafft es, die ernsten Themen wie Suchtverhalten, Ängste und Naturzerstörung in eine spannende und herzergreifende Geschichte zu verpacken und beschreibt nebenbei den wohl lustigsten Roadtrip, von dem ich je gehört habe.

Sätze wie „Hanna war trotz allem so wild, wie es kleine Mädchen eben immer sind, bevor man anfängt, sie wie Origamipapier zu falten und zu verbasteln, bis sie sich in stille und hübsche Schwäne verwandeln“ haben mich nachdenklich gestimmt.

Netterweise gipfelt das Buch in einem übernatürlichen Szenario, das der ganzen Thematik zwar nichts an Schärfe nimmt, es aber dann doch erträglicher macht.

Wer ein außergewöhnliches Buch mit ernsten Themen lesen möchte, das einen trotzdem mit einem warmen Gefühl zurück lässt, dem kann ich „Endling“ sehr ans Herz legen.

Mir hat die Geschichte schöne Lesestunden geschenkt und mich nachdenklich zurück gelassen - und eventuell musste ich mir direkt die anderen Bücher der Autorin kaufen, weil ich so begeistert bin.

Von mir gibt es 5/5 Sternen und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 22.12.2023

Ein traumhaftes Leseerlebnis

Wie die Schweden das Träumen erfanden
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Einen traumhaften Feelgood-Roman reinsten Wassers hat Jonas Jonasson hier abgeliefert. So kennt man den Schweden und seine Fans (zu denen ich mich zähle) kommen bei diesem Buch auf ihre Kosten. Sein eigenständiger ...

Einen traumhaften Feelgood-Roman reinsten Wassers hat Jonas Jonasson hier abgeliefert. So kennt man den Schweden und seine Fans (zu denen ich mich zähle) kommen bei diesem Buch auf ihre Kosten. Sein eigenständiger Sprachstil ist bekannt und prägt auch diese Geschichte, mit herrlich ehrlichen und unperfekten Dialogen.

Um ihre von Landflucht geplagte Heimatstadt zu retten, versucht Julia Bäck einen deutschen Großkonzern ins schwedische Niemandsland zu locken. Und während „Traumbett“-Chef Dr. Konrad Kaltenbacher junior mit einer Fabrik in der Nähe von Stockholm liebäugelt, um den skandinavischen Markt (endlich!) zu erobern, setzt Julia all ihren Charme und ihr Improvisationstalent ein, um ihn für sich zu gewinnen.

Um die beiden herum gibt es die üblichen schrägen Gestalten, die Jonassons Bücher auszeichnen. Sie wachsen einem in kürzester Zeit ans Herz und man kann ein bisschen mit ihnen mitfiebern, ob die Ansiedlung des Weltkonzerns in der Provinz gelingt und Familie Kaltenbacher ein neues Zuhause findet. Denn natürlich will sich Stockholm in Person des Consultants Kenneth Carlander nicht einfach ausstechen lassen!

Es ist für Jonassons Verhältnisse eher eine Kurzgeschichte, in seinen früheren Werken sind deutlich mehr Wendungen und unglaubliche Begebenheiten enthalten. Gleichzeitig ist es das realistischste Buch von ihm, das ich je gelesen habe - ja, es könnte sich tatsächlich so zugetragen haben und ist nicht mit den unmöglichsten Zufällen gespickt. Womit natürlich auch ein spezielles Jonasson-Element fehlt: Das Staunen über seine skurrilen Einfälle kommt in diesem Buch etwas kurz.

Die kurzweilige (aber eben auch kurze) Lektüre hat mir viel Spaß gemacht und für Jonasson-Fans ist es ein Muss, finde ich. Der Vollständigkeit halber muss ich aber sagen, dass 22 Euro für das Hardcover mit 160 Seiten ein wirklich happiger Preis sind. Wer Lust auf ein Buch hat, das einfach nur für Schmunzeln und gute Laune sorgt, egal ob im Urlaub oder unter der warmen Kuscheldecke auf dem heimischen Sofa, ist hier genau richtig.

Um die Relation zu seinen bisherigen Büchern und meinen Bewertungen zu wahren, gibt es 4/5 Punkten für ein traumhaftes Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 21.12.2023

Lesenswerte Lektüre für besseren Durchblick

Die große Vertrauenskrise
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„Die große Vertrauenskrise - ein Bewältigungskompass“ - da sagt der Titel eigentlich schon alles. Wobei ich feststellen muss, dass der detaillierten Darstellung der Vertrauenskrise und ihrer Gründe deutlich ...

„Die große Vertrauenskrise - ein Bewältigungskompass“ - da sagt der Titel eigentlich schon alles. Wobei ich feststellen muss, dass der detaillierten Darstellung der Vertrauenskrise und ihrer Gründe deutlich mehr Raum gegeben wird als dem versprochenen Kompass zur Bewältigung. Ich empfand die Analyse der Gründe für die von uns allen wahrgenommene Erosion des Vertrauens auf verschiedenen Ebenen gegenüber vielen Institutionen an vielen Stellen als erhellend. Auch wenn mir viele Fakten bekannt waren, stellt Lobo schlüssig Zusammenhänge dar, die mir so bisher nicht bewusst waren.

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Corona-Pandemie, Klimawandel, Rechtspopulisten wie Donald Trump, soziale Medien wie Twitter, Facebook und YouTube sowie nun das rasant gewachsene Thema (ChatGPT sei dank) Künstliche Intelligenz werden behandelt und erklärt und so wird verständlich, wie sich die Art des Medienkonsums, der Kommunikation und der Politik sowie unsere Haltung gegenüber der Wissenschaft verändert haben. Der Austerität widmet er ein eigenes Kapitel - nicht wissend, wie aktuell das Thema im Dezember 2023 (Schuldenbremse) sein wird.

Wenn man sich durch mehr als 280 Seiten kritischer Auseinandersetzung gearbeitet hat, bleiben nur noch rund 40 Seiten für die versprochenen Lösungsansätze. Diese sind zwar plausibel und wahrscheinlich richtig, setzen aber auf eine gehörige Portion Optimismus und Glauben an den gesunden Menschenverstand. Überrascht haben sie mich nicht, sie ergeben sich eher folgerichtig aus der Analyse und dem, was vernunftbegabte Menschen eben so tun. Wer also den heiligen Gral der Restauration des Vertrauens sucht, wird hier eher nicht fündig. Das konkrete Beispiel mit der Entenjagd in Arkansas hat mir dennoch gefallen…

Lobos neuestes Werk bleibt dabei absolut lesenswert und hilft definitiv, einen klaren Blick auf die Vertrauenskrise zu erhalten. Ich befürchte allerdings, dass es vielen Lesenden ähnlich gehen wird wie mir - Problem erkannt, Lösungsweg entdeckt, aber wir Vernunftbegabten sind dann doch entweder in der Minderheit oder eben zu leise. Und diejenigen, die Lobos Buch eigentlich lesen und verstehen sollten (aktuelle Beispiele: Corona-Querdenker, Reichsbürger, „Patridioten“, Putin-Fans und Co.), werden es schlicht nicht tun. In diesen Kreisen dürfte Sascha Lobo hinreichend zum Feindbild erklärt sein, als dass dieses Buch dort, wo es einen echten Einfluss haben könnte, konsumiert würde.

Wer aber Menschen in seinem Umfeld hat, die nicht mehr wissen, wem sie trauen können, aber noch nicht völlig in Verschwörungstheorien abgedriftet sind - dem sei dieses Buch ans Herz gelegt, vielleicht noch als Last Minute-Geschenk für Telegram-Einsteiger. Und natürlich zur Selbstlektüre.

Ich vergebe 4/5 Punkten und hoffe, dass das Buch die Verbreitung findet, die es verdient.

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Veröffentlicht am 20.12.2023

Düster und brutal

Für den Wolf
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Ich habe schon viel von dem Buch gehört und war wahnsinnig gespannt darauf, es zu lesen. An dieser Stelle herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar (unbezahlte Werbung)!

Seit jeher wird dem Wolf, der ...

Ich habe schon viel von dem Buch gehört und war wahnsinnig gespannt darauf, es zu lesen. An dieser Stelle herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar (unbezahlte Werbung)!

Seit jeher wird dem Wolf, der im Wilden Wald lebt, die zweitgeborene Königstochter geopfert. Red ist diese Tochter und sehnt sich regelrecht danach, den Wilden Wald zu betreten. Ihre ältere Schwester Neve will ihr das verbieten, jedoch ohne Erfolg. In Red glüht eine gefährliche und unkontrollierbare Macht und als sie dem Wolf einen Tages gegenübersteht, ahnt Red nicht, dass sie dieses Monster lieben wird.

Ich habe erwartet, eine Märchenadaption von Rotkäppchen zu lesen und habe viel mehr als das bekommen! Irgendwie hat das Buch auch Vibes von „Die Schöne und das Biest“ und ist doch etwas ganz Eigenes geworden.

Die Story fand ich wirklich originell und überraschend.

Die düstere Atmosphäre und der spannende Schreibstil konnten mich direkt fesseln, ich konnte das Buch ab der Hälfte kaum noch zur Seite legen.

Nicht erwartet habe ich, dass die Geschichte so blutig, brutal und gruselig sein würde. Es passte gut in das gesamte Konstrukt. Die ganze Aufmachung des Buches passt zum Inhalt und der hat jedenfalls meine Erwartungen übertroffen.

Die Geschichte wird aus den Perspektiven der beiden Schwestern erzählt. Sie und die anderen Charaktere sind durchweg interessant und faszinierend.

Die Liebesgeschichte entwickelt sich langsam und wirkt authentisch auf mich. Fans von Enemies-to-Lovers-Tropes kommen hier definitiv auf ihre Kosten.

Einziger Kritikpunkt ist, dass ich teilweise Abschnitte doppelt lesen musste, um sie zu verstehen. Das kann an dem teils anstrengenden Schreibstil liegen oder schlicht an einer holprigen Übersetzung, das kann ich nicht beurteilen.

Am Ende überschlagen sich die Handlungen und ich kann es kaum erwarten den zweiten Band zu lesen!

Wer es düster mag, also extrem düster, dem kann ich „Für den Wolf“ sehr empfehlen! Ich habe es wirklich gerne gelesen und spreche mit 4/5 möglichen Sternen meine Leseempfehlung aus!

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