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Veröffentlicht am 07.07.2019

Schwere Zeiten in Krefeld

Zeit aus Glas
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Der zweite Band um Ruth Meyer, die ältere von zwei Töchtern einer wohlhabenden jüdischen Familie in Krefeld, fällt in eine düstere Zeit. Längst hat der Vater seinen Kundenstamm verloren und dann verwüsten ...

Der zweite Band um Ruth Meyer, die ältere von zwei Töchtern einer wohlhabenden jüdischen Familie in Krefeld, fällt in eine düstere Zeit. Längst hat der Vater seinen Kundenstamm verloren und dann verwüsten die Nazis in der Reichskristallnacht die große Villa der Familie so sehr, dass es klar wird, dass diese nie wieder dorthin zurückkehren wird. Hier zeigt sich, dass Ruth, inzwischen 17 Jahre alt, zusammen mit ihrem Vater diejenige ist, die die Familie zusammenhält. Schwester Ilse ist noch zu klein und Mutter Martha, noch nie von starker Konstitution, ist zusammengebrochen.

Dazu erlässt die nationalsozialistische Regierung ein Gesetz nach dem anderen, dass der jüdischen Bevölkerung neben allen Rechten nun auch noch das Vermögen und den Wohnraum nimmt. Doch obwohl die Situation ausweglos scheint, zeigt sich gerade in dieser schweren Zeit, wer die wahren Freunde der Familie Meyer sind. Und das sind nicht gerade wenige! Beispielsweise hatte die Familie immer ein enges Verhältnis zu Hans Aretz, dem Chauffeur des Vaters und dessen Familie. Sie sind sogar zusammen in Urlaub gefahren. Nun erweist sich die Hilfe der Familie Aretz von unschätzbarem Wert.

Zudem sieht es so aus, als ob es gerade für Ruth Meyer noch eine Option gibt. Nämlich zunächst sich selbst und dann hoffentlich auch den Rest der Familie zu retten, indem sie ins Ausland geht. Doch zunächst landet Karl Meyer, ihr Vater, im Gefängnis. Ist nun alles zu Ende?

Autorin Ulrike Renk beschreibt hier eindringlich und authentisch das Leben einer jüdischen Familie in der Zeit des Nationalsozialismus, genauer: in den Jahren 1938/39 in einer mittelgroßen Stadt, nämlich Krefeld. Besondere Glaubwürdigkeit gewinnt ihre Darstellung dadurch, dass sie auf wahren Begebenheiten beruht.

Ein spannender Roman, der den zweiten Teil einer Trilogie markiert. Im Gegensatz zu Teil ein sind hier die Ereignisse nicht in die Länge gezogen, sondern überschlagen sich förmlich. Sehr gut gelingt es der Autorin, eine Atmosphäre von Angst und Gewalt, in der sich noch das letzte bisschen Hoffnung gehalten hat, zu zeichnen.

Sehr genossen habe ich auch die Beschreibungen der Autorin zur Stadt Krefeld und der Region, vor allem aber zu den Veränderungen, die die Nationalsozialisten herbeigeführt haben, gerade auch die jüdische Bevölkerung betreffend. Alles wurde sehr gut rechererchiert und eindringlich erzählt.Ein Roman, den ich verschlungen habe! Nun erwarte ich ungeduldig den dritten und letzten Teil!

Veröffentlicht am 05.07.2019

Kann das tatsächlich sein?

Dein Blick so tot
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Avery ist mit ihrer Freundin Skylar auf einer Vernissage verabredet. Dort werden Fotografien eines Künstlers ausgestellt, für den Skylar Modell stand. Doch es stellt sich heraus, dass ein anderes Bild ...

Avery ist mit ihrer Freundin Skylar auf einer Vernissage verabredet. Dort werden Fotografien eines Künstlers ausgestellt, für den Skylar Modell stand. Doch es stellt sich heraus, dass ein anderes Bild an der Stelle hängt - auch eines von Skylar, auf dem sie jedoch wie tot wirkt. Und sie taucht auch nicht auf der Veranstaltung auf. Während der ausstellende Künstler vor Wut schäumt und sich ausgesprochen unvorteilhaft präsentiert, vergeht Avery vor Sorge und kontaktiert sogleich ihren ehemaligen Kollegen Parker, einen Ermittler, der gleich sein gesamtes Team heranzieht. Denn hier hat jeder andere Fertigkeiten, zusammen sind sie unschlagbar. Meistens jedenfalls. Kann es tatsächlich sein, dass Skylar nicht mehr lebt? Es beginnt eine fieberhafte Jagd, bei der mehrere Zweierteams im Einsatz sind.

Und es stellt sich heraus, dass dies nicht der einzige Fall ist, mit dem sie sich auseinandersetzen müssen. Ich fand vor allem das Ende ausgesprochen spannend und überraschend - es waren letztendlich zwei Fälle, die hier aufgeklärt wurden und beide endeten sowohl stimmig als auch überraschend. So gesehen eine total runde Geschichte!

Aber so richtig begeistert war ich dann doch nicht von diesem Band.

Ja, die Auflösung gefiel mir, aber die Einbettung, also das Setting hat mich nicht so gepackt. Vor allem wuselten mir viel zu viele Pärchen im Ermittlerteam rum, jeder empfand etwas für irgendeinen. Es sollte doch eigentlich eher die Ausnahme sein mit der Liebe am Arbeitsplatz, oder? Hier kam mir das Team wie ein regelrechter Heiratsmarkt vor. Ein sehr christlicher Heiratsmarkt - dass alle Kollegen dieselbe religiöse Überzeugung haben, ist ja auch nicht unbedingt typisch, wobei mich das allerdings überhaupt nicht gestört hat, das ist eben das besondere I-Tüpfelchen an einem christlichen Krimi.

Jedoch ist dies der zweite Band um das Team: es kann auch sein, dass mir einfach einige Informationen fehlen, um hier richtig anzukommen und alles einordnen zu können. Aus meiner Sicht sollte man hier unbedingt mit dem ersten Band einsteigen!

Veröffentlicht am 03.07.2019

Der Zweite Weltkrieg in Norwegen

Die Frau aus Oslo
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Ein Krimi, der in verschiedenen Zeiten und auf unterschiedlichen Handlungsebenen spielt - das ist genau mein Ding! Zumal der Ausgangspunkt in Oslo während des zweiten Weltkriegs liegt, wo die Jüdin Ester ...

Ein Krimi, der in verschiedenen Zeiten und auf unterschiedlichen Handlungsebenen spielt - das ist genau mein Ding! Zumal der Ausgangspunkt in Oslo während des zweiten Weltkriegs liegt, wo die Jüdin Ester es gerade noch rechtzeitig schafft, sich nach Stockholm abzusetzen. Leider im Gegensatz zu ihren Eltern und der Großmutter, die auf direktem Wege nach Deutschland verfrachtet werden.

Ester hatte noch versucht, die Wertsachen aus der von den Nazis geöffneten Wohnung zu retten - doch war ihr da jemand zuvorgekommen.

Ohne die Hilfe ihrer Freundin Ase hätte Ester es doch nicht geschafft, doch Ase selbst, eine junge Mutter, wird neben ihrem Säugling, dem Mädchen Turid, ermordet aufgefunden.

Ihrem Lebensgefährten Gerhard, wie Ester im Widerstand aktiv, gelingt die Flucht nach Schweden, wo sich seine Gefährten allerdings fragen, ob er Schuld trägt an Ases Tod.

In den 1960er kehrt Gerhard, der lange Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt hat, zurück nach Stockholm, trifft seine alten Weggefährten und versucht auch, Kontakt zu Turid aufzunehmen, die bei Adoptiveltern aufwuchs.

Ein dritter Handlungsstrang spielt in Oslo im Jahr 2015: Turid, inzwischen eine alte Frau, Rechtsanwältin im Ruhestand, stößt durch Zufall auf ein Armband, das sie von ihrer Mutter Ase geerbt hatte und das 1967 spurlos verschwand...

Ein interessantes Setting mit vielversprechenden Akteuren. Allerdings versinken diese aufgrund fehlender Alleinstellungsmerkmale teilweise in der Masse - mir fiel es bei einigen etwas schwer, sie auseinander zuhalten. Zudem kreisten im Mittelteil einige Figuren wie Fliegen um den heißen Brei bzw. um einander, wobei es mir schwerfiel, hier eine Zielorientierung zu erkennen und mein Interesse an dem Krimi merklich sank. Bis zum Ende konnte es trotz einiger durchaus interessanter Fragestellungen nicht wieder geweckt werden, zumal einiges offenblieb bzw. ungenau erläutert wurde. Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass dieser Krimi in Norwegen richtiggehend gefeiert und zudem preisgekrönt wurde. Aus meiner Sicht gibt es zu diesem Thema wesentlich spannendere und eindringlichere Literatur!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 02.07.2019

Was ist ein Monster?

Monster
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Ein Monster ist etwas Widerwärtiges, eine richtig üble Kreatur. So unterschiedlich die Definitionen dazu auch sind: dass die Massenmörder der nationalsozialistischen Diktatur in den Konzentrationslagern ...

Ein Monster ist etwas Widerwärtiges, eine richtig üble Kreatur. So unterschiedlich die Definitionen dazu auch sind: dass die Massenmörder der nationalsozialistischen Diktatur in den Konzentrationslagern dazugehören, ist wohl ziemlich klar. Umso mehr verwundert es den Protagonisten dieses Romans, einen israelischen Historiker und Guide bei Besichtigungen seiner Landsleute in Konzentrationslagern, dass diese manchmal eine andere Meinung dazu haben. Sie sehen nicht die Deutschen als die maßgeblichen Übeltäter, sondern die Polen, deren Unterstützung, aber auch Hass und Neid aus ihrer Sicht ein wichtiger Beitrag zum Massenmord war, ja, diesen erst ermöglicht hat.

Dem Historiker, der zunächst als nüchterner Betrachter durch die Stätten des Grauens führt, wird es zunehmend schwerer, seine eigene Meinung außen vor zu lassen, was zu einigen Eskalationen und der Distanzierung der Organisatoren dieser Reisen von ihm führt.

Das Buch besteht aus seinem Monolog, vielleicht auch einem Brief, gerichtet an den Vorsitzenden der Gedenkstätte Yad Vashem, die hinter diesen Reisen steht und quasi sein Auftraggeber ist.

Als Historikerin war ich sehr gespannt auf dieses Buch, zumal auch ich einige dieser Konzentrationslager kenne und somit beurteilen kann, wie aufwühlend ein Aufenthalt dort sein kann. Wieviel entsetzlicher muss dies sein für die Nachfahren der Opfer - dass die ersten Reaktionen auf eine solche Konfrontation ebenso unterschiedlich wie unberechenbar sind, ist meiner Meinung nach sehr gut nachzuvollziehen. Und dass jemand, dessen Beruf es ist, Führungen durch diese Lager zu leiten, innerlich nicht immer außen vor bleiben kann, ebenso.

Somit war ich durchaus fasziniert von dem Wandel, der im Protagonisten vorging und der aus meiner Sicht von Autor Yishai Sarid überaus eindringlich, dabei teilweise subtil, dargestellt wird.

Was mir hingegen teilweise sauer aufstieß, waren die Bezeichnungen "Deutsche" und "Polen", manchmal auch "Ukrainer" für die Täter. Obwohl ich meiner Abstammung nach keiner dieser Nationen angehöre, tut es mir weh, wenn hier ganze Völker in den Kreis der Täter einbezogen werden, wobei ich davon ausgehe, dass diese Polarisierung vom Autor durchaus beabsichtigt ist. Denn ich habe den Eindruck, dass er ein Buch schreiben wollte, das weh tut und zwar jedem, der es liest. Immer auf unterschiedliche Art natürlich, je nachdem, was für einen Hintergrund der jeweilige Leser hat. In mir weckte es die bange Frage, ob ich in mir nicht auch ein Monster beherberge - manchmal zumindest. Und zwar das Monster der Ignoranz, des Wegschauens. Alles andere als leichte Kost also, die in mir noch lange Zeit nachhallen wird.

Veröffentlicht am 01.07.2019

Sehr erfreut, Madame le Commissaire!

Madame le Commissaire und der tote Liebhaber
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Denn ich habe hier eher zufällig eine überaus lohnenswerte Bekanntschaft gemacht, nämlich die mit Kommissarin Isabelle Bonnet aus Fragolin an der wunderschönen Cote d'Azur. Sie muss sich mit einem ziemlich ...

Denn ich habe hier eher zufällig eine überaus lohnenswerte Bekanntschaft gemacht, nämlich die mit Kommissarin Isabelle Bonnet aus Fragolin an der wunderschönen Cote d'Azur. Sie muss sich mit einem ziemlich unangenehmen Fall auseinandersetzen: ihr ehemaliger Liebhaber Thierry, Bürgermeister in Fragolin, wurde tot aufgefunden und zwar ermordet! Dabei war er doch weit und breit beliebt und auch Isabelle mochte ihn trotz ihrer Trennung noch sehr.

Ihr fünfter Fall ist folglich ein besonders emotionaler - aber er ist zugleich auch spannend, witzig und spritzig! Und man kommt auch mitten in der Serie sehr gut ins Geschehen hinein, da es dem Autor Pierre Martin sehr gut, an den entsprechenden Stellen notwendige Hinweise und Erläuterungen zu platzieren.

Und es ist nicht nur sie, die man ins Herz schließt: auch ihr etwas tollpatschiger Assistent Apollinaire und ihre Freunde und Bekannten vor Ort sind ganz besondere Typen, die zwar zeitweise nerven, die man aber nicht missen will. Eine humorvolle Darstellung, die jedoch niemals zu übertrieben wirkt, liegt hier auch den nebensächlichsten Charakteren zugrunde.

Vom südfranzösischen Savoir Vivre bekommt man auch so einiges mit - durchaus auch im Andenken an den Verstorbenen, der dies seinen Mitmenschen - nicht zuletzt Isabelle - vorzuleben wusste. Ein klein bisschen weniger Klischees hätten auch gereicht, aber auch so hat mir dieser Fall sehr zugesagt!

Mein Fazit also: Endlich habe ich Isabelle Bonnet kennengelernt: Kommissarin und Fall sind gleichermaßen spannend und spritzig. Ich bleibe ihr definitiv treu und werde mich rückwärts durcharbeiten in ihre Vergangenheit und die dort stattgefundenen Fälle.