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Veröffentlicht am 20.05.2024

Marias Flucht

Die Glücksfrauen - Die Kraft der Bücher
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Als 1939 die Repressalien gegen Juden in Deutschland immer schlimmer werden, entschließen sich endlich auch die Buchhändler Maria und Jakob mit ihren Kindern zur Flucht. Doch fast ist es zu spät und sie ...

Als 1939 die Repressalien gegen Juden in Deutschland immer schlimmer werden, entschließen sich endlich auch die Buchhändler Maria und Jakob mit ihren Kindern zur Flucht. Doch fast ist es zu spät und sie können das Land nur auf abenteuerlichen Wegen verlassen. -
2023 erhält die brasilianische Buchhändlerin Sandra überraschend Besuch von der New Yorkerin June, die ihr von einem gemeinsamen Erbe berichtet. Die beiden Frauen begeben sich gemeinsam auf Spurensuche und die Geschichte, die sie beide vereint.

"Die Glücksfrauen. Die Kraft der Bücher" ist der zweite Band einer Trilogie um drei Exilantinnen während des Nazi-Regimes von der deutschen Erfolgsautorin Anja Saskia Beyer, die hier unter dem Pseudonym "Anna Claire" schreibt. Nachdem mich der emotionale und eindringliche erste Band, in dessen Mittelpunkt das Leben der Exilantin Luise stand, bereits begeistert hat, geht es hier nun um die gefährliche Flucht der Jüdin Maria und ihrer Familie 1939 über Frankreich und Portugal nach Brasilien. In der zweiten Zeitebene wird Luises Enkelin June unterstützt von Marias Enkeltochter Sandra aus Rio de Janeiro.

Die Autorin schreibt in zwei gut miteinander verwobenen Erzählsträngen von der Jüdin Maria im Jahr 1939 und den modernen Frauen June und Sandra im Jahr 2023, die sich auf Spurensuche begeben nach der dritten Freundin Anni und dabei den Weg von Maria nachverfolgen. Der Schreibstil ist fließend und emotional und lässt sich leicht lesen. Anna Claire hat gut recherchiert und ein anschauliches und bedrückendes Bild erschaffen in Bezug auf das Zeitgeschehen, die Zwangsmaßnahmen des Nazi-Regimes gegen Juden und die oftmals waghalsigen und lebensbedrohlichen Fluchtwege der Menschen, die, wenn überhaupt, nur ihr nacktes Leben retten konnten. Gerade diese Passagen waren so hochspannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte und mitgelitten und mitgefiebert habe. Dass in den Schilderungen 2023 manches ausgesprochen einfach ist (wie die Tatsache, dass Sandra mit finanziellen Schwierigkeiten ihre Buchhandlung mal eben so einem Unbekannten anvertraut oder Geld für eine spontane Europareise hat), fand ich durchaus angemessen, weil es einen bemerkenswerten Gegensatz zum Leben ihrer Großmütter bildet.

Die im ersten Band aufgekommene Frage nach dem großen Fehler Luises, der zum Bruch zwischen den drei Freundinnen führte, schwebt nun ständig über den Frauen - und bleibt als großer Cliffhanger offen, der den dritten Teil sehnsüchtig erwarten lässt.

Die Figuren sind sowohl anschaulich und mehrdimensional gezeichnet als sie sich durchaus auch weiterentwickeln und es macht viel Spaß, mit ihnen auf die Reise zu gehen, auf der Glück und Leid immer nachvollziehbar wiedergegeben sind. Besonders angenehm empfinde ich, dass starke Frauen im Zentrum der Handlung stehen - gerade, wenn die aus ihrer Normalität herausgerissenen Männer aufgeben. So verschieden die drei besten Freundinnen und ihre Wege im Dritten Reich auch gewesen sind, so unterschiedlich werden auch Sandra und June skizziert, wobei ich mit der chaotischen, spontanen Sandra zwar meine Schwierigkeiten hatte, sie jedoch durchaus als glaubhaft empfand.

Zu erwähnen ist noch, dass auch das Thema "Liebe" eine kleine Rolle spielt.

"Die Kraft der Bücher" ist nicht nur Titel dieses Bandes, sondern auch ein Kernthema der Erzählung, was sicher für uns Lesebegeisterte besonders schön ist, denn immer wieder wird aufgezeigt, wie Bücher den Figuren in aller Verzweiflung Mut, Hoffnung und Kraft verleihen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Der abschließende Band "Die Glücksfrauen – Das Geheimnis der Rosen", in dem wir dann auch mehr von der dritten Freundin Anni, ihrer Enkelin Wendy aus Tansanien und dann auch hoffentlich von der großen Schuld, die Luise auf sich geladen hat und von der bisher schon immer wieder die Rede war, erfahren werden, ist leider erst für den 31. Januar 2025 angekündigt und ich sehe ihm voller Vorfreude entgegen.

Nach Lektüre der ersten beiden Bände kann ich diese Trilogie bedingungslos weiterempfehlen, da auch die schwierigen Themen um da Grauen der Judenverfolgung, waghalsige Fluchten und Denunzierungen, aber auch Hilfe und Zusammenhalt höchst unterhaltsam und spannend erzählt werden.

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Veröffentlicht am 13.05.2024

Tod eines Richters

Südlich von Porto wartet die Schuld
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Die Deutsch-Portugiesin Ria Almeida wagt den Umzug nach Torreira im portugiesischen Distrikt Aveiro. Während sie noch bei ihrer Cousine Mariposa und deren Mann, dem Dorfpolizisten João Pinto, wohnt und ...

Die Deutsch-Portugiesin Ria Almeida wagt den Umzug nach Torreira im portugiesischen Distrikt Aveiro. Während sie noch bei ihrer Cousine Mariposa und deren Mann, dem Dorfpolizisten João Pinto, wohnt und als Schreibkraft in der Polizeidienststelle angestellt ist, wird in den Dünen ein Richter tot aufgefunden. Als Comisario Baptista zu dem Fall hinzugerufen wird, stellt sich heraus, dass dieser Richter gerade in einem Prozess gegen das Organisierte Verbrechen verhandeln sollte. Ria und Baptista ermitteln gemeinsam - und auch privat gibt es einiges zu klären ....

"Südlich von Porto wartet die Schuld" ist der zweite Roman der freischaffenden Autorin und Redakteurin Mariana da Silva, die portugiesische Wurzeln hat, der sich problemlos ohne Kenntnis des ersten Bandes "Südlich von Porto lauert der Tod" lesen lässt; wenngleich er auch ein paar Anspielungen auf den Vorgänger beinhaltet. Die Romane gehören zu der Ullstein-Verlags-Reihe "Mord im Paradies", bei der die LeserInnen ErmittlerInnen nicht nur bei spannenden Ermittlungen begleiten, sondern in denen es auch gleich Urlaubsgefühle mit dazu gibt.

Bereits das Cover zeigt - neben einem Meeres-Stilleben - die für Portugal so typischen Azulejos, quadratische, bunt bemalte Keramikfliesen. Diese zieren auch die einzelnen Kapitelüberschriften, die aus einem Portugiesischen Wort und einer ergänzenden (!) deutschen Beschreibung bestehen und so schon gleich für das entsprechende Portugal-Feeling sorgen.

Natürlich spielt Lokalkolorit eine wichtige Rolle in diesem Buch; man merkt beim Lesen sofort, dass die Autorin sich in der Region auskennt und mit viel Liebe sowohl die wunderschönen Landschaften und Orte sowie die kulinarischen Genüsse beschreibt. So lässt es sich leicht in die Urlaubskulisse träumen. Der mahnende Finger in Bezug auf Umweltschutz ist durchaus gegeben, fügt sich aber nahtlos in die Handlung ein.

Mariana da Silva schreibt mit leichter Hand und in einem gemächlichen Erzähltempo mit viel Sinn für Details. Die Spannungskurve ist einem Urlaubskrimi angemessen und findet nach einigen Wendungen am Ende eine befriedigende Auflösung, in der alle offenen Fragen beantwortet werden.

Die Figuren wirken authentisch und glaubwürdig; sie sind mehrdimensional und haben trotz aller Sympathie auch ihre Ecken und Kanten. Großen Wert legt die Autorin eben auch auf das Zwischenmenschliche und das Privatleben der Ermittler, die sich nahe stehen oder nahe kommen und wo die Familie einen besonderen Stellenwert einnimmt. Für mich war das Verhältnis zwischen Krimi und portugiesischem Flair absolut ausgewogen, wie man es bei einem Urlaubskrimi erwarten kann.

Mich hat "Südlich von Porto wartet die Schuld" gut unterhalten und an unvergessliche Tage in Aveiro erinnert. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall mit Ria Almeida und Baptista und bin gespannt, wie sich ihr Verhältnis weiter entwickeln wird.

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Veröffentlicht am 13.05.2024

Menschliche Marionetten

Der Plot
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Max Delius ist ein erfolgloser Autor; seine Frau verlässt ihn. Doch dann erhält er einen ungewöhnlichen, sehr gut bezahlten Auftrag: Auf der Grundlage eines ihm überlassenen fertigen Plots soll er einen ...

Max Delius ist ein erfolgloser Autor; seine Frau verlässt ihn. Doch dann erhält er einen ungewöhnlichen, sehr gut bezahlten Auftrag: Auf der Grundlage eines ihm überlassenen fertigen Plots soll er einen detailreichen Thriller verfassen. Doch dann sterben die Mordopfer nicht nur in seiner Geschichte, sondern ihre realen Pendants kommen auf genau dieselbe Weise ums Leben und Max wird selbst immer tiefer in das aberwitzige Geschehen hineingezogen.

"Der Plot" ist der erste Thriller des niederländischen Architekten und Autors Frank Eldering, der mir bereits durch seine später erschienende spannende Confluentes-Trilogie - um gut recherchierte kirchliche Geheimnisse und ihre Bewahrung bzw. Aufdeckung - bekannt ist.

Auch diesem Buch liegt bereits eine Idee zugrunde, die aus real existierenden (geheimen) Forschungsprogrammen entstanden ist, die der Autor im Anhang anführt. Dass diese Forschungen und Ergebnisse tatsächlich real sind, ist für mich zusätzlich grauenhaft und besorgniserregend...

Aufgeteilt ist "Der Plot" in sechs Teile und zahlreiche kurze Kapitel, die schnell und leicht zu lesen sind. Eine hohe Spannungskurve und die angenehme Schreibweise machen das Buch zu einem echten Page-Turner, in dem ich mir immer wieder die Frage stellte, wie die Geschichte nur weiter- und befriedigend zu Ende gehen sollte - neben dem zusätzlichen Nervenkitzel, dass die beschriebenen Manipulationen am Menschen tatsächlich möglich sein sollen. Besonders gut gefiel mir, dass der Autor im letzten Abschnitt eine Gerichtsverhandlung über den wirklich außergewöhnlichen und neuartigen Fall konstruiert hat, deren Ausgang ein positives Ende schaffte. Und wenngleich der Fall selbst abgeschlossen und ohne weitere Fragen endet, schafft Eldering ein offenes Ende, was zugleich auch die weiterhin real existierenden Forschungen und Entwicklungen symbolisiert.

Die im Mittelpunkt stehenden Figuren Max und seine frühere Geliebte Chiara, eine Journalistin, sind authentisch und nachvollziehbar ausgearbeitet; ihre Widersacher, der über Leichen gehende Wissenschaftler Wladimir Voronin und seine brutalen Handlanger sowie die ermittelnde Polizei, erscheinen einigermaßen klischeehaft, was jedoch nicht weiter stört. Gerne hätte ich noch mehr erfahren über die "human dignity watch", einer Organisation für Menschenrechte, die nicht nur in diesem Buch eine wichtige Rolle spielt.

Die Schauplätze der Handlung (Wiesbaden und der Rheingau-Taunus sowie Stockholm) sind eher untergeordnet und wären durchaus austauschbar.

Meiner Meinung nach verdient die diesem Werk zugrundeliegende Idee und ihre vorliegende Ausarbeitung unbedingt mehr Aufmerksamkeit und ich möchte den "Plot" gerne weiterempfehlen!

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Veröffentlicht am 13.05.2024

Herausragend

Evas Rache
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Im Jahr 1922 herrscht in Leipzig Ausnahmezustand, denn die Technische Messe zieht Besucher aus aller Welt an. Der erfolgreiche Münchner Professor Armin Dorn will seine bahnbrechende Erfindung zur Lebensmittelkonservierung ...

Im Jahr 1922 herrscht in Leipzig Ausnahmezustand, denn die Technische Messe zieht Besucher aus aller Welt an. Der erfolgreiche Münchner Professor Armin Dorn will seine bahnbrechende Erfindung zur Lebensmittelkonservierung vorstellen. Doch genau jetzt geht in der Stadt der als "Bestie von Leipzig" titulierte Frauenmörder um und Kommissar Paul Steiner und seine Kollegen tappen im Dunklen; erst als die junge Frau Dorn verschwindet, scheint sich eine Spur aufzutun. Doch welches Motiv hat der vermeintliche Lustmörder wirklich? Und ist Eva-Maria Dorn wirklich nur unschuldiges Opfer? ....

In seiner Reihe um den durch den Ersten Weltkrieg schwer traumatisierten Kommissar Paul Stainer legt der freischaffende Autor Thomas Ziebula nun mit "Evas Rache" den vierten Band vor, der leider auch der letzte sein soll, was ich sehr bedauere. Man kann diesen vierten Band problemlos alleine lesen - wodurch dem Leser oder der Leserin nur der Genuss der tollen Charakterentwicklungen entgeht und weitere spannende Geschichte.

Im Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen Kriminalromans, der auf ansprechende Weise in auktorialem Erzählstil verfasst ist, steht die junge Eva-Maria Dorn und nach ihrer Entwicklung sind auch die drei Teile des Buches benannt: Dornröschens Ende, Marias Höllenfahrt und Evas Auferstehung. Und wenn Ziebula auch regelmäßig den Blick wechselt zwischen Eva, Stainer und dem soeben aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Nakaski, gelang ständig eine sichere und kristallklare Zuordnung des Geschehens, das immer neue Wendungen aufnahm. Die Spannung blieb auf hohem Niveau und überzeugte mich durch einen raffiniert angelegten Plot, der alles andere als gewöhnlich ist.

Die Figuren sind mehrdimensional und entwickeln sich im Laufe der Handlung auf beeindruckende Art; dabei ist ihr Handeln absolut authentisch und immer nachvollziehbar und durch ihr Agieren wird die historische Zeit sehr deutlich und nahbar zum Ausdruck gebracht. Selbst die aus den vorhergehenden Büchern bereits bekannten Nebenfiguren sowie die hier neu auftretenden sind mit vielen Details ausgestattet.

Und gerade dies schätze ich bei Thomas Ziebula im besonderen: Er hat - nicht nur über die Polizeiarbeit in der Weimarer Republik - akribisch recherchiert und setzt seine Begeisterung für die Deutsche Zeitgeschichte großartig um. So lebensnah und anschaulich werden auch die zweifelhaften Seiten der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, die uns meist nur als "die goldenen Zwanziger" präsentiert wird, selten geschildert. Die Nachwehen des Ersten Weltkrieges in ihrer Brutalität, der Wirtschaftsaufschwung, aber auch der immer stärker um sich greifende Nationalsozialismus mit seinen Fanatikern ist Geschichte pur und passt perfekt zu dem brisanten Kriminalfall. Dass Ziebula die Erfindung des Gefrieren von Lebensmitteln zur Haltbarmachung - eigentlich von einem kanadischen Wissenschaftler entdeckt - dem fiktiven Unternehmer und Forscher Armin Dorn andichtet, verzeihe ich gerne. Ergänzen möchte ich an dieser Stelle auch die vielen zeitgeschichtlichen Details, die in die Handlung einfließen wie natürlich die Technische Messe Leipzigs, eine der ältesten Messen der Welt, das Turn- und Sportfest 1922, die "Leipziger Lerchen", eine Zubereitung von Singvögeln, die schon im 19. Jahrhundert verboten wurde und aus denen das heute bekannte Gebäck hervorgegangen ist und vieles mehr. Und auch das aufgezeigte Frauenbild von vor über 100 Jahren ist erwähnenswert.

Deutsche Geschichte, ein spannender, gut konstruierter Krimi mit überraschenden Wendungen und nicht zuletzt Begeisterung für die sächsische Stadt Leipzig mit ihrer Vergangenheit sowie toll herausgearbeiteten Figuren - davon möchte ich noch viel mehr! Mit einem lachenden Auge (wegen des herausragenden Krimis) und einem weinenden (weil Paul Stainers Reise nun zu Ende geht) kann ich diesen Kriminalroman nur wärmstens empfehlen! Und ich hoffe, bald wieder Neues von Thomas Ziebula lesen zu dürfen.

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Veröffentlicht am 28.04.2024

Spannender Krimi mit Verbindung zur Morandi Brücke

Azzurro mortale
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Kaum erhält Commissario Vito Grassi Besuch von seiner Frau und seinem Sohn in seinem geerbten Rustico in Levanto, wird in Corniglia - dem kleinsten Dorf der Cinque Terre - eine Leiche angeschwemmt. Grassi, ...

Kaum erhält Commissario Vito Grassi Besuch von seiner Frau und seinem Sohn in seinem geerbten Rustico in Levanto, wird in Corniglia - dem kleinsten Dorf der Cinque Terre - eine Leiche angeschwemmt. Grassi, der zunächst als einziger von Mord ausgeht, beginnt zu ermitteln und stößt bald auf Verbindungen zum Einsturz der Morandi-Brücke in Genua vor sechs Jahren ....

Wohingegen inzwischen viele Deutsche Autoren Urlaubskrimis schreiben und ihre Leser*Innen an viele wunderschöne Orte, an denen grausame Verbrechen geschehen, entführen, überzeugt nun der italienische Autor Andrea Bonetto mit einer Krimi-Reihe, die an der bilderbuchhaften Kulisse des Cinque Terre angesiedelt ist. Der zweite Band "Azzurro Mortale" lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten FAlles problemlos lesen - allerdings habe ich große Lust bekommen, dieses Manko zu schließen.

Bonetto überzeugt zunächst einmal mit dem gewählten Setting und fängt den Charme der malerischen Landschaft, des Essens und der Kultur des Cinque Terre ein.

Der gut zu lesende Schreibstil ist geistreich und humorvoll, die Geschichte hat einen guten Spannungsbogen, der mit vielen Wendungen und immer neuen Details über eine wilde Verfolgungsjagd zu einer überraschenden Lösung kommt.

Besonders gut gefällt es mir, wenn Bücher aufsehenerregende Ereignisse aus der Vergangenheit aufgreifen und diese wieder ins Bewusstsein rufen sowie Skandale aufdecken. Hier hat der Autor gut recherchiert über den Einsturz der maroden Autobahnbrücke 2018, der Morando-Brücke in Genua, mit der nicht zuletzt auch der Benetton-Konzern in Verbindung gebracht wird. In einem Nachwort gibt der Autor hierzu auch weitergehende Informationen.

Die Hauptfigur des Commissario Vito Grassi ist mehrdimensional; authentisch und mit Ecken und Kanten; und wenngleich ich auch nicht immer mit seinen Handlungen einverstanden bin, möchte ich den liebenswerten Commissario sehr. Seine privaten Probleme sind erfrischend anders als die immer wieder in Krimis auftauchenden Alkoholprobleme und das Einzelgängertum der Ermittler und lenken keinesfalls von der eigentlichen Handlung ab.

Bemerkenswert ist, dass Bonetto viele selbstbewusste, starke Frauen Grassi zur Seite stehen, wie Toni, seine Mitbewohnerin im Rustico, seine junge Partnerin Marta Ricci oder die strenge Questorin Dies hatte ich so nicht erwartet und gibt weitere Pluspunkte!

Ich freue mich, diese tolle Reihe entdeckt zu haben und bereits jetzt auf die Fortsetzung und den nächsten Fall des Commissario Grassi!

PS: Ein besonderes Schmankerl ist das Rezept für "Testaroli", die älteste Pasta Italiens, die ich sofort nachmachen musste!

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